TE OGH 2020/11/27 1Ob52/20h

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Veröffentlicht am 27.11.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. H***** S*****, vertreten durch Mag. Anatol Schürer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Dr. Siegfried Sieghartsleitner ua, Rechtsanwälte in Wels, wegen 269.156,13 EUR sA und Rechnungslegung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. Jänner 2020, GZ 3 R 149/19f-34, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 5. September 2019, GZ 2 Cg 72/18p-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass es einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Teils des Begehrens auf Rechnungslegung als Teilurteil lautet:

„Das Klagebegehren die beklagte Partei sei schuldig, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution

1. Rechnung darüber zu legen, welchen Betrag sie aus der Versteigerung der Eigentumswohnung des Klägers EZ *****, KG *****, erzielt habe und wie dieser verbucht worden ist;

2. Rechnung darüber zu legen, warum und wofür ein Betrag von ATS 986.448,70, das entspricht EUR 71.688,02 vom Privatkonto des Klägers abgebucht worden ist;

3. Rechnung darüber zu legen, warum der Kläger trotz eines rechnerischen Guthabens auf seinem Kreditkonto weiterhin Rückzahlungen auf dieses tätigen habe müssen,

wird abgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“

Im Übrigen, also hinsichtlich des Begehrens, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 269.156,13 EUR samt 4 % Zinsen seit dem 10. 7. 2002 zu zahlen, werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben.

Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]       Der Kläger nahm in den 1990iger Jahren bei der Beklagten Kredite in Anspruch und übertrug ihr zu deren Besicherung mit Vereinbarung vom 26./29. 6. 1998 die Rechte aus dem aus dem europäischen Patent 0666790 („Verfahren zum Herstellen von Formteilen aus in warmen Zustand formbaren Kunststoffen“) abgeleiteten österreichischen Patent E 154281 und aus dem österreichischen Patent Nr 398725 mit allen Pflichten. In der Folge versuchten beide Parteien diese Patente wirtschaftlich zu nutzen. Am 29. 4. 2003 wurden die Rechte von der Beklagten an den Kläger wieder rückübertragen.

[2]       Der Kläger begehrt von der Beklagten 269.156,13 EUR sA und ihre Verpflichtung zur Rechnungslegung bzw Auskunftserteilung im Hinblick auf ein bestimmtes Kreditkonto. Nach der Vereinbarung vom 8. 5. 1998 sei die Beklagte verpflichtet gewesen, 25 % der Einnahmen aus der Vergabe von Lizenzen an ihn weiterzuleiten. In der Zeit von 8. Mai 1998 bis 10. Juli 2002 habe die Beklagte aus Patentlizenzen insgesamt 1.326.714,65 EUR eingenommen, sodass sich rechnerisch eine Forderung von 331.678,66 EUR ergebe (25 % von 1.326.714,65 EUR). Diesem Betrag sei der Anspruch des Klägers auf den Erlös aus der Versteigerung seiner Eigentumswohnung von 52.813,33 EUR, der an die Beklagte im exekutiven Weg bezahlte Betrag von 141.000 EUR hinzuzurechnen. Abzüglich der Kreditforderungen der Beklagten von 221.342 EUR und 34.993,86 EUR resultiere vorbehaltlich der begehrten Rechnungslegung ein Anspruch gegenüber der Beklagten von 269.156,13 EUR, der mit Leistungsklage geltend gemacht werde.

[3]       Wegen der Unklarheiten über die Höhe und den Verbleib des Versteigerungserlöses habe er einen Anspruch auf Rechnungslegung. Auf dem Privatkonto des Klägers finde sich eine Abbuchung von 986.448,70 ATS (umgerechnet 71.688,02 EUR), für die kein Grund ersichtlich sei, was ebenfalls einen Anspruch auf „Rechnungslegung“ begründe. Obwohl – bei richtiger Buchung – sein Kreditkonto bereits mit 19. 7. 2002 ein Guthaben von 126.095,40 EUR aufgewiesen hätte, hätten er und seine Ehefrau über eine von der Beklagten am 19. 7. 2002 eingebrachte Klage über 70.000 EUR ein Versäumungsurteil ergehen lassen. Er habe daher einen Anspruch auf Rechnungslegung, warum dieses Konto, trotz seines errechneten Guthabens einen Debetsaldo aufgewiesen habe.

