Entscheidungsdatum
11.08.2020Norm
BVergG 2018 §12 Abs1 Z4Spruch
W120 2232000-2/49E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian Eisner als Vorsitzenden, Dr. Ilse Pohl als fachkundige Laienrichterin auf Auftraggeberseite und Dr. Annemarie Mille als fachkundige Laienrichterin auf Auftragnehmerseite über die Anträge vom 16. Juni 2020 der Bietergemeinschaft bestehend aus der XXXX , vertreten durch Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, auf Nichtigerklärung der Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, betreffend das Vergabeverfahren „ XXXX “ zu Los XXXX und zu Los XXXX der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Den Anträgen, „die Entscheidungen über den Abschluss der Rahmenvereinbarung (‚Zuschlagsentscheidung‘) für die Lose XXXX und XXXX der Antragsgegnerin vom 8. Juni 2020 für nichtig [zu] erklären“ wird stattgegeben.
Die am 8. Juni 2020 der Antragstellerin im gegenständlichen Vergabeverfahren bekanntgegebene Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, hinsichtlich Los XXXX und Los XXXX wird für nichtig erklärt.
B)
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2020 stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren und brachten im Wesentlichen vor:
1.1. Mit Schreiben vom 8. Juni 2020, das der Antragstellerin über die elektronische Vergabeplattform der Auftraggeberin zugestellt worden sei, habe die Auftraggeberin der Antragstellerin bekanntgegeben, dass sie beabsichtige, den
„Zuschlag für das Los / die Lose XXXX , im Vergabeverfahren [...]
XXXX mit einem Gesamtpreis von Euro XXXX an XXXX :
‚ XXXX ,
[…]
XXXX
XXXX ,
[…]“
zu erteilen. Im Anhang zu diesem Schreiben („Begründung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung – Absage“) werde einerseits die Entscheidung begründet und andererseits klargestellt, dass es sich um die Entscheidung gemäß § 154 Abs 3 BVergG 2018 handle, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden solle.
1.2. Zur Begründung der Rechtswidrigkeit der „Zuschlagsentscheidung“ brachte die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass 1. die Auftraggeberin aufgrund der auffällig niedrigen Angebotspreise der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sowohl bezüglich Los XXXX als auch bezüglich Los XXXX zwingend eine vertiefte Angebotsprüfung im Sinne des § 137 BVergG 2018 vornehmen hätte müssen bzw. in eventu diese nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, 2. das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin aufgrund nicht plausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises gemäß § 141 Abs 1 Z 3 BVergG 2018 ausgeschieden hätte werden müssen, 3. das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wegen eines Widerspruchs zur Ausschreibung (Nichteinhaltung der kollektivvertraglichen Mindestlöhne sowie der Kalkulationsvorschriften gemäß ÖNORM B 2061) ausgeschieden hätte werden müssen und 4. die präsumtive Zuschlagsempfängerin frühere Aufträge von öffentlichen Auftraggebern nicht bzw. nicht ordnungsgemäß erfüllt habe, weshalb diese gemäß § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 vom Vergabeverfahren auszuschließen gewesen wäre.
1.2.1. Zur fehlenden Zuverlässigkeit gemäß § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018
Im gegenständlichen Fall liege der Ausscheidungsgrund des § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 vor:
Wie bereits im vorangegangenen Nachprüfungsverfahren ausgeführt worden sei, habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin (gemeinsam mit einem ARGE Partner) eine große Bodenmarkierungsausschreibung in XXXX im Jahr XXXX („Ausführung der Bodenmarkierungsarbeiten auf Landesstraßen B und L im Bundesland XXXX “) gewonnen. Der Vertrag sei für ein Jahr ausgeschrieben worden. Zudem sei eine Verlängerungsoption des Auftraggebers für weitere zwei Jahre vorgesehen gewesen.
Im vorangegangenen Nachprüfungsverfahren sei von der Antragstellerin bereits vorgebracht worden, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gemäß § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 auszuscheiden sei, weil die Leistungserbringung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bei den aufgrund der Rahmenvereinbarung in XXXX erteilten Aufträgen in wesentlichen Punkten nicht den vertraglichen Anforderungen entspreche, insbesondere erfolge die Durchführung nicht zeitgerecht, nicht in der ausgeschriebenen Qualität und es seien andere Unternehmen für Ersatzvornahmen beauftragt worden. Die Leistungserbringung bei den aufgrund der Rahmenvereinbarung erteilten Aufträgen sei daher mit erheblichen und/oder dauerhaften Mängeln verbunden gewesen. Diese mangelhafte Erfüllung habe zur Konsequenz, dass
o ein erheblicher Betrag von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin an den damaligen Auftraggeber insbesondere aus dem Titel des Schadenersatzes aufgrund der mangelhaften und nicht zeitgerechten Leistungserbringung, aufgrund von Ersatzvornahmen sowie aufgrund von Pönalen zu leisten gewesen sei,
o das Volumen der Rahmenvereinbarung innerhalb der Mindestlaufzeit nicht vollständig abgerufen worden sei (und teilweise Dritte im Wege von Ersatzvornahmen beauftragt werden hätten müssen) und
o die Rahmenvereinbarung nicht verlängert worden sei.
Seit Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. Februar 2020 zum letzten Nachprüfungsantrag im vorliegenden Vergabeverfahren, liege zudem eine rechtskräftige Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (schriftliche Ausfertigung vom 9. März 2020, LVwG XXXX ) vor. Das Landesverwaltungsgericht komme in diesem Nachprüfungsverfahren zum Ergebnis, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bei einer Ausschreibung des Landes Steiermark aufgrund erheblicher Mängel bei der Ausführung der Bodenmarkierungsarbeiten in XXXX gemäß § 79 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 zwingend auszuscheiden sei. Dieses Vergabeverfahren in der Steiermark sei parallel zum gegenständlichen Vergabeverfahren der Auftraggeberin durchgeführt worden.
Der Auftraggeberin sei dieses Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark bekannt. Die Antragstellerin habe die Auftraggeberin über dieses Erkenntnis informiert.
