Index
KFGNorm
KFG 1967 §103 Abs2 idF 1986/106Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kundegraber, über die Beschwerde des Dr. RI in F, vertreten durch Dr. Herbert Neuhauser, Rechtsanwalt in Wien I, Schubertring 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 10. Juli 1986, Zl. Ib-292-25/1985, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 10. Juli 1986 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkws der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch „nicht binnen zwei Wochen nach schriftlicher Aufforderung“ Auskunft darüber erteilt habe, wer am 24. Dezember 1985 um 11.04 Uhr auf der S 16, Höhe km 41,6, Dalaasertunnel, den genannten Pkw in Fahrtrichtung Bludenz gelenkt habe, und er auch keine Person benannt habe, die diese Auskunft erteilen könnte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides bezieht sich die vom Beschwerdeführer unbestrittenermaßen verweigerte Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 auf ein diesbezügliches Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 20. März 1986, welches ihm der Aktenlage nach am 24. März 1986 zugestellt wurde. Die belangte Behörde ist daher mit Recht von der in diesem Zeitpunkt bestehenden Rechtslage insofern ausgegangen, als sie die genannte Gesetzesbestimmung bereits in der Fassung des am 21. März 1986 in Kraft getretenen 10. Kraftfahrgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 106/1986, angewendet hat. Danach kann die Behörde Auskünfte u.a. darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte hat grundsätzlich der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Dieser letzte Satz des § 103 Abs. 2 KFG 1967 stellt ausdrücklich eine Verfassungsbestimmung dar und bezieht sich auf jedwedes Recht einer Auskunftsverweigerung und daher - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch auf ein solches des Beschuldigten nach § 33 Abs. 2 VStG 1950. Dies entspricht auch dem Bericht des Verkehrsausschusses zur 10. Kraftfahrgesetz-Novelle (897 Blg. Nr. XVI, GP), in dem bei der Begründung, warum diese Bestimmung „vorsorglich“ in Verfassungsrang zu erheben wäre, auf die einzelnen „Entschlagungsrechte“, darunter auch jenes des § 33 Abs. 2 VStG 1950, Bezug genommen wird. Dazu kommt, daß die gegenständliche Lenkerauskunft nach ihrem (aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten ersichtlichen) Inhalt an den Beschwerdeführer ausschließlich in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer (entsprechend der von ihm herangezogenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. dazu u.a. das Erkenntnis vom 26. September 1985, Zl. 85/02/0199) und nicht (auch) in seiner Eigenschaft als Beschuldigter in dem bereits gegen ihn (wegen der zugrundeliegenden Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 10 a StVO 1960) anhängig gewesenen Verwaltungsstrafverfahren gerichtet war. Der Umstand, daß bereits ein solches Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet war, hinderte nicht ein solches Auskunftsverlangen.
Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - beginnend mit dem Erkenntnis vom 12. Jänner 1977, Zl. 1875/76 = Slg. Nr. 9215/A - eine Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 nur einmal bestehe und er bereits am 27. Jänner 1986 „auftrags der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch telefonisch befragt“ worden sei, wer das auf ihn zugelassene Fahrzeug „zur Tatzeit am Tatort“ gelenkt habe, so findet sich in den vorgelegten Verwaltungsstrafakten zwar ein schriftliches Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch an den Gendarmerieposten G vom 23. Jänner 1986, „den verantwortlichen Lenker auszuforschen, zu vernehmen, seine Nationale, sowie die Führerscheindaten bekanntzugeben“, und ein daran anschließender Bericht, in dem u.a. die (auch mit seiner Unterschrift versehene) Angabe des Beschwerdeführers im Rahmen der Rechtfertigung festgehalten ist, daß er „nicht der Lenker zur fraglichen Zeit“ gewesen sei, ohne daß jedoch daraus hervorgeht, daß hiebei an ihn eine (mündliche) Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergangen ist, und der Beschwerdeführer derartiges im Verwaltungsstrafverfahren behauptet hätte. Es erübrigt sich daher, auf die genannte Rechtsprechung (vgl. dazu auch das Erkenntnis vom 10. November 1982, Zl. 81/03/0231) sowie darauf, inwieweit sie allenfalls auch auf den vorliegenden Sachverhalt, bei dem der Beschwerdeführer von Anfang an die Erteilung einer Auskunft verweigert hat, angewendet werden kann, näher einzugehen.
Die belangte Behörde hat aber den angefochtenen Bescheid deshalb mit einer vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit belastet, weil sie die ihm zur Last gelegte Tat in dem (den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses übernehmenden) Spruch des angefochtenen Bescheides nicht ausreichend im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 umschrieben hat. Es fehlt nämlich die Angabe der Tatzeit, die mit dem fruchtlosen Ablauf der zur Erteilung der Lenkerauskunft gesetzten Frist begonnen hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1985, Zl. 85/18/0365). Dieser Angabe kommt nach den im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11466/A, aufgestellten Grundsätzen besondere Bedeutung zu, weil erst auf diese Weise gewährleistet ist, daß die betreffende Tat unverwechselbar feststeht; eine solche fehlende Angabe kann durch die Bescheidbegründung nicht ersetzt werden (vgl. hinsichtlich dieses Erfordernisses bei einer Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 konkret das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1982, Zl. 82/03/0018).
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Soweit Entscheidungen zitiert wurden, die nicht in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes veröffentlicht worden sind, wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Beschwerde lediglich eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides anzuschließen war.
Wien, am 11. Dezember 1986
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatzeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1986020127.X00Im RIS seit
21.01.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2021