TE Bvwg Beschluss 2020/10/12 W252 2157361-2

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Veröffentlicht am 12.10.2020
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Entscheidungsdatum

12.10.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §32 Abs1 Z2

Spruch

W252 2157361-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Einzelrichterin über den Antrag des XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan vom 04.07.2020, beschlossen:

A) Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.01.2020, Zl. W252 2157361-1/15E, rechtkräftig abgeschlossenen Asylverfahren wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der ehemalige Asylwerber stellte am 11.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 20.04.2017 zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

3. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 23.01.2020, Zl. W252 2157361-1/15E als unbegründet abgewiesen.

4.. Mit Schriftsatz vom 04.07.2020 eingelangt am 09.07.2020, stellte der Antragssteller einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG.

Im Antrag wird zusammengefasst ausgeführt, dass sich der Antragssteller nach Erhalt seiner zweiten Rückkehrentscheidung anlässlich seines zeitweise nur latent bestehenden Leidensdruckes in Form verstärkter Ängste, sowie neu aufflammender suizidaler Ideation in die Obhut und Betreuung einer Pfarre der römisch-katholischen Kirche begeben habe. Darüber hinaus besuche der Antragssteller die Vorbereitung zur Erstkommunion. Die in der Vergangenheit bereits erfolgte Taufe durch die „Church of Christ“ sei nach römisch-katholischen Kirchenrecht für diese gültig, und bedeute diese auch aus Sicht des islamischen Glaubens eine Abkehr und damit Apostasie. Die römisch-katholische Kirche biete ihm daher den Akt der Erstkommunion als nächsten Schritt zumal der Antragssteller an seiner inneren Überzeugung keineswegs zweifle. Als Beweis hierfür werde die zeugenschaftliche Einvernahme des Pfarrers Dr. König beantragt. Ferner ergebe sich aus dem beigelegten psychiatrischen Gutachten, dass eine bloße Befragung des Antragsstellers zu gesicherten Feststellungen nicht geeignet sein könne und zudem „neurogische“ Störungen indiziere. Neben einer klinischen Beobachtung alle 6 bis 12 Monate werde auch dringend empfohlen, an einem sicheren Ort zu verweilen. Dem Gericht sei es damals nicht möglich gewesen, die Glaubwürdigkeit des Antragsstellers zu beurteilen, der klinische Merkmale aufweise. Dies habe der Antragssteller naturgemäß auch nicht selbst vorbringen können. Es liegen daher Fakten vor, die bei deren Kenntnis zu einer anderen Entscheidung geführt hätten bzw. geführt haben könnten.

Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge dem gegenständlichen Antrag stattgeben und die Beweisaufnahme unter Einbeziehung des psychiatrischen Kurzgutachtens neu aufnehmen. Hierbei werden die im Gutachten genannten regelmäßigen Berichte über seine engmaschige Psychotherapie und pharmakologischen Behandlungsversuchen, sowie Wahrnehmungsberichten des Pfarrers Dr. König einzubeziehen sein. Die dem Antragssteller bekannten Tatsachen (Traurigkeit, Lebensmüdigkeit und Angst) seien vorgebracht worden. Die psychologische Komponente sei kausal dafür, überhaupt einen realistischen Eindruck zu seinen religiösen Anschauungen gewinnen zu können.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A):

1. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn 1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtliche strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder 2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder iVm mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten , oder 3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder 4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die eine Aufhebung oder Abänderung auf Antrag eine Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

Gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen 2 Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von 3 Jahren nach Anlastung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann gemäß § 32 Abs. 3 VwGVG die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von 3 Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus Gründen des Abs. 1 Z. 1 stattfinden.

Gemäß § 32 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind gemäß § 32 Abs. 5 VwGVG die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragrafen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (RV 2009 BlgNR 24. GP) ist festzuhalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Widereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen aufgrund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen.

Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des §§ 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG mit §§ 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherigen Judikaturrichtlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können. Dies gilt sinngemäß natürlich auch für Verfahren, die mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts rechtskräftig abgeschlossen worden sind.

In diesem Sinne hielt der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31.08.2015, Ro 2015/11/0012, und der Verweis auf den Materialien zu § 32 VwGVG fest, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet seien und daher auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe zurückgegriffen werden könne. In diesem Erkenntnis zitiert der Verwaltungsgerichtshof auch seinen Beschluss vom 24.02.2015, Ra 2015/05/0004, in dem auf die Rechtsprechung zur amtswegigen Verfügung der Wiederaufnahme eines Verfahrens nach §§ 69 Abs. 3 AVG verwiesen (VwGH 21.09.2007, 2006/05/0273, mwN) und festgehalten wurde, dass sich diese auf die insoweit gleichlautende Bestimmung des § 32 Abs. 3 VwGVG übertragen lassen. Im Beschluss vom 08.09.2015, Ra 2014/18/0089, verwies der Verwaltungsgerichtshof in einer Asylangelegenheit auf die Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Wiederaufnahme und neuem Antrag (vgl. VwGH 24.08.2014, 2003/01/0431, mwN) und hielt ebenso fest, dass diese auf den nahezu wortgleichen § 32 Abs. 1 Z. 2 VwGVG übertragbar sei.

