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L82306 Abwasser Kanalisation Steiermark;Norm
AVG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des R und der J B in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. Oktober 1996, Zl. 03-12.10 S 65 - 96/7, betreffend Kanalanschlußpflicht (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Sulmeck-Greit, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 13.460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. November 1995 wurden die Beschwerdeführer als Eigentümer eines näher bezeichneten bebauten Grundstückes (Baufläche) gemäß § 6 des Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79, "zur Errichtung und zum Anschluß einer Hauskanalanlage verpflichtet". Dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß die kürzeste Entfernung des Bauwerkes der Beschwerdeführer zu dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang weniger als 100 m betrage. Die Verpflichtung erstrecke sich auch auf Bauwerke desselben Grundstückseigentümers, mit dem anschlußpflichtigen Bauwerk in unmittelbarer baulicher Verbindung stehen oder eben eng benachbart seien und wenn Schmutzwasser anfielen (Hof- und sonstige Nebengebäude).
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29. November 1995 Berufung. Nach Darstellung der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 5 Kanalgesetz erklärten die Beschwerdeführer, sie nähmen ebenso Bezug "auf eine andere Gesetzesstelle" (Anmerkung: es handelt sich dabei offenbar um keine "Gesetzesstelle", sondern um ein Judikaturzitat, vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1994, Zl. 93/07/0131, u.a.), in der es heiße, da das Steiermärkische Kanalgesetz 1988 Ausnahmen vom Anschlußzwang vorsehe, wobei eine Voraussetzung dafür darin bestehe, daß das öffentliche Interesse nicht geschädigt werde, gehe dieses Gesetz davon aus, daß das Unterbleiben eines Anschlusses möglich sei. Eine wasserrechtliche Bewilligung nach § 32 WRG (hier einer biologischen Abwasserbeseitigungsanlage) könne daher nicht mit der Rechtfertigung versagt werden, daß das Unterbleiben eines Anschlusses an die Gemeindekanalisation generell eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstelle. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid seien die Beschwerdeführer verpflichtet worden, ihr Haus an das öffentliche Kanalnetz anzuschließen. Sie seien jedoch nicht bereit, dies zu tun, weil ihr Gehöft über eine nach dem neuesten Stand der Technik funktionierende vollbiologische Pflanzenkläranlage verfüge. Nach einer Mitteilung eines näher bezeichneten Beamten der Rechtsabteilung 3 der Steiermärkischen Landesregierung sei der Anschlußzwang nicht gegeben, wenn eine biologische Kläranlage vorhanden sei und die Betreuung der Anlage in die Kreislaufwirtschaft des landwirtschaftlichen Betriebes eingebunden sei. Ein namentlich genannter Diplomingenieur von der Baubezirksleitung Graz habe den Hof vor der Errichtung der biologischen Kläranlage besucht und festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Errichtung dieser Anlage optimal gegeben seien. Die Planung und Bauausführung der biologischen Kläranlage sei vom Unternehmen A) durchgeführt worden. Alle erforderlichen Einrichtungen seien im Beisein von Fachleuten vorgenommen worden (wurde näher ausgeführt). Festzuhalten sei weiters, daß die anfallenden Fäkalabwässer in die Güllegrube geleitet und nur die Grauabwässer über die voll biologische Kläranlage entsorgt würden. Demnach seien sie gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes von der Anschlußpflicht zu befreien. "Durch diese Befreiung ist der § 6 leg. cit. in unserem Fall nicht rechtsgültig".
Dieser Berufung sind vier Bestätigungen des Unternehmens A jeweils vom 18. November 1995 angeschlossen (mit einer Stampiglie eines technischen Büros für Kulturtechnik), wonach eine biologische Kläranlage für "7 EGW" zur Grauwasserreinigung "normgemäß unter örtlicher Herstellungsüberwachung" ausgeführt worden sei. Die verwendeten Materialien entsprächen den derzeit gültigen Normen. Vor Inbetriebnahme der Kläranlage sei eine Trockenbeschau durchgeführt worden, die ebenfalls eine fachgerechte Ausführung aller Anlagenteile ergeben habe. Die Anlage sei dicht.
Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. März 1996 wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG nicht Folge gegeben. Soweit für den Beschwerdefall erheblich, wurde dies damit begründet, daß die Gemeinde die Errichtung einer Ortskanalisationsanlage mit anschließender Reinigung der Abwässer und Ableitung der biologisch gereinigten Abwässer in Vorfluter plane (Hinweis auf die wasserrechtliche Bewilligung des Vorhabens). Es sei festgestellt worden, daß das Haus der Beschwerdeführer im Anschlußbereich liege; "darüber hinaus wird auf die ständige Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und auf die Vorschriften des II. Punktteiles des AVG 1991 verwiesen". In der Berufung werde unter anderem angeführt, daß die Liegenschaft über eine nach dem neuesten Stand der Technik funktionierende vollbiologische Pflanzenkläranlage verfüge. Dazu werde laut Auskunft der Rechtsabteilung 3 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung mitgeteilt:
"Nach den Bestimmungen des seit 1988 geltenden Steiermärkischen Kanalgesetzes besteht eine Ausnahme vom Verpflichtungsbereich im Sinne des § 4 Abs. 5 dann, wenn das Anwesen über eine nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechende Schmutzwasserentsorgung verfügt und dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer im Sinne des § 1 Abs. 1 gewährleistet ist. Überdies darf eine Schädigung von öffentlichen Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entstehen.
Wie aus dieser Formulierung hervorgeht, ist neben der bestehenden Anlage auch zu prüfen, ob die genannten Interessen im Einzelfall überhaupt erfüllt sind. Voraussetzung dafür ist jedoch, dies wird vielfach übersehen, das RECHTMÄßIGE BESTEHEN einer derartigen Anlage.
Rechtmäßig besteht eine Anlage dann, wenn diese dem Wasserrechtsgesetz entspricht (im Regelfall wasserrechtliche Bewilligung)."
Im Berufungsbescheid folgt sodann die Rechtsmittelbelehrung.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde. Darin führten sie aus, sie betrieben seit dem 18. November 1995 zur Behandlung ihrer häuslichen Abwässer eine gemäß "dem Erlaß der Stmk. Landesregierung" errichtete Pflanzenkläranlage, welche den anerkannten Regeln der Technik, den Erfahrungen der technischen Wissenschaften und den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entspreche. Ihre Anlage werde in Form einer Kreislaufwirtschaft geführt, das heiße, das geklärte und gereinigte Wasser fließe zurück in den 300.000 Liter Gülle- bzw. Kanalraum, der schon seit 1979 auch für sämtliche Abwässer des Hauses gereicht habe. Damit sei eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 Kanalgesetz gewährleistet. Eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft könne nicht entstehen. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung könne von der Behörde jederzeit geprüft werden. Durch diese Vorgangsweise entsorgten sie nicht nur die Abwässer schadlos, sondern es werde zusätzlich Brauchwasser zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung gewonnen. Die von ihnen betriebene Pflanzenkläranlagen in Form einer Kreislaufwirtschaft bewirke keinerlei nachteilige Einwirkungen auf das Grundwasser. Daher sei deshalb eine wasserrechtliche Bewilligung nicht erforderlich. Damit lägen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Kanalgesetz vor.
Der Vorstellung sind sechs Beilagen angeschlossen, nämlich jene vier Beilagen, die bereits der Berufung angeschlossen waren, weiters eine "Stellungnahme" des Unternehmens A vom 21. März 1996 betreffend die Pflanzenkläranlage der Beschwerdeführer. Darin heißt es, daß diese Anlage gemäß einem näher bezeichneten Erlaß der Steiermärkischen Landesregierung errichtet worden sei. Die Stellungnahme befaßt sich weiters mit den Reinigungsleistungen und dem Betrieb von Pflanzenkläranlagen sowie mit der Beurteilung der "wasserrechtlichen" Bewilligungspflicht der Anlage, die nach Auffassung des Verfassers der Stellungnahme nicht bewilligungspflichtig sei (wurde näher ausgeführt).
Bei der sechsten Beilage handelte es sich um eine Eingabe an die mitbeteiligte Gemeinde vom 27. März 1996, worin die Beschwerdeführer ihre Befürchtung zum Ausdruck bringen, der Bau der Kanalanlage könnte "den Verlust des Wassers" aus ihrem Brunnen bewirken. Sie bestünden darauf, daß ihnen "die fehlende Menge Wasser, welche durch das Vorbeigraben des Kanales entstehen könnte, für alle Zeiten kostenlos, frei Haus von der Gemeinde gestellt" werde.
