TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/24 W182 2236956-1

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Entscheidungsdatum

24.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs4
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W182 2236956-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen die Spruchpunkte II. – VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2020, Zl. 1269573800/200969497, gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und III. des bekämpften Bescheides wird gemäß §§ 10 Abs. 2 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I. Nr. 87/2012 idgF, §§ 52 Abs. 1 Z 1, 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt VI. des bekämpften Bescheides wird gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkt zu lauten hat:

„Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Abs. 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.“

III. Im Übrigen werden die Spruchpunkte IV. und V. des bekämpften Bescheides ersatzlos behoben. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 1 und 2 FPG idgF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger der Volksrepublik China, wurde im Bundesgebiet am XXXX anlässlich einer Wohnungskontrolle im Rahmen einer polizeilichen Schwerpunktstreife, in deren Folge er sich mangels Personaldokumente nicht legitimieren konnte, gemäß § 40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt.

In einer Einvernahme durch einen Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am XXXX brachte der BF im Wesentlichen vor, dass er etwa im Oktober 2013 von China nach Österreich gekommen sei. Er habe in China Geldschulden bei Privatpersonen. Er werde dort aber weder strafrechtlich, noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Er habe seinen Aufenthalt in Österreich durch „Renovierungsarbeiten bei chinesischen Landsleuten“ finanziert und Geld nach China geschickt, um seine Schulden abzubezahlen. Etwa 20.000,- € seien noch offen. Seit Mitte September 2020 habe er keine Arbeiten mehr verrichtet und verfüge derzeit lediglich über 120,- €. Weder in Österreich noch in einem anderen EU-Land würden sich Familienangehörige oder Verwandte des BF aufhalten. Er sei geschieden und habe keine Lebensgefährtin. In China halte sich sein XXXX jähriger Sohn auf, mit dem er im regelmäßigen Kontakt stehe. Er habe in China fünf Jahre die Schule besucht und sei vor seiner Ausreise als Bauarbeiter tätig gewesen. Eine Berufsausbildung habe er nicht. Er verfüge über keine Deutschkenntnisse. Der BF konnte keine Personaldokumente vorlegen.

Der BF wurde am 08.10.2020 aus dem Polizeianhaltezentrum entlassen.

2. Mit dem im Spruch genannten, angefochtenen Bescheid vom 13.10.2020 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Absatz 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 55 Absatz 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Dazu wurde im Wesentlichen festgestellt, dass die Identität des BF, der chinesischer Staatsangehöriger sei, nicht feststehe. Er sei illegal in das Bundesgebiet eingereist, hier untergetaucht und habe gegen das Meldegesetz verstoßen. Er halte sich zumindest seit 2020 illegal im Bundesgebiet auf. Er habe angegeben, seinen Unterhalt bis dato durch Arbeit finanziert zu haben, obwohl er nicht berechtigt sei, im Bundesgebiet einer legalen Arbeit nachzugehen. Es haben keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet festgestellt werden können. Es haben keine Integrationsschritte, Bindungen oder Abhängigkeiten festgestellt werden können. Der BF habe seinen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht genutzt, um sich zu integrieren. Es bestehen keine Abhängigkeitsverhältnisse zu Personen in Österreich. Der BF sei der deutschen Sprache nicht mächtig. Er sei im Bundesgebiet nicht straffällig geworden. Er sei eine mittellose Person und nicht dazu in der Lage, die Mittel für seinen Lebensunterhalt nachzuweisen. Die Behörde müsse davon ausgehen, dass er sich weiterhin seinen Aufenthalt durch illegale Einnahmequellen finanziere. Er leide an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen ergebe sich eine Gefährdung des BF im Hinblick auf Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Zusatzprotokoll Nr. 6 oder 13 EMRK in der VR China.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass sich die Feststellungen aus dem Akteninhalt bzw. der Einvernahme des BF ergeben.

