Entscheidungsdatum
06.03.2020Index
L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten WienNorm
WettenG Wr 2016 §19 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Köhler über die Beschwerde des A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 36) vom 22.10.2019, Zl. …, betreffend drei Übertretungen des § 19 Wiener Wettengesetz, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.02.2020 zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 768,– Euro (das sind 20 % der verhängten/bestätigten Geldstrafen) zu leisten.
Die C. GmbH haftet für die verhängten Geldstrafen, die Verfahrenskosten und sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Beschwerdegegenstand
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 22.10.2019 wurden über den Beschwerdeführer drei Strafen verhängt wegen drei Tathandlungen, jeweils begangen am 17.07.2019, um 13:28 Uhr, in Wien, D.-gasse (Tankstelle), weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C. GmbH und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser Gesellschaft zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft, welche in der Betriebsstätte in Wien, D.-gasse die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich Buchmacherin ausübe am 17.07.2019, um 13:28 Uhr,
1. insofern die Bestimmung des § 19 Abs. 1 Wiener Wettengesetz, wonach die Teilnahme an einer Wette nur volljährigen und nicht gesperrten Personen ermöglicht werden dürfe, nicht eingehalten habe, als die Abgabe einer Wette ohne Identifikation erfolgt sei.
2. insofern die Verpflichtung des § 19 Abs. 2 2. Satz Wiener Wettengesetz, wonach in Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wetterunternehmerin oder durch diese selbst geeignete Maßnahmen sichergestellt werden müsse, dass bereits der Zutritt zur Betriebsstätte nur volljährigen und nicht gesperrten Personen ermöglicht werde, nicht eingehalten habe, als sie in dieser Betriebsstätte ohne ständige Aufsicht keine geeigneten Maßnahmen getroffen habe, um den Zutritt zur Betriebsstätte nur volljährigen und nicht gesperrten Personen zu ermöglichen, da bei Zutritt zur Betriebsstätte keine Kontrolle der Identität und des Alters der Kunden durchgeführt worden sei. Die Ausnahmen des § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz kämen nicht zur Anwendung.
3. insofern die Verpflichtung des § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz, wonach vor dem Eingang zu Räumen, in denen eine Tätigkeit als Wettunternehmerin ausgeübt werde, durch die Wettunternehmerin oder die verantwortliche Person auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gut sichtbar und dauerhaft hinzuweisen sei, als kein Hinweis auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche vor dem Hauptraum (Verkaufsraum), in dem Wetten abgeschlossen werden hätten können, angebracht gewesen sei.
Es wurden für diese Übertretungen folgende Strafen verhängt:
1. 1.600,– Euro (3 Tage und 1 Stunde)
2. 1.600,– Euro (3 Tage und 1 Stunde)
3. 640,– Euro (1 Tag und 5 Stunden).
Zusätzlich wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 384,– Euro vorgeschrieben.
Die C. GmbH hafte für die über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten und für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.
Verfahrensgang
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung, sondern legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht vor.
Mit Schreiben vom 09.12.2019 räumte das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Parteiengehör ein. Die vorliegende Beschwerde samt Beilagen lasse eine ausreichende Bezugnahme auf den konkreten Beschwerdefall nicht erkennen. Er wurde aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens die dem Beschwerdevorbringen dienenden Tatsachen vorzubringen und die der Verteidigung dienenden Beweismittel bekannt zu geben. Auch Zeugen seien konkret namhaft zu machen. Das betreffe insbesondere den für die Betriebsstätte zuständigen Gebietsbetreuer/Außendienstmitarbeiter; für andere Zeugen wäre auch das Beweisthema anzugeben.
Mit Schreiben vom 23.12.2019 erstattete der Beschwerdevertreter ein ergänzendes Vorbringen, machte die Zeugen E. F. und G. H. bekannt und legte Urkunden vor. Aus einem Schreiben vom 28.10.2019 ergebe sich, dass der Vertrag der Sportwetten-Annahmestelle gekündigt worden sei. Dies sei Nachweis für ein wirksames Sanktionssystem bei Verstößen gegen die Bestimmungen zur Führung einer Sportwetten-Annahmestelle. Aus einem Sportwetten-Annahmestellenvertrag vom 28.06.2016 ergebe sich, dass (auch) vertragliche Verpflichtungen des Vertriebspartners zur Einhaltung der Bestimmungen zur Führung einer Sportwetten-Annahmestelle wie zum Beispiel die Einhaltung des Jugendschutzes bestanden hätten. Aus beigelegten Fotos ergebe sich, dass die vorhandenen Sitzgelegenheiten nicht für Wettkunden zur Verfügung gestellt worden seien. Der Abschluss der Wetten erfolgte an der Kassa der Wettannahmestelle, wo der entsprechende Terminal stehe. Daher könnten auch nur dort die Leistungen der Wettunternehmerin in Anspruch genommen werden. In dem Bereich, in dem sich die Tische und Sitze befinden würden, biete die Wettunternehmerin keine Leistungen an. In diesem Bereich könnten allenfalls Tankstellenkunden Platz nehmen, um im Tankstellenshop erworbene Getränke und Speisen zu sich zu nehmen. Beide Bereiche seien räumlich deutlich voneinander getrennt, sodass kein Zusammenhang zwischen Sitzgelegenheit und Wettabschluss bestehe. Da sich bei der Wettannahmestelle um eine Betriebsstätte handle, in der der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen stattfinde, sei der Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz erfüllt. Daraus folge, dass keine Verstöße nach § 19 Abs. 1, 2 und 4 Wiener Wettengesetz vorliegen könnten, weil diese Bestimmungen hier gar nicht zur Anwendung kämen.
Mit Schreiben vom 08.01.2020 ergingen Ladungen zur hiesigen mündlichen Verhandlung am 17.02.2020, nämlich an den Beschwerdeführer, die belangte Behörde, die C. GmbH sowie die Zeugen J. K., E. F. und G. H.. Der Beschwerdeführer wurde mit der Ladung Sie werden aufgefordert, gemäß § 41 Abs. 1 VStG, die seiner Verteidigung bzw. seinem Beschwerdevorbringen dienenden Tatsachen vorzubringen und die Ihrer Verteidigung dienenden Beweismittel zur Verhandlung mitzunehmen oder diese so rechtzeitig bekannt zu geben, dass diese zur Verhandlung herbeigeschafft werden können. Auch Zeugen wären rechtzeitig namhaft zu machen oder sind initiativ zur Verhandlung stellig zu machen.
Mit Schreiben vom 10.01.2020 erging ein Stellungnahmeersuchen an die belangte Behörde. Sie werde ersucht bekanntzugeben, wie viele Verfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretungen des Wiener Wettengesetzes geführt und eingestellt oder mit rechtskräftiger Strafverfügung bzw. mit Straferkenntnis mit und ohne Beschwerdeerhebung abgeschlossen wurden. Eine Aufschlüsselung oder sonstige Statistiken bezüglich einzelner Tatbestände bzw. Paragraphen wären ebenfalls interessant. Weiters werde um eine Übersicht der do. verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen ersucht.
