TE Bvwg Beschluss 2020/11/20 W221 2237074-1

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Veröffentlicht am 20.11.2020
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Entscheidungsdatum

20.11.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13
VwGVG §15 Abs2
WG 2001 §26
WG 2001 §26 Abs4
WG 2001 §28 Abs4
WG 2001 §55 Abs6

Spruch


W221 2237074-1/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin im Verfahren über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Militärkommando Vorarlberg vom 30.07.2020, Zl. P1619440/13-MilKdo V/Kdo/ErgAbt/2020 (1), den Beschluss:

A)

Dem Antrag, der Beschwerde und dem Vorlageantrag die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird keine Folge gegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer wurde am 19.10.2018 von der Stellungskommission für tauglich befunden und war bis zum 30.04.2020 wegen seines Schulbesuches von der Ableistung des Grundwehrdienstes ausgeschlossen.

Mit Einberufungsbefehl des Militärkommandos Vorarlberg vom 13.02.2020, zugestellt am 25.02.2020, wurde der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 06.07.2020 zur Leistung des Grundwehrdienstes in der Dauer von 6 Monaten einberufen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 11.03.2020 Beschwerde und beantragte die Behebung des Bescheides.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.06.2020, W136 2231130-1, wurde die Beschwerde gegen den Einberufungsbefehl rechtskräftig abgewiesen.

Der Beschwerdeführer beantragte am 11.03.2020 außerdem gemäß § 26 Abs. 3 Wehrgesetz den Aufschub vom Antritt des Grundwehrdienstes.

Mit im Spruch genannten Bescheid des Militärkommando Vorarlberg vom 30.07.2020 wurde dieser Antrag abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher er auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 13.10.2020 wurde die Beschwerde abgewiesen.

Der Beschwerdeführer stellte daraufhin am 23.10.2020 einen Vorlageantrag, in welchem er beantragte, dem Vorlageantrag die aufschiebende Wirkung zuerkennen, da der Beschwerdeführer mit einem Vollzug des angefochtenen Einberufungsbefehls einen erheblichen Nachteil insofern erleiden würde, als er sich derzeit in einer Notwehrsituation befindet, da er durch einen Vollzug des angefochtenen Bescheides einen erheblichen und unwiederbringlichen sportlichen und damit langfristig wirtschaftlichen Nachteil erleiden würde. Dies abgesehen davon, dass seine Lebensträume damit unwiederbringlich zerstört würden, wenn er nun den Militärdienst unverzüglich verrichten müsste. Diesem Antrag auf aufschiebende Wirkung stünden keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen. Das Militär in Österreich könne auch ohne einen sofortigen Einzug des Beschwerdeführers funktionieren und er werde zu einem späteren Zeitpunkt jedenfalls den Militärdienst in Österreich ableisten. In einer Abwägung der dargestellten wesentlichen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit allfällig öffentlich berührter Interessen ergebe sich sohin – im Falle einer Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung – ein überwiegender und unverhältnismäßiger Nachteil für den Beschwerdeführer, sodass – bei einer fairen und ausgewogenen Betrachtung – dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu diesem Antrag auf Aufschub stattzugeben sei.

Die gegenständliche Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 19.11.2020 vorgelegt.

Die belangte Behörde informierte das Bundesverwaltungsgericht darüber, dass der Beschwerdeführer am 09.11.2020 zum Grundwehrdienst eingerückt ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung. Gemäß § 15 Abs. 2 hat ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat oder von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Weder hat die belangte Behörde mit Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt, noch findet sich im Wehrgesetz eine gesetzliche Bestimmung, mit welcher die aufschiebende Wirkung ex lege aberkannt wird. § 55 Abs. 6 Wehrgesetz bestimmt lediglich, dass Beschwerden gegen Beschlüsse der Stellungskommissionen, Einberufungs- und Entlassungsbefehle sowie gegen Bescheide über eine vorzeitige Entlassung nach § 28 Abs. 3 und § 38 Abs. 5 dritter Satz Wehrgesetz keine aufschiebende Wirkung haben. Dies gilt auch für Vorlageanträge in Beschwerdevorverfahren gegen solche Bescheide.