[4]       Die Beklagte wendete unter anderem Verjährung ein. Der Anspruch auf Erstattung von Lizenzgebühren sei ebenso verjährt wie ein Anspruch auf Rechnungslegung. Der Kontoauszug über die Belastung des Kontos des Klägers mit 71.688,02 EUR per 21. Dezember 2000 sei dem Kläger zugekommen. Der Kläger habe dagegen keinen Einwand erhoben. Damit habe er die ihm bekannte Belastung des Kontos anerkannt. Ein allfälliger Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in diesem Zusammenhang sei daher verjährt. Wie das der Beklagten aus der Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung zugewiesene Meistbot verbucht worden sei, könne ebenso wenig Inhalt eines Rechnungslegungsanspruchs sein, wie die Frage, warum und wofür ein Betrag von einem Konto abgebucht worden sei. Gleiches gelte für das Begehren, Auskunft zu geben, warum Rückzahlungsraten auf ein Kreditkonto zu tätigen gewesen seien.

[5]       Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Frage der Verjährung ein, erachtete den von der Beklagten erhobenen Einwand als berechtigt und wies die Klage ab. Jede Entschädigungsklage verjähre in drei Jahren ab dem Zeitpunkt in dem der Schaden und die Person des Schädigers dem Geschädigten bekannt geworden sei. Das sei hier der Fall, weil der Kläger bereits im Jahr 2011 in einem gegen die Beklagte geführten Oppositionsverfahren einen Schadenersatzanspruch behauptet habe. Rechnungslegungsbegehren unterlägen zwar der allgemeinen Verjährungsfrist des § 1478 ABGB. Da aber die den Rechnungslegungsbegehren zugrundeliegenden Forderungen verjährt seien, seien auch diese abzuweisen.

[6]       Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, wenn auch mit anderer Begründung. Nach der Entscheidung 1 Ob 297/31 (JBl 1931, 374), der es sich anschließe, seien Lizenzgebühren den in § 1486 Z 4 ABGB bezeichneten Ansprüchen von Miet- und Pachtzinsen gleichzuhalten. Grundsätzlich beginne die Verjährung mit dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem das Recht „zuerst hätte ausgeübt werden können“, seiner Geltendmachung also kein rechtliches Hindernis – wie etwa mangelnde Fälligkeit – entgegenstehe. Da der Kläger seinen Anteil an den im Zeitraum vom 8. 5. 1998 bis 10. 7. 2002 angefallenen Lizenzgebühren geltend mache, sei dieser Anspruch längst verjährt. Der Anspruch auf Rechnungslegung verjähre als bloßer Nebenanspruch mit dem Hauptanspruch. Der Kläger beziehe alle behaupteten Überzahlungen bzw zu Unrecht erfolgten Abbuchungen auf einen periodisch rückzuführenden Kredit. Der Anspruch auf Rückforderung von periodisch geleisteten Entgelten verjähre in drei Jahren ab jeweiliger Zahlung. Zwar trete die Bereicherung des Darlehensgebers wegen überhöht verrechneter und geleisteter Darlehenszinsen bei Pauschalraten (Zinsen und Kapital) erst mit der Tilgung aller Rückzahlungsansprüche des Darlehensgebers ein, weshalb die Verjährung von bereicherungsrechtlichen Rückforderungsansprüchen des Darlehensnehmers nicht vor der Tilgung der Raten beginne. Der Kläger habe aber vorgebracht, dass das Kreditkonto bereits am 19. 7. 2002 einen Guthabensstand von 126.095,40 EUR aufgewiesen habe. Ausgehend davon seien alle Ansprüche und daher auch die Rechnungslegungsansprüche verjährt. Die Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob vertragliche Lizenzgebühren gemäß § 1486 Z 4 ABGB der kurzen Verjährungsfrist unterliegen, eine gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

[7]       Die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist auch teilweise berechtigt.

