TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/11 L508 2232788-2

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Veröffentlicht am 11.08.2020
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Entscheidungsdatum

11.08.2020

Norm

AVG §59 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z5
B-VG Art133 Abs4
FPG §55 Abs1a
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L508 2232788-2/3Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Barbara HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Bangladesch, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH – ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2020, Zl. 1265064207/200509283, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides Folge gegeben und dieser gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 Z. 5 BFA-VG ersatzlos behoben.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid somit gemäß § 13 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser gemäß § 55 Abs 1a FPG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Bangladesch, reiste Anfang Juni 2020 illegal in das österreichische Bundesgebiet und wurde am 03.06.2020 im Zuge einer Polizeikontrolle sein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet festgestellt. Er wurde festgenommen und über ihn wurde am 05.06.2020 die Schubhaft angeordnet.

Im Zuge der Einvernahmen zur Schubhaftanordnung und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot führte der BF am 04.06.2020 an, gesund zu sein und dass er im Herkunftsstaat keinerlei Probleme mit Behörden zu befürchten habe. Er würde gerne in Österreich bleiben und arbeiten wollen.

2. Mit Bescheid des BFA RD Steiermark wurde vom 08.06.2020 gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach BANGLADESCH zulässig ist. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt, sowie die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt. Gleichgehend wurde gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG ein Einreiseverbot für die Dauer von 2 Jahren erlassen.

3. Am 18.06.2020 stellte der BF gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Im Rahmen der verschiedenen Befragungen, gab der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er als Sympathisant der BNP in Bangladesch verfolgt worden sei.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Der Beschwerde gegen die Entscheidungen wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

Die belangte Behörde würdigte das Vorbringen als unglaubwürdig. Ferner wurde festgestellt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Bedrohungssituation gänzlich unglaubwürdig sei und offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechen würde sowie dass im Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben sei. Es sei den Beschwerdeführern demnach zumutbar, den Ausgang des Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde.

6. Die Beschwerdevorlage langte am 06.08.2020 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

7. Der vorstehende Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten und ist unstrittig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

?                1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

?                2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Zu A) (Spruchpunkt I)

Ersatzlose Behebung von Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn (1.) der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt, (2.) schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, (3.) der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat, (4.) der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat, (5.) das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht, (6.) gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder (7.) der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

§ 18 Abs. 1 Z. 5 BFA-VG entspricht inhaltlich § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG idF AsylG 1997 BGBl. I Nr. 101/2003; diese wiederum entspricht § 6 Z. 3 AsylG 1997 in der Stammfassung des AsylG 1997. Aufgrund der nur unmaßgeblich veränderten, im wesentlich aber nahezu wortidenten Formulierungen dieser Bestimmungen ist bei der Prüfung des Vorliegens dieses Tatbestands – somit als Prüfungsmaßstab für die Frage, ob ein Vorbringen offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht – jedenfalls die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Vorgängerbestimmungen heranzuziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zu § 6 Z 3 AsylG 1997 in der Stammfassung ausgesprochen, dass bei einem von der Behörde als unglaubwürdig angenommenen Vorbringen noch keine Aussage darüber getroffen wird, ob es ein solches Maß an Unglaubwürdigkeit erreicht, dass der Tatbestand des § 6 Z 3 AsylG 1997 in der Stammfassung als erfüllt angesehen werden kann. Letzteres kann nur dann angenommen werden, wenn Umstände vorliegen, die besonders deutlich die Unrichtigkeit der erstatteten Angaben vor Augen führen. Es muss unmittelbar einsichtig („eindeutig“ bzw. „offensichtlich“) sein, dass die abgegebene Schilderung tatsächlich wahrheitswidrig ist. Dieses Urteil muss sich aufdrängen, die dazu führenden Gesichtspunkte müssen klar auf der Hand liegen. Im Ergebnis setzt die im gegebenen Zusammenhang erforderliche qualifizierte Unglaubwürdigkeit somit voraus, dass es weder weitwendiger Überlegungen noch einer langen Argumentationskette bedarf, um zu erkennen, dass das Vorbringen eines Asylwerbers nicht den Tatsachen entspricht (VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0214; 31.01.2002, Zl. 2001/20/0381; 11.06.2002, Zl. 2001/01/0266; 06.05.2004, Zl. 2002/20/0361).

Nur dann, wenn es unmittelbar einsichtig ist und sich das Urteil quasi aufdrängt, die Schilderungen des Asylwerbers, die für die Beurteilung seines Asylansuchens maßgeblich sind, seien tatsächlich wahrheitswidrig, erreicht das Vorbringen ein solches Maß an Unglaubwürdigkeit, dass der Tatbestand des § 6 Z 3 AsylG 1997 erfüllt ist (VwGH 27.09.2001, Zl. 2001/20/0393). Bei der Anwendung des § 6 AsylG 1997 kann es typischerweise nur um die Klarstellung einfacher Fragen, aber nicht um diffizile Beweiswürdigungsprobleme gehen (VwGH 19.12.2001, Zl. 2001/20/0442).

Dem entspricht – bezogen auf die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes – die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Erfordernis einer Beurteilung komplexer asylrechtlicher Zusammenhänge die Abweisung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet ausschließt (vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0214).