Das Einreisverbot und dessen Höhe wurden im Wesentlichen damit begründet, dass der BF nicht in der Lage sei, die Mittel zur Finanzierung seines Unterhaltes nachzuweisen und sohin als mittellos anzusehen sei. Er habe keine Möglichkeit einer legalen Arbeit nachzugehen. Er verschleiere zudem seine Identität. Er sei bis dato nicht in der Lage gewesen, ein Personendokument vorzulegen. Er habe sich zudem unter Umgehung des Meldegesetzes im Verborgenen aufgehalten und im Zuge der Einvernahme zugegeben, seinen Unterhalt durch unerlaubte Erwerbstätigkeit finanziert zu haben. Durch sein Verhalten gefährden er die öffentliche Ordnung und Sicherheit und insbesondere das wirtschaftliche Wohl bzw. die österreichische Wirtschaft. Dieser Gefahr könne durch die Behörde nur mit einem Einreiseverbot in Höhe von drei Jahren begegnet werden, wobei das Ausmaß des Familienlebens- und Privatlebens des BF im Bundesgebiet bei der Bemessung des Einreiseverbots berücksichtigt worden sei.

Weiters wurde zu Spruchpunkt IV. begründend ausgeführt, dass die sofortige Ausreise des BF aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich sei, um zu verhindern, dass er seinen weiteren Verbleib im Bundesgebiet durch unrechtmäßige Einnahmequellen finanziere.

Mit Verfahrensanordnung vom 13.10.2020 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

3. Gegen den Bescheid wurde im Umfang der Spruchpunkte II. bis VI. binnen offener Frist Beschwerde erhoben. In der Beschwerdeschrift wurden die oben unter Punkt I.2. zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid nicht bestritten. In den begründenden Ausführungen richtet sich die Beschwerde erkennbar nur gegen das Einreiseverbot, dessen Höhe sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und die Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise. Zum Einreisverbot wurde im Wesentlichen bemängelt, dass ungeachtet des Vorliegens der formellen Tatbestandsvoraussetzungen das Bundesamt verpflichtet gewesen wäre, im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose das Gesamtverhalten des BF in Betracht zu ziehen. Dazu habe die Behörde lediglich auf das Privat- und Familienleben des BF, den Umstand, dass er in keiner Weise integriert sei und keine Möglichkeit habe, sich sein Leben hier zu finanzieren, Bedacht genommen. Dabei handle es sich aber lediglich um eine weitere Umschreibung des Tatbildes von § 53 Abs. 2 Z 6 FPG. Die Behörde habe dabei auch nicht berücksichtigt, dass kein weiteres Tatbild des § 53 FPG im Fall des BF erfüllt sei. Aus dem Verhalten des BF lassen sich in Zusammenschau mit seiner Unbescholtenheit keine Umstände ableiten, die eine Verhängung des Einreiseverbotes in der Höhe von drei Jahren rechtfertigen würde. Die belangte Behörde habe den ihr zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum überschritten. Das Verhalten des BF stelle zudem kein solches Verhalten dar, das dessen sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebiete. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus dem Urteil des EuGH vom 11.06.2015, Rs Zh. und O., Zl. C-554/13, in dem der Gerichtshof zur Auslegung des Begriffes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit festgehalten habe, dass die bloße Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung für sich genommen nicht geeignet sei, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung zu begründen. Im Größenschluss sei im gegenständlichen Fall umso weniger anzunehmen, dass Gründe vorliegen, die die sofortige Ausreise des BF iSd Art. 7 Abs. 4 der Rückführungsrichtlinie erforderlich gemacht hätten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Volksrepublik China und wurde XXXX anlässlich einer Wohnungskontrolle im Rahmen einer polizeilichen Schwerpunktstreife als illegal aufhältige Person im Bundesgebiet betreten. Die Identität des BF kann mangels Personaldokumenten nicht festgestellt werden.

Der BF war nie im Bundesgebiet gemeldet und hält sich laut eigenen Angaben seit etwa Oktober 2013 illegal im Bundesgebiet auf. Er hat laut eigenen Angaben seinen Aufenthalt bis Mitte September 2020 durch illegale Erwerbstätigkeit finanziert. Er ist nicht in der Lage, Mittel für seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet nachzuweisen.

Weder in Österreich noch im Gebiet der Mitgliedstaaten halten sich Familienangehörige oder Verwandte des BF auf. Er ist geschieden und lebt auch in keiner Lebensgemeinschaft.

Im Herkunftsland hält sich zumindest der erwachsene Sohn des BF auf.

Der BF verfügt über Schulbildung sowie Berufspraxis als Bauarbeiter im Herkunftsland. Er leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und ist arbeitsfähig. Der BF konnte keine Deutschkenntnisse nachweisen. Er ist unbescholten.