Mit Schreiben vom 31.01.2020 übermittelte die belangte Behörde eine Stellungnahme zu Vor- und Parallelverfahren und Vorstrafen des Beschwerdeführers.
Das Verwaltungsgericht führte am 17.02.2020 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer und die Zeugen J. K., E. F. und G. H. einvernommen wurden. Weiters nahmen der Beschwerdevertreter und ein Behördenvertreter teil.
Mit Schreiben vom 19.02.2020 räumte das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Parteiengehör ein. Es sei zum Aufkleber zur Betriebsstättenkennzeichnung eine Stellungnahme abzugeben. Der Text auf dem im Verwaltungsakt (Fotodokumentation der Kontrolle/Amtshandlung) ersichtlichen Aufkleber laute offenkundig „Spielteilnahme ab 18 Jahren“.
Mit Schreiben vom 28.02.2020 erstattete der Beschwerdevertreter eine Äußerung samt Urkundenvorlage. Der Wortlaut des im gegenständlichen Verwaltungsakt befindlichen Aufklebers, der sich neben der Eingangstür befunden habe, laute (unter anderem) „Spielteilnahme ab 18 Jahren“. Dies sei ein Hinweis, dass die Spielteilnahme erst ab 18 Jahren gestattet bzw. ermöglicht werde. Der Hinweis, dass die Teilnahme nur volljährigen Personen ermöglicht werde, sei mit einem Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gleichzustellen. Nachdem es keinen weiteren, gesonderten Raum gegeben habe, sei auch kein weiterer Hinweis mehr erforderlich gewesen. Schon durch diesen gut sichtbar und dauerhaft angebrachten Aufkleber seien die gesetzlichen Vorgaben des § 19 Abs. 1 und 4 Wiener Wettengesetz erfüllt worden und die diesbezüglichen Verwaltungsübertretungen nicht begangen worden.
Feststellungen
Am 17.07.2019, ab kurz vor 13:30 Uhr, erfolgte durch Werkmeister L. M. (Kontrollorgan der belangten Behörde [konkret zugeteilt MA 36]) in der gegenständlichen Betriebsstätte der C. eine Kontrolle nach dem Wiener Wettengesetz.
Es wurde in einem Aktenvermerk vom 05.09.2019 festgehalten, dass es keine Identitätsfeststellung gegeben habe. Daher sei nicht dafür Sorge getragen worden, dass minderjährige und selbstgesperrte Personen nicht an Wetten teilnehmen könnten. Es sei eine Betriebsstätte ohne ständige Aufsicht gewesen. Es wäre daher sicherzustellen gewesen, dass ein Zutritt nur für volljährige und nicht gesperrte möglich wäre. Es sei kein Hinweis auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche vorhanden gewesen.
Es war zum Tatzeitpunkt tatsächlich so, dass die Betriebsstätte eine Tankstelle bzw. ein Tankstellenshop bestehend aus einem einheitlichen Verkaufsraum war. Der Wettabschluss konnte ausschließlich beim Mitarbeiter der Tankstelle getätigt werden. Es gab keinen (Selbstbedienungs-)Wettterminal. Mitarbeiter der C. oder verantwortliche Personen dieses Unternehmens waren nicht anwesend.
Der Hinweis „Spielteilnahme ab 18 Jahren!“ war auf einem Aufkleber der P./C. am Haupteingang zur Betriebsstätte angebracht. Weitere Kennzeichnungen oder Hinweise in Bezug auf Jugendschutzbestimmungen des Wiener Wettengesetzes gab es nicht.
Das Kontrollorgan M. konnte die Betriebsstätte ohne Identitätskontrolle oder sonstige Überprüfung betreten. Auch ein Wettabschluss erfolgte ohne vorgelagerte Identitätskontrolle oder sonstige Überprüfung der Person des Kontrollorgans. Es war die Wettteilnahme somit möglich, ohne Sorge dafür zu tragen, dass eine selbstgesperrte Person nicht teilnehmen kann. Ob das Kontrollorgan selbstgesperrte Person ist und nicht, wurde nicht geprüft. Eine Zutritts- oder Teilnahmekontrolle erfolgte nicht.
Die gegenständliche Betriebsstätte ist eine Tankstelle in Wien, D.-gasse. Inhaber der Betriebsstätte (Tankstellenpächter) ist J. K.. J. K. verfügt über eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26 und §§ 111 f GewO). Er übt auch eine Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe aus (freies Gewerbe iSd § 5 GewO; Warenhandel mit Waren aller Art durch Tankstelle mit Shop).
In der Betriebsstätte werden die üblichen Tankstellenleistungen (Treibstoffe und andere fahrzeugbezogene Leistungen/Produkte) gehandelt sowie Tabakerzeugnisse und Handelswaren des täglichen Bedarfs (vergleichbar mit dem Warenangebot eines kleines Supermarktes) angeboten. Es gibt einen Gastronomiebereich (klassisches/übliches Angebot aus Heiß- und Erfrischungsgetränken und Snacks) mit drei Barhockern, die zur Gastronomietheke gerichtet sind, zwei Stehtischen mit jeweils zwei Barhockern parallel zu diesen Thekenbarhockern mit Blick nach draußen sowie an einer weiteren Fensterfront zwischen diesen beiden Hockerreihen zwei kleine quadratische Tische mit jeweils zwei Sesseln. Unmittelbar in diesem Bereich – neben den fensterseitigen zwei-mal-zwei Barhockern – befindet sich eine Bar/Ablagefläche mit einem Stehtisch. Auf diesem befindet sich coffee-to-go-Zubehör (Becherdeckel, Zucker, Löffel, Servietten usw.) und ein Dispenser/Tischaufsteller mit Wettscheinen und Wettordnung der C./P. sowie ein Dispenser/Tischaufsteller für Lotto/Toto/Joker. Unmittelbar links neben diesem Stehtisch beginnt ohne jede bauliche/technische Trennung der Shopbereich (hier gleich Süßwaren, Hustenzuckerl usw.). Auf der anderen Seite verläuft die Bar mit den drei Barhockern in eine Vitrine mit Feinkost- und Backshop-Produkten, in Form einer etwa 90-Grad-Kurve, die unmittelbar zum Kassenbereich der Tankstelle führt. In diesem Kassenbereich sind diverse Tabakerzeugnisse zum Erwerb ausgestellt; Süßigkeiten, Autowäschen, Brieflose usw. werden hier unmittelbar angeboten/angepriesen. Der Lotterien-Terminal (üblicherweise in Trafiken aufgestelltes roter Terminal mit kleinem Informationsbildschirm für Kunden), der auch zum Verbuchen/Abschließen von Wetten der C. verwendet wird, befindet sich ebenfalls unmittelbar in diesem Kassenbereich. Hinter dem Kassenpult sind Produktinformationen (u.a.) betreffend Kaffee und „Leberkäs-Semmel“.
Der Verkaufsraum mit Kassenbereich, Tankstellenshop und Gastronomiebereich bildete einen einheitlichen Raum ohne bauliche Trennungen in einzelne Räume oder Kundenkreise. In diesem Raum erfolgt über das angesprochene, vom Tankstellenpersonal bediente Terminal auch die wettunternehmerische Tätigkeit. Der Eingang zu diesem einheitlichen Raum war für Kunden der zum Tankstellenaußenbereich/zur Straße hin befindliche (Haupt-)Eingang. Der Verkaufsraum ist frei einsehbar/ überblickbar; es gibt keine Trennwände o.Ä.; Kunden können sich frei bewegen.
