Entscheidungsdatum
09.11.2020Norm
RAO §49Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, ***, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 17. September 2020, GZ ***, betreffend Befreiung von Beiträgen zur Zusatzpension für das Jahr 2020, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich in Zusammenschau mit der Beschwerde nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer ist in die Liste der Niederösterreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen und zahlt seit September 1990 freiwillig Beiträge zur Pensionsversicherung im Rahmen einer freiwilligen Weiterversicherung bei der Pensionsversicherungsanstalt.
1.2. Mit Antrag vom 10. Jänner 2020, am selben Tag bei der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich eingelangt, begehrte der Beschwerdeführer die gänzliche Befreiung von Beiträgen zur Versorgungseinrichtung Teil B für das Jahr 2020. Begründet verwies er auf seine auch für das Jahr 2020 bestehende freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung. Dem Antrag war eine Bestätigung der PVA betreffend monatliche Beiträge in der freiwilligen Weiterversicherung für das Jahr 2020 beigelegt.
1.3. Mit Bescheid vom 16. Juli 2020 wies der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, Abteilung ***, den Antrag des Beschwerdeführers ab und verwies u.a. auf eine ebenfalls den Beschwerdeführer betreffende und zur gleichen Fragestellung ergangene Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 22. Jänner 2020, Zl. LVwG-AV-79/001-2020.
1.4. Aufgrund der Vorstellung des Beschwerdeführers erging der nunmehr angefochtene, näher begründete Bescheid, mit welchem der Vorstellung nicht Folge gegeben wurde, wobei der angefochtene Bescheid den Bescheid vom 16. Juli 2020 ersetze.
1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die näher begründete Beschwerde mit dem Antrag, den Beschwerdeführer in Abänderung des Bescheides von der Verpflichtung zur Beitragsleistung zu befreien, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
2. Rechtliche Erwägungen:
2.1. In der Sache:
2.1.1. Rechtsgrundlagen:
2.1.1.1. § 17 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 100/2018, lautet auszugsweise:
„Weiterversicherung in der Pensionsversicherung(1) Personen, die
1. a)
aus der Pflichtversicherung oder der Selbstversicherung gemäß § 16a nach diesem Bundesgesetz oder aus einer nach früherer gesetzlicher Regelung ihr entsprechenden Pensions(Renten)versicherung oder aus der Pensionsversicherung für das Notariat ausgeschieden sind oder ausscheiden und die
b)
in den letzten 24 Monaten vor dem Ausscheiden mindestens zwölf oder in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden jährlich mindestens drei Versicherungsmonate in einer oder mehreren gesetzlichen Pensionsversicherungen erworben haben,
2.
aus einer Versicherung nach Z 1 lit. a einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine laufende Leistung, ausgenommen auf eine Hinterbliebenenpension, hatten,
können sich in der Pensionsversicherung weiterversichern, solange sie nicht in einer gesetzlichen Pensionsversicherung pflichtversichert sind oder einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung haben.
[…]
(7) Die Weiterversicherung beginnt, unbeschadet der Bestimmungen des § 225 Abs. 1 Z 3 mit dem Zeitpunkt, den der Versicherte wählt, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt. Dem Versicherten steht es frei, in der Folge die Monate zu bestimmen, die er durch Beitragsentrichtung als Monate der Weiterversicherung erwerben will.
(8) Die Weiterversicherung endet, außer mit dem Wegfall der Voraussetzungen,
1.
mit dem Ende des Kalendermonates, in dem der Versicherte seinen Austritt erklärt hat;
2.
wenn Beiträge für mehr als sechs aufeinanderfolgende Monate nicht entrichtet sind, mit dem Ende des letzten durch Beitragsentrichtung erworbenen Versicherungsmonates.