Aus dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark ergebe sich zudem, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin keine „selbstreinigenden Maßnahmen“ im Sinne des § 83 Abs 2 BVergG 2018 gesetzt habe. Stattdessen habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin lediglich vorgebracht, dass sie an den aufgetretenen Mängeln kein Verschulden treffe, sondern die mangelhafte Leistungserbringung allein auf die damalige ARGE-Partnerin zurückzuführen sei.
Auch im gegenständlichen Verfahren sei auszuschließen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin selbstreinigende Maßnahmen gesetzt und die Auftraggeberin darüber informiert habe. Aus der Stellungnahme der Auftraggeberin aus dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren ergebe sich, dass diese lediglich von „gewissen Abwicklungsschwierigkeiten“ ausgegangen sei und, dass kein „Schadenersatz zu leisten oder andere vergleichbare Sanktionen“ angefallen seien. Der Auftraggeberin seien daher bei der ersten angefochtenen Entscheidung, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, noch falsche Informationen vorgelegen.
Da der Auftraggeberin das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark bekannt sei, sei davon auszugehen, dass die Auftraggeberin nunmehr weitere Aufklärungen von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin verlangt habe. Sollte der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Zuge einer zweiten Aufklärung die Möglichkeit eingeräumt worden seien, die Verfehlungen aus dem Vertrag mit dem Land XXXX nochmals zu konkretisieren/richtigzustellen und selbstreinigende Maßnahmen zu beschreiben, dann sei diese nachträgliche Aufklärung jedenfalls unzulässig.
Wenn die Auftraggeberin der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nochmals Gelegenheit gegeben habe, die erheblichen Mängel bei der Leistungserbringung in XXXX anzugeben und selbstreinigende Maßnahmen zu beschreiben, dann verstoße diese Vorgehensweise gegen den Grundsatz der Bietergleichbehandlung.
Weiters wären von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nachträglich bekannt gegebene selbstreinigende Maßnahmen wenig glaubhaft, weil diese bei der mündlichen Verhandlung am 6. Februar 2020 vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark keine Auskunft über solche Maßnahmen geben habe können und zudem das Vorliegen von organisatorischem Verschulden für die Mängel abgestritten habe.
Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für die Lose XXXX und XXXX hätte daher aufgrund des Vorliegens erheblicher Mängel bei den Bodenmarkierungsarbeiten in XXXX im gegenständlichen Verfahren gemäß § 141 Abs 1 Z 2 iVm § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 ausgeschieden werden müssen.
1.2.2. Zum Vorliegen der Voraussetzungen zur vertieften Angebotsprüfung
Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Erkenntnis vom 5. Februar 2020 festgehalten, dass obwohl beim Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin die Voraussetzungen für eine vertiefte Angebotsprüfung vorgelegen seien, die Auftraggeberin keine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt habe.
Auch weiterhin sei davon auszugehen, dass die Auftraggeberin trotz Vorliegens (mutmaßlich aller) dieser Voraussetzungen offenbar keine vertiefte Angebotsprüfung beim Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgenommen habe.
Die Antragstellerin müsse davon ausgehen, dass eine vertiefte Angebotsprüfung nicht durchgeführt worden sei. Die Antragstellerin, die an zweiter Stelle gereiht sei, sei nie zur Preisaufklärung aufgefordert worden, welcher Umstand darauf schließen lasse, dass auch die präsumtive Zuschlagsempfängerin zu keinem Zeitpunkt zur Aufklärung ihrer Preise aufgefordert worden sei und somit auch keine vertiefte Preisprüfung stattgefunden habe.
Da die präsumtive Zuschlagsempfängerin trotz ihres betriebswirtschaftlich nicht erklärbaren Preises als präsumtive Zuschlagsempfängerin in Aussicht genommen worden sei, sei davon auszugehen, dass keine vertiefte Angebotsprüfung bzw. jedenfalls keine ordnungsgemäße vertiefte Angebotsprüfung (mit einer entsprechenden nachvollziehbaren Dokumentation in einem Prüfbericht) erfolgt sei.
Die Entscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung betreffend Los XXXX und XXXX sei daher schon aus diesem Grund für nichtig zu erklären.
1.2.3. Zur nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises
Aufgrund des nicht erklärbaren Gesamtpreises der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der dargestellten Preisdifferenzen, bestehe die begründete Annahme, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wegen nicht plausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises gemäß § 141 Abs 1 Z 3 BVergG 2018 auszuscheiden sei.
Bei einem derart niedrigen Gesamtpreis müsse die Antragstellerin davon ausgehen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin bei ihrer Kalkulation
o den falschen Kollektivvertrag zugrunde gelegt habe und/oder
o die kollektivvertraglichen Mindestlöhne nicht eingehalten habe und/oder
o bezüglich des Lohns insbesondere zu Los XXXX nicht berücksichtigt habe, dass für die präsumtive Zuschlagsempfängerin (die über keinen Standort in diesem Gebiet verfüge) auch Nächtigungskosten anfallen müssten, die im K3-Blatt berücksichtigt werden hätten müssen,
o bei den umgelegten Lohnnebenkosten unplausible und betriebswirtschaftlich nicht erklärbare Ansätze vorgenommen habe und/oder
o Ansätze für XXXX verwendet habe, die im K7-Blatt auszuweisen seien und unplausibel und nicht erklärbar seien und/oder
o unzulässige Preisverschiebungen vorgenommen habe und/oder
o die in der Ausschreibung in Teil B.1 Punkt 1.1.16. festgelegten Kalkulationsvorschriften (Kalkulation gemäß ÖNORM B 2061) nicht eingehalten habe.
Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei daher wegen nicht plausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises auszuscheiden.
Sollte die präsumtive Zuschlagsempfängerin zudem gegen die von der Auftraggeberin festgelegten Kalkulationsvorschriften der ÖNORM B 2061 verstoßen haben, sei diese überdies gemäß § 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018 wegen eines der Ausschreibung widersprechenden Angebots auszuscheiden.
