Entscheidungsdatum
22.09.2020Norm
Apothekengesetz §10Spruch
W147 2206074-1/12E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über den Antrag von XXXX , vertreten durch SCHÖNHERR Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19, auf Zustellung des Bescheides des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013, BMG 92310/0044- II/A/4/2013, beschlossen:
A)
Dem Antrag wird gemäß § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, stattgegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
(Vorverfahren):
1. XXXX wurde mit Bescheid der Österreichischen Apothekerkammer vom 25. Mai 2007, GZ A 16/07, die Konzession zum Betrieb der öffentlichen XXXX in XXXX , XXXX , rechtskräftig erteilt.
Mit Eingabe vom 4. Juni 2013 beantragte der Konzessionsinhaber bei der Österreichischen Apothekerkammer die Verlegung der öffentlichen XXXX in XXXX von XXXX nach XXXX .
Mit Bescheid vom 20. November 2013 wies die Österreichische Apothekerkammer den Antrag auf Verlegung der Betriebsstätte der öffentlichen XXXX in XXXX , von der XXXX „in das Einkaufszentrum mit der Anschrift XXXX , wobei der geplante Apothekeneingang die Anschrift XXXX aufweist“, ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Konzessionsinhaber der öffentlichen XXXX in XXXX fristgerecht Berufung an die damals zuständige Berufungsbehörde, dem Bundesminister für Gesundheit.
Mit Bescheid des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013, BMG-92310/0044-II/A/4/2013, wurde der Berufung Folge gegeben und dem Betriebsinhaber gemäß § 14 Abs. 1 Apothekengesetz die Genehmigung zur Verlegung der Betriebsstätte von XXXX , XXXX nach XXXX erteilt. Weitere Eingänge außerhalb des festgesetzten Standortes wurden von der gegenständlichen Genehmigung ausdrücklich nicht mitumfasst.
Mit Schriftsatz vom 24. Jänner 2017 stellte die Antragstellerin bei der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen einen Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 20. Dezember 2013, BMG-92310/0044-II/A/4/2013.
Mit Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 3. Jänner 2018, BMGF- 92310/0015- II/A/4/2017, wurde der Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 20. Dezember 2013 zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei genanntem Bescheid vom 20. Dezember 2013 um einen rechtskräftig erlassenen Berufungsbescheid des damals zuständigen Bundesministers handle. Seit dem 1. Jänner 2014 sei die Bundesministerin aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle in dieser Sache nicht mehr zuständig und sei der Antrag aus diesem Grund zurückzuweisen. In der Rechtsmittelbelehrung wurde auf die Möglichkeit einer schriftlichen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2018 erhob die Antragstellerin fristgerecht Beschwerde und verwies auf die vermeintliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts. Der Bescheid der Bundesministerin vom 3. Jänner 2018 wurde vollumfänglich angefochten und die Anträge gestellt: Das zuständige Verwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid aufheben und die Rechtssache an die belangte Behörde zurückverweisen in eventu über den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung entscheiden und der Antragstellerin den begehrten Berufungsbescheid des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013 zustellen.
Mit Eingabe vom 12. September 2018, VGW-101/078/11303/2018-3, übermittelte das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG.
Am 8. November 2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher die Verfahrensparteien die Möglichkeit erhielten, zur Frage der Parteistellung im Verfahren gemäß § 14 Abs. 1 Apothekengesetz Stellung zu nehmen.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. November 2019, W147 2206074-1/5E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 3. Jänner 2018, BMGF-92310/0015-II/A/4/2017, als unbegründet abgewiesen (in Rechtskraft erwachsen).
Der Antrag auf Zustellung des Bescheides des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013, BMG 92310/0044-II/A/4/2013, wurde in Ermangelung des Vorliegens einer Parteistellung unter Hinweis auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes mittels Beschluss zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.
Zweites verfahrensgegenständliches Verfahren:
2. Mit Erkenntnis vom 23. Juni 2020, E 4610/2019-11, hob der Verfassungsgerichthof den angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes auf. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Antragstellerin durch den angefochtenen Beschluss in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren durch den gesetzlichen Richter verletzt worden sei. Unter Hinweis auf weitere Judikate (vgl. Vfslg. 16.103/2001, 16.259/2001, 19.617/2012) führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass der Ausschluss einer Parteistellung dann unsachlich wäre, wenn Betroffenen damit auch die Möglichkeit genommen werde, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens, in dem sie im Unterschied zum regulären Verfahren keine Parteistellung genießen, überprüfen zu lassen.
