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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §531;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der J in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. Juni 1996, GZ GA 9-561/16/96, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist zu einem Drittel (testamentarische) Erbin nach ihrem am 19. Dezember 1984 verstorbenen Bruder G. Der erblasserische Sohn G wurde vom Erblasser auf den Pflichtteil gesetzt.
In der beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien eingereichten Erbschaftssteuererklärung wurden unter den Aktiven "Mietrechte" an Wohnungen in Wien, S-Straße 20, mit einem Wert von S 750.000,-- ausgewiesen. Unter den Verbindlichkeiten schienen unter anderem eine Forderung der "F GmbH" auf Einzahlung einer ausständigen Stammeinlage in Höhe von S 55.000,--, eine Prämie für eine Haushaltsversicherung in der Höhe von S 6.246,--, Miete für die erblasserische Wohnung Jänner bis April 1985 (S 24.860,--), Speditionskosten (S 19.586,40) sowie ein Position "Grabpflege" (S 3.775,--) auf.
Nach einer Mitteilung des Finanzamtes für Körperschaften in Wien vom 27. Oktober 1987 betrug der gemeine Wert der Anteile des Stammkapitals der F GmbH S 0,--. Nach der Mitteilung war das Stammkapital der GmbH in der Höhe von S 500.000,-- zu 100 % eingezahlt. Der Erblasser sei mit 20 % beteiligt gewesen.
Mit Bescheid vom 13. Februar 1990 wurde der Beschwerdeführerin für den Erwerb nach G Erbschaftssteuer vorgeschrieben. Dabei wurden die geltend gemachten Aufwendungen für die Grabpflege nur teilweise anerkannt: ein Teilbetrag von S 1.240,-- für "weitere Grabpflege" wurde ausgeschieden. Weiters wurden die Positionen "ausständige Stammeinlage", Versicherung (S 6.246,--) und Miete (S 24.860,--) - letztere beiden Positionen als auf Zeiträume nach dem Todestag entfallend - und die Räumungskosten von S 19.586,40 nicht erwerbsmindernd anerkannt. Hinsichtlich der ausständigen Stammeinlage wurde in der Begründung des Bescheides der Vermerk "da gemeiner Wert der Anteile unter Aktiva 0,--" angebracht.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, "Mietrechte" seien kein bewertbares Wirtschaftsgut im Sinne der Vorschriften des Bewertungsgesetzes. Weiters wurde auf die Bescheidbegründung hingewiesen, wonach die Grabherstellung "keine Passivpost" sei und eine ausstehende Stammeinlage die Eigenschaft der Passivpost deshalb entbehre, da der gemeine Wert der Anteile unter den Aktiven mit Null ausgewiesen sei. Diese Begründung sei völlig unzulänglich, sie nehme auf die Vorschriften des Bewertungsgesetzes nicht Bedacht. Weiters wurde geltend gemacht, daß der erblasserische Sohn einen Pflichtteilanspruch in Höhe von S 1,119.582,95 mit Klage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien geltend gemacht habe.
Im Zuge des Berufungsverfahrens schaffte die belangte Behörde eine Ausfertigung des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom 11. November 1992, 2 Ob 556/92, bei, mit dem der Revision der Erbinnen nach G gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. März 1992, 14 R 13/92-57, nicht Folge gegeben wurde. In diesem Urteil des Obersten Gerichtshofes wurde unter anderem im Sachverhaltsteil darauf hingewiesen, daß die Beteiligung an der F GmbH zwar dem erlasserischen Sohn zugewendet worden sei, diese jedoch, wie sich im Verlassenschaftsverfahren herausgestellt habe, völlig wertlos gewesen sei. Nach dem weiteren Inhalt des Urteils des Obersten Gerichtshofes war vor den Zivilgerichten unter anderem strittig, ob es sich bei den auf die Erbinnen übergegangenen Mietrechten um einen (bei der Bemessung des Pflichtteils zu berücksichtigenden) Wert des Verlassenschaftsvermögens gehandelt hat. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes seien die Untervermietrechte, die dem Erblasser und ihm folgend den beklagten Erbinnen zugestanden seien, in die Bewertung zur Ausmessung des Pflichtteils einzubeziehen. Im Hinblick auf den tatsächlich zu zahlenden Hauptmietzins und die tatsächlich erzielten Untermietzinse wurde im Urteil ein monatlicher Ertrag von ungefähr S 3.000,-- errechnet.