1.2.4. Zur nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises bzw. Nichteinhaltung der Kalkulationsvorschriften
Da eine unplausible Preisgestaltung zumeist auch mit einer Verletzung der Kalkulationsvorschriften der ÖNORM B 2061, die gemäß der bestandsfesten Ausschreibung zwingend einzuhalten gewesen seien, einhergehe, sei davon auszugehen, dass die Kalkulation der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auch gegen die in der Ausschreibung festgelegten Kalkulationsvorschriften verstoße.
Die Auftraggeberin gehe insbesondere nicht darauf ein, ob die im K7-Blatt auszuweisenden XXXX plausibel und erklärbar seien. Die XXXX – die sich gemäß Punkt 7.3 ÖNORM B 2061 aus den Kosten für Abschreibung und Verzinsung sowie Instandhaltung (Reparatur) der Geräte ergeben würden – seien im K7-Blatt in den Positionen, in denen diese anfallen würden, nach Aufwand zu kalkulieren.
Zur Veranschaulichung führe die Antragstellerin im Zusammenhang mit der Kalkulation der XXXX beispielhaft aus, welche Geräte zumindest in bestimmten Positionen aus dem Leistungsverzeichnis einzukalkulieren und im K7-Blatt daher auszuweisen gewesen wären.
Es sei daher ersichtlich, dass die Antragstellerin in all diesen Positionen die erforderlichen Geräte und deren Kosten ausgewiesen habe.
Sollte die präsumtive Zuschlagsempfängerin im vorgelegten Kalkulationsblatt K7 keine bzw. nicht alle XXXX (insbesondere in den angeführten Positionen) angegeben haben, dann wäre einerseits die Kalkulation nicht nachvollziehbar, weil selbst bei vollständig abgeschriebenen Geräten Kosten anfallen würden (zB für Reparatur, Versicherung etc.), die in den jeweiligen Positionen zu kalkulieren und im K7-Blatt auszuweisen seien.
Andererseits würde die Kalkulation gegen die ÖNORM B 2061 verstoßen. Sollten die XXXX beispielsweise im Gesamtzuschlag (zB in den Gemeinkosten) gemäß Punkt 6.1 ÖNORM B 2061 aufgenommen worden seien, dann würde dies ebenfalls den zwingend einzuhaltenden Kalkulationsvorschriften widersprechen, weshalb die Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zwingend gemäß § 141 Abs 1 Z 3 bzw. Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden seien.
Die Antragstellerin beantrage die zur Überprüfung der Kalkulation der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin – sofern sich die fehlende Preisplausibilität und Ausschreibungswidrigkeit der Preisgestaltung nicht bereits für das Bundesverwaltungsgericht aus dem Vergabeakt ergebe – die Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bereich: Bauwesen - Kalkulation, Vergabewesen, Verdingungswesen, Bauabwicklung, Bauabrechnung).
1.2.5. Zu den unzureichenden Aufklärungen zur Preisplausibilität
Wie der Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 21. Jänner 2020 im Verfahren zu W120 2226204-2 zu entnehmen sei, habe die Auftraggeberin zu mehreren auffälligen Positionen eine verbindliche Aufklärung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin verlangt. Aus dem Protokoll ergebe sich weiters, dass die Preisansätze oftmals mit „Erfahrungswerten" der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erklärt worden seien. Diese seien aber nicht näher ausgeführt worden.
Zu dieser Aufklärung sei festzuhalten, dass eine Aufklärung eines niedrigen Preises über „Erfahrungswerte“ keine überprüfbare/nachvollziehbare Begründung darstelle.
Schon aus den abgegebenen Aufklärungen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ergebe sich daher, dass diese einer nachvollziehbaren Begründung entbehren würden. Die Aufklärungen über einen ausscheidensrelevanten Umstand (der Plausibilität von Preisen) seien daher mangelhaft erfolgt.
Da die präsumtive Zuschlagsempfängerin im gegenständlichen Verfahren den erstmaligen Aufklärungsersuchen der Auftraggeberin inhaltlich offenbar nicht nachgekommen sei und keine nachvollziehbare Begründung abgegeben habe, dürfe der präsumtiven Zuschlagsempfängerin aus Gründen der Bietergleichbehandlung keine weitere Gelegenheit gegeben werden, ihre unplausiblen Preise aufzuklären.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei daher auch aufgrund der nicht erfolgten nachvollziehbaren Aufklärung von auffälligen Preispositionen gemäß § 142 Abs 1 Z 3 und § 142 Abs 2 BVergG 2018 auszuscheiden.
1.3. Die Antragstellerin stelle daher folgende
„Anträge,
[d]as Bundesverwaltungsgericht möge
a) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Entscheidungen über den Abschluss der Rahmenvereinbarung (‚Zuschlagsentscheidung‘) für die Lose XXXX und XXXX der Antragsgegnerin vom 8. Juni 2020 für nichtig erklären;
b) der AG auftragen, den gesamten Vergabeakt innerhalb einer kurzen Frist vorzulegen
c) der Antragstellerin Einsicht in den Vergabeakt der Auftraggeberin gewähren;
d) das Angebot der Antragstellerin (inkl jener Teile der Angebotsprüfung, die auf das Angebot der Antragstellerin Bezug nehmen) sowie die mit dem gegenständlichen Nachprüfungsantrag vorgelegte Eidesstättige Erklärung von der Akteneinsicht durch den Auftraggeber, die XXXX und allfällige sonstige Dritte ausnehmen;
e) der Auftraggeberin auftragen, die von der Antragstellerin entrichtete Pauschalgebühr für den Nachprüfungsantrag und für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu Händen der Rechtsvertretung der Antragstellerin binnen 14 Tagen (§ 19a RAO) zu ersetzen.“
2. Am 18. Juni 2020 erteilte die Auftraggeberin zunächst allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.
3. Die Auftraggeberin führte in ihrer Stellungnahme vom 23. Juni 2020 zum Nachprüfungsantrag zusammengefasst Folgendes aus:
3.1. Aus Sicht der Auftraggeberin sei rechtlich zweifelhaft, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 aufgrund des einmaligen Verhaltens der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in der Sphäre eines anderen öffentlichen Auftraggebers tatsächlich zwingend erfüllt seien. Dafür spreche auch, dass die betroffene Auftraggeberin (Land XXXX ) die präsumtive Zuschlagsempfängerin in nachfolgenden Ausschreibungen offenbar selbst mangels Zuverlässigkeit nicht ausgeschlossen habe. Der Auftraggeberin würden darüber hinaus in ihrer eigenen Sphäre (dh aus den vergangenen Vertragsverhältnissen mit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin) keine Anhaltspunkte vorliegen, die ein Ausscheiden gemäß § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 rechtfertigen würden.