Die angesprochenen Sitzmöglichkeiten stehen Tankstellenkunden (im engeren Sinn, also Verkehrsteilnehmern/Fahrzeuglenkern), Tankstellenshopkunden (Handelsgewerbe) und Gastronomiebereichskunden (Gastgewerbe) sowie Wettkunden zur Verfügung. Im Lokal halten sich somit Autofahrer und Verkehrsteilnehmer und sonstige Laufkundschaft – etwa auch Personen, die aus dem naheliegenden Park, wo es auch einen Grillplatz gibt – auf. Allen Personen stehen die Sitzmöglichkeiten zur Verfügung. Exklusive oder eingeschränkte Sitzmöglichkeiten nach unterschiedlichen Personen-/Kundenkreisen gab es nicht. Es gab auch keine Kontrolle dahingehend, wer zu welchem Zweck in der Betriebsstätte verweilt.
J. K. war zum Tatzeitpunkt Vertragspartner der C.. Der Vertrag wurde mit Schreiben vom 28.10.2019 mit Wirksamkeit zum 30.11.2019 gekündigt. Im Kündigungsschreiben der C./P. wird ausgeführt, dass durch die Schaffung von Sitzgelegenheiten die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 8 außer Kraft gesetzt sei. Es dürften in Betriebsstätten mit Sitzgelegenheiten nunmehr Wetten mit verpflichtender Kundenkarte angenommen werden. Es seien bereits verwaltungsrechtliche Schritte durch die Behörde gegen die C. eingeleitet worden. Diese sehe sich daher gezwungen, die Sportwetten-Annahmestelle zu kündigen.
Die C. hat die Verträge mit allen Tankstellen-Betreibern gekündigt. Ein Zusammenhing mit Verwaltungsstrafverfahren bestand bei diesen Kündigungen nicht; es wurde an allen Betriebsstätten/Standorten, die Tankstellen sind/waren, die Verträge gekündigt, weil man Sitzmöglichkeiten für Wettkunden aus Sicht des § 19 Abs. 8 – mittlerweile – als Vertriebshindernis bzw. im Widerspruch zum Vertriebsmodell von C./P. sah.
Die C. (C. Gesellschaft m.b.H., Firmenbuchnummer …) bietet unter der Marke „P.“ Sportwetten über Annahmestellen in Trafiken, Tankstellen und Postfilialen an. In Wien gibt es ca. 600 Annahmestellen. Die C. ist Wettunternehmerin, konkret Buchmacherin. Sie verfügt über die hierfür erforderlichen Bewilligungen. Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt (und ist weiterhin) unternehmensrechtlicher Geschäftsführer der C..
Die C. ist eine Tochtergesellschaft der R. GmbH, der S. KG und der T. GmbH. An der R. GmbH sind die U. AG und die V. GmbH jeweils zur Hälfte beteiligt.
Es erfolgen von Mitarbeitern der (Muttergesellschaft) V. Gesellschaft m.b.H. gelegentliche Betriebsstättenbesuche im Auftrag der C. zur Kontaktpflege mit (auch) deren Vertriebspartnern, d.h. zur Information und Kommunikation. Die Einhaltung einzelner Bestimmung des Wiener Wettengesetzes wird dabei besprochen und überprüft. Jedenfalls hat es keine Überwachung der Einhaltung des § 19 Abs. 1, 2 oder 4 Wiener Wettengesetz in der gegenständlichen Betriebsstätte gegeben. Es wurde die Ansicht vertreten, dass Vorgaben dieser einzelnen Normen nicht anwendbar sind.
Die gegenständliche Betriebsstätte wurde vom Außendienstmitarbeiter E. F. betreut. E. F. ist angestellt bei V. und betreute für diese im Tatzeitpunkt auch die C.-/P.-Produkte und -Annahmestellen. E. F. ist einer von vier oder fünf Gebietsbetreuern für die Standorte der C. in Wien.
G. H. leitet als Angestellte der C. den Vertrieb und koordiniert die Kontakte mit den Wettannahmestellen. In der Unternehmenshierarchie ist sie dem Beschwerdeführer direkt untergeordnet.
Der Beschwerdeführer, G. H. und E. F. gingen im Tatzeitpunkt davon aus, dass die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz in Tankstellen, in denen Tabakerzeugnisse gehandelt werden, anwendbar ist.
Der Beschwerdeführer hatte zum Tatzeitpunkt eine rechtskräftige Vormerkung wegen einer Übertretung des § 52 lit. c Z 24 StVO. Rechtskräftige Vormerkungen wegen Übertretungen des Wiener Wettengesetzes gab es damals noch keine.
Die belangte Behörde führte ab dem Jahr 2018 eine Vielzahl von Kontrollen in Betriebsstätten der bzw. bei Vertriebspartnern (Annahmestellen) der C. durch. Die Kontrollen resultierten in insgesamt 39 tatsächlich geführten Verwaltungsstrafverfahren bei der belangten Behörde wegen dieser Bestimmung. Am Verwaltungsgericht Wien waren per 02.12.2019 betreffend den Beschwerdeführer insgesamt 27 Beschwerdezahlen (= angefochtene Straferkenntnisse) protokolliert. Diese betreffen jeweils zumindest einen Standort, wobei es Straferkenntnisse mit mehreren Spruchpunkten (weitere Übertretungen pro Standort sowie Mehrzahl von Standorten) gab. Mit der Erkenntnis vom 05.12.2019, …, wurde eine Beschwerde des Beschwerdeführer infolge einer Bestrafung wegen Übertretung des § 15 Abs. 1 2. und 3. Satz Wiener Wettengesetz in der Sache abgewiesen. Darin erfolgte eine umfangreiche Auseinandersetzung mit dem vermeintlichen Kontrollsystem der C. bzw. des Beschwerdeführers. Dieser hat sich in der mündlichen Verhandlung zu dieser Beschwerdesache am 02.12.2019 auch umfangreich geäußert.
Beweiswürdigung
Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung samt Beschuldigten- und Zeugeneinvernahme sowie Einsichtnahme in öffentliche Register (Firmenbuch). Es wurde zudem schriftliches Parteiengehör eingeräumt.
Es wurde in der mündlichen Verhandlung zur gegenständlichen Beschwerdesache das Verhandlungsprotokoll vom 02.12.2019 aus dem Vorverfahren … betreffend denselben Beschwerdeführer und eine Übertretung des Wiener Wettengesetzes in einer anderen Tankstelle zum Akt genommen. Es wurde auch das entsprechende Vorerkenntnis vom 05.12.2019, …, mit dortiger Beurteilung (insbesondere auch bezüglich eines vermeintlichen Kontrollsystems) erörtert.
