TE Bvwg Beschluss 2020/10/13 W185 2229268-1

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Veröffentlicht am 13.10.2020
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Entscheidungsdatum

13.10.2020

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W185 2229270-1/7E

W185 2229268-1/4E

W185 2229269-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Somalia, die minderjährigen Beschwerdeführer gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , alle vertreten durch RAe Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Schmerlingstraße 2/2, 6020 Innsbruck, gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 30.12.2019, GZ Nairobi-ÖB/KONS/0895/2019, beschlossen:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG stattgegeben, die bekämpften Bescheide werden behoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung neuer Entscheidungen zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige Somalias, stellten am 04.09.2018 bei der Österreichischen Botschaft Nairobi (in der Folge ÖB Nairobi) unter Anschluss diverser Unterlagen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. der Vater der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer, XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, genannt, welchem mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.02.2017, schriftlich ausgefertigt am 19.04.2017, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

Nachdem die Antragsunterlagen durch die ÖB Nairobi an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge Bundesamt) weitergeleitet wurden, teilte dieses am 03.12.2019 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 AsylG nicht nachweisen hätten können und die Einreise zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheinen würde. Eine ortsübliche Unterkunft für vier Personen sei nicht nachgewiesen worden.

In der diesbezüglichen Stellungnahme führte das Bundesamt zunächst aus, dass die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson am 13.02.2017 in Rechtskraft erwachsen sei. Die Voraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG sei nicht erfüllt worden. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass die Bezugsperson Mieter eines 22m² großen Studios sei, welches aus einem Wohn-Schlafraum, Vorraum und Bad + WC, bestehe. Demnach könnten die Beschwerdeführer die ortsübliche Unterkunft für vier Personen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG derzeit nicht nachweisen.

Mit Schreiben vom 10.12.2019, zugestellt am 17.12.2019, wurde den Beschwerdeführern eine Aufforderung zur Stellungnahme (Parteiengehör) übermittelt. Es wurde darüber informiert, dass das Bundesamt nach Prüfung der Anträge mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aus folgenden Gründen nicht wahrscheinlich sei:

„Die Antragsteller konnten die Erfüllung folgender Erteilungsvoraussetzung/en gemäß § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG 2005 nicht nachweisen und die Einreise der Antragsteller erscheint zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten:

-        Die Antragsteller können die ortsübliche Unterkunft für 4 Personen derzeit nicht nachweisen.“

Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Mitteilung und Stellungnahme des Bundesamtes. Daraus ergebe sich, dass die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 Abs. 4 AsylG abzulehnen wären. Es werde Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

In der Stellungnahme vom 19.12.2019, eingelangt bei der ÖB Nairobi am selben Tag, verfasst durch die damalige rechtsfreundliche Vertretung, brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Bezugsperson die Beratungsstelle des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) am 21.06.2017 in dem Glauben aufgesucht habe, dass ihr der Status des Asylberechtigten mit der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses vom 21.04.2017 zuerkannt worden sei und sie sich damit innerhalb der in § 35 Abs. 1 AsylG normierten Dreimonatsfrist befinde. Mit dem Verstreichen der Dreimonatsfrist konfrontiert und in Anbetracht seinerzeit fehlender Judikatur zur Entschuldbarkeit des Versäumens, habe die Bezugsperson den Entschluss gefasst, zunächst Sprachkurse abzuschließen und eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Es sei ihr gelungen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und eine Wohnung anzumieten. Im vorliegenden Fall sei durch Vorlage eines Mietvertrages ein Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachgewiesen worden. Die Unterkunft sei angesichts der familiären Verhältnisse auch als ortsüblich anzusehen. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass die Wohnung per se aufgrund der Ausstattung nicht ortsüblich wäre; es sei ein Zugang zu Ver- und Entsorgung, Sanitäreinrichtungen und elektrischer Strom vorhanden. Betreffend die Größe der Wohnung habe das Bundesamt nicht ausgeführt, weshalb angesichts der Zusammensetzung der Familie und des Alters der Kinder davon ausgegangen werden müsse, dass sie nicht ortsüblich wäre. Damit sei zu diesem Ablehnungsgrund auch keine zweckentsprechende und zielgerichtete Stellungnahme möglich und das Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Auch gehe aus den Ausführungen des Bundesamtes nicht hervor, inwieweit in diese Beurteilung eine Prüfung eingeflossen wäre, ob ein Eingriff in Art. 8 EMRK zulässig wäre. Art. 8 EMRK wäre zu prüfen gewesen, da kein Hinweis vorliege, dass das Bundesamt an die Familienangehörigeneigenschaft angezweifelt hätte. Überdies habe es das Bundesamt verabsäumt, die vom EuGH geforderte Überprüfung durchzuführen, ob die verspätete Antragstellung aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar sei. Eine diesbezügliche Befragung der Bezugsperson habe nicht stattgefunden.

Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt, teilte dieses am 28.12.2019 per E-Mail Folgendes mit:

“[…] nach eingehender Prüfung der vorgelegten Stellungnahme des ÖRK v. 19.12.2019 und der Vergaberichtlinien einer auch für Inländer ortsüblichen Unterkunft in XXXX (in diesem Fall 4 Personen-Haushalt mit 2 Kindern = größer als 2 Zimmer) wird mitgeteilt, dass es zu keiner Änderung der Aktenlage führte und die Stellungnahme vom 03.12.2019 aufrecht bleibt. […]“

Mit Bescheiden der ÖB Nairobi vom 30.12.2019, zugestellt am 02.01.2020, wurden die Einreisanträge der Beschwerdeführer gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:

„Die Antragsteller konnten die Erfüllung folgender Erteilungsvoraussetzung/en gemäß § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG 2005 nicht nachweisen und die Einreise der Antragsteller erscheint zur Aufrechterhaltung der Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten:

-        Die Antragsteller können die ortsübliche Unterkunft für 4 Personen derzeit nicht nachweisen.“

Die Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 19.12.2019 sei dem Bundesamt zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung zugeleitet worden. Nach deren Prüfung habe die Behörde mitgeteilt, dass durch das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht unter Beweis gestellt habe werden können, dass die Stattgebung der Anträge auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich sei. Die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln seien daher abzuweisen.

Gegen die Bescheide der ÖB Nairobi wurden am 27.01.2020, eingelangt bei der ÖB Nairobi am selben Tag, fristgerecht Beschwerden erhoben und darin im Wesentlichen die Ausführungen in der Stellungnahme vom 19.12.2019 wiederholt. Zusätzlich wurde vorgebracht, dass die Bezugsperson nunmehr (ab 01.02.2020) eine neue Wohnung angemietet habe. Die Wohnung bestehe aus einem Vorraum/Diele, Küche, zwei Zimmern, Bad und WC und weise eine Größe von 46m² auf. Hierbei handle es sich um eine ortsübliche Unterkunft. Der diesbezügliche Mitvertrag wurde der Beschwerde angeschlossen.

Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 02.03.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 05.03.2020, wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden samt Verwaltungsakt übermittelt.

Mit Schreiben vom 20.05.2020, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 22.05.2020, legten die Beschwerdeführer Gehaltsnachweise der Bezugsperson für Jänner, Februar und März 2020 vor.

Mit Schreiben vom 10.08.2020 legten die Beschwerdeführer eine Vollmachtsbekanntgabe der im Spruch genannten rechtlichen Vertretung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter und gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer und Ehefrau der Bezugsperson. Die Beschwerdeführer stellten am 04.09.2018 bei der ÖB Nairobi persönlich Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. der Vater der mj. Zweit- und Drittbeschwerdeführer, XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, genannt. Der Bezugsperson wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.02.2017, schriftlich ausgefertigt am 19.04.2017, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Die Einreiseanträge wurden mehr als 3 Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson gestellt, weshalb die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 zu erfüllen sind. Die Versäumung der genannten Frist wurde nicht durch „besondere Umstände“ verursacht und ist nicht „objektiv entschuldbar“.

Die Beschwerdeführer legten im Verfahren einen Mietvertrag der Bezugsperson über eine 22m2 große Wohnung vor. Ein Nachweis über das Vorhandensein einer ortsüblichen Unterkunft wurde damit nicht erbracht. Die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG ist gegenständlich nicht erfüllt.

