TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/16 W213 2235304-1

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Veröffentlicht am 16.11.2020
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Entscheidungsdatum

16.11.2020

Norm

B-KUVG §90
B-VG Art133 Abs4
GehG §23a Abs1 Z1
GehG §23b
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W213 2235304-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Dr. Thomas PRAXMARER, 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 17.08.2020, GZ. PAD/20/1213903/001/AA, betreffend Erbringung einer besonderen Hilfeleistung für den gerichtlichen Zuspruch eines angemessenen Entgelts nach dem Urheberrechtsgesetz (§ 23a GehG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 23a Abs. 1 Z. 1 GehG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

I.1. Die Beschwerdeführerin steht als Inspektorin (Verwendungsgruppe E2b) in einem öffentlich – rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und steht bei der Landespolizeidirektion Tirol, PI XXXX , in Verwendung.

I.2. Mit Schreiben vom 09.07.2020 begehrte sie durch ihren anwaltlichen Vertreter die Zahlung von und brachte begründend vor, dass sie am 08.06.2018, gegen 17:45 Uhr im Zuge einer Amtshandlung ohne Wissen oder gar Zustimmung von XXXX gefilmt worden sei. Diese unzulässige Filmaufnahme sei im Internet auf der Plattform „Facebook" veröffentlicht worden. Das BG Innsbruck habe der Beschwerdeführerin aufgrund einer Unterlassungsklage mit rechtskräftigem Urteil vom 30.10.2018, GZ. 12 C 456/18k, der Beschwerdeführerin den Betrag von € 3500,00 als Schadenersatz für die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts zugesprochen. Ein unter GZ. 21 E 959/19d des BG Innsbrucks geführtes Exekutionsverfahren sei fruchtlos geblieben, weil keine pfändbaren Gegenstände vorhanden seien, XXXX arbeitslos sei und gemäß Vermögensverzeichnis auch sonst kein Vermögen vorhanden sei.

I.3. Mit E-Mail vom 14.07.2020 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs mit, dass beabsichtigt sei den Antrag abzuweisen, da kein Dienstunfall im Sinne des §§ 90 Abs. 1 B-KUVG vorliege.

I.4. Die Beschwerdeführerin hielt dem mit E-Mail vom 20.07.2020 durch ihren anwaltlichen Vertreter entgegen, dass die Bestimmungen der §§ 23a ff GehG einer positiven Erledigung nicht entgegenstünden. Es handle sich im vorliegenden Fall sehr wohl ein Dienstunfallerreignis, oder der Beschwerdeführer eine Gesundheitsschädigung zugefügt worden sei. Eine diesbezügliche Qualifikation durch die BVA sei dazu nicht erforderlich.

I.5. belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Inhalt hatte:

„Gemäß § 2 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBI, 29/1984 idgf (DVG) in Verbindung mit § 23a GehG 1956, BGBI 54/1956 idgF (GehG) wird Ihr Antrag vom 09.07.2020 auf Erbringung einer besonderen Hilfeleistung für den gerichtlichen Zuspruch eines angemessenen Entgelts nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) id Hv €3.500,- abgewiesen.“

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges unter Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen aus, dass dass das Anfertigen des Videos am 08.06,2018 und das Veröffentlichen auf „Facebook" keinen Dienstunfall gemäß § 90 B-KUVG darstelle und auch das Urteil des BG Innsbruck über den Zuspruch von € 3.500,-- als angemessene Entschädigung bzw. Schadenersatz im Sinne des UrhG nicht als Ersatz für eine Gesundheitsschädigung zu sehen sei, sondern als Ersatz für eine fiktive Lizenzgebühr. Unabhängig davon obliege es selbstverständlich dem Sozialversicherungsträger festzustellen, ob ein Dienstunfall gemäß § 90 B-KUVG vorliege oder nicht. Falls der Versicherte mit der Entscheidung des Sozialversicherungsträgers nicht einverstanden sei, stehe ihm der Weg zu einem ordentlichen Gericht offen. Es liege also keinesfalls im Gutdünken der Sozialversicherung (bvaeb), was sie als Dienstunfall anerkenne.

Da im gegenständlichen Fall nicht einmal ein Unfall und daher auch kein Dienstunfall gemäß § 90 B-KUVG vorliege und zudem der gerichtliche Zuspruch auch nicht aufgrund einer Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (Schmerzengeld) erfolgt sei, sei das Ansuchen abzuweisen gewesen.

I.6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 14.09.2020 fristgerecht Beschwerde und brachte nach Wiedergabe des Verfahrensgangs im Wesentlichen vor, dass ohne Wissen oder gar Zustimmung von ihr XXXX , die Amtshandlunq gefilmt und im Internet auf der Plattform Facebook veröffentlicht habe. Er habe die Aufnahme mit einem unwahren, ehrenrührigen und verschmähenden Text samt Ideogramm versehen. Es sei sein Ziel gewesen ihre Reputation zu zerstören und ihren Kollegen und sie als einschreitende Polizeibeamte öffentlichem Spott und Hohn preiszugeben.

