Entscheidungsdatum
12.10.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
W226 2234564-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA Dr. Alexander Philipp, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2020, Zl. 732256306-190066879, beschlossen:
A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Jahr 2003 als Minderjähriger mit seinem Onkel (und dessen Familie) in das Bundesgebiet ein, am 26.07.2003 wurde für ihn ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamts (im Folgenden: BAA) vom 03.05.2005 (Zl. 03 22.563) wurde dem Antrag des BF gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben, dem BF der Status des Asylberechtigten gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes zukommt.
3. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX (Zl. XXXX ) wurde der BF wegen Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB), versuchter schwerer Nötigung (§§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1, 15 StGB), versuchter Bestimmung zur falschen Beweisaussage (§§ 15, 12 2. Fall, 288 Abs. 1 und Abs. 4 StGB), unbefugtem Besitz einer Schusswaffe (§ 50 Abs. 1 Z 1 WaffG) und versuchter schwerer Erpressung (§§ 15, 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt, mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Der Onkel, die Tante und ein Cousin des BF waren Mitangeklagte im Verfahren.
4. Mit der Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens vom 11.05.2020, zugestellt am 19.05.2020, wurde der BF aufgefordert, zu Fragen bzgl. seiner möglichen Rückkehr sowie seiner aktuellen Situation in Österreich Stellung zu nehmen und allfällige Bescheinigungs- bzw. Beweismittel der belangten Behörde vorzulegen.
5. Am 02.06.2020 langte die fristgerechte Stellungnahme des BF, im Wege seines ausgewiesenen Rechtsvertreters, bei der belangten Behörde ein.
Der BF gab im Wesentlichen an, nicht verheiratet oder in einer Lebensgemeinschaft zu sein, er habe auch keine Kinder. Den Kontakt zu seinem in Österreich lebenden Onkel und dessen Familie habe er aufgrund der gerichtlichen Verurteilung abgebrochen.
Er habe in Österreich die Schule absolviert und spreche daher sehr gut Deutsch. Nach Erfüllung der Schulpflicht habe er 3 Jahre lang eine Ausbildung zum Trockenbauer absolviert. Derzeit sei er als Bauhelfer erwerbstätig und verdiene ein monatliches Entgelt von netto EUR 1.575,68. Er sei in Österreich gut integriert und habe hier auch Freunde.
Der BF habe keine Kontakte in sein Heimatland, da er dieses im Alter von 5 Jahren verlassen habe. Er habe auch keinen Familienangehörigen mehr dort. Seine Eltern seien ermordet worden und er sei bei seinem Onkel und dessen Familie aufgewachsen. Er spreche kaum Russisch und könne die Sprache nicht schreiben.
Zu seinen Befürchtungen im Falle einer Rückkehr gab der BF an, dass sein Vater ein Major in der Brigade XXXX gewesen sei, welche von XXXX , dem ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten und Premierminister der nichtanerkannten Republik Tschetschenien Itschkeria, angeführt worden sei. Sein Vater habe während der ersten Tschetschenien Kriegs an Kampfhandlungen um XXXX und an anderen Militäroperationen teilgenommen. 2002 seien XXXX und seinen Mitstreiter von Russland einiger Verbrechen und der Beteiligung an Terrorakten beschuldigt worden. Seine Eltern seien ermordet worden und XXXX habe in Großbritannien Asyl erhalten.
Im Falle einer Rückkehr nach Russland sei er in Lebensgefahr, weil nach wie vor nach Familienangehörigen des damaligen Widerstands gefahndet werden würde.
Dazu legte der BF folgende Unterlagen vor: Kopie der Ausweise des Vaters, Arbeits- und Lohnbestätigung vom 27.05.2020, Mietvertrag, Bausparpolizze, diverse Schulzeugnisse, Bescheinigung über Erste-Hilfe-Grundkurs, Urkunde der WKO zu einem Fortbildungskurs, Lehrverträge mit XXXX und der XXXX .
6. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 30.07.2020, Zl. 732256306-190066879, wurde dem BF der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 57 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gem. § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Betroffenen gem. § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß 3 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde zudem gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Hinsichtlich der Beweismittel verwies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 02.06.2020 samt Beilagen, sämtliche Schriftstücke des vorhergehenden Asylverfahrens, die aktuellen landeskundlichen Feststellungen zur Russischen Föderation der Staatendokumentation sowie Auszüge aus dem österreichischen Strafregister als auch der Sozialversicherungsdatenbank.
Zur Person des BF stellte die belangte Behörde fest, dass dieser XXXX Jahre alt und russischer Staatsangehöriger sei. Er leide auch an keiner schwerwiegenden lebensbedrohenden Krankheit. Außerdem führte das BFA die Verurteilung des BF vom XXXX an.
Die belangte Behörde führte aus, dass dem BF Asyl gewährt worden sei, da auch seine Familienangehörigen Asyl erhalten hätten, die aufgrund des regional begrenzten Bürgerkriegs in Tschetschenien. Es sei davon auszugehen, dass die Gründe, die zur Anerkennung als Flüchtling geführt hätten, nicht mehr vorliegen. Die Familienangehörigen hätten sich aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der GFK genannten Gründen sich des Schutzes des Herkunftsstaates nicht bedienen können, eine inländische Fluchtalternative sei nicht zur Verfügung gestanden. Zudem „wurden für Sie im Asylverfahren zu keiner Zeit eigene Fluchtgründe vorgebracht, sondern lediglich Asyl aufgrund eines Familienverfahrens gewährt“, so die belangte Behörde in der angefochtenen Entscheidung.
Eine Verfolgung oder Gefährdung im Falle einer Rückkehr könne nicht festgestellt werden und sei eine grundlegende Versorgung in der Russischen Föderation gegeben. Die belangte Behörde stellte auch fest, dass der BF sowohl die tschetschenische als auch die russische Sprache auf muttersprachlichem Niveau spreche und mit den Gepflogenheiten im Heimatland vertraut sei.
Auch verfüge der BF über, wenn auch nur entfernte familiäre Anknüpfungspunkte in Tschetschenien. Ihm sei als arbeitsfähigem jungen Mann auch zumutbar sich selbst zu erhalten.
Im Bundesgebiet verfüge der BF zwar über familiäre Anknüpfungspunkte, doch habe er selbst angegeben, keinen Kontakt zu seinem Onkel und seiner Familie mehr zu haben. Der BF spreche Deutsch und sei erwerbstätig. Eine besondere Integrationsverfestigung können nicht festgestellt werden. Der BF sei zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt worden.
Die Feststellungen zum Heimatland des BF würden auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA basieren.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Feststellungen zum Asylverfahren des BF sich aus dem Akteninhalt ergeben würden. Zu den Gründen der Aberkennung des Status des Asylberechtigten, führte die belangte Behörde aus, dass sich die Situation in Russland nachhaltig geändert habe und heute auch ehemalige Widerstandskämpfer an der Macht seien und daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Falle einer Rückkehr keine Verfolgungsgefahr drohe.
Außerdem habe der BF zu keiner Zeit an Kampfhandlungen in einem der beiden Tschetschenienkriege teilgenommen. Auch das individuelle Profil des BF würde zu keiner Gefährdungssituation führen. Der BF habe auch im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahme vom 02.06.2020 keine konkreten Umstände glaubhaft machen können, weshalb ihm eine Gefährdung im Falle seiner Rückkehr drohen würde. Das Einreiseverbot sei aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung erlassen worden.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass der BF gemäß § 2 Abs. 3 AsylG straffällig geworden sei und daher die 5-Jahres-Frist für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten (§ 7 Abs. 3 AsylG) unbeachtlich sei. § 7 Abs. 1 AsylG sehe eine zwingende Aberkennung des Status des Asylberechtigten bei Erfüllung einer der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 leg. cit. vor. Im Falle des BF sei Z 2 leg. cit. anwendbar und verweise dieser auf Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Lage im Heimatstaat des BF habe sich gemäß Art. 1 Abschnitt C Z 5 der Genfer Flüchtlingskonvention wesentlich nachhaltig verändert, die Verfolgungsgefahr als auch die Notwendigkeit der Schutzgewährung seien weggefallen.