[8]       I. Zu den Rechnungslegungsbegehren:

[9]       1. Gegen die Abweisung seines Begehrens, die Beklagte habe darüber Rechnung zu legen, welchen Betrag sie aus der Versteigerung der Eigentumswohnung des Klägers erzielt habe und wie dieser verbucht worden sei, hat sich der Kläger schon in der Berufung nicht mehr gewendet. Die Abweisung dieses Teils des Klagebegehrens durch das Erstgericht ist damit in Rechtskraft erwachsen. Er ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

[10]     2. Auf sein Begehren, die Beklagte habe ihm darüber „Rechnung zu legen“, warum und wofür ein Betrag von umgerechnet 71.688,02 EUR (986.448,70 ATS) von seinem Privatkonto abgebucht worden sei, kommt der Kläger in seiner Revision nicht mehr zurück. In diesem Teilbereich ist die Entscheidung des Berufungsgerichts daher einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen. Im Übrigen übersieht der Kläger in diesem Zusammenhang offenbar, dass die in der von ihm vorgelegten Kontoaufstellung enthaltenen Debetbuchungen aus dem Dezember 2000 von 481.620,50 ATS und 986.448,70 ATS ersichtlich mit der Vereinbarung vom 20. 11. 2000 im Zusammenhang stehen, in der er und seine Frau sich zur Zahlung von 4,5 Mio ATS samt Nebenforderungen in Raten verpflichtet haben. Sieht man von einer mit 20. 11. 2000 erfolgten Belastung von 14.400 ATS ab, ergibt sich ein Gesamtsaldo in exakt dieser Höhe erst nach Hinzurechnung der erwähnten Buchungen, mit denen die Vereinbarung offenbar kontomäßig umgesetzt wurde.

[11]           3.1 Wer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ein Vermögen anzugeben verpflichtet ist, oder wer von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat, ist nach Art XLII Abs 1 EGZPO zur beeideten Angabe des Vermögens oder der Schulden verpflichtet. Für beide Fälle fordert Art XLII Abs 2 EGZPO ein privatrechtliches Interesse des Klägers.

[12]           3.2 In Betracht kommt hier der erste Fall des Art XLII Abs 1 EGZPO. Dieser schafft keine eigene zivilrechtliche Verpflichtung, sondern setzt eine solche neben dem privatrechtlichen Interesse an der Ermittlung des Vermögens für die Befugnis zur Klage voraus (RS0034986; 2 Ob 142/19z mwN; vgl auch Konecny in Fasching/Konecny3 Art XLII EGZPO Rz 4 f und Rz 7; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka5 Art XLII EGZPO Rz 1). Der Anspruch steht dem zu, der gegen einen ihm aus materiell-rechtlichen Gründen zur Auskunftserteilung Verpflichteten ein bestimmtes Klagebegehren auf Leistung nur mit erheblichen Schwierigkeiten, die durch eine solche Abrechnung beseitigt werden können, zu erheben vermag, wenn dem Verpflichteten die Auskunftserteilung nach redlicher Verkehrsübung zumutbar ist (RIS-Justiz RS0106851).

[13]     3.3 Die Auskunftspflicht soll es dem Anspruchsberechtigten, dem es an den für eine Prozessführung erforderlichen Informationen fehlt, ermöglichen, sein Recht – auch gerichtlich – durchzusetzen. Das ist etwa der Fall, wenn der berechtigte Vertragspartner sonst seine Rechte nicht oder nicht ohne große Schwierigkeiten ausüben könnte oder über Art und Umfang seiner Rechte oder Pflichten im Unklaren bliebe (RS0035050 [T2]). Die Rechtsprechung hat diesen Grundsatz auch auf Kreditverhältnisse angewendet und ausgesprochen, dass eine Bank dem Kunden gegenüber jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten und die Einzelheiten der Geschäftsbeziehung verpflichtet ist (1 Ob 239/05m mwN).