Die Beschwerdeführer brachten weiters bei der belangten Behörde einen Nachtrag zu ihrer Vorstellung ein, in dem sie abermals ihren Standpunkt darstellten. Beigelegt ist ein Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 13. März 1993 an andere Parteien, womit gemäß § 56 AVG in Verbindung mit den §§ 32 und 104 WRG 1959 festgestellt wird, daß "die beantragte Abwasserbeseitigungsanlage" (der Bescheidbegründung zufolge handelte es sich um eine - andere - vollbiologische Kläranlage, System Dr. R) keiner wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe.
Hierauf holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der Fachabteilung Ia der Landesregierung ein. In dieser Stellungnahme vom 27. Juni 1996 heißt es nach Darstellung des Verfahrensganges (unter anderem), bei der fachtechnischen Beurteilung des gesamten Sachverhaltes sei aufgrund der vorliegenden Aktenlage erkennbar, daß die errichtete Pflanzenkläranlage offenbar nur für die Behandlung eines Teiles der häuslichen Abwässer ("Grauabwässer") gedacht sei. Nach dem Vorbringen der Beschwereführer würden aber die Fäkalabwässer, demnach ein nicht unbeträchtlicher Anteil der häuslichen Abwässer, offenbar ohne weitere Behandlung, der hofeigenen Güllegrube zugeführt und auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht. Diese Vorgangsweise entspreche nicht dem Stand der Technik und Hygiene, wenn gleichzeitig die Möglichkeit gegeben sei, solche Abwässer über eine öffentliche Kanalisation schadlos zu entsorgen. Es heißt weiters, weder das Wasserrechtsgesetz noch eine der Wasserimmissionsverordnungen enthielten einen Hinweis darauf, daß für die Entsorgung häuslicher Abwässer aus landwirtschaftlichen Anwesen Ausnahme- oder Sonderbestimmungen in Anspruch genommen werden könnten. Dies sei auch verständlich, weil Abwässer aus landwirtschaftlichen Haushalten in keiner Weise anders beschaffen seien als Abwässer anderer Haushalte, sodaß für beide grundsätzlich dieselben umwelttechnischen Kriterien einer schadlosen Entsorgung anzuwenden seien. Die "landwirtschaftliche Verwertung" (im Original unter Anführungszeichen) häuslicher Abwässer müsse aus der Sicht dieser Fachabteilung als wenig taugliche Entsorgungsvariante bezeichnet werden, weil sie eher dem Grundsatz der Beseitigung als dem der Verwertung entspreche. Während die Aufbringung der Stallabwässer auf landwirtschaftliche Flächen zu Düngezwecken unter Beachtung des Grundwasser- und Bodenschutzes als übliche land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung angesehen werden könne, treffe dies für die häuslichen Schmutzwässer nicht zu. Diese Schmutzwässer enthielten zwar unbestritten in gewissem Ausmaß Düngestoffe, sie enthielten aber durch die im Haushalt verwendeten Mittel, z.B. Waschmittel, Putz- und Scheuermittel, Geschirrspülmittel, Rückstände von Fleckentfernungsmitteln, Toilettenreiniger, Beckensteine etc., auch Schadstoffe, die das Grundwasser und den Boden beeinträchtigten könnten. Dazu könnten noch Rückstände von allenfalls eingenommenen Arzneimitteln kommen. Bei Aufbringung solcher Schmutzwässer, auch vermischt mit Stallabwässern, auf landwirtschaftlichen Flächen müsse daher mit einer Anreicherung dieser Schadstoffe im Boden und auch im Grundwasser und somit mit einer Beeinträchtigung der Grundwasserqualität und der Bodenbeschaffenheit gerechnet werden. Eine Aufbringung von häuslichen Schmutzwässern auf landwirtschaftlichen Flächen könne somit keinesfalls als die übliche land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung angesehen werden. Außerdem widerspreche dies den Intentionen des Steiermärkischen Grundwasserschutzprogrammes. Auch eine gemeinsame Aufbringung von Schmutzwässern und Stallabwässern auf landwirtschaftlichen Flächen könne daher aus umwelttechnischer Sicht nicht befürwortet werden. Demnach sei eine Entsorgung häuslicher Abwässer weder nach Vorklärung in mechanischen Kläranlagen noch nach gemeinsamer Sammlung mit Stallabwässern und Aufbringung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen als eine den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechende Vorgangsweise einzustufen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 9. April 1992, Zl. 92/06/0046). Die Stellungnahme befaßt sich weiters mit der Frage der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht derartiger Pflanzenkläranlagen und gelangt mit näherer Begründung zur Auffasung, daß die Errichtung bzw. der Betrieb einer Einzelkläranlage als wasserrechtlich bewilligungspflichtig angesehen werden müsse. Es werde empfohlen, dieser Rechtsmeinung durch Rückfrage "an die Wasserrechtsbehörde im Hause" bestätigen zu lassen.