Nach mehrmaligen vergeblichen Aufforderungen durch die belangte Behörde wurde dieser schließlich mit einer Eingabe vom 17. Mai 1996 bekanntgegeben, daß der Pflichtteil mit S 500.000,-- festgesetzt und samt Nebengebühren und Kosten bereits im Dezember 1992 bezahlt worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben. Unter Bezugnahme auf die vom Obersten Gerichtshof im angeführten Urteil vorgenommenen Berechnungen ging dabei die belangte Behörde von einem monatlichen Wert der Untervermietrechte in Höhe von S 3.000,-- aus und bewertete die Nutzungen mit dem Neunfachen des Jahreswertes. Die nach dem Tode des Erblassers angefallenen Kosten für dessen ehemalige Wohnung wurden ebensowenig wie die Speditionskosten für die Räumung der Wohnung als Nachlaßverbindlichkeit anerkannt. Für die Kosten der zukünftigen Grabpflege - die vom Erblasser nicht angeordnet worden sei - sei eine konkrete Verpflichtung der Erben nicht entstanden. Hinsichtlich der Anteile an der F GmbH wurde von der belangten Behörde angeführt, bei der Bewertung der Geschäftsanteile nach dem Wiener Verfahren seien bereits alle Umstände berücksichtigt worden, sodaß die noch ausständige Einzahlung der Stammeinlage keine Passivpost darstelle. Im übrigen seien die Anteile an den Sohn des Erblassers vermacht worden. Die Pflichteilsforderung wurde mit S 500.000,-- berücksichtigt.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, "daß die Höhe einer Abgabenschuld (Höhe der betreffenden Bemessungsgrundlage) nur entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen festgelegt werden darf". Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Mietrechte
Gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG gilt als Erwerb der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber. Zum angefallenen Vermögen zählen auch Rechte, soweit diese nicht in bloß persönlichen Verhältnissen begründet sind.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unwidersprochen zum Sachverhalt feststellte, hatte der Erblasser als Hauptmieter nach einer Vereinbarung vom 30. Juni 1976 das Recht, die gegenständlichen Wohnungen in Untermiete zu geben; dieses Recht sollte danach auch auf seine Erben übergehen. Derartige vererbliche Rechte an einem Bestandobjekt zählen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zweifellos zu dem den Erben angefallenen Vermögen. Wenn die Beschwerdeführerin dabei in nur schwer verständlicher Weise meint, es trete "hier" das Zivilrecht "völlig in den Hintergrund", vielmehr sei der Tatbestand anhand des Bewertungsrechts zu prüfen, so übersieht sie, daß nach dem die Erbschafts- und Schenkungssteuer beherrschenden Bereicherungsprinzip - wie dies aus den Bestimmungen des § 20 ErbStG erkennbar ist - jedes vermögenswerte Recht der Besteuerung unterliegt. Wieso nach bürgerlichem Recht vererbliche Rechte (vgl. dazu Welser in Rummel, ABGB2, Rz. 5 zu § 531, wo Bestandrechte ausdrücklich angeführt sind) bei Erfassung der im Vermögen des Erben eingetretenen Bereicherung nicht berücksichtigt werden sollten, ist schlechthin unerfindlich. Wenn die belangte Behörde dabei die gegenständlichen Bestandrechte an drei Wohnungen mit zusammen mehr als 200 m2 Nutzfläche mit lediglich S 3.000,-- monatlich bewertet hat, kann die Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht verletzt sein. Daß dabei die belangte Behörde diese Rechte - unzutreffenderweise - als "Dienstbarkeit der Untervermietung" bezeichnet hat, ist entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ohne jegliche Bedeutung.
2. Abzug von Verbindlichkeiten
Abgesehen von hier nicht in Streit stehenden bis zum Tod des Erblassers entstandenen Verbindlichkeiten (Erblasserschulden) zählen die im § 20 Abs. 4 ErbStG aufgezählten, durch den Erbfall ausgelösten Schulden zu den abzugsfähigen Verbindlichkeiten. Dabei sind die nach dem Todestag des Erblassers neu entstehenden Kosten, die der Erhaltung der erworbenen Gegenstände dienen, nicht zu berücksichtigen, da nach dem Sinn des § 20 ErbStG - von den besonders angeführten Verbindlichkeiten abgesehen - grundsätzlich nur die dem Erwerb des Vermögens dienenden Kosten abzugsfähig sind. Daraus folgt, daß die während der Abwicklung der Verlassenschaft angefallenen Aufwendungen für die erblasserische Wohnung nicht abzugsfähig sind.
Zutreffend hat die belangte Behörde auch den Grabpflegekosten - insoweit diese mit der Bestattung selbst (vgl. § 20 Abs. 4 Z. 1 ErbStG) nicht mehr im Zusammenhang standen - die Absetzfähigkeit zu Recht versagt.
3. Einzahlung von restlichem Stammkapital
Die belangte Behörde ließ die in der Erbschaftssteuererklärung angesetzte Position eines Anspruches der F GmbH auf Einzahlung der restlichen Stammeinlage im Hinblick auf die Bewertung der Anteile an der GmbH mit S 0,-- nicht zum Abzug zu. Dabei hat die belangte Behörde den Sachverhalt aktenwidrig angenommen, weil nach den in den Akten erliegenden Feststellungen des Finanzamtes für Körperschaften tatsächlich die Stammeinlage an der in Rede stehenden GmbH zu 100 % eingezahlt war. Bei dieser Sachlage aber hätte die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels nicht zu einem anderen Ergebnis kommen können, weil die von der Beschwerdeführerin behauptete Verbindlichkeit gar nicht bestanden hatte. Die diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführerin gehen somit ins Leere.
4. Kosten des Zivilstreites
Die Beschwerdeführerin rügt als Verfahrensmangel, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Kosten des mit dem Pflichtteilsberechtigten geführten Streites von Amts wegen zu ermitteln. Im Hinblick darauf, daß derartige anspruchsentlastende Umstände der Einsicht der Partei grundsätzlich näher liegen, obliegt es dieser, zunächst überhaupt Behauptungen über solche Umstände aufzustellen. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde umfangreiche, durch längere Zeit erfolglose Ermittlungen zur Feststellung der tatsächlichen Höhe der durch die Geltendmachung des Pflichtteils abzugsfähigen Verbindlichkeiten getroffen. Wenn es die Beschwerdeführerin selbst in diesem Verfahren unterlassen hat, überhaupt Behauptungen über weitere Abzugsposten aufzustellen, so kann der Abgabenbehörde eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht nicht zur Last gelegt werden. Damit konnte aber die Frage, ob Kosten eines derartigen Rechtsstreites bei Ermittlung des Vermögensanfalles überhaupt abzugsfähig sind, dahingestellt bleiben.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996160180.X00Im RIS seit
20.11.2000