(9) Bei der Ermittlung der Versicherungsmonate nach Abs. 1 und 6 ist § 231 entsprechend anzuwenden. Soweit dabei Versicherungszeiten in der Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherung zu berücksichtigen sind, gilt § 119 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz, soweit dabei Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung der Bauern zu berücksichtigen sind, gilt § 105 Bauern-Sozialversicherungsgesetz.“
2.1.1.2. §§ 49 und 50 Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868 idF BGBl. I Nr. 10/2017, lauten auszugsweise:
(1) Die Rechtsanwaltskammern haben Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen für den Fall des Todes des Rechtsanwalts oder des Rechtsanwaltsanwärters entsprechend der vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag zu beschließenden Satzung (§ 36 Abs. 1 Z 6) zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Die Satzung der auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen hat – unter Wahrung bereits erworbener Rechtspositionen – vorzusehen, dass alle Leistungen aus der Versorgungseinrichtung in Abhängigkeit von der Anzahl der erworbenen Beitragsmonate festgesetzt werden, dass bei Erreichen einer bestimmten Anzahl von Beitragsmonaten (Normbeitragsmonate) der Anspruch auf eine in der Leistungsordnung betraglich festgesetzte Altersrente (Basisaltersrente) erworben wird und dass sich bei Über- oder Unterschreiten der Normbeitragsmonate die zuzuerkennende Altersrente gegenüber der Basisaltersrente erhöht oder reduziert. Die versicherungsmathematischen Grundlagen der dabei erfolgenden Festlegungen sind in regelmäßigen, einen Zeitraum von fünf Jahren nicht übersteigenden Abständen durch einen versicherungsmathematischen Sachverständigen zu überprüfen. Bei ihrer erstmaligen Festsetzung darf die Basisaltersrente die nach 35-jähriger Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach der bis dahin gültigen Leistungsordnung vorgesehene Altersrente nicht unterschreiten. Bei der Erlassung der Satzung und bei der Vornahme von Änderungen daran sind wohlerworbene Rechte zu berücksichtigen und der Vertrauensschutz zu wahren.
[…]
(2) Beitragspflichtig sind grundsätzlich alle in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer oder in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte sowie die in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter, es sei denn, dass diese wegen ihrer rechtsanwaltlichen Tätigkeit bereits auf Grund anderer Rechtsvorschriften einer Pflichtversicherung in einem Altersversicherungssystem eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft unterliegen. Zwei oder mehr Rechtsanwaltskammern können auch eine gemeinsame Versorgungseinrichtung schaffen.
[…]
(1) Jeder Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene haben bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalls Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung.
(2) […]
(3) In der Satzung der Versorgungseinrichtungen können auch über die im Abs. 2 festgelegten Grundsätze hinausgehende, für die Versorgungsberechtigten günstigere Regelungen festgesetzt werden, insbesondere günstigere Wartezeiten; bei der Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung kann auf das Erfordernis der Wartezeit ganz verzichtet werden. Die Satzung kann auch vorsehen, daß ehemalige Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene bei Weiterentrichtung von Beiträgen in die Versorgungseinrichtung, bei deren Höhe der Entfall der Erbringung von Verfahrenshilfeleistungen zu berücksichtigen ist, anspruchsberechtigt bleiben. Zusätzlich zu den auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen können in der Satzung auch nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtungen geschaffen werden, bei denen die Versorgungsansprüche ausschließlich nach den eingezahlten Beträgen, den Prämien und den Veranlagungsergebnissen berechnet werden, auf das Erfordernis der Wartezeit ganz verzichtet werden kann und der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft keine Anspruchsvoraussetzung ist. Besteht eine solche nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtung, so sind die Kapital- und die Unverfallbarkeitsbeträge, die insbesondere aus einer Pensionskasse, einer Gruppenrentenversicherung, einer Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung einer Kammer der selbständig Erwerbstätigen oder von einem früheren Arbeitgeber oder Dienstgeber übertragen werden, den eingezahlten Beträgen gleichgestellt. Die Vermögen der auf dem Umlage- und dem Kapitaldeckungssystem beruhenden Versorgungseinrichtungen bilden jeweils zweckgebundene, getrennt zu verwahrende und zu verwaltende Sondervermögen.