Dem angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführer einer Äußerung zu dieser Stellungnahme abgaben, die allerdings den Akten nicht angeschlossen ist.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Nach zusammengefaßter Darstellung des Verfahrensganges vor den Gemeindebehörden und des Inhaltes der Vorstellung führte die belangte Behörde begründend aus, aus der von ihr eingeholten Stellungnahme der Fachabteilung Ia gehe hervor, daß die errichtete Pflanzenkläranlage nur für die Behandlung eines Teiles der häuslichen Abwässer gedacht sei und die Fäkalabwässer der hofeigenen Güllegrube zugeführt und auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht würden. Diese Vorgangsweise entspreche jedoch nicht dem Stand der Technik und Hygiene, wenn gleichzeitig die Möglichkeit gegeben sei, solche Abwässer über eine öffentliche Kanalisation schadlos zu entsorgen. Dem entsprechend liege nach Ansicht dieser Fachabteilung aus umwelttechnischer und hygienischer Sicht keine gleichwertige Entsorgungsmöglichtkeit vor, weshalb der Ausnahmegrund des § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes nicht gegeben sei. Diese Stellungnahme sei den Beschwerdeführern zur Kenntnisnahme übermittelt und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt worden, hiezu eine Stellungnahme abzugeben. In dieser Stellungnahme führten die Beschwerdeführer aus, es sei nicht richtig, wie der technische Sachverständige ausführe (gemeint sind sichtlich die Ausführungen in der Stellungnahme der Fachabteilung), daß die Schmutzwässer Waschmittel, Putz- und Scheuermittel oder gar Arzneimittel enthielten, zumal die Fäkalabwässer vom WC direkt in die Güllegrube geleitet und im WC aus Rücksicht auf die Umwelt keine Reinigungsmittel verwendet würden. Zudem werde die Gülle zweimal jährlich auf 11,5 ha Eigengrund und 9,32 ha Pachtfläche, verdünnt durch die geklärten Grauwässer und die düngerwirksamen Fäkalabwässer ohne Haushaltschemikalien, ausgebracht. Eine wasserrechtliche Bewilligung sei nach Auffassung der Beschwerdeführer nicht notwendig.
Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde weiter aus, während § 5 des Kanalgesetzes 1955, LGBl. Nr. 70 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 165/1968, nach dessen Abs. 4 noch Ausnahmen von der Anschlußverpflichtung bei Schmutzwässern vorgesehen habe, wenn diese nachweisbar zu Dungzwecken benötigt würden, sei diese ausdrückliche Dungzwecke betreffende Ausnahmebestimmung im § 4 des Kanalgesetzes 1988 nicht mehr vorgesehen. Vielmehr sei im § 4 Abs. 5 letzteren Gesetzes eine allgemeine Ausnahmebestimmung für den Fall der schadlosen Entsorgung der Abwässer normiert. Aus dem Fehlen einer derartigen Ausnahmebestimmung sei die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, nicht grundsätzlich schon deshalb eine Ausnahme von der Einleitungsverpflichtung zuzulassen, weil Schmutzwässer nachweisbar zu Düngezwecken benötigt würden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 9. April 1992, Zl. 92/06/0046).
Die "Verwertung" (im Original unter Anführungszeichen) der häuslichen Abwässer im eigenen Betrieb stelle grundsätzlich keine adäquate Abwasserentsorgung dar (auch bei einer Trennung von Fäkal- und Grauwässern könnten gewisse Inhaltsstoffe der Fäkalwässer - "WC-Reiniger etc." - als Folge der zivilisatorischen Entwicklung nicht ausgeschlossen werden), sie könnte allenfalls dort ausnahmsweise in Betracht gezogen werden, wo die Entsorgung über eine öffentliche Kanalisation auf Dauer nicht zu erwarten sei. Selbst dann werde unter den Aspekten des Umweltschutzes und der Hygiene eine sorgfältige Nachweisführung erforderlich sein, daß eine Beeinträchtigung von Boden und Wasser bzw. von Mensch und Tier unwahrscheinlich sei.
