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yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnenNorm
BewG 1955 §10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der X-GmbH & Co KG in V, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. Mai 1996, Zl. GA 9-1061/95, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine zu FN 6825m des HG Wien protokollierte kapitalistische KG; Kommanditanteile an ihr galten gem. § 6 Abs. 1 Z. 4 KVG (idF vor der Nov BGBl Nr. 629/1994) als Gesellschaftsrechte iS des Kapitalverkehrsteuergesetzes.
Mit Eingabe an das HG Wien vom 27. September 1994 teilten die Gesellschafter der Beschwerdeführerin dem Firmenbuchgericht (unter Anschluß der Kopie eines Umlaufbeschlusses) mit, daß der bisherige Komplementär H per 31. Dezember 1993 als persönlich haftender Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden und (gleichzeitig) als weiterer Kommanditist mit einer Vermögenseinlage von öS 23,850.000,-- in die Gesellschaft eingetreten ist.
Mit vorläufigem Gesellschaftsteuerbescheid vom 22. Feber 1995 forderte daraufhin das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im folgenden kurz: Finanzamt) von der Beschwerdeführerin ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 23,850.000,-- Gesellschaftsteuer an. Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, der Umlaufbeschluß sei nicht wirksam zustande gekommen; eine Eintragung des Vorganges im Firmenbuch sei nicht erfolgt. Der Erwerb des Kommanditanteiles an der Beschwerdeführerin (die kein Grundhandelsgewerbe betreibe) sei daher noch nicht erfolgt. In einer Ergänzung zur Berufung (womit dem Finanzamt auch der bereits erwähnte Umlaufbeschluß vorgelegt wurde) stellte die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang klar, daß der Umlaufbeschluß zwar von allen Gesellschaftern der Beschwerdeführerin unterfertigt und dem Firmenbuch angezeigt worden sei, daß aber betreffend eine der Gesellschafterinnen (ebenfalls eine GmbH & Co KG) die erforderliche Einigung von deren Gesellschaftern nicht habe erreicht werden können.
Das Finanzamt wies daraufhin die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 28. Juli 1995 als unbegründet ab, wobei es die Rechtsmeinung vertrat, der Kommanditist habe seine Gesellschaftsrechte bereits mit der Beschlußfassung erworben.
Dagegen stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Dabei wandte sie sich erstmals auch gegen die Festsetzung der Steuer der Höhe nach und machte ausdrücklich geltend, nicht der Nominalwert der Kommanditanlage sei heranzuziehen, sondern der Wert der Gesellschaftsrechte des Kommanditisten zu ermitteln. Dazu behauptete die Beschwerdeführerin ausdrücklich, dieser Wert bemesse sich mit Null. Zufolge negativer Verlustvorträge weise der Geschäftsanteil des Kommanditisten in der auf den 31. Dezember 1994 aufgestellten Bilanz einen negativen Buchwert von minus S 387,382.822,64 auf. Auch der zuletzt (zum 1. Jänner 1993) festgesetzte Einheitswert sei negativ (-S 4,700.000,--). Die Gesellschaft verfüge allerdings über Liegenschaftsvermögen (S 8,599.348,--) und stille Reserven in Höhe von S 47,200.000,--.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie sich in der Begründung ihres Bescheides ausschließlich mit der Frage der Gesellschaftsteuerpflicht des Umlaufbeschlusses dem Grunde nach befaßte. Zum Steuermaßstab enthält die Berufungsentscheidung keinerlei Ausführungen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf gesetzmäßige Bewertung der Gesellschaftsrechte (insbesondere beim Übertritt eines Komplementärs in die Stellung eines Kommanditisten gemäß § 8 Z. 1 lit. c KVG idF BGBl. 818/1993) verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in welcher die Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift der
belangten Behörde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 8 KVG regelte in der auf den Beschwerdefall noch
anzuwendenden Fassung vor der NovBGBl. 629/1994 den Steuermaßstab auszugsweise wie folgt:
"Die Steuer wird berechnet
1. beim Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 2 Ziffer 1):
a) wenn die Gegenleistung in Geld besteht: vom Geldbetrag. Zur Gegenleistung gehören auch die von den Gesellschaftern übernommenen Kosten der Gesellschaftsgründung oder Kapitalerhöhung, dagegen nicht die Gesellschaftsteuer, die für den Erwerb der Gesellschaftsrechte zu entrichten ist.
b) wenn die Gegenleistung nicht in Geld besteht (Sacheinlagen): vom Wert der Gegenleistung. Als Wert der Gegenleistung gilt mindestens der Wert der Gesellschaftsrechte;
c) wenn eine Gegenleistung nicht zu bewirken ist: vom Wert der Gesellschaftsrechte; ..."
Gemäß § 288 Abs. 1 lit. d BAO hat die Berufungsentscheidung eine Begründung zu enthalten.
