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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §68 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):94/09/0215Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerden des Dr. H in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen
1.) den Bescheid der Schiedskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 25. Juni 1993, Zl. SchK. - OB. 113-490137-000, betreffend Beschädigtenversorgung nach dem Heeresversorgungsgesetz (Zurückweisung eines Antrages wegen entschiedener Sache), und
2.) den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 22. Juli 1993, Zl. 145.018/3-9a/93, betreffend Gewährung eines Härteausgleiches nach dem Heeresversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
1.) Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund betreffend das Verfahren gegen den erstangefochtenen Bescheid Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2.) Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer betreffend das Verfahren gegen den zweitangefochtenen Bescheid Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Dem im Jahr 1938 geborenen Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Dezember 1961 entsprechend den Vorschriften des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 (KOVG 1957) eine Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80 v.H. mit Wirksamkeit 1. Oktober 1959 zuerkannt (die Höhe dieser Rente betrug nach diesem Bescheid monatlich S 325,-- bzw. ab 1. Juli 1960 S 363,-- und ab 1. Jänner 1961 S 400,--). Maßgebend für diese Rentenzuerkennung war ein als Dienstbeschädigung (§ 4 KOVG) anerkannter "Zustand nach Poliomyelitis mit Paresen und Muskelatrophien vorwiegend im Bereiche des Schultergürtels und der Halsmuskulatur".
Mit Schriftsatz vom 14. April 1964 teilte das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland dem Beschwerdeführer mit, daß mit Wirkung vom 1. Jänner 1964 das Bundesgesetz vom 5. Februar 1964 über die Versorgung der den Präsenzdienst leistenden Wehrpflichtigen und ihrer Hinterbliebenen (Heeresversorgungsgesetz-HVG), BGBl. Nr. 27, in Kraft getreten sei. Gemäß Art. II Abs. 4 dieses Gesetzes seien Angehörigen des Bundesheeres, die nicht zu den im § 1 dieses Bundesgesetzes genannten Personen gehörten und denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes aufgrund einer nach dem 22. September 1955 beim Bundesheer erlittenen Dienstbeschädigung Versorgungsleistungen nach dem KOVG 1957 rechtskräftig zuerkannt worden seien, diese Versorgungsleistungen weiterhin zu gewähren. Da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses als Militärakademiker nicht dem im § 1 HVG genannten Personenkreis angehört habe, bestehe kein Versorgungsanspruch nach diesem Bundesgesetz. Es würden dem Beschwerdeführer jedoch die nach dem KOVG 1957 rechtskräftig zuerkannten Versorgungsleistungen in der bisherigen Höhe, das seien S 400,-- monatlich, weiterhin gewährt.
Auf einen Antrag des Beschwerdeführers vom 8. November 1966, die ihm nach der "Neufassung des KOVG ab 1.6.1965 zustehende Versorgungsleistung nach einer MdE von 80 v.H. zur Anweisung zu bringen", erging der erstinstanzliche Bescheid vom 27. Dezember 1966, mit dem diesem Ansuchen auf Erhöhung der Beschädigtenrente nicht Folge gegeben wurde. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, gemäß Art. II Abs. 4 HVG seien Angehörigen des Bundesheeres, die nicht zu den im § 1 dieses Bundesgesetzes genannten Personen gehörten, und denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes aufgrund eine nach dem 22. September 1955 beim Bundesheer erlittenen Dienstbeschädigung Versorgungsleistungen nach dem KOVG 1957 rechtskräftig zuerkannt worden seien, diese Versorgungsleistungen im bisherigen Ausmaß weiterhin zu erbringen. Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Dezember 1961 sei dem Beschwerdeführer eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80 v.H. in Höhe von S 400,-- zuerkannt worden. Aus den Bestimmungen des Art. II Abs. 4 HVG folge, daß eine Erhöhung der rechtskräftig zuerkannten Leistungen - entsprechend dem KOVG 1957 - nicht möglich sei. Es würden daher ohne Rücksicht auf die ab 1. Juni 1965 erfolgte Erhöhung der "KOVG-Bezüge" weiterhin die rechtskräftig zuerkannten Versorgungsleistungen von monatlich S 400,-- angewiesen.