Der mit der Beschwerde vom 27.01.2020 vorgelegte Mietvertrag über eine 46m² große Wohnung unterliegt dem Neuerungsverbot des § 11a Abs. 2 FPG und ist daher unbeachtlich.

Ermittlungen und Feststellungen der Behörde zur Frage, ob die Stattgebung der Anträge dessen ungeachtet gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten wäre (vgl § 35 Abs 4 Z 3 AsylG), fehlen.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen zur persönlichen und familiären Situation der Bezugsperson ergeben sich aus den Akten der ÖB Nairobi, deren Angaben im Rahmen der Erstbefragung vor einer LPD am 06.06.2015, in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 16.12.2016 und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.02.2017, mit welchem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Die Familienangehörigeneigenschaft der Beschwerdeführer ergibt sich aus den vorgelegten Dokumenten, den nachvollziehbaren, gleichbleibenden Angaben der Bezugsperson und der Erstbeschwerdeführerin und wurde seitens der Behörde offenkundig auch nicht in Zweifel gezogen.

Die Versäumung der Dreimonatsfrist nach § 35 Abs 1 letzter Satz AsylG 2005 ergibt sich aus dem Datum der rk Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson und dem Datum der Stellung der Einreiseanträge seitens der nunmehrigen Beschwerdeführer. Die Fristversäumnis wurde im Verfahren auch nicht bestritten. Besondere Umstände für das Fristversäumnis, welche dieses objektiv entschuldbar machen würden, lagen fallgegenständlich nicht vor (siehe hiezu auch weiter unten).

Es wurde ein Mietvertrag der Bezugsperson über eine 22m2 große Wohnung vorgelegt. Eine Wohnung von 22m², die überdies über nur einen Wohn-Schlafraum verfügt, stellt für eine vierköpfige Familie jedenfalls keine ortsübliche Unterkunft dar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG) idgF lauten:

„Familienverfahren im Inland

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§ 60 (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Übergangsbestimmungen

§ 75 (24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.“

Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 04.09.2018, und somit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG 2005 war daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der geltenden Fassung anzuwenden. Der Bezugsperson wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.02.2017 rechtskräftig der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Der Antrag auf Erteilung der Einreisetitel wurde am 04.09.2018 - und sohin nicht innerhalb von drei Monaten nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson gestellt, weshalb die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen sind.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art 9 Abs. 1 erster Satz und Art 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für die Entscheidungenüber die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§2 Abs. 4 Z 13a) ist Art 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

Die maßgebliche Bestimmung des VwGVG idgF lautet:

§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

[…]“

Zu A) Stattgabe der Beschwerden:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 1.3.2016, Ro 2015/18/0002).

Mit dem im Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystem steht es dem Bundesverwaltungsgericht aber nunmehr offen, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Da die Einreiseanträge gemäß § 35 AsylG – im Verfahren auch nicht bestritten - mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson gestellt wurden, sind gegenständlich die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 (kumulativ) zu erfüllen.

Wie der Stellungnahme vom 19.12.2019 und der Beschwerde vom 27.01.2020 erkennbar zu entnehmen ist, gehen die Beschwerdeführer jedoch offenbar davon aus, dass die Versäumung der Dreimonatsfrist gemäß § 35 Abs 1 AsylG gegenständlich „entschuldbar“ sei und somit die in § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 normierten Voraussetzungen nicht zu erfüllen wären. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die Bezugsperson davon ausgegangen sei, dass ihr der Status eines Asylberechtigten vom BVwG mit schriftlicher Ausfertigung am 19.04.2017 – und nicht bereits mit der mündlichen Verkündigung des Erkenntnisses am 13.02.2017 - rechtskräftig zuerkannt worden sei und somit dessen Vorsprache beim ÖRK betreffend Familienzusammenführung am 21.06.2017 noch in der Dreimonatsfrist gemäß § 35 AsylG erfolgt sei. Das Bundesamt habe es verabsäumt, die vom EuGH geforderte Überprüfung durchzuführen, ob die verspätete Antragstellung aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar sei; eine diesbezügliche Befragung der Bezugsperson sei unterblieben.