Bezüglich einer allfälligen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führte die belangte Behörde rechtlich aus, dass im Verfahren keinerlei Indizien oder Anhaltspunkte hervorgekommen seien, welche auf eine konkrete Gefahr im Falle einer Rückkehr hinweisen würden. Ein solches Risiko sei auch im Rahmen einer amtswegigen Recherche der allgemeinen Lage im Herkunftsland nicht zu Tage gekommen. Auch eine Gefährdung der Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 der Konvention seien nicht hervorgekommen.
Ein Asylwerber habe selbst konkrete, mit Bescheinigungsmitteln untermauerte Angaben zu machen, aus denen einen allgemeine individuelle Gefährdung für seinen Person abgeleitet werden könnte. Ein solches Vorbringen habe der BF jedoch nicht glaubhaft erstattet und würden sich auch außerhalb des Vorbringens keine diesbezüglichen Hinweise ergeben. Der BF habe keine "konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität behauptet bzw. glaubhaft gemacht".
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG würden nicht vorliegen.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen. Bezüglich des Familienlebens des BF in Österreich führte die belangte Behörde aus, dass der BF ledig sei und keinen Kontakt zu seinem Onkel und dessen Familie mehr habe. Es handle sich dabei auch nicht um die Kernfamilie des BF und sei das Familienleben auch aufgrund des geringen Naheverhältnisses nicht relevant. Eine Pflegebedürftigkeit bzw. ein Abhängigkeitsverhältnis bestünden nicht. Eine Ausweisung stelle daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Da keine verfestigte Integration festgestellt werden konnte und der BF auch straffällig geworden sei, sei auch ein Eingriff in das Privatleben des BF zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt gewesen.
Die Abschiebung des BF sei auch nicht gemäß § 50 FPG unzulässig. Besondere Gründe für eine längere Frist zur freiwilligen Ausreise seien auch nicht hervorgekommen.
Bezüglich des Einreiseverbots verwies die belangte Behörde auf die Verurteilung des BF. Die Erfüllung eines Tatbestandes des § 53 Abs. 3 FPG indiziere das Vorliegen einer Gefahr für die öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Der BF weise ein hohes Maß an krimineller Energie auf und sei daher nicht von einer günstigen Zukunftsprognose auszugehen. Dies aufgrund der Taten und der einschlägigen Vorstrafen. Das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit überwiege, auch aufgrund des mangelnden Privat- und Familienlebens, gegenüber dem Interesse des BF am Verbleib in Österreich.
Der angefochtene Bescheid wurde dem BF, zu Handen seines ausgewiesenen Rechtsvertreters, am 07.08.2020 rechtswirksam zugestellt.
7. Gegen den Bescheid erhob der BF am 27.08.2020 (datiert mit 25.08.2020), im Wege seines ausgewiesenen Rechtsvertreters, fristgerecht Beschwerde. Der BF machte Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.
Die belangte Behörde habe bzgl. der geänderten Umstände im Heimatland kein ordentliches Ermittlungsverfahren geführt, sondern sich nur auf Vermutungen gestützt. Das BFA habe die in der Stellungnahme vorgebrachten Gefährdungsgründe (Stellung des Vaters während des Bürgerkriegs) und diesbezüglichen Unterlagen nicht beachtet oder gewürdigt. Die belangte Behörde habe auch ein mögliches Weiterbestehen der Fluchtgründe nicht geprüft und hätte die Behörde den BF diesbezüglich auch persönlich einvernehmen müssen. Auch die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des BF seien nicht nachvollziehbar und habe der BF auch nicht die ersten 5 Jahre seines Lebens in Tschetschenien verbracht. Weiters verfüge der BF auch über keine Familienangehörigen im Heimatland mehr und habe dieses mit 19 Monaten verlassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und anzuwendendes Recht:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.
Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
Zu A) Zurückverweisung der Beschwerde:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Nach § 28 Abs. 2 leg.cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, § 28 VwGVG, Anm. 11 mwN).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der vergleichbaren Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung d.h. im Tatsachenbereich zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen (vgl. VwGH 19.11.2009, 2008/07/0168).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit den Erkenntnissen vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten ausgeführt: "Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zum unabhängigen Bundesasylsenat und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. das E 16.4.2002, Zl. 99/20/0430). Die dem unabhängigen Bundesasylsenat in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen (vgl. in einem etwas anderen Zusammenhang schon das E 21.11.2002, Zl. 2000/20/0020). Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der "obersten Berufungsbehörde" beginnen und zugleich - abgesehen von der im Sachverhalt beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - bei derselben Behörde enden soll, für die mit der Amtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung.
Nach der aktuellen - restriktiven - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu § 28 Abs. 3 VwGVG ist die Zurückverweisung dann gerechtfertigt, wenn sich die Behörde offenkundig notwendiger Erhebungen entledigen und auf das BVwG übertragen wollte (VwGH vom 06.11.2018 Ra 2017/01/0292) bzw. seitens des BVwG in Relation zu den Ermittlungsanstrengungen des Bundesamtes nicht "lediglich ergänzende Ermittlungen" vorzunehmen wären (VwGH vom 10.09.2018, Ra 2018/19/0172).
Außerdem muss nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die Begründung eines Bescheids erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. dazu etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, zu § 60 AVG unter E 19 angeführten Erkenntnisse). Zu einer lückenlosen Begründung gehört nicht nur die Feststellung des Sachverhalts, sondern auch die Anführung der Beweismittel (im Einzelnen), auf die die Feststellungen gegründet werden (vgl. VwGH vom 28. März 2007, Zl. 2006/12/0115). Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. VwGH vom 23.11.1993, Zl. 93/04/0156, vom 13.10.1991, Zl. 90/09/0186, Slg. Nr. 13.520/A, und vom 28.7.1994, Zl. 90/07/0029).
Im Fall des BF erweist sich der Bescheid in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus den folgenden Gründen als mangelhaft:
Unzweifelhaft stützte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Aberkennung des Status des Asylberechtigten auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG und führte begründend aus, dass sich die Lage in der Russischen Föderation im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 5 Genfer Flüchtlingskonvention seit Ausreise des Beschwerdeführers erheblich geändert habe.
Dazu ist zunächst auszuführen, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von Amts wegen zu ermitteln hat, ob eine die Anwendung des Endigungsgrundes des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK rechtfertigende relevante Änderung der Verhältnisse im Herkunftsstaat eingetreten ist und unter Berücksichtigung der Fluchtgeschichte bzw. der Fluchtgründe eines Asylwerbers zu prüfen hat, ob diese noch immer einen asylrechtlich relevanten Aspekt haben könnten (vgl. VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0121).
Der verfahrensgegenständliche Bescheid enthält allerdings weder einen Hinweis auf die Gründe, aufgrund welcher über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgesprochen wurde, noch wird in diesem auf sonstige Unterlagen wie etwa Einvernahmeprotokolle oder zur Untermauerung des Asylbegehrens vorgelegte Urkunden, aus welchen die Fluchtgeschichte bzw. die Fluchtgründe des Beschwerdeführers hervorgingen, verwiesen.
Eine - wie vom VwGH geforderte - amtswegige Ermittlung ist im vorliegenden Fall somit jedoch nicht erfolgt.
Das BFA führte außerdem aus, dass dem BF Asyl im Rahmen eines Familienverfahrens erteilt worden sei.
Die belangte Behörde verweist im verfahrensgegenständlichen Bescheid somit darauf, dass dem BF im Rahmen des Familienverfahrens Asyl gewährt worden sei, dies ist jedoch nicht mit dem im Akt einliegenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.05.2005 vereinbar, zumal daraus eindeutig hervorgeht, dass dem BF Asyl aus eigenem gewährt wurde (§ 7 AsylG 1997), und die Voraussetzungen für eine Asylgewährung im Familienverfahren in Ermangelung eigener Eltern niemals möglich war.