[…]“
2.1.1.3. Hinsichtlich der Befreiung von den Beiträgen zur Zusatzpension legte § 12 Abs. 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich Teil B: Zusatzpension in der Fassung des Beschlusses der Plenarversammlung vom 8. Oktober 2015 (in der Folge: Satzung) Folgendes fest:
„(6) Der Rechtsanwalt, der nachweist, dass er Beiträge zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge im In- oder Ausland leistet, in die er aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird, oder Leistungen aus einer solchen Altersvorsorge bezieht, ist auf Antrag von Beiträgen zur Zusatzpension zu befreien. Ein entsprechender Antrag ist jeweils bis 31. Jänner eines jeden Kalenderjahres, im Falle der Eintragung binnen sechs Wochen ab dem Tage der Eintragung, unter Vorlage des letzten Kontoauszuges der Versicherungsanstalt der gesetzlichen Altersvorsorge zu stellen.“
2.1.1.4. § 9 der am 30. November 2017 kundgemachten Verordnung der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages über die Versorgungseinrichtungen Teil B der österreichischen Rechtsanwaltskammern (in der Folge: Satzung Teil B 2018) lautet:
„Beitragsbefreiung
§ 9. (1) Versicherte, die verpflichtend einer gesetzlich geregelten Altersvorsorgeeinrichtung im In- oder Ausland angehören, können auf Antrag für jeweils ein Kalenderjahr von der Beitragspflicht befreit werden.
(2) Der Antrag ist innerhalb von zwei Monaten ab dem Tag der Eintragung zu stellen. Für die folgenden Kalenderjahre ist spätestens bis zum 31. Jänner des Folgejahrs ein Antrag zu stellen. Dem Antrag ist als Nachweis eine aktuelle Versicherungsbestätigung der gesetzlich geregelten Altersvorsorgeeinrichtung beizulegen.“
2.1.2. Der vorliegende Fall gleicht jenen, ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden und mit Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2019, LVwG-AV-971/001-2018, ebenfalls vom 27. Mai 2019, LVwG-AV-1025/001-2018, sowie vom 22. Jänner 2020, LVwG-AV-1025/001-2018, entschiedenen Rechtssachen.
2.1.3. Zur „Vorgängerbestimmung“ des § 12 Abs. 6 der Satzung wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. April 2015, Ro 2015/03/0015, auszugsweise Folgendes festgehalten:
„2.2. Der Revisionswerber ist zusammengefasst der Meinung, eine Befreiung nach § 12 Abs 6 der Satzung gelte auch für jene Fälle, in denen eine freiwillige Weiterversicherung im Sinne des § 17 ASVG besteht.
Er habe unbestrittenermaßen seit Jahren und auch im Beitragsjahr 2014 Beiträge im Rahmen der freiwilligen Weiterversicherung, die ihre Grundlage in der gesetzlichen Bestimmung des § 17 ASVG finde, geleistet. Mit der sogenannten freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung werde ein gesetzlich geregeltes Pensionsversicherungsverhältnis zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge bei der Pensionsversicherungsanstalt eingegangen. Der Entscheidungsfreiheit des Revisionswerbers obliege bei der freiwilligen Weiterversicherung nur die Frage, ob er eine pensionsrechtliche Weiterversicherung im Sinne des § 17 ASVG in Anspruch nehmen wolle. Die Fragen der Beitragspflicht des Revisionswerbers und der Leistungspflicht des gesetzlichen Pensionsversicherungsträgers seien gesetzlich geregelt und würden nicht deren Belieben oder deren Vereinbarung unterliegen.
2.3. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden:
§ 17 ASVG legt die Voraussetzungen fest, unter denen eine Weiterversicherung in der Pensionsversicherung möglich ist. Wie sich aus § 17 Abs 7 ASVG (arg "... Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt") ergibt, herrscht im Bereich der freiwilligen Weiterversicherung ebenso wie in vielen anderen Bereichen des Sozialversicherungsrechtes das Antragsprinzip (vgl das hg Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl 2001/08/0077). Die freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung ist in die Dispositionsbefugnis der Versicherten gestellt, wobei der Inhalt der Rechte und Pflichten aus dieser Versicherung durch die Gesetze in der jeweils geltenden Fassung bestimmt wird und jeder Verfügungsgewalt der Versicherungsträger und der Versicherten entzogen ist (vgl das Urteil des OGH vom 23. Jänner 1969, 2 Ob 389/68, mwH). Nach § 17 Abs 7 ASVG beginnt die Weiterversicherung, unbeschadet der Bestimmungen des § 225 Abs 1 Z 3 ASVG, mit dem Zeitpunkt, den der Versicherte wählt, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt. Dem Versicherten steht es frei, in der Folge die Monate zu bestimmen, die er durch Beitragsentrichtung als Monate der Weiterversicherung erwerben will (vgl das hg Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl 2011/08/0012). Weiters kann der Versicherte auch entscheiden, wann die Weiterversicherung enden soll (§ 17 Abs 8 Z 1 ASVG).