In der Berufung vom 2. Februar 1967 wandte der Beschwerdeführer ein, daß die herangezogene Gesetzesstelle des HVG, wonach die Versorgungsleistungen im bisherigen Ausmaß zu gewähren seien, nur so verstanden werden könne, daß die Gleichstellung in der Versorgungsleistung mit der Rentenhöhe des jeweiligen Prozentsatzes im KOVG 1957 gemeint sei und jede andere Auslegung dieser Gesetzesstelle nicht nur der Logik widerspräche, sondern eine ausgesprochene soziale Härte wäre. Im besonderen weise der Beschwerdeführer darauf hin, daß jede Rentenerhöhung lediglich ein notwendiges Anpassen an längst erhöhte Lebenskosten darstelle.
Dieser Berufung gab die Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland keine Folge. Der erstinstanzliche Bescheid werde "aus seinen zutreffenden Gründen bestätigt".
Gegen diesen Berufungsbescheid vom 5. April 1967 erhob der Beschwerdeführer sowohl Beschwerde an den Verwaltungs- als auch an den Verfassungsgerichtshof.
Die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Erkenntnis vom 28. September 1967, 745/67, als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer, der während seiner militärischen Ausbildung als zeitlich verpflichteter Militärakademiker an einer Kinderlähmung erkrankt sei, bringe vor, daß er seinerzeit nicht Präsenzdienst geleistet, sondern sich zeitlich verpflichtet habe und daher nicht zum Personenkreis des § 1 HVG, BGBl. Nr. 27/1964, gehöre. Er fühle sich jedoch durch eine unrichtige Anwendung der von der (damals) belangten Behörde angeführten Gesetzesstelle, nämlich Art. II Abs. 4 HVG, verletzt. Die in diesem Vorbringen - so die Ausführungen im Erwägungsteil des genannten Erkenntnisses - zum Ausdruck gebrachte Rechtsrüge sei nicht begründet. Der Beschwerdeführer übersehe nämlich, daß der von ihm zitierten Gesetzesstelle des Art. II Abs. 4 HVG durch das Bundesgesetz Nr. 306 vom 16. Dezember 1964 derogiert worden sei. Mit diesem Bundesgesetz sei in Art. II Abs. 4 HVG u.a. die Formulierung
"... sind diese Versorgungsleistungen im bisherigen Ausmaß
weiterhin zu erbringen ..." aufgenommen worden. Vergleiche man nun diese Bestimmung mit dem Wortlaut der von der Behörde erster Instanz (und der belangten Behörde) herangezogenen Bestimmung des Art. II Abs. 4, so könne keine unrichtige Zitierung des Gesetzes durch die Behörden gefunden werden. Aus der Textierung der Bestimmung "im bisherigen Ausmaß weiterhin zu erbringen" ergebe sich eindeutig, daß eine Neubemessung der zuerkannten Beschädigtenrenten für die nicht im § 1 HVG genannten Personen vom Gesetzgeber nicht in Betracht gezogen worden sei. Die belangte Behörde habe sohin die Gesetzesstelle, nämlich Art. II Abs. 4 HVG, richtig zitiert und auch richtig angewendet. Damit erweise sich aber die Beschwerde als unbegründet.
Der Verfassungsgerichtshofbeschwerde kam ebenfalls kein Erfolg zu (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Februar 1968, B 180/67).
Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 1992 (bei der Behörde eingelangt am 20. Jänner 1993) stellte der Beschwerdeführer an das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland einen (neuerlichen) Antrag auf Rentenerhöhung. Er habe sich durch die Ausbildung an der Militärakademie im Jahre 1959, als er zeitverpflichteter Soldat im Personalstand des Bundesministeriums für Landesverteidigung mit Verpflichtungsdauer bis 31. Dezember 1961 gewesen sei, eine schwere gesundheitliche Schädigung, nämlich Kinderlähmung, zugezogen. Während Angehörige des Präsenzdienstes bzw. des außerordentlichen Präsenzdienstes nach dem im Jahre 1964 verlautbarten HVG Anspruch auf Versorgungsleistungen "in einem vermehrten Maße und in viel höherem Maße" als der Beschwerdeführer hätten, die Renten nach dem KOVG 1957 ebenfalls "um vieles höher" seien, solle der Beschwerdeführer, obwohl er sich in einer höheren Funktion als ein "nur Präsenzdienstleistender" befunden habe - immerhin sei er nach seinem Präsenzdienst auf dem Weg zum Berufsoffizier im Rahmen der Militärakademie im Personalstand des Bundesministeriums für Landesverteidigung gewesen - nur die "eingefrorene Rente" erhalten. Dies sei umso bedenklicher, weil nach § 1 Abs. 1 HVG auch Gesundheitsschädigungen von freiwillig verlängerten Gundwehrdienern als Dienstbeschädigungen nach dem HVG voll anerkannt würden. Wie den Gesetzesmaterialien zur Abänderung des HVG durch das BGBl. Nr. 306/1964 zu entnehmen sei, sollten die Versorgungsberechtigten mindestens die Versorgungsleistungen erhalten, die nach dem KOVG 1957 gebührten. Damit sei auch klargelegt worden, daß die dem Beschwerdeführer nach Art. II Abs. 4 HVG zustehende Rente nicht habe "eingefroren" werden sollen. Ein "Einfrieren" der bisherigen Leistungen "für alle Zeiten" sei sachlich nicht gerechtfertigt. Da der zeitverpflichtete Soldat auch von den Bestimmungen des B-KUVG ausgenommen sei, sei in seinem Falle für eine Invaliditätspension nur das ASVG maßgebend. Während nach dem B-KUVG der Katalog der Berufskrankheiten möglicherweise eine Rente in seinem Fall zuließe, scheide dies nach dem ASVG aus (als Beweis werde die Beischaffung des Sozialversicherungsaktes beantragt). Im Hinblick auf die Bestimmung im Art. II Abs. 4 des BGBl. Nr. 27/1964 (i.d.F. BGBl. Nr. 306/1964), wonach für die Minderung und Einstellung der Versorgungsleistungen die Bestimmungen des KOVG 1957 maßgebend seien, sei ableitbar, daß der Gesetzgeber für die Erhöhung bzw. Valorisierung gemäß dieser Übergangsbestimmung das HVG habe zur Anwendung gelangen lassen wollen. Andernfalls hätte der Gesetzgeber nämlich eine Erhöhung ausdrücklich ausschließen müssen, was aber in der Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 4 nicht erfolgt sei. Es werde beantragt, die Erhöhungsbeträge seiner Rente ab dem 1. Juni 1965 festzustellen und samt den seit 1. Juni 1965 erwachsenen Wertsteigerungsbeträgen dem Beschwerdeführer zuzusprechen.
Mit Bescheid vom 27. Jänner 1993 wies das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland den Antrag vom 9. Dezember 1992 auf Erhöhung der Beschädigtenrente gemäß § 68 Abs. 1 AVG i.V.m. § 82 HVG wegen entschiedener Sache zurück. Zur Begründung verweist der Bescheid darauf, daß der Antrag des Beschwerdeführers auf Erhöhung der Beschädigtenrente gemäß Art. II Abs. 4 HVG mit erstinstanzlichem Bescheid vom 27. Dezember 1966 abgewiesen und der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid vom 5. April 1967 keine Folge gegeben worden sei. Die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde sei mit Erkenntnis vom 28. September 1967 als unbegründet abgewiesen worden. Der Antrag vom 9. Dezember 1992 enthalte keinerlei neue Tatsachen und Beweismittel, die nicht schon im früheren Verfahren geltend gemacht worden seien bzw. hätten geltend gemacht werden können oder der Behörde bekannt gewesen seien. Auch in der Gesetzeslage sei keine Änderung eingetreten. Der Antrag sei daher wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.