Die Feststellungen zur gegenständlichen Betriebsstätte und die Vertragsbeziehungen des J. K. zur C. ergeben sich aus den Zeugenaussagen des J. K. und des E. F., der Aussage des Beschwerdeführers sowie aus vorgelegten Unterlagen (insbesondere dem Kündigungsschreiben). Dass ein sachlicher Zusammenhang mit der gegenständlichen Übertretung des Wiener Wettengesetzes nicht besteht, ergibt sich zusätzlich auch aus dem fehlenden zeitlichen Zusammenhang und der fehlenden Bezugnahme im Kündigungsschreiben. Wie bereits aus dem Vorverfahren … bekannt, wurden alle Verträge mit Tankstellen gekündigt. Anzumerken ist, dass durch die Vertriebskooperation … die C. ihre Wetten nur dort anbietet, wo auch Lotterien-Terminals stehen. Das sind mittlerweile nur noch Trafiken.
Die Feststellungen über die konkrete Gestaltung der Betriebsstätte ergeben sich aus der Fotodokumentation im Akt (Aktenvermerk vom 18.07.2019 samt Lichtbildern) sowie auch aus den vom Beschwerdevertreter mit Schreiben vom 23.12.2019 vorgelegten Lichtbildern. Die Feststellungen zu den Tathandlungen werden auch in Aktenvermerk der belangten Behörde vom 05.09.2019 angesprochen. Die Feststellung, dass Wettkunden Sitzmöglichkeit zur Verfügung gestellt wurden, ergibt sich aus denselben Aktenbestandteilen, einem Gesamteindruck des Lokals und der örtlichen/räumlichen Gegebenheiten und der Lebenserfahrung (in der rechtlichen Begründung werden zur Zuordnung/Nutzbarkeit weitere Überlegungen angestellt). Die Aussagen, dass es niemals vorkomme, dass Wettkunden sich hinsetzen würden, wirkten abgesprochen und unglaubwürdig. Es kommt auch gar nicht darauf an, ob ein gesamter Kundenkontakt zur Wettabgabe mit der C. ausschließlich in der Betriebsstätte erfolgte. Wettkunden konnten die Sitzmöglichkeiten nutzen und allenfalls auch weitere Leistungen dort konsumieren, die nicht zwingend mit der wettunternehmerischen Tätigkeit zusammenhängen müssen. Eine solche Exklusivität ist gesetzlich nicht erforderlich.
Die Feststellung, dass es jedenfalls in Bezug auf die gegenständliche Übertretung (§ 19 Wiener Wettengesetz) kein wirksames Kontrollsystem gab, ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers mit den Zeugen F. und H.. Im Übrigen wurden hierzu bereits im Vorverfahren … Feststellungen getroffen und im dortigen Erkenntnis gewürdigt. Dort konnte bezüglich § 15 Wiener Wettengesetz kein tatsächliches, wirksames Kontrollsystem nachgewiesen werden.
Die Feststellungen zur Vertriebsform der C. Gesellschaft m.b.H. und von P. ergeben sich aus dem zum Akt genommenen Vorerkenntnis vom 05.12.2019, ….
Die Feststellungen zur Eigentümerstruktur hinter der C. ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers, sind notorisch und bekannt aus Parallelverfahren und werden durch Firmenbuch und öffentliche Kundmachungen bekannt gemacht (im Internet etwa …).
Die Feststellung, dass J. K. über eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26 und §§ 111 f GewO) verfügt, ergibt sich aus seiner Aussage.
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem unzweifelhaft echten und richtigen Inhalten des Verwaltungsbehörden- sowie des Verwaltungsgerichtsaktes. Insbesondere ergeben sich etwa die Feststellungen zur Zustellung von Straferkenntnis und Aufforderung zur Rechtfertigung aus den Zustellnachweisen im Behördenakt.
Die Feststellungen bezüglich rechtskräftiger Vormerkungen ergeben sich aus Abfragen der VStV-Datenbank durch die belangte Behörde im Auftrag des Verwaltungsgerichts. Im Übrigen decken sich die entsprechenden Feststellungen mit jenen aus Parallelverfahren am Verwaltungsgericht Wien.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen vor, dass ihn an den ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen kein Verschulden treffe. Die Einhaltung der Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes sei sorgfältig ausgewählten, geschulten und kontrollierte Vertriebspartnern übertragen wurden. Die Vertragspartner würden strengen tabakmonopolrechtlichen Auswahlkriterien, Betriebs- und Standespflichten unterliegen. Die Übernahme und die Einhaltung der Verpflichtungen nach dem Wiener Wettengesetz sei zwischen der C. und den Vertriebspartnern vertraglich festgelegt und im Fall von Verstößen mit Sanktionen, die bis zur sofortigen Vertragsauflösung gingen, belegt. Die Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes würde bei den regelmäßigen Besuchen der Vertriebspartner durch Gebietsbetreuer der C. (ca. alle sechs bis acht Wochen) kontrolliert. Würden bei diesen Kontrollen Fehler oder Verstöße festgestellt, würden die Vertragspartner darüber umgehend aufgeklärt und aufgefordert, den rechtmäßigen Zustand ehebaldig herzustellen. Es seien Verfahrensmängel bezüglich des Parteiengehörs erfolgt; der Beschwerdeführer habe keine Möglichkeit zur Rechtfertigung gehabt. Es sei dem Beschwerdeführer kein tatbestandsmäßiges Handeln vorzuwerfen. Eine Identitätskontrolle schreibe § 19 Abs. 1 Wiener Wettengesetz nicht vor. Gemäß § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz wären die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 zweiter Fall sowie Abs. 2 bis 7 und 9 gar nicht anwendbar. Auch die Erfüllungsgehilfen und Angestellten des Beschwerdeführers seien immer davon ausgegangen. Die in der Betriebsstätte vorgefundenen Sitzgelegenheiten würden nicht den Wettkunden zur Verfügung gestellt werden. Der Wettabschluss erfolge ausschließlich beim Mitarbeiter der Tankstelle. Dieser Schalter sei deutlich an anderer Stelle situiert als die Sitzgelegenheiten. Es gäbe Kontrollmaßnahmen, Schulungen usw.
Einleitend ist zum eingewendeten Verfahrensmangel in Bezug auf die Aufforderung zur Rechtfertigung folgendes festzuhalten:
Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17.09.2019 wurde an die Meldeanschrift des Beschwerdeführers übermittelt. Am Rückschein ist ein Zustellversuch am 20.09.2019 und eine Hinterlegung beim Postamt sowie eine Verständigung in der Abgabeeinrichtung vermerkt. Das RSa-Schreiben ist als „nicht behoben“ an die Behörde zurückgesendet worden. Daraufhin erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 22.10.2019. Darin wird in der Begründung auch auf die wirksame Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung per Hinterlegung eingegangen. Dieses Straferkenntnis wurde an dieselbe Adresse gesendet wie die Aufforderung zur Rechtfertigung und einer Mitbewohnerin mit demselben Familiennahmen wie der Beschwerdeführer am 25.10.2019 übernommen. Mit E-Mail vom 15.11.2018 ersuchte der nunmehrige Beschwerdevertreter um Übermittlung einer Aktenabschrift/Akteneinsicht (auch) zur gegenständlichen Verfahrenszahl. Am 18.11.2019 hat ein Anwaltskanzleimitarbeiter eine Aktenkopie bei der belangten Behörde übernommen. In der Beschwerde vom 21.11.2019 wird erstmals der „Verfahrensmangel“ bezüglich der Aufforderung zur Rechtfertigung eingewendet. Darin wird auch vertreten, die Behörde habe zur nicht erfolgten Verständigung über eine allfällige Hinterlegung keine Ermittlungen gepflogen.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die Aufforderung zur Rechtfertigung tatsächlich wirksam zugestellt wurde und zwar gemäß § 17 Zustellgesetz durch Hinterlegung.