Aus den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (RV 2200 BlgNR 24. GP, 7) ergibt sich Folgendes:

„Nach geltender Rechtslage sind gegen Einberufungs- und Entlassungsbefehle sowie Stellungsbeschlüsse keine ordentlichen Rechtsmittel zulässig (§ 17 Abs. 2, § 24 Abs. 1 und § 28 Abs. 1). Diese Regelungen stützen sich derzeit im Hinblick auf die militärische Planbarkeit, insbesondere vor dem Hintergrund möglicher Einsätze des Bundesheeres, auf Art. 11 Abs. 2 letzter Halbsatz B-VG. Die genannten Bescheide sind daher derzeit nur im Wege einer Beschwerde an den Verwaltungs- und/oder Verfassungsgerichtshof anfechtbar. Mit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ab 1. Jänner 2014 wird eine direkte Anfechtung dieser Bescheide vor dem Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof ausgeschlossen und durch die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht als einziges Rechtsmittel ersetzt. Ein Ausschluss von ordentlichen Rechtsmitteln gegen Einberufungsbefehle und Stellungsbeschlüsse kann daher schon aus verfassungsrechtlichen Überlegungen (Art. 6 EMRK) nicht weiter bestehen bleiben. Ab 1. Jänner 2014 werden daher auch Einberufungs- und Entlassungsbefehle sowie Stellungsbeschlüsse vor dem Bundesverwaltungsgericht anfechtbar. Auf Grund der unverändert bestehenden Notwendigkeiten (militärische Planbarkeit, insbesondere vor dem Hintergrund möglicher Einsätze des Bundesheeres) erscheint es angesichts der ab 1. Jänner 2014 geltenden Verfassungslage daher geboten, materiell vergleichbare Regelungen vorzusehen. In diesem Zusammenhang ist auch die Entschließung des Nationalrates vom 15. Mai 2012 (244/E BlgNR, XXIV.GP) zu erwähnen, mit der die Bundesregierung ua. aufgefordert wird, durch entsprechende legistische Maßnahmen sicherzustellen, dass Beschwerden gegen die Feststellung der Eignung zum Wehrdienst durch die Stellungskommissionen grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung haben. In diesem Sinne sollen daher künftig die aufschiebende Wirkung von Beschwerden (und Vorlageanträgen) gegen Einberufungs- und Entlassungsbefehle sowie Stellungsbeschlüsse gesetzlich ausgeschlossen werden (§ 55 Abs. 6). Analog zur geltenden Rechtslage, wonach auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Bescheide durch den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof im Einzelfall zuerkannt werden kann, soll dies künftig in Beschwerdeverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht erfolgen können (§ 55 Abs. 7). Eine darüber hinausgehende Regelung, die aufschiebende Wirkung auch im Beschwerdevorverfahren zuzuerkennen, ist im Hinblick auf die Möglichkeit der amtswegigen Aufhebung eines Einberufungsbefehles nicht erforderlich. Die verfassungsrechtliche Grundlage bietet Art. 136 Abs. 2 B-VG in der ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung, wonach durch Bundesgesetz Sonderverfahrensbestimmungen zulässig sind, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind. Nach den §§ 28 Abs. 3 und 38 Abs. 5 dritter Satz ist die (zwingende) vorzeitige Entlassung aus dem Präsenz- bzw. Ausbildungsdienst mit Bescheid vorgesehen, wenn sich nach dessen Antritt herausstellt, dass eine die Einberufung ausschließende Voraussetzung im Sinne des § 25 Abs. 1 oder 2 zum Einberufungstermin gegeben war. Im Hinblick auf den ausschließlich korrektiven Charakter der genannten Normen, die im Interesse der Betroffnen liegt, soll im oben genannten Sinn auch in jenen Fällen die aufschiebende Wirkung von Beschwerden gesetzlich ausgeschlossen werden (§ 55 Abs. 6).“

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufschub vom Antritt des Grundwehrdienstes nach § 26 Wehrgesetz gestellt, der somit nicht unter § 55 Abs. 6 Wehrgesetz fällt.