In der Berufung vom 4. März 1993 machte der Beschwerdeführer geltend, daß der seinerzeitige erstinstanzliche Bescheid vom 27. Dezember 1966 über einen Antrag des Beschwerdeführers abgesprochen habe, der sich, wie sich aus der gegen diesen Bescheid vom 2. Februar 1967 erhobenen Berufung ableiten lasse, auf "Artikel II Abs. 4 i. d.F. des Heeresversorgungsgesetzes BGBl. Nr. 27 vom 5.2.1964" gestützt habe, weil nur in dieser Fassung des HVG die
entscheidende Wendung zu finden sei "... sind die
Versorgungsleistungen weiterhin zu gewähren ...". Der neue Antrag vom 9. Dezember 1992 berufe sich ausdrücklich auf den "neuen Rechtsgrund des Art. II, Abs. 4 Heeresversorgungsgesetz, jedoch in der Fassung des BGBl. Nr. 306/1964" der den Wortlaut
habe "... sind diese Versorgungsleistungen im bisherigen Ausmaß
weiterhin zu gewähren ...". Es könne daher von einer entschiedenen Rechtssache keine Rede sein. Die "Beanspruchung eines neuen Rechtsgrundes in der Form eines anderen Gesetzes oder eines Gesetzes in einer anderen Fassung habe automatisch die Ablehnung der Identität des Anspruches zur Folge". Zur Ablehnung wegen res iudicata "müßte auch der Anspruch derselbe sein, über welchen bereits früher einmal entschieden worden wäre".
Mit dem nunmehr erstangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde (Schiedskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales) der Berufung keine Folge. In der Begründung wird dazu ausgeführt, in der Berufung werde eingewendet, daß der nunmehr eingebrachte Antrag auf einem neuen Rechtsgrund beruhe, nämlich dem HVG und seinem Art. II Abs. 4, jedoch i.d.F. des BGBl. Nr. 306/1964 vom 30. Dezember 1964, weshalb die Zurückweisung nach den Bestimmungen des § 68 Abs. 1 AVG nicht gerechtfertigt sei. Entgegen den Berufungseinwendungen sei allerdings nach Ansicht der belangten Behörde keine Änderung in der Sach- und Rechtslage eingetreten, sodaß die Entscheidung des Landesinvalidenamtes den gesetzlichen Bestimmungen entspreche.
Gegen den erstangefochtenen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung mit Beschluß vom 13. Juni 1994, B 1457/93-6, abgelehnt wurde. In der nach antragsgemäßer Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird unrichtige rechtliche Beurteilung im Hinblick auf die erfolgte Zurückweisung wegen entschiedener Sache geltend gemacht.