Der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 47 AVG in Verbindung mit § 292 Abs. 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (VwGH 01.04.2008, 2006/06/0243). Die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, er habe „von der Post keine Verständigung von der Aufhebung des Bescheides“ erhalten, ist nicht geeignet diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen, und für die Wirksamkeit der Zustellung ist es auch ohne Belang, ob ihm die Verständigung von der Hinterlegung in der Folge tatsächlich zugekommen ist oder nicht (vgl. § 17 Abs. 4 ZustG; VwGH 23.11.2016, 2013/05/0175).
Versäumt es die Verwaltungsstrafbehörde, dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben, könnte dies zwar einen Verfahrensfehler begründen, doch würde die Verletzung des Parteiengehörs durch die Behörde im Zuge des Rechtsmittelverfahrens dann saniert, wenn der Beschuldigte durch die ihm hierzu vom Verwaltungsgericht gebotenen Gelegenheit in seinem Recht auf Rechtfertigung nach Lage der Sache und in Ansehung der Entscheidung der Behörde nicht ungünstiger gestellt wird als dies bei einem vor der Behörde gewährtem Parteiengehör der Fall gewesen wäre. Eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die Behörde muss vom Beschuldigten zum Anlass genommen werden, im Rechtsmittel eine eigene Darstellung des der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltes vorzubringen und allenfalls Beweismittel für die Richtigkeit seiner Behauptungen anzubieten (Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 40 Rz 3).
Das Verwaltungsgericht hat in der gegenständlichen Sache zunächst schriftliches Parteiengehör eingeräumt, dann mit Ladung aufgefordert, Beweise und Tatsachen vorzubringen; es wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt und noch einmal schriftliches Parteiengehör eingeräumt. Eine Verfahrensrüge bezüglich verletzter Rechtfertigungs- oder Verteidigungsrechte ist im gesamten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach der Beschwerdeerhebung nicht mehr erfolgt. Der Beschwerdeführer hatte auch ausreichende Verteidigungsmöglichkeiten. Eine Verletzung seiner Rechte oder ein Verfahrensfehler durch die belangte Behörde liegt nicht vor. Wäre er vorgelegen, wäre er durch das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht saniert. Durch die umfassend gewährte Gelegenheit zur Rechtfertigung wäre der Verfahrensfehler geheilt.
In der Sache:
Das Wiener Wettengesetz lautet in der maßgeblichen Fassung LGBl. 40/2018 auszugsweise:
„Schutz für Wettkundinnen und Wettkunden(1) Die Teilnahme an einer Wette darf nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht werden.
(2) Die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer muss durch die Einrichtung eines geeigneten Kontrollsystems dafür sorgen, dass der Aufenthalt in Räumen einer Betriebsstätte nur volljährigen Personen ermöglicht wird, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises nachgewiesen haben. In Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers oder durch diese oder diesen selbst muss durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass bereits der Zutritt zur Betriebsstätte nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht wird.
(3) Die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer oder die verantwortliche Person hat die Identität (Name und Geburtsdatum) der Wettkundin oder des Wettkunden und die Daten des amtlichen Lichtbildausweises, mit dem die Identität nachgewiesen wurde, festzuhalten. Diese Informationen müssen sieben Jahre lang aufbewahrt werden.
(4) Vor dem Eingang zu Räumen, in denen eine Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ausgeübt wird, ist durch die Wettunternehmerin oder den Wettunternehmer oder die verantwortliche Person auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gut sichtbar und dauerhaft hinzuweisen.
(5) Jede Person kann sich von der Teilnahme an einer Wette in Betriebsstätten mit oder ohne Wettterminals selbst sperren lassen (Selbstsperre). Die Selbstsperre erfolgt durch schriftliche Mitteilung der in § 26 Abs. 4 Z 1 lit. a, c, d, f und g angeführten Daten an die Behörde oder an die Wettunternehmerin oder an den Wettunternehmer, die oder der diese Mitteilung unverzüglich an die Behörde weiterzuleiten hat. Diese schriftliche Mitteilung ist ab ihrem Einlangen bei der Behörde unwiderruflich.
(6) Eine Aufhebung der Sperre gemäß Abs. 5 ist frühestens nach zwei Jahren und nur auf Verlangen der gesperrten Person durch die Behörde möglich.
(7) Die Behörde hat jeder Wettunternehmerin und jedem Wettunternehmer einer Betriebsstätte mit oder ohne Wettterminals die Sperre nach Abs. 5 sowie deren Aufhebung samt Namen und Geburtsdatum der gesperrten Person mitzuteilen. Sämtliche Wettunternehmerinnen und Wettunternehmer haben durch geeignete organisatorische und betriebliche Maßnahmen sicherzustellen, dass gesperrte Personen in ihren Betriebsräumen nicht an Wetten teilnehmen können.
(8) In Betriebsstätten, in denen der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen stattfindet (ausgenommen in Gaststätten), gelten die Bestimmungen des Abs. 1 zweiter Fall sowie Abs. 2 bis 7 und 9 nicht, wenn
1.
das äußere Erscheinungsbild nicht dem eines Wettlokals entspricht,
2.
der Umsatz durch Handelstätigkeiten (Tabakwaren, Printmedien, etc.) den Umsatz durch den Abschluss von Wetten überwiegt,
3.
Wettkundinnen und Wettkunden nur ein kurzes Verweilen im Betrieb gestattet und ihnen keine Sitzmöglichkeit zur Verfügung gestellt wird,
4.
der Wetteinsatz pro Person und Aufenthalt im Betrieb 50 € nicht übersteigt,
5.
im Betrieb der Abschluss von Livewetten nicht angeboten wird und
6.
im Betrieb kein Wettterminal aufgestellt ist.
(9) Wurde wegen des Aufenthaltes einer oder mehrerer minderjähriger Personen in einer Betriebsstätte bereits zwei Mal eine Verwaltungsstrafe rechtskräftig verhängt, kann die Behörde die Schaffung einer geeigneten Zutrittskontrolle gemäß Abs. 2 2. Satz auch in Betriebsstätten mit ständiger Aufsicht anordnen. In dem Bescheid zur Anordnung der Maßnahme hat die Behörde eine angemessene Frist festzulegen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Ausübung der Bewilligung nur unter der Bedingung der Schaffung dieser Maßnahmen zulässig. Dieser Bescheid ist Teil des Bewilligungsbescheides.“
Unter anderem (vgl. § 3 Abs. 1 Z 17 EStG, § 13h Abs. 1 Z 2 lit. b AWG) handelt es sich bei der „Gaststätte“ gemäß § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz um einen tabakrechtlichen Begriff (§ 40 Tabakmonopolgesetz 1996 [TabMG]). Es handelt sich nicht um einen gewerberechtlichen Begriff (§ 94 Z 26 GewO: „Gastgewerbe“; „Gastgewerbebetriebe“ in § 112 Abs. 2c GewO). Eine unmittelbare Deckung ist hier nicht gegeben.