Die Beschwerdeführer vermeinten, daß die Entsorgung der Grauwässer in der Pflanzenkläranlage und die Ableitung der Fäkalabwässer in die Güllegrube eine schadlose Entsorgung darstelle. Es sei jedoch der Stellungnahme der Fachabteilung zu folgen, wo ausgeführt werde, daß gewisse Reiniger und sonstige Putz- und Scheuermittel sowie Waschmittel in den Abwässer enthalten sein könnten. Es könne nämlich, wie zuvor ausgeführt, aufgrund der zivilisatorischen Entwicklung nicht ausgeschlossen werden, daß gewisse Reinigungsmittel im Haushalt verwendet würden. Daran vermöge auch der Einwand der Beschwerdeführer, daß im WC keine Reinigungsmittel verwendet und die Fäkalien direkt in die Güllegrube geleitet würden, nichts zu ändern.
Auch sei festzuhalten, daß die vorhandene Pflanzenkläranlage nicht der Entsorgung sämtlicher Abwässer, sondern lediglich der Entsorgung der Grauwässer diene. Somit sei davon auszugehen, daß für die Fäkalwässer überhaupt keine Kläranlage existiere. Schon aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 gehe hervor, daß der Nachweis über die tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde über die beantragte Ausnahmebewilligung vorliegen müsse und dieser Nachweis vom Ausnahmewerber zu erbringen sei.
Im gegenständlichen Verfahren sei jedoch irrelevant, ob diese Pflanzenkläranlage nach den wasserrechtlichen Bestimmungen bewilligungsfrei oder bewilligungspflichtig sei, weil hier nur von ausschlaggebender Bedeutung sei, ob eine nach den erkannten Regeln der Technik, den Erfahrungen der technischen Wissenschaften und den Erfordernissen es Umweltschutzes und der Hygiene entsprechende Schmutzwasserentsorgung gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 gegeben sei und dementsprechend eine Ausnahme von der Kanalanschlußverpflichtung gewährt werden könnte. Ob die gegenständliche Pflanzenkläranlage tatsächlich bewilligungsfrei sei, "müßte jedoch nach dem Wasserrechtsgesetz beurteilt werden, da, wie bereits oben dargelegt, dieses Verfahren ausschließich die Kanalanschlußverpflichtung betrifft". Da somit die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Kanaanschlußverpflichtung gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes nicht vorlägen, seien die Beschwerdeführer durch die Berufungsentscheidung in keinen Rechten verletzt worden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens (wie gesagt, unvollständig) vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift eingebracht, in der die kostenpflichtige Zurückweisung, hilfsweise die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Die Beschewerdeführer haben unaufgefordert auf die Gegenschriften repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die mitbeteiligte Gemeinde begehrt in ihrer Gegenschrift primär, die vorliegende Beschwerde möge zurückgewiesen werden. Dies erkennbar deshalb, weil ihrer Annahme nach eine Beschwer deshalb nicht gegeben sei, weil die in dieser Sache ergangenen Bescheide (ohnedies) rechtmäßig seien. Dieser Beurteilung ist nicht zu folgen, vielmehr kann - und darauf kommt es an - eine RechtsverletzungsMÖGLICHKEIT der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht ausgeschlossen werden, womit die angestrebte Zurückweisung nicht in Betracht kommt. Unzutreffend ist auch die Auffassung der mitbeteiligten Gemeinde, die Vorstellung hätte zurückgewiesen werden müssen, weil die Vorstellungswerber nicht behauptet hätten, daß sie durch den damit bekämpften Berufungsbescheid in Rechten verletzt worden seien, weil wohl nicht fraglich sein kann, daß mit der Vorstellung gerade eine solche Rechtsverletzung geltend gemacht wurde.