Mit Schriftsatz vom 3. März 1993 stellte der Beschwerdeführer an die im zweitangefochtenen Bescheid belangte Behörde (Bundesminister für Arbeit und Soziales) den Antrag auf Gewährung eines Härteausgleiches nach § 73a HVG. Dazu brachte der Beschwerdeführer vor, mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Dezember 1961 sei ihm nach den Bestimmungen des KOVG 1957 eine Rente zuerkannt worden sei (monatlich S 325, ab 1. Juni 1960 S 363,-- und ab 1. Jänner 1961 S 400,--). Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1964 sei das HVG in Kraft getreten. Gemäß Art. II Abs. 4 dieses Bundesgesetzes gebührten Angehörigen des Bundesheeres, die nicht zu den in § 1 leg. cit. genannten Personen gehörten, denen zuvor aber Versorgungsleistungen nach dem KOVG 1957 zuerkannt worden seien, diese Versorgungsleistungen im bisherigen Ausmaß weiter. Die Bestimmung "Versorgungsleistungen im bisherigen Ausmaß" sei von den Versorgungsbehörden dahingehend ausgelegt worden, daß der Rentenanspruch auf der Höhe von 1961 eingefroren worden sei. Einem Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung nach den Bestimmungen des ASVG sei nicht stattgegeben worden. Sohin erhalte der Beschwerdeführer nach wie vor für die festgestellte Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80 v.H. einen Betrag von S 400,-- monatlich. Eine Rente in diesem niedrigen Ausmaß finde sich nicht einmal "für die niedrigste Einstufung". Es werde daher ein Härteausgleich entsprechend der Differenz der valorisierten Grundrentenbeträge nach dem KOVG 1957 und seiner Rente beantragt. Aus dem Bericht des Ausschusses für soziale Verwaltung zur Abänderung des HVG ("591 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates X. GP") gehe hervor, daß im Hinblick auf die Schaffung der dynamischen Pension eine Anpassung des HVG erforderlich gewesen sei. Noch deutlicher werde in diesen Gesetzesmaterialien auch ausgeführt, daß die Versorgungsberechtigten mindestens die Versorgungsleistungen erhalten sollten, die nach dem KOVG 1957 gebühren würden. Da die Handhabung in seiner Rentenzuweisung gegen diesen Grundgedanken der Änderung des HVG verstoße, ersuche der Beschwerdeführer um Stattgebung seines Antrages. Dies insbesondere auch im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer durch die Kinderlähmung, die er sich im September 1959 anläßlich seiner Ausbildung an der Militärakademie zum Berufsoffizier im Dienst zugezogen habe, erhebliche Mehraufwendungen zu tragen habe, die "insbesondere auch mangels des dafür geeigneten Kataloges der Berufskrankheiten im Sinne des § 177 ASVG auch durch eine seinerzeit zwar beantragte, aber nicht zuerkannte Versehrtenrente wenigstens teilweise abgedeckt würden".
Mit dem nunmehr zweitangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde (Bundesminister für Arbeit und Soziales) dem Antrag auf Gewährung eines Härteausgleiches gemäß § 73a Abs. 1 HVG nicht statt. § 73a Abs. 1 HVG eröffne die Möglichkeit, eine infolge der Tatsachen und Umstände des Einzelfalles besonders harte Auswirkung des HVG zu mildern. Der Begriff "aus den Vorschriften dieses Bundesgesetzes" bedeute, daß Härten, die sich aus anderen Gesetzen oder Tatbeständen ergäben, einen Ausgleich nach dem HVG ausschlössen. Der Begriff der "besonderen Härte" bedeute weiters, daß Härte schlechthin nicht genüge, sie müsse sich vielmehr noch besonders, daß heiße unbillig auswirken. Darin liege "eine wesentliche Einschränkung, zugleich aber auch eine sinnvolle Deutung des Härtebegriffes". Im vorliegenden Fall sei als Vorschrift des HVG, aus der sich allenfalls Härten ergeben könnten, die Regelung dessen Art. II Abs. 4 in Betracht zu ziehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. September 1967, 745/67, festgestellt habe, ergebe sich aus der Textierung dieser Bestimmung, daß die Neubemessung der zuerkannten Beschädigtenrenten für die nicht im § 1 HVG genannten Personen nicht in Betracht käme. Zweck dieser Übergangsbestimmung sei es daher, eine Schlechterstellung des genannten Personenkreises zu verhindern, nicht aber eine Gleichstellung mit den Versorgungsberechtigten nach dem KOVG 1957 oder dem HVG herbeizuführen. Die Gewährung eines Härteausgleiches in der Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gewährten Rente und den nach KOVG 1957 festgesetzten valorisierten Grundrentenbeträgen würde "jedoch eine Gleichstellung hinsichtlich der Beschädigtengrundrente mit den nach dem KOVG 1957 Versorgungsberechtigten, zu denen Sie nicht zählen, und somit eine bloße Umgehung des vom Gesetzgeber ausdrücklich erklärten Willens bedeuten". Da somit keine besondere Härte gemäß § 73a Abs. 1 HVG im Einzelfall gegeben sei, sei dem Antrag nicht Folge zu geben gewesen.