Bei der gegenständlichen Tankstelle handelt es sich unstrittig um eine Betriebsstätte der C. für ihre wettunternehmerische Tätigkeit als Buchmacherin. Es war dort aber kein Personal der C. dauerhaft beschäftigt.
Das Tabakmonopolgesetz lautet auszugsweise:
„Handel mit Tabakerzeugnissen
§ 5. […]
(2) Der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen ist, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, den Tabaktrafikanten vorbehalten. Kleinhandel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die entgeltliche Abgabe von Tabakerzeugnissen an Verbraucher im Monopolgebiet, die auf Grund eines Bestellungsvertrages erfolgt.
[…]
4. Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen
Tabaktrafiken
§ 23.
(1) Tabaktrafiken sind Geschäfte, in denen der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen betrieben wird. Die Inhaber von Tabaktrafiken sind Tabaktrafikanten.
(2) Ein Tabakfachgeschäft ist eine Tabaktrafik, die ausschließlich Tabakerzeugnisse oder neben Tabakerzeugnissen andere im Abs. 3 angeführte Waren nur in einem solchen Umfang führt, daß der Charakter eines Tabakfachgeschäftes gewahrt bleibt.
(3) Der Inhaber eines Tabakfachgeschäftes darf, falls er die hiezu erforderlichen Berechtigungen besitzt,
1.
Postwertzeichen und Fahrscheine für öffentliche Verkehrsmittel und Parkscheine verkaufen,
2.
eine Lotto- und Totoannahmestelle betreiben sowie Spielanteile von Lotterien und Tombolaspielen vertreiben,
3.
Rauchrequisiten, Papier- und Schreibwaren, Galanteriewaren, Lederwaren, Reiseandenken, Zeitungen und Zeitschriften, Ansichts- und Spielkarten (Nebenartikel) verkaufen,
wenn nach Art und Umfang dieser Tätigkeiten der Charakter eines Tabakfachgeschäftes gewahrt bleibt. Die Monopolverwaltung GmbH kann im Einvernehmen mit dem Bundesgremium der Tabaktrafikanten weitere Waren als Nebenartikel und bestimmte Dienstleistungen zulassen.
(4) Pro Bundesland können jeweils ein, in Wien maximal zwei Tabakfachgeschäfte, die als Schulungstrafik vorgesehen sind (§ 27 Abs. 2 Z 2), eingerichtet werden. Diese sind im Bestellungsvertrag als „Tabakfachgeschäft zu Schulungszwecken“ zu bezeichnen und haben für Trafikbewerber Ausbildungsmaßnahmen anzubieten.
(5) Andere Tabaktrafiken als Tabakfachgeschäfte gelten als Tabakverkaufsstellen.
Verkauf von Tabakerzeugnissen in Gaststätten(1) Inhaber einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994 oder zur Ausübung der Tätigkeit gemäß § 111 Abs. 2 Z 2, 3, 4 oder 5 der Gewerbeordnung 1994, die keine mit diesen Gewerben in Verbindung stehende Tabaktrafik führen, sind berechtigt, Tabakerzeugnisse, die sie in einer Tabaktrafik zu den Kleinverkaufspreisen eingekauft haben, innerhalb ihrer Betriebsräume, einschließlich der Gastgärten, an ihre Gäste zu verkaufen; für den Verkauf können auch Automaten verwendet werden. Das gleiche gilt für die zur Ausübung des Buschenschankes im Sinne der Begriffsbestimmungen des § 2 Abs. 9 der Gewerbeordnung 1994 Berechtigten für die Dauer des Ausschankes.
(2) Wird eine der im Abs. 1 angeführten gastgewerblichen Tätigkeiten am selben Standort neben anderen Gewerben ausgeübt, so gilt Abs. 1 nur, wenn die Betriebsräume, in denen die gastgewerblichen Dienstleistungen erbracht werden, den Charakter eines Gastgewerbebetriebes aufweisen.
(3) Die im Abs. 1 bezeichneten Personen dürfen die Tabakerzeugnisse nur zu Preisen verkaufen, die um mindestens zehn Prozent über den Kleinverkaufspreisen liegen.“
Die für Tabaktrafiken normierte Ausnahmeregelung gemäß § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz kommt für Tankstellen nicht in Betracht. Der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen mag hier (grundsätzlich) zulässigerweise stattfinden (können), allerdings stützt sich diese Befugnis nicht auf die Eigenschaft einer Tankstelle als Tabaktrafik, sondern gemäß § 40 TabMG auf den in vielen Tankstellenshops integrierten Gastgewerbebetrieb, für den der Wortlaut des § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz ausdrücklich eine Ausnahme vorsieht. Unabhängig vom in sechs Ziffern gefassten Kriterienkatalog greift in solchen Gaststätten nicht die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz. In einer solchen Betriebsstätte sind (u.a. auch) die Verpflichtungen des § 19 Abs. 1, 2 und 4 Wiener Wettengesetz ohne weiteres uneingeschränkt anwendbar (arg. „ausgenommen in Gaststätten“; vgl. dazu ErläutRV BlgLT 7/2018 zu § 19 Abs. 8, Seite 13 f).
In Österreich können Tabakerzeugnisse grundsätzlich in Trafiken (diese betreiben mitunter auch Automaten) sowie (insbesondere) in Restaurants, Bars, Discos, Buschenschanken/ „Heurigen“ und Tankstellen erworben werden. Anders als in anderen Ländern ist ein Erwerb an der Supermarktkasse (Handelsgewerbe) nicht möglich. Eine Tankstelle kann eine Gaststätte ist TabMG sein. § 40 TabMG knüpft explizit an eine Gastgewerbeberechtigung („Inhaber einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes“) an. Eine Gastgewerbeberechtigung ist für Restaurants, Bars und Discos erforderlich; Buschenschank ist vom Anwendungsbereich der GewO gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 und Abs. 9 GewO ausgenommen; wobei dieser Betriebstyp durch § 40 Abs. 1 TabMG ausdrücklich mit den anderen Gaststättentypen gleichgestellt ist.
Der Pächter der gegenständlichen Tankstelle verfügt über eine solche Gewerbeberechtigung (alleine darauf kommt es nach § 40 Abs. 1 TabMG an; auf den exakten Betriebsstättentyp aus Sicht der GewO [§§ 74 ff GewO] kommt es nicht an. Andernfalls wäre der Pächter der gegenständlichen Tankstelle zum Verkauf von Tabakerzeugnisse gar nicht berechtigt. Eine solche rechtswidrige Tätigkeit liegt aber nicht vor (die Übertretung des § 40 TabMG wäre gemäß § 42 TabMG als Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 2 Finanzstrafgesetz zu bestrafen).