Vorweg ist hiezu festzuhalten, dass für die in den Raum gestellte „Vorsprache“ der Bezugsperson beim ÖRK am 21.06.2017 keinerlei Belege in Vorlage gebracht wurden und sich (auch bei Zutreffen) daraus nicht ergibt, dass eine solche „Vorsprache“ beim ÖRK etwa als fristwahrend angesehen werden bzw die gebotene Stellung von Einreiseanträgen bei den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland durch die Einreisewerber – und nicht durch die Bezugsperson - „ersetzen“ könnte. Den entsprechenden Ausführungen in der Stellungnahme vom 19.12.2019 ist nicht zu entnehmen, dass fallgegenständlich besondere Umstände vorgelegen hätten, die die Fristversäumung objektiv entschuldbar gemacht hätten, wie dies die Judikatur fordert. Vielmehr ist vom Vorliegen eines Rechtsirrtums bei der Bezugsperson auszugehen. Bei einem solchen handelt es sich jedoch nicht um „besondere Umstände“ im oben angeführten Sinn, welche eine Fristversäumung „objektiv entschuldbar“ erscheinen lassen würden, sondern sind solche allein der (subjektiven) Sphäre der Antragsteller bzw der Bezugsperson zuzurechnen. Es wäre der Bezugsperson jedenfalls möglich und zumutbar gewesen, sich zeitgerecht nach mündlicher Verkündung des Erkentnnisses des BVwG bei der beigestellten Rechtsberatung oder einem Rechtsanwalt nach den rechtlichen Implikationen zu erkundigen und ihre Angehörigen allenfalls entsprechend zu instruieren. Das Vorliegen „besonderer Umstände“, welche die Versäumung der Frist „objektiv entschuldbar“ erscheinen lassen würden, kann das Gericht jedenfalls nicht erkennen.

Im gegenständlichen Fall ist die Erteilungsvoraussetzung nach § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG – wie auch die Behörde grundsätzlich zu Recht festgestellt hat - nicht erfüllt:

Die Beschwerdeführer konnten (mit Hilfe der Bezugsperson) den Nachweis eines Rechtsanspruchs auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird, nicht erbringen. Die Bezugsperson verfügte im Entscheidungszeitpunkt der Behörde über einen Mietvertrag betreffend eine Einzimmer-Wohnung in der Größe von 22m2 und somit über keine ortsübliche Unterkunft iSd § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG für eine vierköpfige Familie. Wenngleich die Ortsüblichkeit einer Unterkunft nicht allein an der Quadratmeter-Größe festgemacht werden kann, ging die Behörde gegenständlich zu Recht vom Nichtvorliegen einer ortsüblichen Unterkunft aus. So hat etwa das Landesverwaltungsgericht Wien in seinem Erkenntnis vom 10.11.2014, Zl. VGW-151/023/27620/2014 – unter Bezugnahme auf statistisches Material – ausgeführt, dass eine Wohnungsgröße von 40,3 m2 (ein Zimmer, Küche, ein Kabinett) für eine vierköpfige Familie in Wien als nicht ortsüblich zu bezeichnen sei. Es ist weiters auch auf das Alter bzw. das Geschlecht der Kinder Bedacht zu nehmen. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den minderjährigen Beschwerdeführern um einen achtjährigen Buben und ein sechsjähriges Mädchen und kann eine Wohnung in dieser Größe für eine vierköpfige Familie, die verschiedengeschlechtliche Kinder im schulpflichtigen Alter hat, nicht als ortsübliche Unterkunft gewertet werden. Selbst von einem sehr niedrigen Niveau ausgehend, ist der an die Ortsüblichkeit anzulegende Maßstab jedenfalls als unterschritten zu qualifizieren. Ein Nachweis über eine ortsübliche Unterkunft wurde nicht erbracht.

