Entscheidungsdatum
12.11.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W129 2234425-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus Gerhold über die Beschwerde der mj. XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den erziehungsberechtigten Vater XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Niederösterreich vom 06.07.2020, Zl. I-305/3473-2020, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin ersuchte mit Schreiben vom 29.06.2020 um Bewilligung für ein freiwilliges 11. Schuljahr an der Polytechnischen Schule XXXX im Schuljahr 2020/21.
2. Mit Bescheid vom 06.07.2020, Zl. I-305/3473-2020, wies die belangte Behörde den Antrag ab und begründete dies kurz zusammengefasst damit, dass die Beschwerdeführerin die achte Schulstufe (bereits) positiv abgeschlossen habe.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die mj. Beschwerdeführerin im Wege ihrer gesetzlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und brachte dabei im Wesentlichen und zusammengefasst vor, sie habe zwar die 4. Klasse der Musikmittelschule XXXX erfolgreich absolviert, wolle aber die Polytechnischen Schule besuchen, um danach einen Beruf auszuüben.
4. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 17.08.2020, eingelangt am 26.08.2020, die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die minderjährige Beschwerdeführerin schloss im Schuljahr 2019/20 die 4B-Klasse (8.Schulstufe) der XXXX erfolgreich ab.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus der im Verwaltungsakt inliegenden Kopie des Jahres- und Abschlusszeugnisses. Auch die Beschwerdeführerin brachte in ihrer Beschwerde vor, dass sie die 8. Schulstufe der XXXX erfolgreich absolviert habe.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2. Nach § 32 Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986 idF BGBl. I Nr. 101/2018, gilt:
Höchstdauer des Schulbesuches
§ 32. (1) Der Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule ist längstens bis zum Ende des Unterrichtsjahres des auf die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht folgenden Schuljahres zulässig, soweit in den nachstehenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist.
(2) Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde berechtigt, eine Sonderschule oder allgemeine Schule zwei Jahre über den im Abs. 1 genannten Zeitraum hinaus zu besuchen.
(2a) Schüler, die während der Schulpflicht oder nach Weiterbesuch der Schule in einem freiwilligen zehnten Schuljahr gemäß § 18 Abs. 1 des Schulpflichtgesetzes 1985 die 4. Klasse der Mittelschule oder die Polytechnische Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, dürfen in einem freiwilligen zehnten bzw. elften Schuljahr die Mittelschule oder die Polytechnische Schule mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde besuchen, sofern sie zu Beginn des betreffenden Schuljahres das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Unter denselben Bedingungen sind Schüler, die eine im ersten Satz genannte Schule im neunten Jahr der allgemeinen Schulpflicht als außerordentliche Schüler beendet haben, berechtigt, eine der genannten Schulen ein weiteres Jahr als ordentlicher oder außerordentlicher Schüler zu besuchen.
(2b) Schülerinnen und Schüler, die im 9. Jahr der allgemeinen Schulpflicht eine Stufe einer allgemeinbildenden höheren Schule oder einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, sind unter den in Abs. 2a erster Satz genannten Bedingungen berechtigt, in einem freiwilligen 10. Schuljahr die Polytechnische Schule zu besuchen.
(3) Der Besuch einer Berufsschule ist längstens bis zum Ende des Unterrichtsjahres zulässig, in dem das Lehr- oder Ausbildungsverhältnis endet.
(3a) Schüler von Berufsschulen, die nach Beendigung des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses die Berufsschule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, sind berechtigt, mit Zustimmung des Schulerhalters sowie mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde die Berufsschule zum Zweck der Erlangung eines erfolgreichen Berufsschulabschlusses weiter zu besuchen oder zu einem späteren Zeitpunkt ein weiteres Mal zu besuchen. Ein Wiederholen von Schulstufen gemäß § 27 ist nicht zulässig.
(4) An der Unterstufe einer allgemeinbildenden höheren Schule sowie an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen darf ein Schüler für die 1. Stufe nicht länger als zwei Schuljahre benötigen.