Im Übrigen ist die Annahme, dass ein Gastgewerbe, wenn es nicht mehr als acht Verabreichungsplätze gäbe, nicht vorliege im Hinblick § 112 Abs. 2c GewO offenkundig verfehlt. Es wird mit dieser Bestimmung ausdrücklich eine Erleichterung für Gastgewerbebetriebe normiert, wenn nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen oder Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden. Diese Ausnahmeregelung wäre gar nicht nötig, wäre es bei dieser Platzzahl ohnehin kein Gastgewerbebetrieb. Schließlich ist anzumerken, dass sich aus der Fotodokumentation der Amtshandlung zum Tatzeitpunkt elf Sitzmöglichkeiten vorhanden waren.
Die gegenständliche Tankstelle ist keine Trafik; sie ist eine Betriebsstätte und Gaststätte iSd § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz, schon deshalb ist die Ausnahme vom Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 – 4 nicht anwendbar.
Im Übrigen ist aber auch offenkundig den Wettkundinnen nicht nur ein kurzes Verweilen im Betrieb gestattet und ihnen werden Sitzmöglichkeit zur Verfügung gestellt (§ 19 Abs. 8 Z 3 Wiener Wettengesetz).
Es bestand unzweifelhaft eine allgemeine Zugänglichkeit und Nutzungsmöglichkeit der Sitzmöglichkeiten für alle Kunden der Tankstelle somit auch der Betriebsstätte iSd Wiener Wettengesetzes. Auch für Wettkunden standen die Sitzmöglichkeiten zur Verfügung (vergleichbar ist diese Maßgeblichkeit der faktischen Verhältnisse bezüglich Nutzung/Zugang etwa auch die Definition von Straße oder Gehsteig iSd StVO, die ebenfalls darauf abstellen, ob es einen allgemeinen/offen Personenkreis gibt, der von der faktischen Nutzung[-smöglichkeit] nicht ausgeschlossen ist). Im Übrigen gab auch der Zeuge K. an, dass auch Laufkundschaft, die keine Tankstellenprodukte im engeren Sinn erwirbt, im Lokal konsumiert und verweilt.
Insbesondere befanden sich die Sitzmöglichkeiten auch unmittelbar im Aufstellbereich der Kunden-/Produktinformation (Tischaufsteller/„Dispenser“ mit Wettscheinen und Wettreglement sowie Aufsteller für Lotterienprodukte [Lotto, Toto, Brieflos]). Dass gar keine Wettkunden Platz nehmen würden, ist nicht nachvollziehbar. Nach der Lebenserfahrung ist anzunehmen, dass in einer Tankstelle sowohl Autofahrer/Verkehrsteilnehmer als auch sonstige Kunden verweilen. Das ist insbesondere bei Vorhandensein eines Gastronomie- und Handelswarenangebotes (im Stile eines kleinen Supermarktes/Geißlers) der Fall. Im Übrigen ändert hier auch nichts ein heimisches Ausfüllen von Wettscheinen und ein heimisches Studieren von Wettprogrammen und Sportveranstaltungsankündigungen und -berichterstattungen nichts. Beim Abholen des Wettscheines, wie beim Zurückbringen/Abgeben des Wettscheines zwecks Wettabschluss ist die Sitzmöglichkeit in der Betriebsstätte gegeben. Eine Recherche über das Wettangebot – wie vom Beschwerdeführer dargestellt – ist durch weit verbreitete Smartphones und mobile Internetnutzung nicht an das Zuhause des Wettkunden gebunden. Ein Wettabschluss war daher auch unmittelbar/durchgehend in der Betriebsstätte möglich.
Alle Waren und Leistungen, die in der Tankstelle angeboten bzw. gehandelt wurden, waren entweder in unmittelbar nebeneinander ohne irgendeine Abgrenzung oder überhaupt in gemeinschaftlich genutzten Einrichtungsbestandteilen, wie der Kassa, über die sämtliche Geschäftsfelder (Shop mit Warenhandel, Gastronomie, Wetten, Lotto/Toto, Tabakerzeugnisse, Tankstellenprodukte/Leistungen) abgewickelt wurde, bereitgehalten.
Ob der Gesamtvorgang der Wettabgabe (Wettschein holen, ausfüllen, abgeben) im Sitzen oder Stehen bzw. durchgehend in der Betriebsstätte abläuft oder nicht, spielt im Übrigen auch keine Rolle aus Sicht des § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz. Im Übrigen muss ein Wettkunde nach dem Tatbestand des § 19 Abs. 8 Z 3 Wiener Wettengesetz das Lokal/die Betriebsstätte nicht ausschließlich zum Wetten aufsuchen, er kann auch zusätzlich Tabakerzeugnisse, Kaffee/Gastronomieangebote und Tankstellenprodukte im engeren/eigentlichen Sinn (Treibstoff, Autowäsche usw.) konsumieren. Dass nimmt ihm aber nicht den Charakter als Wettkunde iSd § 19 Abs. 8 Z 3 Wiener Wettengesetz. Dass eine Kontrolle der Personen in der Tankstelle/im Tankstellenshop dahingehend, was genau sie konsumieren würden, bevor/während sie Sitzmöglichkeiten nutzen, erfolgen würde, ist nicht erfolgt und wurde auch nicht behauptet. Vielmehr wurde von J. K. eine großzügigere Handhabung angedeutet, als er angab, dass Personen aus dem naheliegenden Park (Grillplatz) und andere Laufkundschaft, die mit dem Tankstellenangebot im engeren Sinn nichts zu tun hat, ebenfalls das Lokal aufsucht – insbesondere wies er darauf hin, dass die WC-Anlage nicht durch ein Drehkreuz (nur für Tankstellenkunden oder zahlende Gäste bzw. Entgelt) gesichert wäre – und zur Konsumation von Gastronomieangeboten in der Betriebsstätte verweilt und dabei auch die Sitzmöglichkeiten nützt.
Im Übrigen ist es ein allgemeiner Grundsatz Ausnahmebestimmungen eng auszulegen (VwGH 31.03.2006, 2005/02/0305; 10.12.2009, 2009/09/0080; 10.12.2014, Ra 2014/09/0036; VwSlg. 18.407 A/2012).
Bezüglich des für Trafiken gedachten Ausnahmetatbestandes (§ 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz) ist vom Regelungszweck (beschränkte Ausnahme von Maßnahmen des Jugend- und Spielerschutzes) her zu bedenken, dass in einer Trafik aufgrund der üblichen Größe des Lokals es ohne weiteres möglich, neben dem Verkauf von Tabakerzeugnissen bzw. Tabakwaren einen Wettterminal oder andere Einrichtungen, die dem Abschluss von Wetten dienen (Wettprogramm, Wettscheine in der Trafik) zu überblicken. Bei einer Trafik ist der Verkäufer regelmäßig an seinem Platz bei der Kasse, von wo aus er das gesamte Lokal überblicken kann. Freilich kann und soll der Ausnahmetatbestand nicht überall greifen, wo (quasi nebenbei) auch Tabakerzeugnisse verkauft werden. Der Einleitungssatz des § 19 Abs. 8 nimmt ausdrücklich Gaststätten von der Ausnahme aus. Aufgrund der dort regelmäßig größeren Räumlichkeit oder auch unterschiedlicher Raum- und Tätigkeitskonzepte, die es erfordern, dass die anwesende Person, über die der Wettabschluss und eine Überwachung von Wettabgaben erfolgen sollte, nicht dauerhaft den gesamten Betrieb und so auch nicht eine Wettabgabe durch Dritte zu überwachen kann, weil sie eben auch nicht dauerhaft bzw. fast durchgehend so im Lokal positioniert ist, dass sie alles überwachen könnte. Die unterschiedliche Behandlung von Trafiken und Tankstellen ist sachgerecht und logisch. Aus Sicht der verfolgten öffentlichen Interessen und des Regelungszwecks ist die Abstufung sachlich gerechtfertigt.