[14]           3.4 Mit dem in der Revision erkennbar noch angesprochenen Begehren machte der Kläger geltend, die Beklagte habe ihm gegenüber „Rechnung zu legen“, warum er trotz eines rechnerischen Guthabens auf seinem Kreditkonto weiterhin Rückzahlungen tätigen habe „müssen“. Damit strebt er aber gerade nicht die Auskunft über den Stand eines Kontos oder sonst eine Information an, die er zur Erhebung eines bestimmten Klagebegehrens auf Leistung benötigt, die er sonst nur mit erheblichen Schwierigkeiten erheben könnte und die durch eine Abrechnung gerade beseitigt werden sollen (dazu RS0106851). Tatsächlich hat er auch ein Leistungsbegehren erhoben, dem das von ihm errechnete und in dem Begehren auf Rechnungslegung angesprochene Guthaben zugrunde liegt. Auch wenn er dieses Leistungsbegehren „vorbehaltlich der Rechnungslegung“ verstanden wissen will, ist nicht zu erkennen, worin bei dieser Sachlage sein privatrechtliches Interesse liegen soll, Auskunft darüber zu erhalten, aus welchen Gründen er trotz des von ihm für einen bestimmten Zeitpunkt errechneten und zum Gegenstand einer Leistungsklage gemachten Guthabens Rückzahlungen leisten habe „müssen“, und welchen Inhalt eine solche Auskunft haben könnte.

[15]           4. Soweit nicht ohnedies schon Rechtskraft eingetreten ist, ist die Abweisung der Begehren auf Rechnungslegung durch die Vorinstanzen als Teilurteil zu bestätigen.

[16]     II. Zum Leistungsbegehren:

[17]     1. Richtig ist, dass § 154 PatentG, der auf die Verjährungsregel des § 1489 ABGB verweist, eine Patentverletzung voraussetzt. Das hat aber bereits das Berufungsgericht erkannt und seine Entscheidung ausdrücklich nicht auf diese Bestimmung gestützt. Die Ausführungen der Revision dazu sind damit ohne Relevanz.

[18]     2.1 Der Kläger vertritt den Standpunkt, dass Ansprüche auf Lizenzgebühren nicht solchen aus Miet- und Pachtverhältnissen gleichzuhalten seien (vgl zum Meinungsstand Liebscher, Lizenzverträge [2001], 3.7.6), sodass die allgemeine Verjährungsfrist des § 1478 ABGB zur Anwendung gelange, und wendet sich damit gegen die in der Entscheidung zu 1 Ob 297/31 (JBl 1931, 374; vgl auch MBydlinski in Rummel, ABGB³ § 1486 ABGB Rz 8) vertretene Rechtsansicht, der das Berufungsgericht gefolgt ist.

[19]     2.2 Dieser Entscheidung lag ein Rechtsstreit zwischen dem Lizenzgeber und dem Lizenznehmer aus dem Lizenzvertrag zugrunde. Der Kläger behauptete zu keinem Zeitpunkt, die Beklagte sei Lizenznehmerin und daher aus dem Lizenzvertrag zur Leistung von Lizenzgebühren verpflichtet gewesen, sondern wirft ihr die Verletzung einer Vereinbarung vor, nach der sie verpflichtet gewesen sei, die von dritter Seite (den Lizenznehmern) entgegengenommenen Entgelte zu einem bestimmten Prozentsatz an ihn weiterzuleiten. Die Beklagte hat die Rechte aus den Patenten zur Besicherung von Kreditverbindlichkeiten des Klägers und nicht zur Nutzung übertragen erhalten, sodass sie nach der genannten Vereinbarung dem Kläger auch nicht zur Abgeltung der Gebrauchsüberlassung verpflichtet war. Vertragliche Ansprüche des Lizenzgebers auf das Entgelt für die Nutzung der Patente des Klägers sind im Verhältnis zur Beklagten damit nicht zu beurteilen.

[20]     2.3 Da der Oberste Gerichtshof nicht dazu berufen ist,

zu bloß abstrakten Rechtsfragen Stellung zu nehmen (RS0111271 [T2]), ist auf die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Frage, ob vertragliche Lizenzgebühren den Miet- und Pachtzinsen gleichzuhalten und daher § 1486 Z 4 ABGB zu unterstellen sind sowie auf die darauf bezugnehmenden Ausführungen des Klägers in seiner Revision nicht näher einzugehen.