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der BF bei einer Rückkehr ins Herkunftsland konkret Gefahr liefe, in seinem Herkunftsstaat aktuell der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Im Übrigen wird der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrundgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen zur Person bzw. den persönlichen-familiären Verhältnisse des BF, zu seinem Aufenthaltsstatus sowie zu seiner illegalen Erwerbstätigkeit ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes, insbesondere aus dem Einvernahmeprotokoll vom XXXX . Die Feststellungen zur Nichtregistrierung im Bundesgebiet sowie zur Unbescholtenheit ergeben sich aus einer entsprechenden Anfrage beim Zentralen Melderegister sowie einer Strafregisterauskunft zum Stichtag.

Zur Situation im Herkunftsland wird unter Zugrundelegung der zutreffenden Ausführungen im bekämpften Bescheid des Bundesamtes und des notorischen Kenntnisstandes des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. dazu etwa BVwG 22.09.2020, Zl. W182 1240775-3/9E, Punkte II.1.2. und II.2.2.) davon ausgegangen, dass aufgrund der allgemeinen Verhältnisse im Herkunftsland keine Anhaltspunkte vorliegen, dass der BF bei einer Rückkehr der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen wäre. Auch sonst wurde vom BF im erstinstanzlichen Verfahren und in der Beschwerdeschrift eine derartige Gefährdung nicht behauptet und die diesbezügliche Einschätzung des Bundesamtes nicht bestritten.

Die getroffenen Feststellungen decken sich im Wesentlichen mit jenen des Bundesamtes im bekämpften Bescheid. Hierbei ist insbesondere festzuhalten, dass die im bekämpften Bescheid getroffenen und unter Punkt I.2. zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen in der Beschwerde inhaltlich nicht bestritten wurden, weshalb auch sonst kein Grund besteht, diese in Zweifel zu ziehen. Die Beschwerdeschrift enthält auf Sachverhaltsebene auch kein neues oder ergänzendes Vorbringen. Zudem wurden auch keine Mängel hinsichtlich des von der Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens geltend gemacht.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

Zu Spruchteil A):

2. Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides

2.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden (§ 10 Abs. 2 AsylG 2005). Gemäß § 52. Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt.

In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen neben den zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienleben bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Als Kriterien hiefür kommen in einer Gesamtbetrachtung etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Intensität und die Dauer des Zusammenlebens bzw. die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Sich bei der Prüfung allein auf das Kriterium der Abhängigkeit zu beschränken, greift jedenfalls zu kurz (vgl. VwGH vom 26.1.2006, Zl. 2002/20/0423).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung grundsätzlich keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zukommt (vgl. dazu VwGH 30.07.2015, Zl. 2014/22/0055; VwGH 23.06.2015, Zl. 2015/22/0026; VwGH 10.11.2010, Zl. 2008/22/0777, VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Bei einem über zehnjährigen inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001; VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303; VwGH 16.12.2014, Zl. 2012/22/0169; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0270; VwGH 10.12.2013, Zl. 2013/22/0242).

Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017).

Nach ständiger Rechtssprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu (vgl. dazu etwa VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

2.2. Der BF hat sich laut eigenen Angaben seit Ende 2013 – also selbst bei Zutreffen noch deutlich unter zehn Jahre - im Bundesgebiet aufgehalten. Der BF konnte für die ganze von ihm behauptete Aufenthaltsdauer wie auch aktuell keinen Aufenthaltstitel nachweisen. Er war auch nie im Bundesgebiet gemeldet. Er hat auch weder familiäre noch sonst besonders schützenswerten soziale Kontakte in Österreich geltend gemacht. Er konnte auch keine Deutschkenntnisse oder Zeiten einer legalen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit nachweisen. Hinzu kommt erschwerend, dass er im Bundesgebiet Einkünfte aus illegalen Erwerbstätigkeiten bezogen hat. Anhaltspunkte für gemeinnützige Aktivitäten des BF fehlen. Er ist unbescholten.

Der sprachliche und kulturelle Bezug zum Herkunftsland, wo sich auch zumindest sein erwachsener Sohn aufhält, überwiegt deutlich.

Eine von Art. 8 EMRK geschützte "Aufenthaltsverfestigung" konnte sohin unter den gegebenen Umständen nicht angenommen werden (vgl. etwa VwGH 05.06.2019, Zl. Ra 2019/18/0078; VwGH 30.06.2016, Zl. 2016/21/0076; VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des BF am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, zu geben ist.

2.3. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005). Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Wie bereits unter Punkt II.2. ausgeführt, konnten keine Gründe erkannt werden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat ist gegeben.