In weiterer Folge hätte sie auch sehr darunter gelitten. Auch wenn sie nicht körperlich angegriffen worden sei, sei sie in ihrer gesundheitlichen Gesamtverfassung auf recht lange Zeit durch dieses massiv rechtswidrige Vorgehen beeinträchtigt worden.

Sie habe daher durch ihren anwaltlichen Vertreter am 14.09.2019 Zivilklage beim Bezirksgericht Innsbruck, 12 C 456/18k eingebracht, mit der sie u.a. eine angemessene Entschädigung iHv € 3.500,00 für das erlittene Ungemach geltend gemacht habe. Konkret wurde beantragt, dass Bezirksgericht Innsbruck möge aussprechen, dass die beklagte Partei [ XXXX ] schuldig sei,

I.       das Verbreiten des am 08.06.2018 um ca. 17.45 Uhr in Innsbruck, Höhe des Hauses Amraser Straße 69 aufgenommenen Videos in sozialen Netzwerken, beispielsweise auf der Plattform facebook, oder in anderen Medien, beispielsweise in Printwerken, insofern zu unterlassen, als die Klägerin auf diesem Video als Angehörige der Polizei erkennbar ist;

II.      das am 08.06.2018 um ca. 17.45 Uhr in Innsbruck, Höhe des Hauses Amraser Straße 69 aufgenommene Video abrufbar unter https://m.facebook.com/storv.php?storv fbid=2093817204193304&id=100006951332753 zu beseitigen und auf der Internetplattform facebook zu löschen;

III.    der Klägerin den Betrag von € 3.500,- zu bezahlen, und

IV.      der Klägerin die Prozesskosten zu ersetzen.

XXXX habe die Klage nicht beeinsprucht. Einer am 30.10.2018 stattgefundenen Tagsatzung sei er ferngeblieben. Da das Video mittlerweile im Internet von XXXX gelöscht worden sei, sei das Urteilsbegehren um Punkt II eingeschränkt worden. Im Übrigen und insbesondere zu Punkt III (angemessene Entschädigung iHv € 3.500,00) sei ein rechtskräftig gewordenes Versäumungsurteil ergangen.

Die Exekutionsführung beim BG Innsbruck zu 21 E 959/19d sei geblieben ergebnislos. Die Forderung sei beim Schädiger XXXX nicht einbringlich. Das Vermögensverzeichnis nach § 47 EO habe nur ein Einkommen seitens XXXX von € 890,00, im Übrigen jedoch Vermögenslosigkeit ergeben.

Rechtsrichtig sei ihr der Anspruch nach § 86 UrhG zu vergüten bzw. ihrem Antrag Folge zu geben, weil sie trotz aller Bemühungen den vom Gericht zugesprochenen Entschädigungsbetrag exekutiv nicht einbringlich habe machen können. Die Kriterien nach §§ 23a ff GehG seien entgegen der Ansicht der belangten Behörde erfüllt. Die Filmaufnahme sei anlässlich der erwähnten Amtshandlung erfolgt. Die Veröffentlichung auf facebook sei eindeutig und für jedermann erkennbar in Bezug auf die Amtshandlung erfolgt. Dass sie nun schlechter behandelt werde, wie andere Kollegen, die beim Einschreiten tätlich angegriffen worden seien, sei nicht einzusehen. Es habe auf sie ein subtiler und zielgerichteter Angriff mit Videoaufzeichnung und Veröffentlichung im Internet stattgefunden. Es seien nicht nur Ehre und dienstliche Reputation als Exekutivbedienstete angegriffen worden, sondern es habe sich auch eine Verschlechterung ihres gesundheitlichen Allgemeinzustandes eingestellt. Das sollte für jeden vernünftig denkenden Menschen auch ohne medizinisches Gutachten nachvollziehbar sein. Warum ein am Körper verletzter Kollege die Hilfeleistung in Anspruch nehmen könne, weil ihm Schmerzengeld im engeren Sinne (immaterieller Schadenersatz) zustehe, während sie ihren Anspruch nach § 86 UrhG (ebenfalls immaterieller Schadenersatz) geltend zu machen habe, könne keinen Unterschied machen.

Allenfalls liege eine ungewollte Gesetzeslücke vor, weil die Republik Österreich ganz sicher alle Exekutivbedienstete gleich behandeln möchte. Bedienstete die via Internet verfolgt und beeinträchtigt worden sind, sollten ebenfalls ihre damit einhergehenden Ansprüche im Rahmen der zu gewährenden Hilfeleistung erfolgreich geltend machen können. Wie Körperverletzungen zu Schmerzengeldansprüchen führten, stünde einer Bediensteten, die auf digitalem Weg angegriffen und dadurch beeinträchtigt worden sei, eine angemessene Entschädigung zu.