Vor diesem Hintergrund kann dem Revisionswerber nicht darin gefolgt werden, dass es sich bei einer freiwilligen Weiterversicherung im Sinne des § 17 ASVG um eine Altersvorsorge im Sinne des § 12 Abs 6 der Satzung handle. Schon die Formulierung des § 12 Abs 6 der Satzung, wonach der Rechtsanwalt in eine gesetzliche Altersvorsorge "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird", lässt erkennen, dass dieser Befreiungstatbestand eine Einbeziehung in die Altersvorsorge voraussetzt, die unabhängig von einer Willenserklärung des Versicherten von Gesetzes wegen erfolgt. Durch die freiwillige Weiterversicherung wird der Revisionswerber aber nicht "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen" einbezogen, vielmehr erfolgt die Einbeziehung aufgrund eines Antrages, auch wenn der Inhalt der Versicherung in der Folge durch das Gesetz bestimmt wird. Damit hängt die Einbeziehung von der freiwilligen Erklärung des Revisionswerbers ab.
2.4. Die Rechtsanwaltskammern - als berufliche Selbstverwaltungskörper, für die das Element der Pflichtmitgliedschaft aller Angehöriger dieser Berufsgruppe wesentlich ist - sind verpflichtet, eine Versorgungseinrichtung für alle ihre Mitglieder zu schaffen (vgl das hg Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl 2002/06/0215). Die Rechtsanwaltskammern haben demnach gemäß § 49 Abs 1 RAO Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter unter anderem für den Fall des Alters mit einer zu beschließenden Satzung zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Gemäß § 50 Abs 3 RAO können zusätzlich zu den auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen in den Satzungen auch nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtungen geschaffen werden. Die von den Rechtsanwaltskammern zu schaffenden Versorgungseinrichtungen sind für sämtliche Mitglieder der Rechtsanwaltskammern zu schaffen (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Juni 2009, Zl 2007/06/0292). Der Gesetzgeber sieht hierbei keine Möglichkeit für Rechtsanwälte vor, auf Leistungen der Versorgungseinrichtung zu verzichten (vgl erneut das hg Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl 2002/06/0215). Der Verwaltungsgerichtshof hegt darüber hinaus keine Bedenken für den Fall, dass eine private Vorsorge des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit einer beantragten Beitragsbefreiung nicht berücksichtigt wird (vgl die hg Erkenntnisse vom 23. Juni 2009, Zl 2007/06/0292, und vom 25. April 2001, Zl 99/10/0241). Die Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammern sind somit derart ausgestaltet, dass grundsätzlich sämtliche Kammermitglieder einbezogen werden und eine Einbeziehung nicht in jedem Fall von einer Entscheidung des einzelnen Kammermitgliedes abhängen soll.
Das (nicht näher begründete) Vorbringen des Revisionswerbers, wonach keine Ermächtigung der Kammern dahingehend bestehe, eine Versorgung der Rechtsanwälte auch dann mit Satzung vorzuschreiben, wenn bereits eine gesetzliche Pensionsversicherung bestehe, ist vor diesem Hintergrund nicht geeignet, begründete Bedenken gegen die Sachlichkeit der in § 12 Abs 6 der Satzung getroffenen Regelung bzw gegen die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz zu wecken.
2.5. Der Revisionswerber bringt weiters vor, die Satzung sei im Sinne der Schließung einer Gesetzeslücke auszulegen, da es bei Eintritt in den Berufsstand der Rechtsanwälte nach vorheriger sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit keine Übertragung oder Mitnahme von Pensionsanwartschaften gäbe. ASVG-Pflichtversicherte müssten sich bei Eintritt in die Anwaltschaft nach § 17 ASVG weiterversichern, um nicht sämtliche ASVG-Anwartschaften zu verlieren.
Mit diesem Vorbringen ist für den Revisionswerber schon deshalb nichts zu gewinnen, weil es ihm auch ohne Beitragsbefreiung nach § 12 Abs 6 der Satzung unbenommen bleibt, sich weiterhin freiwillig nach § 17 ASVG weiter zu versichern und hierdurch weitere Versicherungszeiten nach dem ASVG zu erwerben. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Einbeziehung der Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwälte in das System der Wanderversicherung verfassungsrechtlich nicht geboten ist (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1987, VfSlg 11.469, sowie das hg Erkenntnis vom 6. Juli 1999, Zl 99/10/0104).