3. Beschwerde gegen Spruchpunkte VI. des angefochtenen Bescheides

3.1. Das Bundesamt stützte die Entscheidung über das Einreiseverbot in der rechtlichen Begründung des bekämpften Bescheides auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG.

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG idgF kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige etwa (Z 6) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Hinsichtlich des Tatbestandes der Mittellosigkeit nach § 53 Abs 2 Z 6 FPG 2005 hat ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12). Die Zurverfügungstellung der notwendigen Unterhaltsmittel im Sinne des § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 kann auch durch Dritte erfolgen, allerdings muss der Fremde einen Rechtsanspruch auf diese Leistungen haben (vgl. VwGH 09.07.2020, Ra 2020/21/0257).

3.2. Unter Zugrundelegung der Feststellungen steht zweifelsfrei fest, dass der BF nicht in der Lage war, nachzuweisen, dass er über Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts im Bundesgebiet verfügt, die aus legalen Quellen stammen. Dies wurde in der Beschwerde auch nicht bestritten.

Hierbei ist der Vollständigkeit halber klarzustellen, dass die Aufzählung des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 FPG bloß demonstrativ (arg "insbesondere") ist. Es können daher auch nicht explizit aufgezählte Umstände ein Einreiseverbot rechtfertigen, solange diese mit den im Gesetz aufgezählten von ihrer Interessenslage her vergleichbar sind.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230). Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes ist von der Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 anzunehmen (VwGH 16.11.2012, Zl 2012/21/0080).

Hinsichtlich des bisherigen Verhaltens der BF ist jedenfalls zusätzlich zu berücksichtigen, dass dieser sich bis Mitte September 2020 laut eigenen Angaben über illegale Erwerbstätigkeiten tatsächlich finanziert hat, wenngleich er dabei auch niemals betreten wurde. Somit hat sich im Fall des BF die Gefahr, die aus der Mittellosigkeit resultiert, nämlich sich die Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen zu beschaffen, auch bereits verwirklicht. Hinzu kommt, dass der BF, den sein illegaler Aufenthalt laut eigenen Angaben bewusst war, es unterlassen hat, sich in Österreich zu melden. Auch dieses missbräuchliche Verhalten ist hinsichtlich der Gefährlichkeitsprognose zusätzlich zu berücksichtigen.

Angesichts der Mittellosigkeit und seines bisherigen Verhaltens ist sohin jedenfalls auch für die Zukunft davon auszugehen, dass der BF in Österreich Erwerbstätigkeiten ausüben wird, die er legal nicht ausüben dürfte. Der BF stellt sohin insbesondere eine Gefahr für den Schutz des heimischen Arbeitsmarktes sowie für die Verhinderung von volkswirtschaftlichen Schäden dar. Aufgrund des anzunehmenden künftigen Fehlverhaltens kommt eine Behebung des befristeten Einreiseverbotes nicht in Betracht und musste auch eine Zukunftsprognose negativ ausfallen bzw. auch für die Zukunft davon ausgegangen werden, dass der BF wieder im Bundesgebiet Erwerbstätigkeiten ausüben würde, die er aus Arbeitsmarktschutzgründen nicht ausüben dürfte, oder eine Gebietskörperschaft finanziell belasten würde. Somit geht aber vom BF nach wie vor eine Gefahr für die öffentliche Ordnung bzw. eine Beeinträchtigung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interesses am wirtschaftlichen Wohl des Landes aus.

Der BF verfügt über keine familiären oder sonstigen Bindungen zu Verwandten in Österreich oder im EU-Raum. Seine Familienangehörigen halten sich in China auf, wobei er selbst geschieden ist. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind gleichfalls nicht erkennbar. Der BF konnte sohin auch keine besonderen konkreten Umstände der privaten Lebenssituation dartun, in die durch das Einreiseverbot schwerwiegend eingegriffen würde. Wenn die belangte Behörde daher zum Ergebnis gelangte, dass von einem maßgeblichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF in Österreich durch das Einreiseverbot nicht ausgegangen werden könne, erweist sich dies somit nicht als rechtswidrig.

Folglich war die Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot dem Grund nach abzuweisen.

3.3. Was nunmehr die vom Bundesamt verhängte Dauer des Einreiseverbots betrifft, wurde diese im Spruch mit drei Jahren festgesetzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 24.05.2016, Ra 2015/21/0187). Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes - hat regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige bloß einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 leg. cit. erfüllt (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).