Auf den Charakter der Sitzmöglichkeiten (Wettkunden zur Verfügung oder nicht) kommt es freilich gar nicht an, soweit bereits durch das Vorliegen einer Gaststätte die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz und die dort in mehreren Ziffern normierten Kriterien der Ausnahmebestimmungen gar nicht relevant sind. Das ist gegenständlich der Fall.
Sofern der Beschwerdeführer sich darauf beruft, er sei immer davon ausgegangen, dass gemäß § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 zweiter Fall sowie Abs. 2 bis 7 und 9 gar nicht anwendbar wären, stellt sich hinsichtlich der drei gegenständlichen Übertretungen – § 19 Abs. 1, Abs. 2 2. Satz und Abs. 4 – gar nicht mehr die Frage eines wirksamen Kontrollsystems, weil eben die Einhaltung der konkreten Bestimmungen gar nicht für erforderlich gehalten wurde. Die Kündigung des Vertrages zwischen der C. und dem Inhaber der gegenständlichen Betriebsstätte (Tankstellenpächter) J. K. erfolgte nicht wegen eines von ihm zu verantwortenden Verstoßes gegen das Wiener Wettengesetz. Der Beschwerdeführer bzw. sei Unternehmen sah schließlich auch keinen Verstoß/keine Übertretung. Es erfolgten in den Wiener Vertriebsstellen der C. flächendeckend und ausnahmslos Kündigungen der Tankstellen-Annahmestellen-Verträge. Eine Strafmaßnahme im Rahmen eines Kontrollsystems lag somit nicht vor.
§ 19 Abs. 1, 2 und 4 Wiener Wettengesetz waren im Beschwerdefall anwendbar. Diese Vorschriften wären einzuhalten gewesen, was nicht erfolgt ist. Die drei Übertretungen liegen somit vor:
Die Teilnahme an einer Wette darf gemäß § 19 Abs. 1 Wiener Wettengesetz nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht werden. Dies erfordert spätestens vor der Teilnahme an der Wette (Wettabgabe) eine Identitätskontrolle und eine Kontrolle dahingehend, ob eine Sperre vorliegt ist. Dies erfordert mehr als eine Gesichtskontrolle oder grobe Alterseinschätzung hinsichtlich der Volljährigkeit; schließlich ist eine Spielersperre auch nicht aus einem amtlichen Lichtbildausweis ableitbar. Erforderlich ist damit eine Systemanbindung und Systemabfrage an das Netzwerk des Wettunternehmens. Der Wettabschluss im Zuge der Amtshandlung war ohne Kontrolle der Person des Kontrollorgans möglich. Alter und Bestehen einer Selbstsperre wurden nicht geprüft. Der Hinweisaufkleber „Spielteilnahme ab 18 Jahren!“ ist jedenfalls keine geeignete oder ausreichende Maßnahme, um § 19 Abs. 1 Wiener Wettengesetz einzuhalten.
Im Beschwerdefall ist der objektive Tatbestand des § 19 Abs. 1 Wiener Wettengesetz erfüllt.
Nach § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz idF LGBl. 40/2018 muss die Wettunternehmerin durch die Einrichtung eines geeigneten Kontrollsystems dafür sorgen, dass der Aufenthalt in Räumen einer Betriebsstätte nur volljährigen Personen ermöglicht wird, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises nachgewiesen haben. In Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder durch diese selbst muss durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass bereits der Zutritt zur Betriebsstätte nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht wird.
Die Erläuterungen zur Gesetzesnovelle lauten auszugsweise wie folgt:
„[…] Schutzzweck des Gesetzes bleiben der Jugendschutz, der Schutz vor Wettsucht sowie die Prävention von Geldwäsche. Das Gesetz ist unter Berücksichtigung dieser wesentlichen öffentlichen Interessen auszulegen und eine Umgehung der Bestimmungen auf Kosten dieser Ziele darf nicht möglich sein.
[…]
§ 19 Abs. 2 regelt die Aufenthalts- und Zutrittsbeschränkungen und stellt dabei darauf ab, ob in der Betriebsstätte eine ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder durch diese selbst (in Folge: Ständige Aufsicht) besteht: In Räumen einer Betriebsstätte mit ständiger Aufsicht ist der Aufenthalt nur volljährigen Personen gestattet. Demgegenüber ist in Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht bereits der Zutritt nur volljährigen sowie auch nicht gesperrten Personen zu gewähren.
In Betriebstätten mit ständiger Aufsicht hat die Wettunternehmerin daher dafür Sorge zu tragen, dass Minderjährige sich nicht in der Betriebsstätte aufhalten. Wie konkret die Wettunternehmerin dieser Verpflichtung nachkommt, bleibt ihr überlassen (z.B. verpflichtende Kontrolle durch das anwesende Personal, Schranken im Eingangsbereich etc.). Als Aufenthalt im Sinne dieses Gesetzes ist die zeitlich kurzfristige Anwesenheit in der Betriebsstätte nach Betreten bis zur unmittelbar zu erfolgenden Entfernung anzusehen. In dieser Zeit darf die minderjährige Person in keiner Form an Wetttätigkeiten teilnehmen (weder zusehen, noch selbst wetten). Dass junge Menschen (das sind Menschen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) sich nicht in Wettbüros aufhalten dürfen, wird bereits in § 9 Abs. 1 Wiener Jugendschutzgesetz 2002 geregelt. Auch nach dem Wiener Wettengesetz ist der Aufenthalt von Jugendlichen in einer Betriebstätte nun jedenfalls verboten.
Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht müssen durch geeignete Maßnahmen (beispielsweise durch den Abgleich biometrischer Daten) gegen den Zutritt durch gesperrte und minderjährige Personen geschützt sein. Zutritt im Sinne dieses Gesetzes ist das über den unmittelbaren Eingangsbereich hinausgehende Betreten der Betriebsstätte. Das bedeutet, dass die elektronische Kontrolle bereits unmittelbar nach Durchschreiten der Eingangstür bzw. des Eingangsportals zu erfolgen hat.“
Nach den Erläuternden Bemerkungen bleibt es der Wettunternehmerin in Betriebsstätten mit ständiger Aufsicht überlassen, wie konkret sie der Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass Minderjährige sich nicht in der Betriebsstätte aufhalten, nachkommt. Als Beispiel wird in den Erläuternden Bemerkungen etwa eine „verpflichtende Kontrolle durch das anwesende Personal“ angeführt. Dadurch hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wettunternehmerin bzw. die verantwortliche Person die Kontrollen nicht eigenhändig vornehmen muss, sondern diese insbesondere auch durch geeignete andere Personen unmittelbar durchgeführt werden können. Unter dem Begriff „anwesendes Personal“ in den Erläuternden Bemerku