Die Behandlung der gegen den zweitangefochtenen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 13. Juni 1994, B 1671/93-7, abgelehnt. In der nach antragsgemäßer Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach den Beschwerdeausführungen in seinem Recht auf Gewährung eines Härteausgleiches nach § 73a HVG verletzt.
Die belangten Behörden haben die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in den erstatteten Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Beschwerdeabweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
1.) § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 5. Februar 1964 über die Versorgung der den Präsenzdienst leistenden Wehrpflichtigen und ihrer Hinterbliebenen (Heeresversorgungsgesetz-HVG) bestimmte im ersten Satz seiner Stammfassung, BGBl. Nr. 27/1964, daß eine Gesundheitsschädigung, die ein Soldat infolge des ordentlichen oder außerordentlichen Präsenzdienstes (§§ 28 und 52 des Wehrgesetzes, BGBl. Nr. 181/1955) erlitten habe, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes als Dienstbeschädigung entschädigt werde. Art. II des HVG bestimmte, daß dieses Bundesgesetz am 1. Jänner 1964 in Kraft trete. Art. II Abs. 4 enthielt in seiner Stammfassung die Regelung, daß Angehörigen des Bundesheeres und deren Hinterbliebenen, die nicht zu den im § 1 dieses Bundesgesetzes genannten Personen gehörten und denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes aufgrund einer nach dem 22. September 1955 beim Bundesheer erlittenen Dienstbeschädigung Versorgungsleistungen nach dem KOVG 1957 rechtskräftig zuerkannt worden seien, diese Versorgungsleistungen weiterhin zu gewähren seien.
Mit der Novelle zum HVG vom 16. Dezember 1964, BGBl. Nr. 306/1964, erhielt Art. II Abs. 4 (rückwirkend in Kraft gesetzt mit 1. Jänner 1964 - Art. II. des BGBl. Nr. 306/1964) folgende Neufassung:
"Angehörigen oder ehemaligen Angehörigen des Bundesheeres und deren Hinterbliebenen, die nicht zu den im § 1 dieses Bundesgesetzes genannten Personen gehören und denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes auf Grund einer nach dem 22. September 1955 beim Bundesheer erlittenen Dienstbeschädigung Versorgungsleistungen nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 rechtskräftig zuerkannt waren, sind diese Versorgungsleistungen im bisherigen Ausmaß weiterhin zu erbringen. Für die Minderung und Einstellung solcher Versorgungsleistungen sind die Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 maßgebend. Das gleiche gilt für ehemalige Angehörige der
Gendarmeriegrundschulen ... ."
Im Beschwerdefall steht außer Streit, daß der Beschwerdeführer als seinerzeit zeitverpflichteter Soldat nicht dem im § 1 des HVG in seiner Stammfassung genannten Personenkreis angehörte, allerdings wegen einer nach dem KOVG 1957 aufgrund einer nach dem 22. September 1955 beim Bundesheer erlittenen Dienstbeschädigung rechtskräftig zuerkannten Versorgungsleistung in den Anwendungsbereich des Art. II Abs. 4 leg. cit. fiel.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG (i.V.m. § 82 Abs. 1 HVG) sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Zum ERSTANGEFOCHTENEN BESCHEID vertritt der Beschwerdeführer im wesentlichen die Ansicht, daß er den ursprünglichen Antrag auf Erhöhung der Versorgungsrente vom 8. November 1966 (wenn auch irrtümlich) auf das BGBl. Nr. 27/1964 vom 5. Februar 1964 gestützt habe, dem aber durch das BGBl. Nr. 306 vom 16. Dezember 1964 derogiert worden sei. Der neuerliche, am 20. Jänner 1993 eingebrachte Antrag stütze sich demgegenüber auf den Art. II Abs. 4 i.d.F. des BGBl. Nr. 306/1964 (und nicht i.d.F. des BGBl. Nr. 27/1964). Da somit für die Antragstellung eine "völlig andere Rechtsnorm" beansprucht worden sei, könne von einer "entschiedenen Rechtssache" keine Rede sein.