2.6. Der Verwaltungsgerichtshof hat des Weiteren bereits hinsichtlich der gleichlautenden Bestimmung des § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, Teil B: Zusatzpension, vom 9. Juni 2006, ausgesprochen, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Satzungsbestimmung bestehen (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Mai 2008, Zl 2007/06/0291 mwH, insbesondere den darin wiedergegebenen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 2007, B 420/07-6). Gleiches gilt auch für den hier gegenständlichen § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B der Tiroler Rechtsanwaltskammer (Zusatzpension) in der Fassung des Beschlusses der ao Vollversammlung vom 6. November 2008. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, einen Antrag auf Verordnungsprüfung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
3. Das Verwaltungsgericht ist damit zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass die freiwillige Weiterversicherung gemäß § 17 ASVG nicht als gesetzlich geregelte Altersvorsorge anzusehen ist, in die der Revisionswerber aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird, sodass die Voraussetzungen für eine Befreiung von Beiträgen zur Zusatzpension gemäß § 12 Abs 6 der Satzung nicht vorliegen.“
2.1.4. Die in diesem Erkenntnis zu § 12 Abs. 6 der Satzung angestellten Überlegungen sind auf den nunmehr geltenden § 9 der Satzung Teil B 2018 übertragbar, wird doch darin – dem Wortlaut nach sogar deutlicher als bei der Vorgängerbestimmung des § 12 Abs. 6 der Satzung – festgehalten, dass Versicherte, die verpflichtend einer gesetzlich geregelten Altersvorsorgeeinrichtung angehören auf Antrag von der Beitragspflicht befreit werden können. Eine derartige Verpflichtung kann jedoch in der vom Beschwerdeführer geltend gemachten freiwilligen Weiterversicherung gemäß § 17 ASVG nicht erblickt werden.
Aus den im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes angeführten Gründen und im Hinblick auf die Ablehnungsbeschlüsse des Verfassungsgerichtshofs vom 11. Juni 2018, E 1627/2017-6, sowie vom 09. Juni 2020, E 803/2020-5, sieht sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auch nicht zur Stellung eines Normenkontrollantrags beim Verfassungsgerichtshof veranlasst.
2.1.5. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
2.1.6. Zur Nichtdurchführung der beantragten Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 935) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der EGMR darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. auch VwGH vom 23. Februar 2006, Zl. 2003/16/0079, mwN). Im Urteil vom 18. Juli 2013, im Fall Schädler-Eberle gegen Liechtenstein, Nr. 56422/09, RZlen 97 ff, hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung weitere Fallgruppen genannt, in welchen unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 Abs. 1 EMRK eine öffentliche mündliche Verhandlung ausnahmsweise entfallen darf, etwa wenn keine Fragen der Glaubwürdigkeit zu beurteilen sind, die Tatsachen nicht bestritten werden und das Gericht auf der Grundlage der geschriebenen Stellungnahmen und der Aktenlage entscheiden kann oder auch, wenn die Erfordernisse der Effizienz und Wirtschaftlichkeit gegen die systematische Abhaltung von Verhandlungen sprechen, etwa in Sozialversicherungsfällen in welchen allgemein gesehen eher technische Fragen besser auf schriftliche Weise behandelt werden und die systematische Abhaltung von Verhandlungen die Beachtung des Grundsatzes einer angemessenen Verfahrensdauer vereiteln würde (vgl. auch VwGH vom 17. Februar 2015, Ra 2014/09/0007).
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist geklärt und die Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung beantwortet. In der Beschwerde werden keine Rechts- oder Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden (vgl. auch VwGH vom 19. Dezember 2018, Ra 2018/03/0132, mit weiteren Nachweisen).
2.2. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da eine Auslegungsbedürftigkeit des § 9 der Satzung Teil B 2018 durch den Verwaltungsgerichtshof angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht gegeben ist (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 13. März 2019, Ra 2019/11/0021) und die Entscheidung überdies nicht von der zitierten und auf den vorliegenden Fall übertragbaren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Schlagworte
Freie Berufe; Rechtsanwälte; Altersvorsorgeeinrichtung; Zusatzpension; Beitragspflicht; Befreiung; freiwillige Weiterversicherung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1245.001.2020Zuletzt aktualisiert am
20.01.2021