TE Bvwg Beschluss 2020/10/12 W231 2110850-2

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Veröffentlicht am 12.10.2020
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Entscheidungsdatum

12.10.2020

Norm

AsylG 2005 §56
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §52
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W231 2110850-2/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Birgit HAVRANEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Demokratische Republik Kongo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2020, Zl. XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 16.09.2020, Zl. XXXX beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Beschwerdeführerin (BF) reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 12.04.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Mit Bescheid vom 29.06.2015 wies die belangte Behörde den Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 sowie gemäß § 8 AsylG 2005 ab. Der BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass die Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt.

I.3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wurde abgewiesen (Erkenntnis vom 08.01.2019, Zl. Zahl I409 2110750-1/16Z). Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis eingebrachte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss Zl. E 2355/2019-9 vom 23.09.2019 abgelehnt und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten, der mit Beschluss vom 15.04.2020, Zl. Ra 2019/19/0076-7, die außerordentliche Revision der BF zurückwies.

I.4. Am 21.06.2020 stellte die BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“ gem. § 56 Abs. 1 AsylG 2005. Gleichzeitig stellte sie einen Antrag auf Heilung des Mangels betreffend der Nichtvorlage eines Reisedokumentes. Sie sei nach von Schleppern ohne Reisedokument nach Österreich gekommen und mangels solcher Dokumente habe sie keine Möglichkeit, sich etwa über die Botschaft welche zu besorgen.

I.5. Mit Bescheid vom 30.07.2020 1015092903/200513663 wurde der Antrag der BF zurückgewiesen, eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot erlassen und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt; dagegen erhob die BF Beschwerde.

I.6. Am 16.09.2020 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung. Der Antrag auf Mängelheilung vom 21.06.2020 wurde gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 iVm § 8 AsylG-DV 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 Asylgesetz wurde gemäß § 58 Absatz 11 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFa-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt III). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kongo, Demokratische Republik zulässig ist (Spruchpunkt IV). Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. FPG 2005 wurde ein auf die Dauer von 1 Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII).

I.7. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde, wobei im Wesentlichen vorgebracht wird, dass die BF ihren Mitwirkungspflichten stets nachgekommen sei, ihre Identität nicht verschleiert habe, seit mehr als fünf Jahren in Österreich aufhältig sei und sich ausgezeichnet integriert habe. Sie habe sich ein umfangreiches Netz aus sozialen und beruflichen Kontakten aufgebaut, die BF sei auch arbeitsfähig und arbeitswillig, sie sei bereits einer legalen Arbeit nachgegangen. Die DR Kongo sei für alleinstehende Frauen ein gefährliches und grausames Land. Das alles sei von der belangten Behörde bei Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht adäquat berücksichtigt worden. Hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung sei zu berücksichtigen, dass bei Nichtgewährung ein effektiver Rechtsschutz nicht gegeben wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung falle weniger schwer ins Gewicht als der Schaden, den die BF im Fall einer sofortigen Abschiebung erleiden würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptungen des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich hiebei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Die BF macht in ihrem Beschwerdeschriftsatz ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen - Art. 3 EMRK und Art. 8 EMRK – zumindest geltend. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann derzeit nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es sich hierbei um "vertretbare Behauptungen" handelt.

Da eine Gefährdung der BF im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren aufschiebende Wirkung Interessenabwägung Menschenrechtsverletzungen öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W231.2110850.2.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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