Zu diesem Vorbringen ist zu sagen, daß nur dann nicht mehr dieselbe Verwaltungssache vorläge, wenn es sich um einen anderen Sachverhalt handelte oder wenn derselbe Sachverhalt einer anderen Rechtsvorschrift zu unterstellen wäre (vgl. Walter/Mayer, Das Verwaltungsverfahrensrecht6, Rz. 482).
Ungeachtet der Frage, ob der seinerzeitige Antrag des Beschwerdeführers vom 8. November 1966 auf die durch eine mittlerweile ergangene Gesetzesnovelle derogierte Fassung des Art. II Abs. 4 des HVG gestützt war, war die Antragserledigung im Berufungsbescheid vom 5. April 1967 nach Maßgabe der tatsächlich in Kraft stehenden Regelung dieser Gesetzesbestimmung i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 306/1964 zu treffen (vgl. dazu auch die Ausführungen in dem den damaligen Berufungsbescheid betreffenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1967, 745/67). Handelte es sich damit aber um die auf derselben Rechtsgrundlage zu beurteilende "Verwaltungssache", die dem Berufungsbescheid vom 5. April 1967 und der neuerlichen Antragstellung vom 20. Jänner 1993 zugrunde lag, ist die mit dem erstangefochtenen Bescheid bestätigte Zurückweisung des letztgenannten Antrages wegen entschiedener Sache nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.) Gemäß dem mit der dritten Novelle zum HVG (Bundesgesetz vom 17. November 1965, BGBl. Nr. 336/1965) eingefügten § 73a kann, sofern sich aus den Vorschriften dieses Bundesgesetzes besondere Härten ergeben, der Bundesminister für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen auf Antrag oder von Amts wegen einen Ausgleich gewähren (§ 73a Abs. 1 leg. cit. i.d.F. des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 483/1985).
Die vom Gesetz geforderte besondere Härte muß durch Tatsachen und Umstände des Einzelfalles gegeben sein. Die Frage nach dem Vorliegen der besonderen Härte ist zunächst von der Behörde im Bereich bei rechtlicher Gebundenheit zu lösen. Erst danach ist das der Behörde eingeräumte Ermessen im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu üben (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1995, 94/09/0027, zur vergleichbaren Regelung des Härteausgleiches nach § 76 Abs. 1 KOVG 1957).
Im ZWEITANGEFOCHTENEN BESCHEID hat die belangte Behörde das Vorliegen einer "besonderen Härte" im Sinne des § 73a HVG allein aus rechtlichen Erwägungen verneint und demgemäß auch keine Ermessensentscheidung getroffen.
Dazu ist festzuhalten, daß den Versorgungssystemen des KOVG 1957 und des HVG eine möglichst weitgehende Angleichung an die Bestimmungen in der gesetzlichen Pensions- und Unfallversicherung, insbesondere im Hinblick auf die Schaffung einer dynamischen Pension (Rente) zugrunde liegt (siehe dazu beispielsweise den Ausschußbericht, 591 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates X. GP. zur HVG-Novelle BGBl. Nr. 306/1964). Es entspricht somit grundsätzlich sozialpolitischen Erwägungen, daß Personen, denen aufgrund des KOVG 1957 oder des HVG Versorgungsleistungen rechtskräftig zuerkannt worden sind, auch an der geschaffenen Rentendynamik teilhaben sollen.