Aus dem damaligen Bescheid geht allerdings die asylrelevante Verfolgung des BF nicht hervor und findet sich im vorliegenden Akt auch kein etwaiger Aktenvermerk mit einer näheren Begründung zur damaligen Asylgewährung. Die belangte Behörde behauptet zwar, den Verwaltungsakt des BF betreffend sein Asylverfahren in den Jahren 2003 beigeschafft zu haben, die seinerzeitigen Angaben wurden jedoch erkennbar in der Entscheidung im Aberkennungsverfahren nicht ansatzweise gewürdigt. Im angefochtenen Bescheid erwähnt die belangte Behörde nur ganz allgemein die Bürgerkriegssituation in Tschetschenien. In seiner Stellungnahme erwähnte der BF jedoch die Stellung seines Vaters als höherer Offizier während des Bürgerkriegs, doch ging das BFA in seinem Bescheid nicht weiter darauf ein. Die belangte Behörde begnügte sich damit festzuhalten, dass der BF "keinerlei konkreten Umstände glaubhaft machen konnte" (AS 199, vlg. auch 204).
Das BFA hat sich somit mit den damaligen konkreten Asylgründen des BF somit nicht einmal ansatzweise beschäftigt, diese in keiner Weise ermittelt und in der angefochtenen Entscheidung nicht dargestellt.
Ohne Kenntnis der Gründe, warum dem BF überhaupt Asyl gewährt wurde, kann somit die erkennende Behörde nunmehr im Aberkennungsverfahren schlichtweg nicht beurteilen, in welcher Weise sich die Situation für den BF nunmehr wesentlich verbessert habe bzw. eine Verfolgung des BF nunmehr ausgeschlossen sein soll. Soweit das BFA in der rechtlichen Beurteilung ausführte, dass der BF den Asylstatus aufgrund der "vorgelegenen Situation (regional begrenzter Bürgerkrieg in Tschetschenien)" in der Russischen Föderation bekommen habe, so fehlt jegliche Prüfung der Frage, welche konkrete Funktion sein Vater im Tschetschenischen Widerstand hatte.
Die belangte Behörde hätte somit von Amts wegen die seinerzeitigen Fluchtgründe feststellen müssen - im konkreten Fall unter Umständen auch das Vorbringen des Onkels zu prüfen gehabt - erst daran anschließend könnte die belangte Behörde überhaupt rechtliche Überlegungen anstellen, ob die seinerzeitigen Gründe, die zur Schutzgewährung geführt haben, aktuell sind oder nicht. Anders als in jenen Fällen, in denen einem vormals Minderjährigen im Wege der Asylerstreckung nach § 11 AsylG 1997 der Asylstatus zuerkannt wurde, muss im vorliegenden Fall nicht geprüft werden, ob die Gründe des Elternteils nicht oder nicht mehr bestehen (VwGH vom 23.10.2019, Ra 2019/19/0059-6), vielmehr ist zu prüfen, welche eigenen Fluchtgründe für die Asylgewährung ausschlaggebend waren und ob diese heute noch vorliegen.
Bei Gesamtbetrachtung dieser dargelegten Umstände hat das BFA daher in Bezug auf den Aberkennungsgrund kaum Ermittlungsschritte gesetzt, sodass das Bundesverwaltungsgericht beinahe sämtliche Ermittlungen selbst nachholen müsste.
Der verfahrensgegenständliche Bescheid des BFA ist aber noch in weiteren Punkten mangelhaft.
So führte die belangte Behörde im Rahmen der Feststellungen aus, dass der BF in Tschetschenien "über – wenn auch nur entfernte – familiäre Anknüpfungspunkte" (AS 156) verfügen würde und u.a. daher für ihn die Möglichkeit bestehe, sich in der Russischen Föderation eine Existenz aufzuhaben. Wie das BFA zu diesem Umstand gelangt ist, erschließt sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht, zumal der BF in seiner Stellungnahme deutlich angab, dass er keine Familienangehörigen im Heimatland habe (vgl. AS 131).
Weiters ist nicht erkennbar woraus die Behörde schließt, dass der BF "die tschetschenische als auch russische Sprache auf muttersprachlichem Niveau" beherrsche (AS 156). Der BF ist unstrittiger Weise seit seinem 5. Lebensjahr im Bundesgebiet und hat seine gesamte schulische Laufbahn in Österreich absolviert. Außerdem gab er in seiner Stellungnahme ausdrücklich an, mit seiner Familie Deutsch zu reden und der russischen Sprache kaum mächtig zu sein (AS 131).
