TE Lvwg Erkenntnis 2019/3/1 VGW-001/050/12705/2018

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Veröffentlicht am 01.03.2019
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Entscheidungsdatum

01.03.2019

Index

44 Zivildienst
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ZDG §63
VStG 1991 §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Gamauf-Boigner über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwalts Kommanditpartnerschaft, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 21. August 2018, Zl. MBA ..., betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Zivildienstgesetz,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß §§ 50 iVm 29 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1
Z. 3 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

„Sie sind als Zivildienstleistender, mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur der Einrichtung C. Betriebsgesellschaft m.b.H. in Wien, D.-gasse, zugeteilt, Ihren Pflichten insofern nicht nachgekommen, als Sie den Ihnen zugewiesenen Dienst am 03.11.2017, Dienstbeginn 07:30 Uhr, ohne Angabe von Gründen ab 12:00 verlassen haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 63 des Bundesgesetzes über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986 – ZDG), BGBl. Nr. 679/1986 in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 315,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden gemäß § 63 zweiter Strafsatz (Zivildienstgesetz 1986 – ZDG)

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 31,50 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe

(mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 346,50.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“

In der dagegen erhobenen Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer, die Tat begangen zu haben und begehrt die Einstellung des Strafverfahrens, so auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2019.

Ohne die in der Beschwerde dargelegte Rechtfertigung auf ihre Glaubhaftigkeit prüfen zu müssen, erweist sich die Beschwerde aus folgenden formalen Erwägungen als berechtigt:

                                                               

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, ua die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diesem Erfordernis wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann entsprochen, wenn die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschrieben ist, dass

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragrafenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2. anlangt, muss a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Die bezogen auf das Tatbild der zur Last gelegten Übertretung maßgebliche Bestimmung des Zivildienstgesetzes lautet (mit Überschrift, auszugsweise) wie folgt:

Nichtbefolgen einer Weisung

§ 63. Wer vorsätzlich der Zuweisung zu einer Einrichtung nicht Folge leistet, den ihm zugewiesenen Dienst verlässt oder ihm fernbleibt oder sich auf die in den §§ 61 oder 62 angeführte Weise dem Zivildienst zu entziehen sucht, begeht, sofern nicht die Tatbestände der §§ 58 bis 62 vorliegen, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 1 450 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.

Bei der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Straftat handelt es sich demnach um ein sogenanntes Vorsatzdelikt.

Diesbezüglich wird vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. VwGH 11.06.2014, 2013/08/0096) folgende Rechtsauffassung vertreten:

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 erster Satz VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. In einem solchen Fall ist es nicht erforderlich, im Spruch des Strafbescheides neben der Anführung des objektiven Tatbestandes auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale (die Schuldform) zu nennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2004, Zl. 2002/07/0149). Anderes gilt nur dann, wenn der betreffende Tatbestand ein spezifisches Verschulden erfordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1992, Zl. 90/10/0039). Die Angabe der Verschuldensform wäre beispielsweise in Fällen notwendig, in denen das Gesetz ausdrücklich nur vorsätzliches Verhalten unter Strafe stellt (vgl. dazu Lewisch/Fister/Weilguni, VStG (2013) § 44a Rz 4 mwN).

Daraus folgert, dass es auch im vorliegenden Fall, wo nur das vorsätzliche Handeln strafbar ist, erforderlich gewesen wäre, dem Beschuldigten noch im behördlichen Verwaltungsstrafverfahren vorsätzliches Tathandeln im Rahmen einer rechtzeitig gesetzten Verfolgungshandlung (vgl. § 31, 32 VStG) vorzuhalten und die Verschuldensform (den Vorsatz) im Spruch des Straferkenntnisses anzuführen. Dies ist im Verfahren innerhalb der einjährigen Frist der Verfolgungsverjährung nicht erfolgt und lässt sich dieses Versäumnis im gerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht mehr sanieren und muss dies daher zur Aufhebung des Straferkenntnisses sowie zur Einstellung des Strafverfahrens führen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Zivildiener; Verlassen des Dienstes; Konkretisierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.001.050.12705.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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