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung sei es verfassungsrechtlich bedenklich, den Inhabern umliegender bestehender öffentlicher Apotheken die Parteistellung im Standortverlegungsverfahren nach § 14 Abs. 1 Apothekengesetz schlechthin, also auch hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Verfahrens überhaupt vorliegen, zu versagen und diese Beurteilung allein der Behörde zu überlassen. In verfassungskonformer Interpretation sei die Bestimmung des § 14 Abs. 1 Apothekengesetz iVm § 8 AVG dahingehend auszulegen, dass der Beschwerdeführerin ein rechtliches Interesse an der Überprüfung der Voraussetzungen der Anwendung des § 14 Abs. 1 Apothekengesetz und daher eine auf die Beurteilung dieser Frage beschränkte Parteistellung zukomme.
Über Ersuchen übermittelte das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz mit Schreiben vom 25. August 2020 eine amtssignierte Ausfertigung des Bescheides des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013, BMG 92310/0044- II/A/4/2013.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Zuständigkeit und Verfahren:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 1a Z 2 lit. b) B-VG kann in sonstigen Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, durch Bundesgesetz die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründet werden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes-oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist (§ 28 Abs. 3 VwGVG).
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen:
a.) § 3 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz –VwGbk-ÜG lautet auszugsweise:
„Verwaltungsgerichte
§ 3. (1) Ist ein Bescheid, gegen den eine Berufung zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden, läuft die Berufungsfrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diesen Bescheid nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Berufung erhoben, so kann gegen ihn vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 29. Jänner 2014 Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Eine gegen einen solchen Bescheid bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.
(2) Ist jedoch in einem Mehrparteienverfahren ein Bescheid, gegen den eine Berufung zulässig ist, bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 zwar gegenüber mindestens einer Partei, aber nicht gegenüber allen Parteien, denen gegenüber er zu erlassen war, erlassen worden, so kann von den Parteien, denen gegenüber dieser Bescheid nach Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wird, innerhalb von vier Wochen Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Gegen einen solchen Bescheid bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufungen gelten als rechtzeitig erhobene Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.
(3) Jeder Bescheid, der nach Ablauf des 30. September 2013 genehmigt wird, hat einen Hinweis auf die Rechtsfolge des Abs. 1 bzw. des Abs. 2 zu enthalten.
[...]
(6) Die Verwaltungsgerichte entscheiden ab 1. Jänner 2014 über die Wiederaufnahme von und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Verfahren, die entweder in diesem Zeitpunkt gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf die Verwaltungsgerichte übergegangen sind, oder, wären sie in diesem Zeitpunkt noch anhängig, übergehen würden. Die §§ 32 und 33 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes –VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, sind sinngemäß anzuwenden.
[...]“.
Art. 151 Abs. 51 Z 8 zweiter Satz B-VG regelt, welche zum Stichtag bei Verwaltungsbehörden anhängigen Verfahren von den Verwaltungsgerichten weiterzuführen sind. Ein solcher Zuständigkeitsübergang erfolgt zusammengefasst in allen anhängigen Verfahren, in denen nach der neuen Rechtslage eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte besteht (Art. 130 Abs. 1 B-VG) oder zum Stichtag einfachgesetzlich begründet ist (Art. 130 Abs. 2 B-VG). Wie sich aus § 3 Abs. 6 VwGbk-ÜG 2013 ergibt, erfolgt ein solcher Zuständigkeitsübergang auf die Verwaltungsgerichte jedoch nicht nur bei anhängigen Verfahren. Aus Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG und § 3 Abs. 6 VwGbk-ÜG 2013 lässt sich die Intention des Gesetzgebers erkennen, dass ab 1. Jänner 2014 die Verwaltungsgerichte im Hinblick auf alle Zuständigkeiten, die nach dem System der Verwaltungsgerichtsbarkeit von Verwaltungsgerichten wahrgenommen werden sollen, an die Stelle der bis dahin zuständigen Berufungsbehörden treten; dies unabhängig davon, ob die Verfahren am 1. Jänner 2014 (noch) anhängig waren oder nicht (VwGH 03.08.2016, Ro 2016/07/0007).