Die belangte Behörde räumt in ihrer Gegenschrift betreffend die einzig strittig verbliebene Frage der Höhe der Steuerbemessungsgrundlage ausdrücklich ein, daß die Ausfertigung ihrer Berufungsentscheidung zufolge eines "bedauerlichen Fehlers" die Begründung zur Höhe der Bemessungsgrundlage vermissen läßt, und versucht, eine solche in der Gegenschrift selbst nachzutragen. Abgesehen davon, daß ein wesentlicher Begründungsmangel (wie er dem angefochtenen Bescheid anhaftet) im Wege von Ausführungen in der Gegenschrift nicht behoben werden kann (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 533 vorletzter Absatz referierte hg. Judikatur) und daß die belangte Behörde durch das Unterlassen einer Begründung der zur Anwendung gebrachten Steuerbemessungsgrundlage ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastete, ist zur Frage, welcher Steuermaßstab im Beschwerdefall maßgeblich ist, für das fortzusetzende Verfahren auf folgendes hinzuweisen:
Zunächst stellt sich das Problem, ob vorliegendenfalls nur die "Umwandlung" der Gesellschafterstellung eines bisherigen Komplementärs in die eines Kommanditisten stattfand (in welchem Fall nach dem von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1983, Zl. 82/15/0027 Slg. N.F. 5786/F, von einer Gegenleistung für den Erwerb der Gesellschaftsrechte nicht gesprochen werden kann; vgl. dazu auch die weitere bei Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz Kurzkommentar unter Rz 7 zu § 8 KVG referierte hg. Judikatur). Gegen einen solchen, nur die Rechtsform der Gesellschafterstellung des bisherigen Komplementärs und nunmehrigen Kommanditisten ändernden Vorgang spricht nämlich der Wortlaut sowohl des der Firmenbuchanmeldung vom 27. September 1994 zugrundeliegenden Umlaufbeschlusses als auch der Firmenbuchanmeldung selbst. Dort ist nämlich jeweils davon die Rede, daß der Komplementär H aus der Gesellschaft ausscheidet und (gleichzeitig) als weiterer Kommanditist in die Gesellschaft eintritt, und zwar "mit seiner bisherigen Vermögenseinlage in der Höhe von öS 23,850.000,--".
Dazu wird im fortgesetzten Verfahren (insbesondere durch Ermittlung des Willens der beteiligten Gesellschafter sowie an Hand des die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter der Beschwerdeführer regelnden Gesellschaftsvertrages) zu klären sein, ob und allenfalls in welcher Höhe das formale Ausscheiden des bisherigen Komplementärs H aus der Beschwerdeführerin die Entstehung eines Abschichtungsguthabens auslöste und ob der neue Kommanditist H dieses Guthaben als Vermögenseinlage der Beschwerdeführerin widmete. Ein derartiger Vorgang wäre dann dem Tatbestand nach § 8 Z. 1 lit. a KVG zu unterstellen und das entsprechende Abschichtungsguthaben, das zur Erbringung der Einlage des Kommanditisten verwendet wurde, sohin als Gegenleistung anzusehen.
Sollte sich hingegen herausstellen, daß ungeachtet des formalen Wortlautes ("Ausscheiden des Komplementärs" und "gleichzeitiger Eintritt des bisherigen Komplementärs als weiterer Kommanditist in die Gesellschaft") nach dem Parteiwillen lediglich eine Rechtsformänderung der Gesellschafterposition des H vorgenommen wurde, dann hat iS der bereits zitierten hg. Judikatur in Ermangelung einer Gegenleistung § 8 Z. 1 lit. c KVG zur Anwendung zu kommen.
Dabei ist aber - anders als dies die belangte Behörde in der Gegenschrift darzustellen sucht - keineswegs vom Nominale der Kommanditeinlage auszugehen, sondern in Anwendung der Vorschriften des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes der Wert der Gesellschaftsrechte des Kommanditisten zu ermitteln. Dazu ist das Gesellschaftsvermögen zu Teilwerten anzusetzen. Der der Beteiligung des Kommanditisten am Vermögen der Gesellschaft entsprechende Anteil dieses Wertes unterliegt dann der Gesellschaftsteuer (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1992, 90/15/0184 Slg. N.F. 6738/F;
18. Dezember 1989, 88/15/0104, 0105 Slg. 6467/F;
22. Februar 1988, 86/15/0064; 13. April 1987, 85/15/0145;
15. September 1986, 84/15/0179, 0180; 30. Juni 1986, 84/15/0047 sowie 0058, 0059). Hiebei ist auch die Frage wesentlich, ob stille Reserven vorhanden waren (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. April 1987, 85/15/0145, und die dort zitierte Vorjudikatur). Der sogenannte Teilwert entspricht praktischerweise regelmäßig dem gemeinen Wert (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. April 1994, Zl. 93/16/0186).
Auch das von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift ins Treffen geführte hg. Erkenntnis vom 11. März 1982, Zl. 15/0778/79, ändert daran nichts, weil sich daraus nur ergibt, daß immer die Frage zu klären ist, was die Gesellschafter anläßlich des Gesellschafterwechsels vereinbart haben (im zitierten Fall betreffend die Frage stehengelassener Beträge auf Privatkonten).
Der angefochtene Bescheid war somit, weil die belangte Behörde auf die von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren ausdrücklich zur Diskussion gestellten Ermittlung der Höhe des Wertes der Gesellschaftsrechte in der Begründung ihrer Entscheidung mit keinem Wort eingegangen ist, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde bei Befassung mit der Frage der Höhe des Steuermaßstabes im Rahmen einer dem Gesetz entsprechenden, einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglichen Begründung zu einem anderen Bescheid gekommen wäre.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.
Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996160140.X00Im RIS seit
14.01.2002