Angesichts dieser zweifelhaften rechtlichen Situation habe die Auftraggeberin dennoch umfangreich mögliche Selbstreinigungsmaßnahmen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gemäß § 83 BVergG 2018 geprüft und im Sinne einer Abwägung berücksichtigt. Die Auftraggeberin habe nachvollziehbar und schriftlich im Vergabebericht dokumentiert, weshalb aus der Sicht der Auftraggeberin alle Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Selbstreinigung im Sinne des § 83 BVergG 2018 vorliegen würden (sofern man einen Verstoß gegen § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 belastbar annehme). Diesbezüglich werde auf die detaillierten Ausführungen im Vergabebericht und die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegten Unterlagen verwiesen.
3.2. In Bezug auf das Vorbringen zur vertieften Angebotsprüfung sei zusammenfassend festzuhalten, dass die Prüfung der Preisangemessenheit bzw. die vertiefte Angebotsprüfung von der Auftraggeberin entsprechend den Vorgaben des BVergG 2018 durchgeführt worden sei. Als Ergebnis der durchgeführten (vertieften) Prüfung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin könne festgehalten werden, dass die angebotenen Preise betriebswirtschaftlich erklärbar und nachvollziehbar bzw. angemessen seien. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei daher entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin nicht auszuscheiden.
3.3. Die Antragstellerin stelle daher den Antrag,
„das Bundesverwaltungsgericht möge den Antrag der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung für die Lose XXXX und XXXX abweisen.“
4. In der Stellungnahme vom 25. Juni 2020 führte die präsumtive Zuschlagsempfängerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:
4.1. Tatsächlich seien im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark eine Vielzahl von wesentlichen Umständen nicht behandelt worden. Zunächst habe das Landesverwaltungsgericht Steiermark § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 einen europarechtswidrigen Inhalt unterstellt. Richtigerweise hätte schon das Vorliegen eines Mangels im Sinne der genannten Bestimmung nicht bejaht werden dürfen; auch die von der Antragstellerin aufgestellten Behauptungen würden keinen solchen begründen.
Darüber hinaus habe sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin erfolgreich „selbstgereinigt“. Nicht nur werde nicht mehr mit der ehemaligen Partnerin zusammengearbeitet, sondern habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin konkrete technische, organisatorische, personelle und sonstige Maßnahmen getroffen, die geeignet seien, eine Situation wie beim Auftrag „ XXXX “ zu verhindern.
Diese Umstände, die bereits bei Angebotsöffnung gegeben gewesen seien, seien im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark nicht behandelt worden. Vor dem Hintergrund der Rechtsansicht, dass bereits kein Mangel im Sinne des § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 zu bejahen gewesen sei und außerdem die Zusammenarbeit mit der ehemaligen Partnerin, die Auslöser gewesen sei, beendet und nicht wieder aufgenommen worden sei, sei nämlich nicht auf die zusätzlich getroffenen Selbstreinigungsmaßnahmen eingegangen worden.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe auch keine falschen Auskünfte erteilt und vielmehr der Auftraggeberin im hier gegenständlichen Vergabeverfahren dargelegt, was nach ihrer Wahrnehmung beim fraglichen Auftrag passiert sei und welche Maßnahmen ergriffen worden seien.
4.2. Im Übrigen sei die Antragstellerin ein kartellrechtswidriger Verband, weshalb es der Antragstellerin bereits an der Aktivlegitimation mangle.
4.3. Im vorliegenden Fall würden tatsächlich keine Mängel im Sinne des § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 vorliegen. Die Antragstellerin verkenne, dass das Landesverwaltungsgericht Steiermark in der erwähnten Rechtssache nur deshalb einen solchen angenommen habe, weil es § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 einen europarechtswidrigen Inhalt unterstelle.
Auch für die Auftraggeberin liege keine relevante Störung des Vertrauensverhältnisses vor. So habe sie sich, obwohl ihr die Situation mit dem Auftrag in XXXX bekannt gewesen sei, schon ursprünglich zugunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin entschieden (diese Entscheidung habe nur deswegen nicht zum Zuschlag geführt, weil sie aus anderen Gründen aufgehoben worden sei). Die gegenständliche Zuschlagsentscheidung belege, dass die Auftraggeberin weiterhin zu Recht das Vertrauensverhältnis nicht als gestört ansehe. Darum zeige sich, dass im Zusammenhang mit dem Auftrag in XXXX keine Verfehlung vorgelegen sei, die einen Ausschlussgrund nach § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 begründen könnte.
Zu betonen sei auch, dass der fragliche Auftrag des Landes XXXX vom Auftraggeber gerade nicht vorzeitig beendet worden sei. Wiederum zeige sich, dass im Zusammenhang mit dem Auftrag in XXXX keine Verfehlung vorgelegen habe, die einen Ausschlussgrund nach § 78 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 begründen könnte.
Der Auftraggeberin sei die Situation mit dem Auftrag in XXXX bekannt und die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe darüber hinaus der Auftraggeberin im hier gegenständlichen Vergabeverfahren dargelegt, was nach ihrer Wahrnehmung beim fraglichen Auftrag passiert sei und welche Maßnahmen ergriffen worden seien.
