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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
StGG Art5Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch die Vorschreibung von Kosten für die Abschleppung eines verkehrsbeeinträchtigend abgestellten PKW; denkunmögliche Annahme der Verkehrsbeeinträchtigung wegen nicht mehr in Geltung stehender LadezoneSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Gemeinde Wien ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000.- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 4. Juli 1995, Z MA 65-12/169/95, wurden dem Beschwerdeführer für die gemäß §89 a Abs7 und 7 a StVO 1960 am 30. Jänner 1995 vorgenommene Entfernung und nachfolgende Aufbewahrung des in Wien 6, Amerlingstraße 19, verkehrsbeeinträchtigend abgestellten PKW Kosten vorgeschrieben.
2. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung in nicht näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 31. Oktober 1989, mit der in Wien 6, Amerlingstraße 19, eine Ladezone von Montag bis Freitag, (werktags) von 07.00 Uhr bis 17.00 Uhr verfügt wurde. Die Ladezone sei nicht ordnungsgemäß kundgemacht und vor ihrer Erlassung seien die Anhörungsrechte gemäß §94 f Abs1 litb Z2 StVO 1960 nicht gewahrt worden.
3. In der Gegenschrift führt die belangte Behörde aus, daß der Magistrat der Stadt Wien gemäß §43 Abs1 litc StVO 1960 mit Verordnung vom 25. Mai 1993 (richtig wohl: 8. Juli 1993), Z MA 46- V6-1130/93, unter anderem in Wien 6, Mariahilferstraße 75-79, eine Ladezone eingerichtet hat, und damit die vom Beschwerdeführer als gesetzwidrig gerügte Ladezonenverordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 31. Oktober 1989, Z MA 46-U 6-251/89 und U 7-252/89, von Wien 6, Amerlingstraße 19, in die Mariahilferstraße "verlegt" worden sei. Inhaltlich verteidigt der Berufungssenat die Gesetzmäßigkeit der Ladezone in der Mariahilferstraße.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden dem Beschwerdeführer Kosten vorgeschrieben; er greift somit in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10337/1985, 10362/1985, 11470/1987) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
2. §89 a Abs7 und 7 a StVO 1960 regelt die Kostentragung anläßlich der Entfernung und Aufbewahrung eines verkehrsbeeinträchtigend abgestellten Gegenstandes bzw. Fahrzeuges. Die Behörde hat in einem solchen Kostenvorschreibungsverfahren stets zu prüfen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des §89 a Abs2 bzw. Abs2 a StVO 1960 gegeben und demnach die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges durch die Behörde berechtigt war und erst bei Bejahung dieser Frage zu prüfen, ob auch die Voraussetzungen vorliegen, dem Zulassungsbesitzer die Kosten dafür aufzuerlegen (vgl. VfSlg. 13533/1993; VwGH 21.11.1980, 1093/80). Aufgabe der den Kostenbescheid erlassenden Behörde ist es daher, den diesbezüglich relevanten Sachverhalt so ausreichend festzustellen, daß die Rechtsfragen eindeutig beantwortet werden können.
3. Aus den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß die Entfernung des Fahrzeuges vom Abstellort Wien 6, Amerlingstraße 19, am 30. Jänner 1995, erfolgt ist. Dem Verordnungsakt ist zu entnehmen, daß mit Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 8. Juli 1993, Z MA 46-U 6-1130/93, einerseits unter anderem eine Ladezone in Wien 6, Mariahilferstraße 75-79, errichtet wurde und andererseits die "Ladezone ... in Wien 6, Amerlingstraße 19 Eckbereich Mariahilfer Straße" aufgehoben wurde. Die belangte Behörde geht - wie sich aus der Bescheidbegründung ergibt - davon aus, daß das "Fahrzeug des Berufungswerbers in einer als Ladezone für Lastfahrzeuge beschilderten Halteverbotszone abgestellt" war. Sie hat damit übersehen, daß die Ladezone am Ort der Entfernung in Wien 6, Amerlingstraße 19, zum Zeitpunkt der Entfernung nicht mehr in Geltung stand. Die belangte Behörde hat daher bei der Annahme einer Verkehrsbeeinträchtigung durch das Abstellen des KFZ des Beschwerdeführers in einer vermeintlichen Ladezone im Sinne des §89 a Abs2 bzw. 2 a StVO 1960 das Gesetz denkunmöglich angewendet.
4. Der Beschwerdeführer wurde aus diesem Grund im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt. Der angefochtene Bescheid war sohin als verfassungswidrig aufzuheben.
5. Der Kostenausspruch stützt sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten sind S 3.000,- an Umsatzsteuer enthalten.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Schlagworte
Straßenpolizei, AbschleppungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B2200.1995Dokumentnummer
JFT_10049074_95B02200_00