Die mitbeteiligte Gemeinde führt weiters in ihrer Gegenschrift aus, die Berufungsbehörde habe aufgrund der Berufung der Beschwerdeführer "ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und hiebei festgestellt, daß für die biologische Kläranlage keine wasserrechtliche Bewilligung vorhanden ist, wobei eine Bewilligungsverpflichtung im Sinne des § 32 WRG in jedem Fall gegeben ist". Dem muß entgegengehalten werden, daß Derartiges dem Berufungsbescheid nicht zu entnehmen ist: Der Berufungsbescheid enthält nämlich zu diesem Einwand der Beschwerdeführer lediglich eine Wiedergabe einer allgemein gehaltenen Stellungnahme der Rechtsabteilung 3 der belangten Behörde, ohne sich in der Folge konkret mit dem Einwand der Beschwerdeführer zu befassen. Der Berufungsbescheid entspricht demnach nicht den Anforderungen des § 60 AVG, wie die Beschwerdeführer zutreffend geltend gemacht haben. Unzutreffend ist aber die Auffassung der Beschwerdeführer, der angefochtene Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, obwohl das Verfahren vor den Gemeindebehörden mangelhaft geblieben sei. Vielmehr ist die Vorstellungsbehörde zwar nicht verpflichtet, wohl aber berechtigt, den zu ihrer Entscheidung erforderlichen Sachverhalt selbst zu klären, statt zu diesem Zweck mangelhafte Gemeindebescheide aufzuheben und diese Sache an die Gemeinde zurückzuverweisen. Entschließt sie sich jedoch, den Sachverhalt selbst zu ermitteln, dann hat sie alle Vorschriften der §§ 37 ff AVG zur mängelfreien Ermittlung des Sachverhaltes einzuhalten (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 12. März 1992, Zl. 91/06/0230, zu einer Anschlußverpflichtung nach dem Steiermärkischen Kanalgesetz 1988, auf welches noch zurückzukommen sein wird).
Die Beschwerdeführer ziehen nicht in Zweifel, daß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Kanalgesetz 1988 über den grundsätzlichen Anschlußzwang gegeben sind, machen aber einen Ausnahmetatbestand geltend.
Gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 leg. cit. gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber.
Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, sah das Kanalgesetz 1955 eine Ausnahmebestimmung von der Anschlußverpflichtung bei Schmutzwässern vor, wenn diese nachweisbar zu Dungzwecken benötigt wurden. Aus dem Fehlen einer derartigen Ausnahmebestimmung im hier anzuwendenden Kanalgesetz 1988 ist aber die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, nicht grundsätzlich deshalb eine Ausnahme von der Einleitungsverpflichtung zuzulassen, weil Schmutzwässer nachweisbar zu Düngezwecken benötigt werden. Andererseits geht aber aus der allgemeinen Formulierung des § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988, wonach entscheidend ist, ob die anfallenden Schmutzwässer in einer den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Weise abgeleitet oder sonst entsorgt werden können, auch nicht hervor, daß im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände die Aufbringung häuslicher Abwässer nicht doch als schadlos angesehen werden kann. Die Ansicht der belangten Behörde, wonach häusliche Abwässer Tenside und Haushaltschemikalien enthalten und eine Gefährdung von Grund und Boden bewirken können, trifft im allgemeinen zu. Maßgeblich sind aber die konkreten Umstände des Falles (siehe dazu das bereits genannte hg. Erkenntnis Zl. 91/06/0230, oder auch das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1994, Zl. 91/06/0117).
Dem angefochtenen Bescheid zufolge sind die Beschwerdeführer der Stellungnahme der Fachabteilung Ia unter anderem mit dem Argument entgegengetreten, die Annahmen seien unzutreffend, weil sie im WC aus Rücksicht auf die Umwelt keine Reinigungsmittel verwenden würden. (Sollten die Ausführungen der Gegenschrift der mitbeteiligten Gemeinde dahin zu verstehen seien, die entsprechenden Behauptungen in der Beschwerde seien unzulässige Neuerungen, wäre diese Auffassung aktenwidrig.) Es mag schon sein, daß, wie die Fachabteilung Ia ausführte, auch in Fäkalabwässern im allgemeinen solche Zusätze enthalten sind, die für Düngezwecke nicht geeignet sind. Maßgeblich sind aber nicht allgemeine Erwägungen und Erfahrungen, sondern, wie gesagt, die konkreten Umstände des Falles. Mangels Vorliegens dieser Stellungnahme der Beschwerdeführer und daher mangels Kenntnis des näheren Vorbringens kann demnach die von ihnen der Sache nach aufgestellte Behauptung, diese Fäkalabwässer seien "schadlos", und ihre Schlußfolgerung, sie könnten daher durch Einleitung in die Güllegrube und anschließender Aufbringung zu Dungzwecken schadlos entsorgt werden, nicht ausgeschlossen werden.