4.4. Auch das Vorbringen der Antragstellerin, wonach das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (nach wie vor) nicht entsprechend geprüft und keine ordnungsgemäße vertiefte Angebotsprüfung vorgenommen worden sei, sei verfangen, da die Auftraggeberin eine dem Vergaberecht entsprechende Angebotsprüfung vorgenommen habe.
Zum Beweis dafür, dass das vertieft geprüfte Angebot von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ordnungsgemäß kalkuliert worden sei, sowie plausibel und betriebswirtschaftlich erklär- sowie nachvollziehbar sei, werde eine gutachterliche Stellungnahme samt Beilagen zu dieser vorgelegt.
4.5. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin stelle daher den
„A n t r a g,
das Bundesverwaltungsgericht möge
1. dem Nachprüfungsantrag, insbesondere dem Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Zuschlagsentscheidung, nicht Folge geben, und zwar ihn zurück-, in eventu abweisen;
2. das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin samt allen Bestandteilen, insb die Angebotskalkulation, das Leistungsverzeichnis und sonstige Unterlagen, die Aufklärungsschreiben und Antworten sowie die grau markierten Stellen in diesem Schriftsatz von der Akteneinsicht ausnehmen und der Antragstellerin keine Einsicht in diese und sonstige wettbewerbsrelevante Unterlagen des Vergabeverfahrens gewähren.“
5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. Juni 2020, W120 2232000-1/2E, wurde der Auftraggeberin für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens untersagt, im vorliegenden Vergabeverfahren die Rahmenvereinbarungen abzuschließen.
6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22. Juli 2020 im Beisein der Antragstellerin, der Auftraggeberin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sowie deren Rechtsvertretern eine öffentlich mündliche Verhandlung durch.
7. Am 22. Juli 2020 erfolgte nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtsfragen die Beschlussfassung im Senat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Ausschreibung
Die Auftraggeberin schrieb unter der Bezeichnung „ XXXX “ den Abschluss von Rahmenvereinbarungen über die Erbringung von Bauaufträgen nach dem Bestbieterprinzip im Oberschwellenbereich aus. Es erfolgte eine Unterteilung in neun Lose; verfahrensgegenständlich sind die Lose XXXX und XXXX .
Der geschätzte Auftragswert exklusive Umsatzsteuer für die gesamten Lose XXXX beträgt EUR XXXX .
Das Los XXXX betrifft die Region XXXX mit einem geschätzten Auftragswert von EUR XXXX ,-- und das Los XXXX umfasst die Region XXXX mit einem geschätzten Auftragswert von EUR XXXX ,--.
Die Laufzeit der Rahmenvereinbarungen soll jeweils XXXX Monate betragen. Die Auftraggeberin veröffentlichte die Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 8. Juli 2019 zur Ausschreibungsnummer XXXX und im Amtlichen Lieferanzeiger zur Ausschreibungsnummer XXXX vom 8. Juli 2019.
Bezüglich der „Erstellung der Preise“ wird in der Ausschreibung unter Punkt B.1/1.1.16 Folgendes angeführt:
„1.1.16. Erstellung der Preise
Die Preise sind entsprechend der im Teil B.4 gemäß Kapitel ‚Festpreise/Veränderliche Preise‘ bzw. B.5 festgelegten Bestimmungen zu erstellen.
Die Kalkulation aller angebotenen Preise und deren Aufgliederung hat den Bestimmungen der ÖNORM B 2061 i.d.g.F. unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Festlegungen in der Ausschreibung zu entsprechen.“
In der Ausschreibung wird unter der Rubrik „Eignungskriterien/Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit“ in Bezug auf die Geräteausstattung unter Punkt B.1/1.2.3.1 Folgendes festgehalten:
„Geräteausstattung
Zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit hat der Bieter nachzuweisen, dass er pro angebotenem Los über zumindest X (siehe us Auflistung) XXXX mit einer Mindestfüllmenge von XXXX Liter und einem Baujahr nach dem XXXX verfügt.
Los Nr.
Mindestanzahl Markiermaschine
1
XXXX
2
XXXX
3
XXXX
4
XXXX
5
XXXX
6
XXXX
7
XXXX
8
XXXX
9
XXXX
Diese Geräteausstattung ist in das Formblatt ‚Erklärung Mindestgeräteausstattung‘ einzutragen.
Eine Doppel- bzw. Mehrfachnennung selber Geräte in verschiedenen Losen wird nicht anerkannt und führt zum Ausscheiden jener Lose mit Doppel- bzw. Mehrfachnennung.“
Hinsichtlich der Zuschlagskriterien wird in der Ausschreibung ua unter Punkt B.1/1.2.1 Folgendes angeführt:
„Die Bestbieterermittlung erfolgt entsprechend der nachfolgend angeführten Bewertungstabelle sowie der für die jeweiligen Zuschlagskriterien vorgesehenen Gewichtung.
Die vom jeweiligen Angebot erreichten Punkte je Zuschlagskriterium werden gewichtet und anschließend aufaddiert. Das Angebot mit der höchsten Gesamtpunktezahl ist das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot, dem der Zuschlag erteilt werden soll.
Die Definition sowie die Bewertung der einzelnen Zuschlagskriterien sind in den nachfolgenden Kapiteln festgelegt.
Für die Punkte ‚Fachkraft‘ gem. Bewertungstabelle ist keine Personalunion zulässig.