Einer Beschwerde gegen einen vollzugstauglichen Bescheid kommt daher ex lege grundsätzlich die aufschiebende Wirkung zu.

Da die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung entgegen der dargestellten Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf § 55 Wehrgesetz verweist, ist dazu ergänzend auszuführen, dass sich durch die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung nichts an der Rechtsposition des Beschwerdeführers ändert und das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde oder dem Vorlageantrag auch nicht die aufschiebende Wirkung zuerkennen könnte, wenn diese ausgeschlossen wäre. Voraussetzung für die aufschiebende Wirkung ist nämlich, dass die bekämpfte Entscheidung einem Vollzug zugänglich ist, also ihrem Inhalt nach in die Wirklichkeit umgesetzt werden kann.

Der Begriff des „Vollzugs“ geht mithin über jenen der „Vollstreckung“ hinaus und umfasst auch (Tatbestands-)Wirkungen, die an die angefochtene Entscheidung geknüpft sind – etwa indem diese die Voraussetzung für weitere Behördenakte bildet. Vollzugstauglich können dementsprechend auch feststellende und rechtsgestaltende Entscheidungen sein. Erkenntnissen, mit denen eine vom Revisionswerber angestrebte Änderung der Rechtsposition abgelehnt worden ist, fehlt es hingegen in aller Regel am Merkmal der Vollzugstauglichkeit. Nicht zuzuerkennen ist die aufschiebende Wirkung weiters dann, wenn die mit dem Antrag angestrebte Rechtsstellung dem Revisionswerber selbst für den Fall des Aufschubs der Rechtswirkungen der angefochtenen Entscheidung nicht zukäme (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 30 VwGG Anm. 8).

Im vorliegenden Fall bestimmt § 26 Abs. 4 Wehrgesetz, dass eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung erst durch Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen ein Aufschub gewährt wurde, unwirksam wird. Gemäß § 28 Abs. 4 Wehrgesetz gelten Wehrpflichtige erst mit Ablauf des Tages als vorzeitig aus dem Präsenzdienst entlassen, an dem ein Bescheid über einen Aufschub erlassen wird. Daraus ergibt sich klar, dass ein Antrag auf Aufschub gemäß § 26 Wehrgesetz die Einberufung eines Wehrpflichtigen nicht aufschiebt.

Aus diesem Grund hat auch der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Ausspruch, mit dem ein Antrag auf Befreiung (Anm.: oder Aufschub) abgewiesen wird, einem Vollzug nicht zugänglich ist. Andere Folgen der Rechtskraft des angefochtenen Bescheides aber, die nicht in Vollziehung des Spruchinhaltes ergehen (im vorliegenden Fall die Durchsetzung eines allfälligen Einberufungsbefehles), können die Zulässigkeit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zur Folge haben. Außerdem kommt in der gegenständlichen Angelegenheit die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als dem Wesen dieser Einrichtung widersprechend auch deswegen nicht in Betracht, weil dem Antragsteller damit eine Rechtsstellung eingeräumt würde, die er vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht besessen hat und folglich auch bei dessen Aufhebung nicht besitzen würde (vgl. VwGH 18.07.2003, AW 2003/11/0036 mwH).

Der Beschwerdeführer hat seinen Einberufungsbefehl bekämpft; diese Beschwerde wurde jedoch rechtskräftig abgewiesen, weshalb er am 06.07.2020 hätte einrücken müssen. Daran konnte ein Antrag auf Aufschub nichts ändern und auch eine Stattgabe des Antrages im Beschwerdeverfahren würde nicht ex tunc wirken, sondern nur die vorzeitige Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Präsenzdienst mit Ablauf des Tages, an dem die Entscheidung über einen Aufschub erlassen wird, bewirken.

Da der Bescheid somit nicht vollzugstauglich ist, kommt eine aufschiebende Wirkung nicht in Betracht.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter A) zitierte Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar und der Wortlaut der angewandten Bestimmung eindeutig.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Aufschub des Antritts Einberufungsbefehl ex lege - Wirkung Grundwehrdienst Vollzugstauglichkeit Vorlageantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2237074.1.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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