Nach der - nicht ganz klaren - Begründung des angefochtenen Bescheides muß davon ausgegangen werden, daß die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Kanalanschlußverpflichtung gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes schon deshalb verneinte, weil die Beschwerdeführer eine schadlose Entsorgung der Fäkalabwässer nicht nachgewiesen hätten; die diesbezügliche Eignung der Pflanzenkläranlage ließ die belangte Behörde nämlich ebenso dahingestellt, wie die Frage, ob diese Anlage nach dem Wasserrechtsgesetz bewilligungspflichtig ist oder nicht. Der Satz in der Begründung des angefochtenen Bescheides, "ob die gegenständliche Pflanzenkläranlage tatsächlich bewilligungsfrei ist, müßte jedoch nach dem Wasserrechtsgesetz beurteilt werden, da, wie oben dargelegt, dieses Verfahren ausschließlich die Kanalanschlußpflicht betrifft", ist aber nicht ganz klar, jedenfalls mißverständlich: Die Frage nämlich, ob die vorliegende Anlage einer wasserrechtlichen Bewilligung bedarf, ist im gegenständlichen Verfahren von der Baubehörde als Vorfrage zu prüfen, weil Voraussetzung für die angestrebte Ausnahmebewilligung nicht nur eine tatsächlich vorhandene, sondern auch wasserrechtlich zulässige schadlose Entsorgung ist (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1994, Zl. 93/07/0131). Die belangte Behörde führte in ihrer Gegenschrift in diesem Zusammenhang aus (zur Frage, ob die Pflanzenkläranlage wasserrechtlich bewilligungspflichtig ist oder nicht), daß als Nachweis gemäß § 4 Abs. 5 Kanalgesetz eine tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung bereits im Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde vorliegen müsse. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung obliege dem Ausnahmewerber. Dieser Nachweis werde in der Regel der wasserrechtliche Bescheid sein, doch sei im Falle eines nach dem Wasserrecht bewilligungsfreien Vorhabens "ein Nachweis eines Ziviltechnikers etc." erforderlich. Auch ein solcher Nachweis sei, wie sich aus dem gesamten Akt ergebe, nicht in ausreichendem Maße vorgelegt worden, weil sich sämtliche Ausführungen ausschließlich auf die Pflanzenkläranlage und die dort gereinigten sonstigen häuslichen Abwässer beziehe. Auch diese Ausführungen sind unklar: Die Frage nämlich, ob eine Anlage nach dem Wasserrechtsgesetz bewilligungspflichtig ist oder nicht, ist nicht eine Tatfrage (die allenfalls auch durch Vorlage eines Gutachtens - "Nachweis" - eines Ziviltechnikers bewiesen werden könnte), sondern vielmehr eine Rechtsfrage, die die Behörde - und nicht der Sachverständige - aufgrund des im Einzelfall gegebenen Sachverhaltes zu lösen hat.
Soweit aber die Ausführungen in dieser Gegenschrift (aber auch in der Gegenschrift der mitbeteiligten Gemeinde) im Zusammenhang mit der Nachweispflicht dahin gehen, es wäre Sache der Beschwerdeführer gewesen, ihre (tatsächlichen) Behauptungen durch entsprechende Gutachten zu untermauern, weil die von ihnen vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten, ist darauf zu verweisen, daß die Beschwerdeführer unvertreten waren, es daher gemäß § 13 a AVG Sache der jeweiligen Behörden gewesen wäre, sie diesbezüglich zu belehren (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1994, Zl. 91/06/0117). Daß dies geschehen wäre, läßt sich den Verwaltungsakten nicht entnehmen.
Zusammenfassend ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid in einem wesentlichen Bereich einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht (ausreichend) zugänglich ist, weshalb er (schon deshalb) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführer einzugehen gewesen wäre. Sollte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren ihr Ermittlungsverfahren ergänzen und auf die Stellungnahme der Fachabteilung Ia zurückgreifen wollen, wäre zweckmäßigerweise eine ergänzende Äußerung zum Vorbringen der Beschwerdeführer in ihrer Erwiderung auf die Stellungnahme vom 27. Juni 1996 zu veranlassen (eine von den Beschwerdeführern mit der Beschwerde vorgelegte Beilage zielt im übrigen darauf ab, aufzeigen zu wollen, daß Arzneimittelrückständen in menschlichen Fäkalien vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles keine entscheidende Bedeutung zukäme).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Schriftsatzaufwand nur einmal (und nicht mehrfach, das heißt nicht für jeden Schriftsatz gesondert) gebührt.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996060259.X00Im RIS seit
12.11.2001