Zur Entscheidung über einen Antrag auf Zustellung eines letztinstanzlichen Berufungsbescheides ist daher jenes Verwaltungsgericht zuständig, dass an die Stelle der ehemaligen Berufungsbehörde getreten ist; im konkreten Fall in Verfahren gemäß § 14 Abs. 1 Apothekengesetz das Bundesverwaltungsgericht.
b) Die maßgeblichen Bestimmungen des Apothekengesetzes (APG), RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2002 (§§ 9, 14) und RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2016 (§ 10) lauten:
"§ 9.
Konzession.
Der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, welche nicht auf einem Realrechte beruht (radizierte, verkäufliche Apotheken), ist nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig.
Im Konzessionsbescheid ist als Standort der Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken, welche schon früher betrieben worden sind, ist der bisherige Standort aufrecht zu erhalten. Die Konzession hat nur für den Standort Geltung.
Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung
§ 10. (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn
1. sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder
2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder
3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.
(3) Ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 besteht auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke
1. eine ärztliche Hausapotheke und
2. eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Abs. 2 Z 1 entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach § 342 Abs. 1 ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.
[...].
(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.
(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5 500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigten.
(6) Die Entfernung gemäß Abs. 2 Z 2 darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.
(7) Zur Frage des Bedarfes an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist ein Gutachten der österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Soweit gemäß § 29 Abs. 3 und 4 Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.
(8) Als bestehende Apotheken im Sinne des Abs. 2 Z 2 und 3 gelten auch alle nach der Kundmachung BGBl. I Nr. 53/1998 rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke.
[...]“
„Verlegung
§ 14. (1) Die Verlegung einer Apotheke innerhalb des festgesetzten Standortes (§ 9 Abs. 2) bedarf der Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer.
(2) Die Verlegung einer öffentlichen Apotheke an einen anderen Standort ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bewilligen, wenn die Voraussetzungen des § 10 zutreffen und überdies von dem neuen Standort aus der Bedarf des Gebietes besser befriedigt werden kann.
[...]“.
3. Zu Spruchteil A) Stattgabe des Antrages:
Verfahrensgegenständlich sprach der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Juni 2020 zu Zahl E 4610/2019-11 aus, dass der Ausschluss einer Parteistellung dann unsachlich wäre, wenn Betroffenen damit auch die Möglichkeit genommen werde, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung eines vereinfachten Verfahrens, in dem sie im Unterschied zum regulären Verfahren keine Parteistellung genießen, überprüfen zu lassen. Auf gegenständlich Fall umgelegt, wäre es verfassungsrechtlich bedenklich, den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken die Parteistellung im Standortverlegungsverfahren nach § 14 Abs. 1 Apothekengesetz schlechthin, also auch hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Verfahrens vorliegen würde, zu versagen und diese Beurteilung allein der Behörde zu überlassen.
Die Bestimmung des § 14 Abs. 1 Apothekengesetz in Verbindung mit § 8 AVG sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass der Antragstellerin ein rechtliches Interesse an der Überprüfung der Voraussetzungen der Anwendung des § 14 Abs. 1 Apothekengesetz und daher eine auf die Beurteilung dieser Frage beschränkte Parteistellung zukomme.
Der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechend, ist dem Antrag auf Zustellung des Bescheides des (ehemaligen) Bundesministers für Gesundheit vom 29. Dezember 2013, GZ BMG-92310/0044-II/A/4/2013, stattzugeben und hat das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der Antragstellerin (im Anhang) zuzustellen.
4. Zu Spruchteil B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hinsichtlich der Frage der Parteistellung der Antragstellerin zulässig, da sowohl Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen als auch die gegenständliche Entscheidung aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 2020, E 4610/2019-11, von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes mit dem Tenor „Im Verfahren nach § 14 Abs. 1 ApG fehlt den Inhabern von benachbarten Apotheken daher ein rechtliches Interesse, das sie im Sinne des § 8 AVG geltend machen könnten.“ abweicht (vgl VwGH 22.12.1993, 93/10/0077; 22.04.2002, 2000/10/0053).
Es war daher auch in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Antragstellung Apothekenkonzession Bescheid Ersatzentscheidung gesetzlicher Richter mündliche Verhandlung Parteistellung rechtliches Interesse Revision zulässig Standort VfGH Zurückweisung Zuständigkeit ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W147.2206074.1.00Im RIS seit
21.01.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2021