Auch das von der Behörde erlassene Einreiseverbot weist gravierende Mängel bzw. Aktenwidrigkeiten auf.
Das BFA führte nur eine sehr oberflächliche Zukunftsprognose durch und stützte sich dabei ausschließlich auf die Verurteilung des BF im Jahr 2019. Dabei führte die Behörde auch vermeintliche „Vorstrafen“ des BF an. Wie aus dem vom BVwG eingeholten Auszug des österreichischen Strafregisters hervorgeht, wurde der BF aber bisher nur 1 Mal rechtskräftig verurteilt und weist keinerlei weiteren Vorstrafen auf. Auch würdigte die belangte Behörde mit keinem Wort, dass der BF sich – gemäß dem von ihm mit der Stellungnahme vorgelegten Lehrvertrag (AS 125) – derzeit in einem Arbeits- und Ausbildungsverhältnis befindet. Dass dies die belangte Behörde unterließ, sich einen persönlichen Eindruck vom BF zu verschaffen, was laut ständiger Rechtsprechung des VwGH insbesondere für eine effektive Zukunftsprognose grundsätzlich unerlässlich ist, ist evident.
Aus den dargelegten Gründen hat das BFA zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts nur völlig ungeeignete Ermittlungen gesetzt bzw. teilweise überhaupt keine Ermittlungsschritte vorgenommen, der rechtlichen Beurteilung aktenwidrige Inhalte zugrunde gelegt bzw. die rechtliche Beurteilung ungenügend durchgeführt und dadurch letztendlich versucht, Ermittlungsschritte an das Bundesverwaltungsgericht zu delegieren.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das BFA als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist und weil eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll. Die belangte Behörde würde durch ihre Verfahrensführung die wesentliche Ermittlungs- und Begründungstätigkeit quasi an die Rechtsmittelinstanz delegieren (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. 2014/03/0063). Würde in diesem konkreten Fall das Bundesverwaltungsgericht - jene Instanz die zur eigentlichen Rechtskontrolle eingerichtet wurde - die Instanz sein, die im Verfahren erstmals einen begründeten Bescheid mit den Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes erlässt, so wäre damit der Rechtsschutz des BF de facto eingeschränkt. Es ist in erster Linie die Aufgabe der belangten Behörde als Tatsacheninstanz zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung sich sachgerecht mit dem Antrag auseinanderzusetzen, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig festzustellen und ihre Begründung im Bescheid nachvollziehbar darzustellen.
Im fortgesetzten Verfahren wird sich das BFA, nach entsprechender Durchführung der gebotenen Ermittlungsschritte, idealerweise durch eine Einvernahme des BF, der Beischaffung des Verwaltungsaktes über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den BF (und wenn nötig auch dessen Onkel) sowie Heranziehung von aktuellen einzelfallspezifischen Länderberichten, mit der Frage auseinanderzusetzen haben, welche Fluchtgründe zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten geführt haben und ob sich bei Würdigung dieser ursprünglichen Zuerkennungsgründe und einem Abgleich der Situation im Herkunftsstaat zum Zeitpunkt der Zuerkennung mit der Situation im Entscheidungszeitpunkt eine tatsächliche und nachhaltige Veränderung der Verhältnisse im Herkunftsstaat ergeben hat, sodass nicht mehr von einer asylrechtlich relevanten Gefährdung des BF ausgegangen werden kann. Dabei wird das BFA insbesondere zu berücksichtigen haben, ob bzw. welche Unterlagen im Zuerkennungsverfahren gewürdigt wurden und aufgrund welcher Feststellungen konkret allenfalls davon auszugehen ist, dass eine aktuelle Gefährdung des BF nicht mehr besteht.
Der BF bestreitet, einzig wegen der allgemeinen Bürgerkriegszuständen ausgereist zu sein, vielmehr soll seine persönliche Gefährdung in einer nach wie vor bestehenden Sippenhaftung liegen.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG unterbleiben, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass das BFA unzureichende Ermittlungsschritte gesetzt hat und der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu A) wiedergegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aktuelle Länderfeststellungen Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Kassation mangelnde SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W226.2234564.1.00Im RIS seit
21.01.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2021