Kriterium
Max. Punkte
Punkte
Geräteausstattung
XXXX
XXXX
XXXX
XXXX
Qualität
ISO-Zertifizierung
ISO 9001
ISO 14001 oder EMAS
Sicherheitsmanagementsystem
XXXX
XXXX
XXXX
XXXX
Beschäftigung
zusätzliche
Fachkraft
Fachkraft 1 Bodenmarkierung
Fachkraft 2 Baustellenabsicherung
XXXX
XXXX
XXXX
Preis
Preis
XXXX
XXXX
[…]
1.2.3.1. Geräteausstattung
In diesem Kriterium wird die technische Ausstattung des einzusetzenden Fahrzeuges hinsichtlich der Füllmenge für Markierungsfarbe je angebotenem Los wie folgt bewertet:
Bewertet wird nur eine Markierungsmaschine / Los wie folgt:
entweder 1 Markierungsmaschine Füllmenge Markierungsfarbe ab XXXX Liter – XXXX Punkte oder XXXX Markierungsmaschine Füllmenge Markierungsfarbe ab XXXX Liter – XXXX Punkte
Der Bieter muss für den Erhalt der Punkte nachweisen, dass er über og. Markierungsmaschine mit einem Baujahr nach XXXX verfügt. Nachweis erfolgt durch Übermittlung der Kopie des Zulassungsscheines.
Ein Gerät kann nur für ein Los angeführt werden, Doppelnennungen sind nicht zugelassen. Sollte dennoch eine Doppelnennung erfolgen, so werden die Punkte in keinem Los mit Doppelbenennung berücksichtigt.
Die Geräte für welche Punkte vergeben werden müssen tatsächlich zur Leistungserbringung eingesetzt werden. Der AG behält sich vor Kontrollen durchzuführen.“
Die Auftraggeberin führt dieses Verfahren als offenes Verfahren durch.
1.2. Zur ÖNORM B 2061 „Ausgabe 1999-09-01“
Die ÖNORM B 2061 lautet in der Fassung vom 1. September 1999 auszugsweise folgendermaßen:
„3 Definitionen
Für die Anwendung dieser ÖNORM gelten die folgenden Definitionen. Zusätzliche Begriffsbestimmungen sind in der ÖNORM B 2110 oder B 2117 enthalten.
[…]
3.2 Baustellen-Gemeinkosten
Kosten der Leistungserbringung, die den einzelnen Leistungspositionen nicht unmittelbar zugeordnet werden können. Die Kosten können auf der Baustelle oder auch im Unternehmen anfallen.
3.5 Kosten
3.5.1 XXXX
Kosten für Abschreibung und Verzinsung sowie für Instandhaltung (Reparatur) der Geräte.
3.5.2 Materialkosten
Summe aller Kosten, die dem Material zuzurechnen sind.
[…]
3.6 Einzelkosten
Kosten der Leistungserbringung, die einer bestimmten Leistung direkt zugeordnet werden können.
3.7 fixe Kosten
Kosten, die zur Aufrechterhaltung der Unternehmenstätigkeit (Leistungsbereitschaft) erforderlich sind.
[…]
3.9 Geschäftsgemeinkosten
fixe und variable Kosten für den allgemeinen Betrieb der Unternehmung, soweit sie nicht einzelnen Bauvorhaben zugeordnet werden können.
[…]
3.12 Leistungsgeräte
Geräte, deren Kosten bestimmten Leistungspositionen zugeordnet werden.
[...]
3.16 Preise
Kosten der Zuschlagträger zuzüglich des Gesamtzuschlages.
3.17 Preiskalkulation
Ermittlung der Preise von Bauleistungen mit Hilfe von Preiskomponenten.
3.18 variable Kosten
Kosten, deren Höhe beschäftigungsabhängig ist.
3.19 XXXX
Geräte, die dem allgemeinen Betrieb der Baustelle dienen und deren Kosten nicht den Leistungspositionen zugeordnet werden.
[…]
5 Aufbau der Kostenermittlung
Die Bestimmungen der ÖNORM B 2110 oder B 2117 und der ÖNORMEN der Serien B 22xx und H 22xx gemäß Abschnitt 2 unter ‚Hinweise für die Ausschreibung und die Erstellung von Angeboten‘ sind zu beachten. Bei der Aufwandsermittlung ist auf Zuschläge und Abzüge gemäß den Bestimmungen dieser ÖNORMEN über Ausmaß und Abrechnung Bedacht zu nehmen.
Aus den Kostenarten-Grundlagen nach Abschnitt 4 sind nachstehende Kosten zu ermitteln:
- Einzelkosten siehe 5.1
- Baustellen-Gemeinkosten siehe 5.2
- Geschäftsgemeinkosten siehe 5.3
- Sonstige Gemeinkosten siehe 5.4
- Bauzinsen siehe 5.5
- Wagnis siehe 5.6
- Gewinn siehe 5.7
5.1 Einzelkosten
Die Einzelkosten bestehen aus fixen und variablen Kosten. Sie sind Zuschlagträger im Sinne von 6.1 und werden unterteilt in
(1) Einzellohnkosten siehe 5.1.1
(2) Einzelmaterialkosten siehe 5.1.2
(3) XXXX siehe 5.1.3.
Der Ermittlung der Einzelkosten ist der für eine Leistung sachlich und wirtschaftlich gerechtfertigte Werteinsatz zu Grunde zu legen. Die Einzelkosten von Fremdleistungen ergeben sich aus den Angeboten Dritter. Allenfalls in Zusammenhang mit diesen noch zu erbringende Eigenleistungen sind in den Kosten der entsprechenden Einzelleistung zu erfassen.
5.1.1 Einzellohnkosten
Die Einzellohnkosten je Leistungseinheit ergeben sich aus dem kalkulierten Zeitaufwand (Aufwandswert) für die Erbringung der betreffenden Leistung, einschließlich der Gerätebedienung, unter Zugrundelegung der zutreffenden Mittellohnkosten.
Zu den Einzellohnkosten zählen auch
(1) die Lohnkosten für die Lade- und Lagerungsarbeiten der Baumaterialien nach 5.1.2;
(2) der Lohnanteil der Kosten für die Instandhaltung (Reparatur) der Geräte, soweit diese nicht unter den Baustellen- Gemeinkosten berücksichtigt sind;
(3) der Lohnanteil der Kosten von Fremdleistungen.
5.1.2 Einzelmaterialkosten
Die Einzelmaterialkosten je Leistungseinheit ergeben sich aus dem kalkulierten Bedarf an Bau- und Hilfsmaterialien sowie an Betriebsstoffen für die Erbringung der betreffenden Leistung, einschließlich der Verschleiß- und Wartungskosten von Geräten, unter Zugrundelegung der Materialkosten.