Es ist der belangten Behörde darin zuzustimmen, daß die Bestimmung des Art. II Abs. 4 HVG eine Schlechterstellung des dort genannten Personenkreises in bezug auf wohlerworbene Rechte (zur Bedeutung wohlerworbener Rechte in der österreichischen Rechtsordnung siehe beispielsweise das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1973, Slg. Nr. 8.511/A) verhindern wollte. Eine solche Schlechterstellung wird sich in der Regel auch dann nicht ergeben, wenn die in der genannten Gesetzesbestimmung angesprochenen Bezieher von Versorgungsleistungen nach anderen Versorgungsgesetzen (so nach dem B-KUVG oder ASVG) für die erlittene Gesundheitsschädigung der laufenden Valorisierung unterliegende Versorgungsleistungen beziehen. Das "Einfrieren" der nach dem KOVG 1957 zuerkannten Versorgungsleistungen auf dem bisherigen Stand kann allerdings dann als nicht im Willen des Gesetzgebers gelegene unbillige Härte im Sinn des § 73a HVG gewertet werden, wenn aus den Umständen des Einzelfalles die nach dem KOVG 1957 "wohlerworbene" und nach Art. II Abs. 4 HVG weiter gewährte Rente die ausschließliche Versorgungsleistung bleibt, zumal dann, wenn - wie im Beschwerdefall - der innere Wert der seinerzeit zuerkannten Rente in keiner Weise mehr dem zum Zeitpunkt der nunmehrigen, rund 30 Jahre nach dem "Einfrieren" erfolgten Antragstellung und Entscheidung entsprach.
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer wiederholt - von der belangten Behörde unwidersprochen - darauf hingewiesen, daß dem Beschwerdeführer aus dem für ihn als seinerzeit zeitverpflichteten Soldaten maßgebenden Versorgungssystem des ASVG wegen der dort bestehenden gesetzlichen Regelungen keine Versorgungsleistung für die nach dem KOVG 1957 rechtskräftig als Dienstbeschädigung anerkannte Kinderlähmung zuerkannt worden sei. Die nach Art. II Abs. 4 HVG grundsätzlich ausgeschlossene Valorisierung der Versorgungsrente war somit geeignet, eine nach § 73a HVG unbillige Härte (dazu, daß die Härteregelung des § 73a HVG auch den Zweck verfolgt, Versorgungsleistungen zuzuerkennen, wenn diese aus sozialpolitischen Gründen gewährt werden sollten, siehe auch den Ausschußbericht zur HVG-Novelle BGBl. Nr. 336/1965, 939 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates X. GP.) darzustellen. Da die belangte Behörde dies bei ihrer Entscheidung verkannt hat, war der zweitangefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigte es sich auch, auf die in der Beschwerde weiters erhobene Verfahrensrüge einzugehen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung war auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 MRK nicht erforderlich, weil weder mit der auf ein verfahrensrechtliches Hindernis gestützten Abweisung der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid, noch mit der Aufhebung des zweitangefochtenen Bescheides unmittelbar in civil rights des Beschwerdeführers eingegriffen wurde (vgl. dazu Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8, Rz. 1472 ff).
Die Kostenentscheidung stützt sich (in bezug auf den zweitangefochtenen Bescheid im Rahmen des Kostenbegehrens) auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Beim Kostenzuspruch betreffend den zweitangefochtenen Bescheid waren Stempelgebühren nur für die in zweifacher Ausfertigung einzubringende Beschwerde (insgesamt S 240,--) und den nach § 28 Abs. 5 VwGG in einfacher Ausfertigung anzuschließenden angefochtenen Bescheid (Stempelgebühren von S 30,--) zuzuerkennen.
Schlagworte
ErmessenRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1994090214.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
08.11.2011