[21]     3.Der Kläger macht geltend, dass die Beklagte aus der Vergabe von Lizenzen in der Zeit vom 8. 5. 1998 bis 10. 7. 2002 Einnahmen von insgesamt 1.326.714,65 EUR bezogen hat, wovon 331.678,66 EUR an ihn weiterzuleiten gewesen wären. Nur aufgrund dieser behaupteten Forderung gelangt er unter Berücksichtigung weiterer Guthabens- bzw Abzugspositionen, die im Zusammenhang mit den Kreditverhältnissen stehen, nach seinem Vorbringen zum Ergebnis, dass ihm die Beklagte einen Kapitalbetrag schulde. Dazu beruft er sich auf die Vereinbarung vom 8. 5. 1998, zu der das Erstgericht keine Feststellungen getroffen hat. Das Berufungsgericht hat sie seinen Überlegungen als unstrittig zugrunde gelegt und rechtlich beurteilt. Auch die Beklagte geht in ihrer Revisionsbeantwortung von einer „Vereinbarungsurkunde“ aus, wenngleich sie meint, daraus lasse sich ein Anspruch des Klägers auf Auszahlung von bei ihr eingegangenen Lizenzgebühren nicht ableiten.

[22]           3.2 Mögliche Ansprüche des Klägers aus der Vereinbarung vom 8. 5. 1998 wären entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht verjährt. Diese Urkunde hat, soweit relevant, folgenden Inhalt:

[23]     [...]

[24]     „5. Folgende Gebrauchsmuster/Patente werden von den Erfindern an die [Beklagte] übertragen:

[25]     Europäisches Patent Nr. EP 0 666790 (Erfinder [der Kläger]) 'Antischrumpfsystem'

[26]     Deutsches Gebrauchsmuster Anmeldennr.: 29619454, sowie die dazugehörige internationale Anmeldung Nr. PCT/AT 97/0024 (Erfinder [der Kläger und seine Frau]) 'Schellen für Druckrohrmuffen'

[27]     Österreichische Patentanmeldung A 1092/76, sowie zugehörige internationale Anmeldung PCT/AT 97/00135 (Erfinder [die Frau des Klägers]) 'Stiefelpatent – Rohre werden auf Dorn gezogen'

[28]     6. Die [Beklagte] erhält den Erlös aus dem Lizenzvertrag zwischen P... und [dem Kläger], abzüglich der Einkommensteuer (ca. 25 %).

[29]     7. Die [Beklagte] gibt ihr Einverständnis zu Verwertungshandlungen durch die Erfinder (bzw durch H.***** [einem Unternehmen des Klägers]) und verpflichtet sich, die ihr übertragenen Patente innerhalb der nächsten 18 Monate nicht anderweitig zu verwerten. Sobald Lizenzgebühren aufgrund eines der Patente oder Gebrauchsmuster der [Beklagten] zufließen, werden obgenannte Patente an die Erfinder rückübertragen.

[30]     8. Von den Lizenzgebühren müssen 25 % unmittelbar an das Finanzamt abgeführt werden. Von dem verbleibenden Rest erhält die [Beklagte] zwei Drittel und [der Kläger] ein Drittel.“

[31]     3.3 Wie sich die Punkte 7. und 8. zueinander verhalten ist unklar. Nach Vertragspunkt 7. war die Beklagte verpflichtet, sich eigener Verwertungshandlungen zu enthalten und die Patente rückzuübertragen, sobald ihr Lizenzgebühren zufließen. Eine Regelung, wer nach Rückübertragung der Rechte an den Patenten zur Entgegennahme von Lizenzgebühren berechtigt sein soll, enthält diese Bestimmung nicht. Für sich allein ermöglicht der Wortlaut von Punkt 8. dieser Vereinbarung grundsätzlich das vom Kläger seinem Vorbringen zugrunde gelegte Verständnis einer Verpflichtung der Beklagten, ihm 25 % der Lizenzerlöse zu überlassen. Ist das der Fall, wäre sie nach außen, den Lizenznehmern gegenüber, wenn schon nicht zur Verwertung (siehe Punkt 7.), so jedenfalls zur Entgegennahme der von diesen für die Gebrauchsüberlassung entrichteten Gebühren berechtigt und im Innenverhältnis durch die Vereinbarung mit dem Kläger beschränkt gewesen. Trifft diese Annahme zu, liegt insoweit ein Treuhandverhältnis vor (dazu näher PBydlinski in KBB6 § 1002 Rz 7).

