TE Bvwg Beschluss 2020/10/30 G314 2227732-5

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Veröffentlicht am 30.10.2020
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Entscheidungsdatum

30.10.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwGVG §28 Abs1

Spruch

G314 2227732-5/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER im Verfahren gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG zur Überprüfung der Anhaltung des algerischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , in Schubhaft:

A)       Das Verfahren wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

XXXX (im Folgenden als Beschwerdeführer, kurz BF, bezeichnet) wurde ab XXXX .2019 aufgrund des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom selben Tag im Anschluss an seine Anhaltung in Strafhaft im Anhaltezentrum XXXX in Schubhaft angehalten.

Sein Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX .08.2019 wurde mit dem im Beschwerdeweg ergangenen rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 28.10.2019 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass ihm kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt werde, eine Rückkehrentscheidung samt einem mit zehn Jahren befristeten Einreiseverbot erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien festgestellt. Hierauf leitete das BFA ein Verfahren zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments für den BF ein.

Mit den Erkenntnissen vom 27.01.2020, von 21.02.2020, vom 18.03.2020 und vom 16.04.2020 stellte das BVwG jeweils gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der genannten Entscheidungen die für die Fortsetzung der Schubhaft gegen den BF maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig sei.

Mit E-Mail vom 14.05.2020 leitete das BFA ein weiteres Verfahren zur Überprüfung der Zulässigkeit der Schubhaft nach § 22a Abs 4 FPG ein. Mit dem Erkenntnis des BVwG vom XXXX .2020 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft gegen den BF maßgeblichen Voraussetzungen nicht mehr vorlägen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft nicht verhältnismäßig sei, weil die vom BFA übermittelten Verwaltungsakten unvollständig seien und insbesondere keine Stellungnahme iSd § 22a Abs 4 vierter Satz BFA-VG erstattet worden sei. Es könne daher nicht eingeschätzt werden, ob beim BF nach wie vor Fluchtgefahr anzunehmen sei, ob begründete Aussicht auf die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments bestehe, ob die Abschiebung danach zeitnah bewerkstelligt werden könne und ob der Zweck der Schubhaft allenfalls durch gelindere Mittel erreicht werden könne. Da das Interesse des BF umso schwerer wiege, je länger die Schubhaft andauere, und er bereits deutlich länger als sechs Monate in Schubhaft angehalten werde, sei ohne zusätzliche Informationen davon auszugehen, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft nicht mehr verhältnismäßig sei und die für ihre Fortsetzung maßgeblichen Voraussetzungen nicht mehr vorlägen.

Dieses Erkenntnis des BVwG wurde vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit dem Erkenntnis vom XXXX , aufgrund einer Amtsrevision wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben, weil das BVwG trotz des bestehenden Zeitdrucks hätte versuchen müssen, auf eine Vervollständigung der Entscheidungsgrundlagen zu dringen. Wenn nämlich das BVwG die vorhandenen oder vom BFA übermittelten Verwaltungsakten für unvollständig erachtet, so hat es vor seiner Entscheidung dem BFA eine umgehende Ergänzung der fehlenden Aktenteile aufzutragen.

Der BF wurde am XXXX .2020 aus der Schubhaft entlassen und ist seither unbekannten Aufenthalts.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten. Es liegen keine entscheidungswesentlichen Widersprüche vor.

Rechtliche Beurteilung

Aufgrund der Aufhebung des Erkenntnisses des BVwG vom XXXX .2020 durch das Erkenntnis des VwGH vom 29.09.2020 tritt die Rechtssache gemäß § 42 Abs 3 VwGG in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung der Entscheidung befunden hat. Die Herstellung des der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustands erfolgt durch die Erlassung einer Ersatzentscheidung des BVwG (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 1407 ff).

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom BVwG zu überprüfen. Das BFA hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem BVwG eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das BFA hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das BVwG hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Da der BF am XXXX .2020 aus der Schubhaft entlassen wurde, kommt eine auf die zukünftige Aufrechterhaltung und Fortsetzung der Schubhaft gerichtete Entscheidung über die durch die Aktenvorlage fingierte Beschwerde gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG nicht mehr in Betracht.

Da der Erledigungsanspruch somit nach Beschwerdeeinbringung verloren ging, ist das Beschwerdeverfahren nicht mehr weiterzuführen und als gegenstandlos geworden einzustellen (siehe Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 28 VwGVG Anm 5; VwGH 05.04.2018, Ra 2017/19/0607). Nach §§ 28 Abs 1 und 31 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in den Fällen, in denen das Verfahren einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG mehr zu lösen ist und sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte.

Schlagworte

Gegenstandslosigkeit Untertauchen Verfahrenseinstellung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2227732.5.01

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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