In geringen Mengen erforderliches Material und Betriebsstoffe können auch durch erfahrungsgemäße Ansätze berücksichtigt werden.
Zu den Einzelmaterialkosten zählen auch
(1) der Materialkostenanteil des kalkulierten Bedarfes für die Instandhaltung (Reparatur) der Geräte, soweit diese nicht unter den Baustellen-Gemeinkosten berücksichtigt sind;
(2) der Materialanteil der Kosten von Fremdleistungen.
5.1.3 XXXX
Die XXXX je Leistungseinheit (Leistungsgerät) ergeben sich aus dem Zeitaufwand (Aufwandswert) für die Erbringung der betreffenden Leistung auf Grund der Kosten für Abschreibung und Verzinsung. Zu den XXXX gehört gegebenenfalls auch der Geräteanteil der Kosten von Fremdleistungen. Die Kosten der XXXX sind gemäß 5.2.4 unter den Baustellen-Gemeinkosten zu erfassen.
5.1.3.1 Österreichische Baugeräteliste
Als Hilfsmittel für die Berechnung der XXXX kann die Österreichische Baugeräteliste herangezogen werden; deren Werte dürfen durch firmenabhängige Erfahrungswerte verändert werden.
5.1.3.2 Wertminderung von Baubaracken
Bei Baubaracken kann eine in Hinblick auf die Abschreibung zusätzliche Wertminderung durch jede Aufstellung als Erfahrungswert, eventuell als Prozentsatz vom Neuwert, angesetzt werden.
5.1.3.3 Andere Kosten
Als andere Kosten von Baugeräten werden Kosten für Steuern und Abgaben, Versicherungen, Geräteverwaltung sowie periodische Überprüfungskosten u. dgl. angesetzt.
5.1.3.4 Abschreibung und Verzinsung
Die Kosten für Abschreibung werden aus den Wiederbeschaffungskosten (Neuwert), der Nutzungsdauer und dem Beschäftigungsgrad ermittelt.
Die Kosten für Verzinsung werden aus den Wiederbeschaffungskosten (Neuwert), der Nutzungsdauer, dem Beschäftigungsgrad und einem kalkulativen Zinssatz ermittelt.
Beide werden für die gesamte Beistellungszeit errechnet und in einem Betrag je Zeiteinheit (Monat oder Stunde) ausgewiesen.
5.1.3.5 Instandhaltung (Reparatur)
Die Kosten der Instandhaltung (Reparatur) werden als Erfahrungswert, eventuell als Prozentsatz von den Wiederbeschaffungskosten (Neuwert), für die gesamte Beistellungszeit angesetzt und in einem Betrag je Zeiteinheit (Monat oder Stunde) ausgewiesen.
5.1.3.6 Betrieb
Als Kosten für den Betrieb von Baugeräten werden die Lohnkosten für die Gerätebedienung und -wartung, die Kosten der Betriebsstoffe, die Stoffkosten für Wartung und Verschleißteile angesetzt und in den Einzelkosten gemäß dieser ÖNORM berücksichtigt.
5.2 Baustellen-Gemeinkosten
5.2.1 Allgemeines
Die Baustellen-Gemeinkosten bestehen aus fixen und variablen Kosten. Sie sind grundsätzlich in eigenen Positionen zu erfassen, wobei sie gegebenenfalls nach einzelnen zeitlichen und/oder technischen Abschnitten des Bauablaufes, deren Kriterien eindeutig festzulegen sind, und nach allfälligen Stillliegezeiten zu gliedern sind.
Die Baustellen-Gemeinkosten sind Zuschlagträger im Sinne von 6.1.
Die Baustellen-Gemeinkosten setzen sich wie die Einzelkosten, sinngemäß wie 5.1, aus Personalkosten, Materialkosten und XXXX zusammen
Sie gliedern sich in
(1) einmalige Kosten der Baustelle siehe 5.2.2
(2) zeitgebundene Kosten der Baustelle siehe 5.2.3
(3) XXXX der Baustelle siehe 5.2.4
(4) sonstige Kosten der Baustelle siehe 5.2.5.
5.2.2 Einmalige Kosten der Baustelle (Baustelleneinrichtung und Baustellenräumung)
Diese Kosten umfassen im Wesentlichen die Lohnkosten für Ladearbeiten und für das Auf-, Um- und Abbauen der Baustelleneinrichtung sowie die zugehörigen Stoff-, Transport- und XXXX .
Dazu gehören auch die Kosten der Erschließung und Inbetriebsetzung der Baustelle sowie die Kosten der Errichtung und des Abbaues von Unterkünften, Küchen, Kantinen udgl., für die auch eigene Positionen vorgesehen sein können
5.2.3 Zeitgebundene Kosten der Baustelle
Zeitgebundene Kosten fallen bei der Leistungserbringung in annähernd gleich bleibender Höhe je Zeiteinheit an und laufen auch bei Bauunterbrechungen weiter, bei längerer Dauer der Unterbrechung allenfalls in verringerter Höhe Diese Kosten sind in der Regel in eigenen Positionen je Zeiteinheit zu erfassen.
Hiezu gehören insbesondere:
(1) Gehaltskosten samt den Gehaltsnebenkosten (Summe der Gehaltskosten) aller für die Durchführung des Bauauftrages eingesetzten Angestellten (z. B. technische, zeitgebundene Gehaltskosten für Vermessung und Arbeitsvorbereitung);
(2) zeitgebundene Lohnkosten samt den Lohnnebenkosten (z. B. für unproduktives Baustellenpersonal, Bewachung, Reinigung, eventuell Bedienung von XXXX ),
(3) Reisekosten des für die Durchführung des Bauauftrages eingesetzten Personals;
(4) sonstige Kosten der Baustelle, z. B. Mieten, Beheizung, Beleuchtung, Telefon;
(5) Kosten des Betriebes besonderer Anlagen, z. B. von Aufenthaltsräumen, Unterkünften, Küchen, Kantinen, Stromer- zeugungs- und Wasserversorgungsanlagen;
(6) eventuelle Betriebskosten von Baustellenfahrzeugen und XXXX .