Beide Ansprüche seien dem Grunde nach Ersatz immaterieller Schäden, weshalb die belangte Behörde schlussendlich meine, hier unterscheiden zu müssen, sei unverständlich. Da eine ungewollte Gesetzeslücke vorliege, sei diese bei Rechtsanwendung im Wege der Analogie zu schließen, um immaterielle Schadenersatzansprüche gleich zu behandeln.

Es werde daher beantragt,

?        eine mündliche Verhandlung durchzuführen, und

?        den angefochtenen Bescheid zu beheben und dahingehend abzuändern, dass ihrem Antrag vom 09.07.2020 auf Erbringung einer besonderen Hilfeleistung für den gerichtlichen Zuspruch eines angemessenen Entgelts nach dem UrhG iHv € 3.500,00 Folge gegeben werde;

in eventu

?        den Bescheid aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin steht als Inspektorin (Verwendungsgruppe E2b) in einem öffentlich – rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und steht bei der Landespolizeidirektion Tirol, PI XXXX , in Verwendung.

Zusammen mit XXXX hatte sie am 08.06.2018, ca. 17:45 Uhr, in Innsbruck auf Höhe des Hauses Amraser Straße 69 eine Amtshandluna vorzunehmen, die XXXX betraf. Ohne Wissen oder gar Zustimmung seitens XXXX bzw. der Beschwerdeführerin filmte XXXX die Amtshandlunq und veröffentlichte diese unzulässige Filmaufnahme im Internet auf der Plattform facebook. Er versah die Aufnahme mit einem unwahren, ehrenrührigen und verschmähenden Text samt Ideogramm. Mit rechtskräftigem Versäumungsurteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 30.10.2018, GZ. 12 C 456/18 k, wurde XXXX verurteilt der Beschwerdeführerin den Betrag von € 3500,00 als Schadenersatz für die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts zu bezahlen.

Ein unter GZ. 21 E 959/19d des BG Innsbrucks geführtes Exekutionsverfahren blieb fruchtlos, weil keine pfändbaren Gegenstände vorhanden waren, XXXX arbeitslos ist und gemäß Vermögensverzeichnis auch sonst kein Vermögen vorhanden ist.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage getroffen werden. Dabei ist hervorzuheben, dass die Tatsachen des rechtswidrigen Filmens der Amtshandlung durch XXXX und die Uneinbringlichkeit des zugesprochenen Ersatzbetrags unstrittig sind.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389 entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt – mangels derartiger gesetzlicher Bestimmungen - somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Gemäß 3 Abs.1 letzter Satz VwGbk-ÜG gilt die vorliegende Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG

Zu A)

§§ 23a und 23b GehG haben nachstehenden Wortlaut:

„Besondere Hilfeleistungen

§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn

1. eine Beamtin oder ein Beamter

a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder

b) einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955,

in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und

2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und

3. der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.

Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung

§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn

1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder

2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.

(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.

(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.

(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.

(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.

(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über.“

Angesichts des klaren Gesetzeswortlaut ist davon auszugehen, dass jegliche Unterstützungsleistung des Bundes an das Vorliegen eines Dienstunfalls (§ 90 B KUVG) oder eines Arbeitsunfalls (§ 175 ASVG) geknüpft ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu im Erkenntnis vom 04.02.2009, GZ. 2008/12/0062, ausgeführt: „Demnach wird als "Unfall" ganz allgemein ein zeitlich begrenztes Ereignis angesehen, das zu einer Gesundheitsschädigung geführt hat. Das Ereignis muss nicht unbedingt ein mechanischer Vorgang sein, sondern kann auch ein chemo-physikalischer Vorgang sein (vgl. hiezu das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 14. September 2004, 10 Ob S 71/04w = SSV-NF 18/81, sowie das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2004, Zl. 99/12/0321). In diesem Zusammenhang hat der Oberste Gerichtshof in dem eben zitierten Urteil die Auffassung vertreten, dass eine Hepatitisinfektion als Folge einer freiwilligen Blutplasmaspende einen "Unfall" darstellen kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es zunächst jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass eine allein durch eine zeitlich isolierbare Aufnahme verdorbener Nahrung herbeigeführte Darminfektion gleichfalls als "Unfall" qualifiziert werden könnte. Das für einen Dienstunfall erforderliche Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhanges im Verständnis des § 90 Abs. 1 B-KUVG setzt jedoch stets einen inneren Zusammenhang der unfallverursachenden Handlung mit dem die Versicherungspflicht auslösenden Dienstverhältnis voraus (vgl. hiezu etwa die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 7. Oktober 2001, 10 Ob S 120/01x).“