(5) Zum Abschluß einer mittleren oder höheren Schule mit einer bis drei Schulstufen darf ein Schüler höchstens um ein Schuljahr länger benötigen, als der Zahl der Schulstufen entspricht.
(6) Zum Abschluß einer mittleren oder höheren Schule mit vier bis neun Schulstufen darf ein Schüler höchstens um zwei Schuljahre länger benötigen, als der Zahl der Schulstufen entspricht.
(7) Bei der Anwendung des Abs. 6 auf allgemeinbildende höhere Schulen sind in der Volksschuloberstufe oder der Mittelschule oder einer anderen Form der allgemeinbildenden höheren Schule zurückgelegte Schulstufen einzurechnen; wenn der Schüler wegen Unzumutbarkeit des Schulweges die Volksschuloberstufe besucht hat und von dieser in eine niedrigere Stufe der allgemeinbildenden höheren Schule übertritt, ist ein Schuljahr nicht zu berücksichtigen. Die Übergangsstufe des Oberstufenrealgymnasiums, des Aufbaugymnasiums und des Aufbaurealgymnasiums sowie deren allfällige Wiederholung sind auf die zulässige Höchstdauer des Schulbesuches nicht anzurechnen.
(8) Auf Ansuchen des Schülers kann der Schulleiter die Verlängerung der Dauer für den Abschluß einer mindestens dreistufigen mittleren oder höheren Schule um ein weiteres Schuljahr bewilligen, wenn der längere Schulbesuch durch Krankheit, Wiederholung einer Schulstufe gemäß § 27 Abs. 2 oder gleichwertige Gründe bedingt ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.3. Nach dem Gesetzeswortlaut setzt die Genehmigung des freiwilligen 11. Schuljahres voraus, dass ein Schüler die vierte Klasse einer Mittelschule oder die Polytechnische Schule nicht abgeschlossen hat. Das freiwillige 11. Schuljahr soll nach den eindeutigen Gesetzeserläuterungen (nur) dazu dienen, das letzte auf den Pflichtschulabschluss fehlende Jahr nachzuholen (IA 2206/A BlgNR 24.GP).
3.4. Da die Beschwerdeführerin mit dem erfolgreichen Abschluss der 8. Schulstufe der XXXX über einen Pflichtschulabschluss verfügt, hat die belangte Behörde zu Recht ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung eines freiwilligen 11. Schuljahres nicht vorliegen.
3.5. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit der Beschwerde und der sachverständigen Stellungnahme geklärt erschien, weil der Sachverhalt nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde festgestellt wurde. Dieser Sachverhaltsfeststellung wurde in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen (zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475). Darunter sind allerdings lediglich inhaltsleere Bestreitungen nicht zu verstehen (vgl. VwGH 16.5.2001, 99/09/0187, VwGH 2004/09/0033, VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).
Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff).
Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter Weise behauptet. Es liegt auch keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor. Daran ändert auch ein in der Beschwerde gestellter Antrag nichts, eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 23.11.2006, 2005/20/0406, VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).
Das Bundesverwaltungsgericht verweist an dieser Stelle ausdrücklich darauf, dass die gegenständliche Materie nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes nicht vom Schutzbereich des Art. 6 EMRK und (schon mangels der Eröffnung des Anwendungsbereichs) auch nicht von Art. 47 GRC erfasst ist (vgl. dazu VfGH 10.3.2015, E 1993/2014, wobei es der VfGH mangels Anwendungsbereichs ausdrücklich unterließ, auf die vorgebrachten Bedenken in Bezug auf Art. 6 EMRK, insbesondere den Entfall der mündlichen Verhandlung, einzugehen; vgl. dazu auch VwGH 22.11.2004, 2001/10/0071; 24.4.2018, Ra 2018/10/0019).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, die anzuwendende Rechtslage erweist sich als eindeutig und klar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
erfolgreicher Abschluss Freiwilligkeit Pflichtschule Schulabschluss Schulbesuch Schuljahr SchulpflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W129.2234425.1.00Im RIS seit
21.01.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2021