Im Einklang mit dieser Rechtsprechung zieht das Bundesverwaltungsgericht in der vorliegenden Rechtssache zur Beurteilung der Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Hervorkommen von neuen Tatsachen oder Beweismitteln nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG heran (vgl. auch VwGH 23. 2. 2016, Ra 2015/01/0116).

2. Der gegenständliche Antrag zielt darauf ab, das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.01.2020 rechtskräftig abgeschlossene vorangegangene Verfahren des ehemaligen Asylwerbers aufgrund § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG wiederaufzunehmen.

Der Antrag ist aber nicht begründet:

2.1. Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel (§ 32 Abs. 1 Z2 VwGVG)

Tatsachen und Beweismittel können nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens darstellen, wenn sie bei Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, ihre Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist (so genannte „nova reperta“), nicht aber, wenn es sich um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (sogenannte „nova causa superveniens“) (vgl. z.B. VwGH 08. 11. 1991, 91/18/0101; 07.04.2000, 96/19/2240; 20.06.2001, 95/08/0036; 19.03.2003, 2000/08/0105; siehe weiters Hengstschläger/Leeb, AVG, Bd. 4 [2009] § 69 RZ 28).

„Tatsachen“ sind Geschehnisse in Seinsbereich, mit „Beweismittel“ sind Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen gemeint (VwGH 11.03.2008, 2006/05/0232).

Die neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel dürfen ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht worden seien. Es ist zwar notwendig, aber nicht ausreichend, dass die Tatsachen (Beweismittel) im wiederaufzunehmenden Verfahren nicht geltend gemacht worden sind; es ist aber darüber hinaus auch erforderlich, dass sie – allenfalls auch in Verfahren vor einer Instanz – gemacht werden konnten und dass die Partei daran kein Verschulden trifft, auch leichte Fahrlässigkeit, schließt somit den Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus (VwGH 19.03.2003, 2000/08/0105). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 69 AVG – die wie oben ausgeführt auf die Bestimmungen des § 32 VwGVG anzuwenden sind – handelt es sich beim „Verschulden“ im Sinne des Abs. 1 Z2 um ein Verschulden im Sinne des § 1 294 ABGB. Bei der Beurteilung des Verschuldens im Zusammenhang mit einer Wiederaufnahme ist das Maß dafür ein solcher Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann (siehe § 1297 ABGB). Konnte die wiederaufnahmewerbende Partei eine Tatsache oder ein Beweismittel bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit schon im Verwaltungsverfahren geltend machen, unterließ sie es aber, liegt ein ihr zuzurechnendes Verschulden vor, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (VwGH 08.04.1997, 94/07/0063; 10.10.2001, 98/03/0259). Ob die Fahrlässigkeit leicht oder schwer ist (§ 1294 ABGB) ist irrelevant (vgl. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht [2011] Rz 589; Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 RZ 36 ff.).

Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient jedenfalls nicht dazu, Versäumnisse während eines Verwaltungsverfahrens zu sanieren (VwGH 27.07.2001, 2001/07/0017; 22.12.2005, Zl. 2004/07/0209).

Des Weiteren müssen die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid (hier: anders lautende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes) herbeizuführen. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist (vgl. VfGH 20.02.2014, U 2298/2013); ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist. Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund ungeachtet des Erfordernisses seiner Neuheit also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt (und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit) die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche die Behörde entweder den Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages bildenden Bescheid oder (zumindest) die zum Ergebnis dieses Bescheides führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (VwGH 22.02.2001, 2000/04/0195; 19.04.2007, 2004/09/0159; Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 42 ff.; Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 32 VwGVG Anm. 9)

Eine Wiederaufnahme setzt nicht Gewissheit darüber voraus, dass die Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren anders gelautet hätte. Für die Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens genügt es, dass diese Voraussetzung mit einiger Wahrscheinlichkeit zutrifft; ob sie tatsächlich vorliegt, ist erst in dem wiederaufgenommenen Verfahren zu entscheiden. Sachverhaltsänderungen nach Abschluss des wieder aufzunehmenden Verfahrens haben bei der Entscheidung über die Wiederaufnahme außer Betracht zu bleiben (VwGH 13.12.2002, 2001/21/0031; 07.09.2005, 2003/08/0093; Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 42 ff.; siehe dazu weiters Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9 [2011] Rz 591, die in diesem Zusammenhang von einem "höheren Grad der Wahrscheinlichkeit" sprechen).

Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die im Antrag geltend gemachten Wiederaufnahmegründe zu einer anderslautenden Entscheidung geführt hätten sollen:

So war die Unglaubwürdigkeit des Verfolgungsvorbringen der Konversion zum Christentum nicht einzig und alleine auf den – laut dem Antragssteller nunmehr vorgebrachten psychisch labilen Gesundheitszustand respektive dem persönlichen Eindruck des Antragsstellers – zurückzuführen. Vielmehr begründete das Bundesverwaltungsgericht die Unglaubwürdigkeit im angefochtenen Erkenntnis durchaus durch faktische Tatsachen (Besuch des Gottesdienstes erst vier Wochen vor dem Taufunterricht, Befassung mit dem christlichen Glauben erst nach negativem erstinstanzlichen Bescheid etc.) weshalb selbst unter Berücksichtigung der im Antrag vorgebrachten psychischen (Ausdrucks)schwierigkeiten nicht von einer Hinwendung des Antragsstellers zum Christentum aus innerer Überzeugung des Antragsstellers ausgegangen werden kann.

Hinsichtlich einer möglichen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist darauf zu verweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht im abgeschlossenen Asylverfahren sehr wohl Bezug auf die medizinische Versorgungslage in Afghanistan genommen hat (siehe Punkt 1.5.17. des Erkenntnisses vom 23.01.2020). Vor dem Hintergrund der familiären Anknüpfungspunkte vor Ort kann somit im Zusammenschau mit der Schulbildung und Berufserfahrung des Antragsstellers in Afghanistan nicht davon ausgegangen werden, dass er trotz der nunmehr vorgebrachten psychischen Gesundheitsbeschwerden bei seiner Rückkehr Gefahr laufen sich in einer Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Situation zu befinden.

Dass der BF mittlerweile am Erstkommunionsunterricht einer römisch-katholischen Pfarrgemeinde teilnimmt, ist ein neues Sachverhaltselement, dass sich nach dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ereignet hat, und somit im Sinne der zuvor zitierten Rechtsprechung außer Betracht zu bleiben hat.

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, wieso der Antragssteller durch seine soziales Umfeld im Bundesgebiet respektive seiner Rechtsvertretung nicht bereits während des laufenden Asylverfahrens, wo es bereits zu psychischen Auffälligkeiten des damaligen BF gekommen ist, inklusive stationärem Aufenthalt, ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag geben ließen und dieses sodann im laufenden Verfahren respektive im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingebracht hat. Angesichts der im Wiederaufnahmeantrag angeführten psychischen Auffälligkeiten des BF, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Antragssteller kein Verschulden daran trifft, dass das gegenständliche Vorbringen erst nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens geltend gemacht wird.

Sofern der Antragssteller in seinem Wiederaufnahmeantrag ausführt, die Abweisung seiner Beschwerde habe sich aus seinem persönlichen Auftreten, sowie aus der Vereinigung „Church of Christ“ ergeben, so ist ihm entgegenzuhalten, dass es bei der vorgebrachten Konversion darum geht, aus innerer Überzeugung seinen Glauben zu wechseln. Ebendiese innere Überzeugung konnte beim Antragssteller, insbesondere angesichts des sehr raschen vermeintlichen Glaubenswechsels in Zusammenschau mit dem Umstand, dass ein solcher Entschluss erst nach Erhalt des negativen Bescheides des Bundesamtes stattgefunden haben soll, nicht festgestellt werden (Vgl. hierzu S. 32 - 33 des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. W252 2157361-1/15E). Zu welcher religiösen Vereinigung eine Konversion schlussendlich stattfindet, ob es sich um eine Freikirche oder eine römische Katholische Kirche handelt ist unerheblich und wurde die Abweisung der Beschwerde nicht auf diesen Umstand gestützt, womit die diesbezüglichen Ausführungen im Wiederaufnahmeantrag ins Leere gehen.

Da die Wiederaufnahme eines Verfahrens nicht dazu dient, die Versäumnisse während eines Verwaltungsverfahrens zu sanieren erweist die das Vorbringen des Antrages somit als unbegründet.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass in der gegenständlichen Rechtssache keinen neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen sind, die in dem vom Bundesverwaltungsgericht, bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden des Antragsstellers nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich eine im Haupthauptinhalt des Spruches anderslautende Entscheidung herbeigeführt hätten.

3. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG sind somit nicht erfüllt und der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist daher spruchgemäß abzuweisen.

4. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt schien und es sich bei der Einordnung, ob die Eignung eines vorgebrachten Wiederaufnahmegrundes vorliegt, um eine Rechtsfrage handelt (vgl. VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159; Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 32 VwGVG Anm.9), konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm. § 24 VwGVG die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/220/0017 und 0018; VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Glaubwürdigkeit Rechtsanschauung des VwGH Verschulden Voraussetzungen Wiederaufnahme Wiederaufnahmeantrag Wiederaufnahmegrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W252.2157361.2.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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