Das gegen den BF verhängte Einreiseverbot wurde allein auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG gestützt. Da ihm jedoch von der belangten Behörde kein weiterer in § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG geregelter Tatbestand angelastet wurde, erweist sich die Dauer des Einreiseverbots von drei Jahren, welche eine Ausschöpfung von deutlich über der Hälfte des zustehenden Ermessens bedeute als noch zu lange, zumal er strafrechtlich unbescholten ist, bisher auch wegen keiner Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft wurde oder bei einer gegen das AuslBG verstoßenden Beschäftigung betreten wurde. Es bliebe in anderen, gravierenderen Fällen kein angemessener Spielraum mehr nach oben offen. Angesichts dessen, dass sich beim BF, der sich illegal und unangemeldet im Bundesgebiet aufgehalten hat, jedoch auch die aus der Mittellosigkeit eines Fremden abzuleitende Gefahr der Ausübung einer illegalen Erwerbstätigkeit laut eigenen Angaben tatsächlich realisiert hat, erscheint aber auch die Verhängung eines kurzfristigen Einreiseverbotes nicht mehr angemessen. Hierbei ist aber auch darauf Bedacht zu nehmen, dass der BF keinen unbegründeten Asylantrag eingebracht und/oder staatliche Leistungen bezogen hat. Sohin erscheint in Summe eine Herabsetzung des Einreiseverbots auf zwei Jahre in der vorliegenden Konstellation vorerst als ausreichend (vgl. dazu im Vergleich etwa VwGH 27.08.2020, Zl. Ra 2020/21/0284, VwGH 05.05.2020, Zl. Ra 2019/19/0528; VwGH 14.11.2017, Zl. Ra 2017/21/0197, zuletzt auch VwGH 25.09.2020, Zl. Ra 2020/19/0132).

4. Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist auszuführen, dass das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung abzuerkennen hat, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Der EuGH ging in seiner Entscheidung vom vom 11.06.2015, Rs. Zh. und O., Zl. C-554/13, von der Feststellung aus, dass der Begriff Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, wie er in Art. 7 Abs. 4 der der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) vorgesehen ist, jedenfalls voraussetzt, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dabei wurde klargestellt, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger verdächtigt wird, eine nach nationalem Recht strafbare Handlung begangen zu haben, oder wegen einer solchen Tat strafrechtlich verurteilt wurde, allein nicht rechtfertigen kann, dass dieser Drittstaatsangehörige als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115 anzusehen ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Verweiskette EuGH 17.11.2011, Rs. Gaydarov, Zl. C-430/10, Rn. 33; EuGH 10.07.2008, Rs. Jipa, Zl. C-33/07, Rn. 23; EuGH 28.10.1975, Rs. Rutili, Zl. 26/75, Rn. 28).

Eine im Sinne dieser Judikatur tatsächliche und hinreichend schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit konnte hinsichtlich des BF, der bisher weder gerichtlich verurteilt noch rechtskräftig bestraft wurde, selbst unter Mitberücksichtigung seines bisherigen Gesamtverhaltens noch nicht erkannt werden. Die vom Bundesamt auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG gestützte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erweist sich daher in der vorliegenden Konstellation als verfehlt. Zudem liegen aber auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass hinsichtlich des BF, der sich weder in Schubhaft befindet noch für ihn bisher ein Heimreisezertifikat vorliegt, eine zeitnahe Abschiebemöglichkeit zu erwarten ist.

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht für die Fälle einer zurückverweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Laut § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen (zu den beachtlichen Kriterien vgl. etwa VwGH

28.05.2014, Zl. 2014/20/0017).

In der Beschwerde wurde kein Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues Tatsachenvorbringen und wurden auch die Sachverhaltsfeststellungen des Bundesamtes im bekämpften Bescheid gänzlich nicht bestritten. Auch sonst hat sich kein Hinweis ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem BF im Rahmen einer Verhandlung zu erörtern (vgl. dazu auch VwGH 25.10.2018, Zl. Ra 2018/20/0318 Rn. 15 - 16). Somit ist diesbezüglich der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Ausreise Behebung der Entscheidung Dauer Einreiseverbot ersatzlose Teilbehebung Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährlichkeitsprognose Herabsetzung illegale Beschäftigung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliches Interesse Rückkehrentscheidung Spruchpunktbehebung Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W182.2236956.1.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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