Im vorliegenden Fall liegt es auf der Hand, dass weder eine mechanische noch eine chemo-physikalische Einwirkung auf den Körper der Beschwerdeführerin stattgefunden hat. Vielmehr bestand die Handlung des XXXX lediglich darin, die Beschwerdeführerin und einen weiteren Polizeibeamten anlässlich einer Amtshandlung zu filmen und das Video im Internet auf der Plattform Facebook mit einem - aus Sicht der Beschwerdeführerin - unwahren, ehrenrührigen und verschmähenden Text samt Ideogramm zu veröffentlichen, um ihre Reputation zu zerstören und ihren Kollegen und sie als einschreitende Polizeibeamte öffentlichem Spott und Hohn preiszugeben.

Die zum Nachteil der Beschwerdeführerin verletzten Rechtsgüter waren daher nicht Leib und Leben, sondern deren Ehre. Konsequenterweise hat die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin im zivilgerichtlichen Verfahren auch keine Verletzung am Körper bzw. Schädigung an der Gesundheit ins Treffen geführt, sondern lediglich die Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte durch die oben genannte Veröffentlichung eines Videos. Insbesondere hat sie weder Verdienstentgang, Ersatz von Heilungskosten oder Schmerzensgeld geltend gemacht. Soweit die Beschwerdeführerin anführt, dass sie in weiterer Folge sehr darunter gelitten habe und auch wenn sie nicht körperlich angegriffen worden sei, in ihrer gesundheitlichen Gesamtverfassung auf recht lange Zeit durch dieses massiv rechtswidrige Vorgehen beeinträchtigt worden sei, ist damit für deren Standpunkt nichts gewonnen. Dieser pauschale – und durch keinerlei ärztliche Bestätigung untermauerte - Hinweis auf eine Beeinträchtigung ihrer gesundheitlichen Gesamtverfassung ist nicht ausreichend, um von einer Gesundheitsschädigung auszugehen.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass im vorliegenden Fall kein Dienstunfall im Sinne des § 90 BK UVG vorliegt und daher schon aus diesem Grund eine besondere Hilfeleistung im Sinne des § 23 a GehG ausgeschlossen ist.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass eine durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke vorliege, ist auf die Gesetzesmaterialien zu § 4 WHG i.d.f. BGBl. Nr. 177/1992 zu verweisen, wo es heißt:

„Mit dem vorliegenden Entwurf wird vor allem den Forderungen nach einer besseren Versorgung der Hinterbliebenen von im Dienst tödlich verunglückten Wachebeamten Rechnung getragen.

Als Hilfeleistungen für die Hinterbliebenen werden eine einmalige Geldleistung sowie die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund als Träger von Privatrechten normiert. Auf diese Leistungen besteht ein Anspruch, wenn der Bedienstete einen tödlichen Dienst- oder Arbeitsunfall erleidet. Dieser Unfall muß in einem örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem der Dienstpflicht des Wachebeamten eigenen Element des Aufsuchens der Gefahr oder des Verbleibens im Gefahrenbereich stehen. Weiters sieht der Entwurf auch für Wachebedienstete, die im Dienst eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben, eine vorläufige Übernahme der Ansprüche des Wachebediensteten gegenüber dem Täter durch den Bund vor (Ausschussbericht, Nr. 415 d.B., XVIII. GP).“

Aus diesen Erläuterungen zur inhaltsgleichen Bestimmungen des § 4 Abs. 1 WHG ist klar zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die besondere Hilfeleistung auf jene Fälle beschränken wollte, in denen Exekutivbeamte durch ihre gefahrengeneigte Dienstversicherung am Körper verletzt bzw. an der Gesundheit geschädigt werden. Es liegt also keine Gesetzeslücke vor, sondern es ist von einer bewussten Einschränkung der besondere Hilfeleistung auf die oben beschriebenen Fälle auszugehen. Es ist evident, dass das Filmen von amtshandelnden Polizeibeamten darunter nicht zu subsumieren ist, da einerseits keine Körperverletzung vorliegt, andererseits auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass dies im Zusammenhang mit dem der Dienstpflicht des Exekutivbeamten eigenen Element des Aufsuchens der Gefahr oder des Verbleibens im Gefahrenbereich steht.

Die Beschwerde war daher gemäß §§ 23a Abs.1 Z. 1 GehG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Angesichts der oben dargestellten Rechtslage bzw. Judikatur erscheint die hier zu beurteilende Frage des Anspruchs auf eine besondere Hilfeleistung gemäß § 23 a Abs. 1 Z. 1 GehG eindeutig geklärt.

Schlagworte

Amtshandlung besondere Hilfeleistung Dienstunfall Entgelt Entschädigung Gesundheitsschädigung Polizist Schadenersatz Veröffentlichung Videoaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2235304.1.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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