In diesem Zusammenhang bleibt festzuhalten, dass der mit der Beschwerde am 27.01.2020 vorgelegte Mietvertrag der Bezugsperson, dass dieser nunmehr eine 46m² große Wohnung gemietet habe, dem Neuerungsverbot gemäß § 11a FPG unterliegt. Gemäß § 11a FPG ist klargestellt, dass für das Rechtsmittelverfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden bestimmte Sonderregelungen, wie etwa die Unzulässigkeit einer mündlichen Verhandlung oder ein umfassendes Neuerungsverbot, vorgesehen sind. Da es in Visaverfahren jederzeit möglich ist, neue Visaanträge zu stellen und dies gegenüber der Führung eines Beschwerdeverfahrens rascher und kostensparender ist, kann das Beschwerdeverfahren in sachgerechter Weise auf die bereits bei der ursprünglichen Antragstellung vorgebrachten Tatsachen und Beweise beschränkt werden (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht §22b BFA-VG, Stand 01.01.2015).

Die Beschwerdeführer verweisen weiters darauf, dass, selbst wenn kein Nachweis über den Rechtsanspruch auf eine als ortsüblich anzusehende Unterkunft vorliegen würde, die Behörde prüfen hätte müssen, ob ein damit verbundener Eingriff in Art. 8 EMRK überhaupt zulässig wäre (vgl § 35 Abs 4 Z 3 AsylG 2005 idgF). Da es keinerlei Hinweise darauf gebe, dass das Bundesamt zum Schluss gelangt wäre, dass es sich bei den Beschwerdeführern nicht um Familienangehörige der in Österreich asylberechtigten Bezugsperson handeln würde, wäre Art. 8 EMRK zu prüfen gewesen.

Die Regelung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Falle, dass die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken und besteht ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. etwa jüngst VwGH 24.04.2020, Ro 2019/20/0004-5).

Solche, zur Behebung berechtigende gravierende Ermittlungslücken im Sinne des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG liegen im gegenständlichen Fall, wie im Folgenden dargelegt wird, vor:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und kommt dieser diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Die ÖB Nairobi hat in Bindung an die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes die Einreiseanträge der Beschwerdeführer mit der Begründung abgelehnt, dass die Erteilungsvoraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG nicht nachgewiesen worden sei und die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine.

Da gegenständlich, wie vorstehend festgestellt wurde, die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 infolge Nichtvorhandensein einer ortsüblichen Unterkunft nicht erfüllt ist, wäre in weiterer Folge jedoch die Anwendung des Ausnahmetatbestandes des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 zu prüfen gewesen.

Gemäß § 35 Abs. 4 AsylG hat die Vertretungsbehörde dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn [1. …], [2. …] und 3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Eine solche, fallbezogen vorzunehmende gesamtheitliche Abwägung der im Sinne des Art. 8 EMRK maßgeblichen Interessen unter Orientierung an den in § 9 Abs. 2 BFA-VG festgelegten Kriterien durch die Behörde, ist jedoch fallgegenständlich zur Gänze unterblieben. Die Behörde begnügt sich im Wesentlichen mit dem Satz bzw der bloßen, in keinster Weise konkretisierten Feststellung, dass die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine.

Damit wird seitens der Behörde zwar auf die in § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 im Falle der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG 2005 gebotene Interessensabwägung Bezug genommen - ohne jedoch eine in einem solchen Fall auferlegte Prüfung iSd Art. 8 EMRK erkennbar und nachvollziehbar (tatsächlich) vorzunehmen. So sind dem Akteninhalt keine Erwägungen zu entnehmen, von denen sich die Behörde bei ihrer Einschätzung der Nichterforderlichkeit der Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung eines Familienlebens iSd Art. 8 EMRK leiten habe lassen. Die „Beurteilung“ seitens der Behörde entzieht sich sohin auch der nachprüfenden Kontrolle durch das erkennende Gericht.

Im gegebenen Zusammenhang ist festzuhalten, dass ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR mit dem Zeitpunkt der Geburt entsteht (Vgl. EGMR 21.6.1988, Berrehab, 10730/84; 26.5.1994, Keegan, 16969/90). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (vgl. EGMR 19.2.1996, Gül, 23218/94). Das Auflösen einer Hausgemeinschaft von Eltern und Kindern alleine führt jedenfalls nicht zur Beendigung des Familienlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK, solange nicht jegliche Bindung gelöst ist (vgl. EGMR 24.4.1996, Boughanemi, 22070/93; siehe dazu auch VfGH 3.10.2019, E 3456/2019; 24.11.2014, E 35/214). Eine fluchtbedingte Trennung vermag das familiäre Band nicht zu lösen.