5.2.4 XXXX der Baustelle
Dazu gehören die Kosten für Abschreibung und Verzinsung sowie Instandhaltung (Reparatur) der Geräte, wenn diese Kosten nicht gemäß 5.1 in den Leistungspositionen erfasst sind.
5.2.5 Sonstige Kosten der Baustelle
Diese Kosten umfassen die Kosten der auftragsbezogenen Planung, die Kosten der Aufnahme des Probebetriebes (ohne Betriebsstoffe) und der Einschulung sowie die Kosten der Dokumentation u. dgl. Diese Kosten sind in der Regel in eigenen Positionen zu erfassen.
Dazu gehören auch alle Kosten, die über die Kosten des üblichen Leistungsumfanges hinausgehen, jedoch auf Grund von Vertragsbedingungen für die Leistungserbringung erforderlich sind.
5.3 Geschäftsgemeinkosten
Hiezu gehören insbesondere:
(1) Gehälter samt den zugehörigen Gehaltsnebenkosten;
(2) Löhne samt den zugehörigen Lohnnebenkosten;
(3) Betriebssteuern und sonstige Abgaben;
(4) Umlagen und Beiträge für Berufsvertretungen und Fachvereinigungen;
(5) Bürokosten, EDV-Kosten;
(6) Mieten und Pacht für die dem Gesamtbetrieb dienenden Anlagen;
(7) Abschreibung und Verzinsung der dem Gesamtbetrieb dienenden Anlagen;
(8) Reisekosten;
(9) Kosten für Versicherungen allgemeiner Art (siehe jedoch Tabelle 1);
(10) Kosten für Werbung;
(11) Lohnverrechnung für Baustellen (soferne diese nicht unter den anderen lohngebundenen Kosten kalkuliert wird);
(12) Kosten des Aufsichtsrates.
Die Geschäftsgemeinkosten sind in der Regel jährlich auf Grund der entstandenen oder geplanten Kosten zu ermitteln und in einem Prozentsatz des Umsatzes oder einer anderen Bezugsgröße festzustellen. Von diesem Prozentsatz ist bei weiteren Preisermittlungen auszugehen.
[…]
6 Gesamtzuschlag und Kostenumlagen
6.1 Gesamtzuschlag
Wiederholt auftretende Kostenelemente werden im Gesamtzuschlag zusammengefasst und dem Zuschlagträger zugeschlagen. Dadurch ergeben sich die Preise.
Zuschlagträger sind:
(1) Lohnkosten gemäß 4.1.1;
(2) Gehaltskosten gemäß 4.1.2;
(3) Materialkosten gemäß 4.2;
(4) XXXX gemäß 4.3;
(5) Kosten für Fremdleistungen gemäß 4.4;
Der Gesamtzuschlag setzt sich zusammen aus den Anteilen für:
(1) Geschäftsgemeinkosten gemäß 5.3;
(2) sonstige Gemeinkosten gemäß 5.4;
(3) Bauzinsen gemäß 5.5;
(4) Wagnis gemäß 5.6;
(5) Gewinn gemäß 5.7.
Der Gesamtzuschlag kann für die einzelnen Zuschlagträger verschieden hoch sein.
6.2 Kostenumlage
Wenn die Baustellen-Gemeinkosten (siehe 5.2) in Sonderfällen (zB kleine, kurzfristige Bauvorhaben) nicht in eigenen Positionen des Leistungsverzeichnisses erfasst sind, sind diese Kosten auf die Preisanteile bzw. Kostenanteile umzulegen.
Diese Umlage kann folgendermaßen durchgeführt werden:
(1) Umlage der Anteile ‚Lohn‘ und ‚Sonstiges‘ der Baustellen-Gemeinkosten auf die entsprechenden Preisanteile der Einheits- und Pauschalpreise.
(2) Umlage der zeitgebundenen Baustellen-Gemeinkosten auf den Preisanteil ‚Lohn‘ der Einheits- und Pauschalpreise; für die restlichen Baustellen-Gemeinkosten existieren eigene Positionen im Leistungsverzeichnis.
(3) Umlage aller Baustellen-Gemeinkosten auf den Preisanteil ‚Lohn‘ der Einheits- und Pauschalpreise.
(4) Umlage aller Baustellen-Gemeinkosten auf den Mittellohnpreis.
[…]“
1.3. Zum Angebot der Antragstellerin
Mit Verschmelzungsvertrag vom 26. August 2019 wurde die XXXX in die XXXX GmbH eingebracht, welche in weiterer Folge in XXXX umfirmiert wurde.
Die Antragstellerin beteiligte sich rechtzeitig am vorliegenden Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Angebotes am 22. August 2019. Zu Los XXXX beträgt der Gesamtangebotspreis der Antragstellerin EUR XXXX und zu Los XXXX beträgt der Gesamtangebotspreis der Antragstellerin EUR XXXX .
Das Angebot der Antragstellerin wurde von der Auftraggeberin nicht ausgeschieden.
1.4. Zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin beteiligte sich rechtzeitig am vorliegenden Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Angebotes am 27. August 2019.
In den Unterlagen zur Kalkulation im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin berücksichtigte diese sämtliche XXXX (auch für die XXXX ) über den Zuschlag für Geschäftsgemeinkosten. XXXX Kosten, wurden dabei in den einzelnen XXXX ausgewiesen
1.5. Zur Aufklärung zum Angebot
Mit mehreren Schreiben der Auftraggeberin wurde die präsumtive Zuschlagsempfängerin aufgefordert, zu bestimmten Fragen Stellung zu nehmen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin übermittelte hierauf mehrere Antwortschreiben.
1.6. Zum Stand des Vergabeverfahrens
Am 8. Juni 2020 übermittelte die Auftraggeberin an die Antragstellerin betreffend das Los XXXX und das Lo