Zum gegenständlichen Verfahren:

Gegenständlich stützt die belangte Behörde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG und begründet diese dahingehend, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Bedrohungssituation gänzlich unglaubwürdig sei. Begründet wurde dies insbesondere aufgrund des Umstandes, dass der BF im Rahmen seiner erstmaligen Einvernahme hinsichtlich des fremdenrechtlichen Verfahrens (Rückkehrentscheidung) Fluchtgründe nicht vorgebracht und den Asylantrag erst nach der erlassenen Rückkehrentscheidung eingebracht habe (Zitat aus dem angefochtenen Bescheid: „Auch hier in Österreich stellten Sie erst 2 Wochen nach Ihrer illegalen Einreise, Anordnung der Schubhaft und bereits durchsetzbar erlassener Rückkehrentscheidung iVm mit einem Einreiseverbot, einen Asylantrag. Dies obwohl sozusagen im AHZ dauerhaft die Gelegenheit dazu bestanden hätte.“). Das Fluchtvorbringen erweise sich auch darüber hinaus als unglaubwürdig, da die Angaben des Beschwerdeführers widersprüchlich, oberflächlich und vage gewesen seien. Zudem wurde ausgeführt, dass es den vorgebrachten Problemen an der erforderlichen Aktualität der Bedrohung bzw. Gefährdung mangle. In einer Gesamtschau, auch in Bezug auf das persönliche Verhalten, erweise sich das Vorbringen des BF daher als offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechend. Die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens wird unter anderem auch damit begründet, dass der Beschwerdeführer keine Beweismittel in Vorlage gebracht habe. Im Herkunftsstaat sei auch keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben sei. Es sei dem Beschwerdeführer demnach zumutbar, den Ausgang des Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.

Dazu ist auszuführen, dass die belangte Behörde zutreffend auf eine mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens, insbesondere auch unter Berücksichtigung der (späten) Asylantragstellung nach erlassener Rückkehrentscheidung, sowie der Ungereimtheiten in den Angaben des Beschwerdeführers, hingewiesen und in ihrer Beweiswürdigung auch zutreffend dargetan hat, dass berechtigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Vorbringens bestehen mögen und ist den diesbzgl. Überlegungen der belangten Behörde grundsätzlich nicht entgegenzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch darüber hinaus in seiner Rechtsprechung zu den entsprechenden Vorfassungen dieses Tatbestandes ausgeführt, dass § 6 Z 3 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 76/1997 (nunmehr § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG) lediglich dann anwendbar ist, wenn das gesamte Vorbringen zu einer Bedrohungssituation den Tatsachen offensichtlich nicht entspricht; seine Anwendbarkeit scheidet aus, wenn das Vorbringen auch nur in einem Punkt möglicherweise auf eine wahre Tatsache gestützt wird; auf Einzelaspekte gestützte Erwägungen erweisen sich somit für die Anwendung des Tatbestandes der offensichtlichen Tatsachenwidrigkeit des Vorbringens zur Bedrohungssituation als nicht tragfähig (vgl. dazu VwGH 21.08.2001, 2000/01/0214).

Der auf Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides bezogene Abschnitt der Begründung enthält nun keine konkreten Ausführungen darüber, weshalb das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Gänze offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechen würde und schon gar nicht eine nähere Begründung dafür, weshalb die belangte Behörde von einer qualifizierten Unglaubwürdigkeit im Sinn der vorstehend zitierten Rechtsprechung ausgeht. Eine qualifizierte Unglaubwürdigkeit ist folglich nicht gegeben. An der dortigen Stelle des angefochtenen Bescheides findet sich zwar ein Verweis „auf die Beweiswürdigung unter Punkt D dieses Bescheides“, doch lässt sich auch dieser nicht eindeutig entnehmen, worin die qualifizierte Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers liegen sollte. Die vom BFA in der Beweiswürdigung angeführten angeblichen widersprüchlichen, vagen und oberflächlichen Angaben zu seiner politischen Tätigkeit, seiner angeblichen Unkenntnis über die BNP, seinen angebliche sonstigen lebensfremden Angaben, die Plausibilitätsüberlegungen der belangten Behörde zum Verhalten des Beschwerdeführer, die Ausführung, dass der BF keine Beweismittel in Vorlage gebracht habe sowie letztlich die Ausführungen in Bezug auf die späte Asylantragstellung, sind zwar allesamt für die Annahme geeignet, dass berechtigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers bestehen mögen, können letztlich jedoch eine qualifizierte Unglaubwürdigkeit nicht begründen. Zwar ist dem BFA zuzugestehen, dass der BF auf die Fragen hinsichtlich der BNP oftmals falsch und nicht detailreich antwortete und auch dass in Zusammenhang mit der späten Asylantragstellung nach erlassener Rückkehrentscheidung berechtigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit bestehen mögen, aber in einer Gesamtschau lässt sich aus sämtlichen Angaben des BF wie auch aus seinem persönlichen Verhalten allenfalls eine schlichte aber keine qualifizierte Unglaubwürdigkeit des Vorbringens ableiten. Insgesamt betrachtet lässt sich sohin eine derartige, wie vom Gesetz geforderte, Offensichtlichkeit nicht erkennen.

Da im gegenständlichen Verfahren somit keine qualifizierte, sondern allenfalls eine schlichte Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers vorliegt, ist der Anwendung des § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG der Boden entzogen, und da auch kein sonstiger Tatbestand des § 18 Abs. 1 erfüllt ist, war Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben.

Es war daher der Spruchteil VII des angefochtenen Bescheides spruchgemäß ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass der Beschwerde somit gemäß § 13 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.

Zu A) (Spruchpunkt II)

Behebung von Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht für die Fälle einer zurückverweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Zum gegenständlichen Verfahren

Nachdem die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ersatzlos zu beheben war, ist die Entscheidung nicht mehr gemäß § 18 BFA-VG durchführbar. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 55 Abs 1a FPG liegen somit nicht mehr vor. Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß zu beheben.

Im gegenständlichen Verfahren war ein Vorgehen gemäß § 59 Abs 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt VI und VII spruchreif war und die Trennung - auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen - auch zweckmäßig erscheint.

Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I bis V des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgeht.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung ersatzlose Behebung qualifizierte Unglaubwürdigkeit Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L508.2232788.2.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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