Dem Bundesverwaltungsgericht stehen gegenständlich die zur Vornahme einer an den individuellen Umständen zu orientierenden Interessenabwägung gemäß § 35 Abs 4 Z 3 AsylG 2005 erforderlichen Informationen nicht zur Verfügung. Das Vorbringen der Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 19.12.2019, wie auch in der Beschwerde, erschöpft sich in den allgemein gehaltenen Ausführungen, wonach aus den Ausführungen des Bundesamtes nicht hervorgehe, inwieweit eine Prüfung iSd Art. 8 EMRK stattgefunden habe. Da das Bundesamt augenscheinlich von der Familienangehörigkeit der Beschwerdeführer ausgehe, hätte eine Prüfung nach Art. 8 EMRK vorgenommen werden müssen. Angaben betreffend ein gemeinsames Familienleben vor der Flucht der Bezugsperson oder zu den Gründen der Trennung der Familie wurden nicht gemacht. Die Bezugsperson hat in ihrem Asylverfahren (lediglich) den Namen und das Geburtsdatum der Gattin und die Namen und das (ungefähre) Alter der beiden Kinder genannt. Es fehlen jedoch jegliche Informationen hinsichtlich der konkreten Lebensumstände und der Intensität des Familienlebens vor der Flucht der Bezugsperson. Rückschlüsse, inwiefern eine Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Familienlebens geboten sein könnte, können auf Basis der vorhandenen Aktenlage nicht gezogen werden. Abgesehen von der Aussage der Bezugsperson, dass der Kontakt mit seinen Angehörigen seit seiner Flucht (telefonisch) über seinen Bruder erfolge, finden sich auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte, ob, und gegebenenfalls wie (oft), in den Jahren der Abwesenheit der Bezugsperson der familiäre Kontakt (va zu den mj Beschwerdeführern) aufrechterhalten wurde. Insofern sind auch entsprechende Erhebungen in diese Richtung geboten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein Eingriff nach Art 8 EMRK zulässig sei, zu beachten sei, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich wäre und ob auf Grund einer aus Asylgründen bedingten Trennung der Familie der Eingriff in das Familienleben als unzulässig zu werten wäre (VwGH 11.11.2013, 2013/22/0224; 13.11.2012, 2011/22/0081). Auch zur Beurteilung der Frage, ob die Fortsetzung eines Familienlebens gegebenenfalls außerhalb Österreichs möglich sein könnte, bedarf es entsprechender Ermittlungen.

Zur Vornahme einer Interessenabwägung erweist sich eine Einvernahme der Bezugsperson und der Erstbeschwerdeführerin sowie eine Gegenüberstellung der darin gemachten Angaben als erforderlich.

Dem Bundesverwaltungsgericht ist es sohin nicht möglich, die an den konkreten Umständen des Einzelfalles zu orientierende Interessensabwägung im Sinne des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG vorzunehmen.

Wie der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen hat, wollte der Gesetzgeber die Erteilung von Aufenthaltstiteln in jenen Konstellationen, die § 34 Abs. 2 AsylG unterliegen, nicht über das NAG, sondern über das AsylG 2005 regeln, sodass die in § 35 leg cit genannten Voraussetzungen für die Erteilung von Einreisetiteln zu prüfen sind und eine Titelerteilung nach dem NAG nicht in Betracht kommt (vgl. etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0242 unter Verweis auf VwGH 25.06.2019, Ra 2018/19/0568; sowie jüngst VwGH 26.02.2020, Ra 2019/18/0299).

Es ist den Beschwerdeführern – in Anbetracht der zwischenzeitig offenbar vorhandenen größeren Wohnung der Bezugsperson – unbenommen, einen neuen Einreiseantrag zu stellen.

Abschließend weist das Bundesverwaltungsgericht auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden kann.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Familienleben Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W185.2229268.1.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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