[32]     3.4 Auf das Vertragsverhältnis Treugeber (hier möglicherweise der Kläger) – Treunehmer (möglicherweise die Beklagte) sind die Bestimmungen der §§ 1002 ff ABGB entsprechend anzuwenden. Zu den Pflichten des Geschäftsbesorgers gehört nach § 1009 ABGB, das Geschäft seinem Versprechen und der erhaltenen Vollmacht gemäß, emsig und redlich zu besorgen und allen aus dem Geschäft entspringenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen. Diese Bestimmung enthält einen Herausgabeanspruch des Vollmachtgebers gegenüber dem Vollmachtnehmer, der nicht Schadenersatzanspruch, sondern ein Erfüllungsanspruch ist, aber voraussetzt, dass der Nutzen dem Geschäftsbesorger auch zugekommen ist (RS0019312). War der Beklagte zur Ausfolgung eines dem Kläger gebührenden Anteils an den Gebühren für die Lizenzen verpflichtet, wäre ein solcher Anspruch als Herausgabeanspruch iSd § 1009 ABGB zu qualifizieren, sofern der Beklagten tatsächlich Lizenzgebühren, wie vom Kläger behauptet, zugeflossen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unterliegt ein solcher (Erfüllungs-)Anspruch (RS0019312) der dreißigjährigen Verjährungfrist (RS0019397; PBydlinski aaO § 1009 Rz 4).

[33]     4. Der vom Kläger geltend gemachte Leistungsanspruch setzt nach dessen Vorbringen voraus, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Herausgabe von vereinnahmten Lizenzgebühren nicht entsprochen hat. Ob eine solche Verpflichtung im Innenverhältnis tatsächlich bestanden hat, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Der Wortlaut der Vereinbarung vom 8. 5. 1998, auf die sich der Kläger stützt, lässt insoweit Zweifel aufkommen als sich die Beklagte jedenfalls für 18 Monate einer Verwertung zu enthalten hatte und verpflichtet war, die Patente rückzuübertragen, sobald ihr Einnahmen aus diesem Titel zufließen. Die Beklagte hat mit Bezug auf die Vereinbarung vom 8. 5. 1998 – wenn auch ohne nähere Begründung – eingewendet, es habe kein Anspruch des Klägers auf Erstattung von Lizenzgebühren bestanden. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien die genaue Bedeutung dieser Vereinbarung zu erörtern und über die damit (einvernehmlich) angestrebten Rechte und Pflichten der Streitteile klare Feststellung zu treffen haben. Sollte sich dabei die vom Kläger behauptete Verpflichtung der Beklagten erweisen, bedarf es konkreter Feststellungen, inwieweit der Beklagten im Sinn des Punktes 8. der Vereinbarung vom 8. 5. 1998 Lizenzeinnahmen tatsächlich zugeflossen sind.

[34]     5. Da die Annahme des Berufungsgerichts, mögliche Ansprüche des Klägers aus der Vereinbarung vom 8. 5. 1998 seien verjährt, auf einer unzutreffenden Rechtsansicht beruht, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen im Umfang des Leistungsbegehrens aufzuheben. Die Rechtssache ist insoweit an das Erstgericht zurückzuverweisen.

[35]     6. Der Kostenvorbehalt beruht für das Teilurteil auf § 52 Abs 4 ZPO und im Übrigen auf § 52 Abs 1 Satz 3 ZPO.

Textnummer

E130307

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00052.20H.1127.000

Im RIS seit

19.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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