TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/9 W165 2233151-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §61 Abs1 Z1
FPG §61 Abs2
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W165 2233150-1/9E
W165 2233151-1/9E
W165 2233152-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX und 3.) XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, alle StA. Syrien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.07.2020, Zlen. 1.) 1261709902-200219617, 2.) 1261709706-200219684 und 3.) 1261709804-200219668, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1), und ihre beiden volljährigen Töchter, die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2 und BF3), Staatsangehörige Syriens, stellten nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.02.2020 Anträge auf internationalen Schutz.

Laut EURODAC-Abfrage hatten die BF bereits am 09.11.2016 in Griechenland Asylanträge gestellt (EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie „1“ zu Griechenland).

Im Zuge der polizeilichen Erstbefragung am 26.02.2020 gab die BF1 an, dass sie keine an der Einvernahme hindernden oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigenden Beschwerden oder Krankheiten habe. Sie könne der Einvernahme ohne Probleme folgen. Sie habe ihren Herkunftsstaat am 10.09.2016 illegal zu Fuß in die Türkei verlassen und sei mit einem Schlauchboot weiter nach Griechenland gelangt (drei Jahre Aufenthalt) und schließlich per Flugzeug nach Österreich gereist. Ihre ID-Karte und einen bis 04.04.2020 gültigen Aufenthaltstitel habe sie in Österreich vernichtet. „Griechenland ist ein gutes Land“. Sie hätten ein Asylrecht gehabt, jedoch wäre ihr Aufenthaltstitel am 04.04.2020 abgelaufen. Die Behörden hätte sie gefragt, ob sie um Verlängerung ansuchen würden wollen. Sie hätten dies abgelehnt, da ihr Einkommen sehr niedrig gewesen sei. Im Falle einer Verlängerung hätten sie für sich selbst sorgen und arbeiten gehen müssen. Nach dem Stadium des Asylverfahrens und der erhaltenen Unterlagen befragt, gab die BF1 an, dass sie einen Landesverweis erhalten hätten, nachdem sie um Weiterreise ersucht hätten. Ihr Ziel sei Österreich gewesen. In Österreich habe sie eine ca. 44 Jahre alte Tochter. Sie hätten sich vom 18.09.2016 bis 22.02.2020 in Griechenland aufgehalten. Auf Frage, was sie noch über das Land der Asylantragstellung angeben könne, antwortete die BF1: „Nichts“. Nach gegen eine Rückkehr nach Griechenland sprechenden Gründen befragt, gab die BF1 zu Protokoll: „Ich möchte nicht zurück“. Sie habe in keinem anderen Land ein Visum oder einen Aufenthaltstitel erhalten.

Die ebenfalls am 26.02.2020 einer polizeilichen Erstbefragung unterzogene BF2 und BF3 erstatteten hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes, der Reiseroute und zu Griechenland mit den Angaben der BF1 übereinstimmende Angaben. „Griechenland ist ein gutes Land“. Die griechischen Behörden hätten in Österreich nachgefragt, ob sie nach Österreich weiterreisen dürften. Die Antwort Österreichs sei negativ gewesen. Dessen ungeachtet hätten sie Asylstatus in Griechenland erhalten. In Österreich lebe ihre ca. 44 Jahre alte Schwester. Die Frage, was sie noch über das Land der Asylantragstellung angeben könne, wurde mit „nichts“ beantwortet. Gegen eine Rückkehr nach Griechenland sprechenden Gründen gaben die BF1 und die BF2 ebenfalls an: „Ich möchte nicht zurück“.

Mit Schreiben vom 04.03.2020 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), ein Informationsersuchen gemäß Art. 34 Dublin III-VO an Griechenland.

Nach zweimaliger Urgenz teilte die griechische Dublin-Behörde dem BFA mit per E-Mail übermitteltem Schreiben vom 05.06.2020 mit, dass die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), am 09.11.2016 in Griechenland um internationalen Schutz angesucht hätten. Die BF hätten keine Identitätsdokumente vorgelegt. Den BF sei in erster Instanz am 04.04.2017 der Status anerkannter Flüchtlinge zuerkannt worden und hätten diese Aufenthaltsbewilligungen, gültig von 04.04.2017 bis 04.04.2020, erhalten. Die BF hätten nicht um Erneuerung ihrer Aufenthaltsbewilligungen angesucht. Die BF hätten vom 07.11.2018 bis 06.11.2023 gültige Reisedokumente erhalten.

Am 23.03.2020 stellten die BF über den Verein Menschenrechte Österreich Anträge auf unterstützte freiwillige Rückkehr nach Griechenland und wurde den BF mit Schreiben des BFA vom 01.04.2020 die Übernahme der Heimreise- bzw. Ausreisekosten, Gültigkeit der Zustimmung bis 30.09.2020, zugesichert. Ergänzend wurde angemerkt, dass im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen betreffend Covid-19 die Gültigkeit der Genehmigung der Kostenübernahme bis auf Widerruf auf sechs Monate ausgeweitet werde.

Am 01.07.2020 erfolgte eine Einvernahme der BF1 vor dem BFA. Sie fühle sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren. Die BF1 bejahte die Frage, ob sie sich derzeit in ärztlicher Betreuung bzw. Therapie befinde. Sie habe Herzprobleme und eine Zuckererkrankung. Nachgefragt, sei sie beim Arzt im Lager in Behandlung und drei Mal dort gewesen. Er habe ihr Tabletten gegeben. Zur Zeit nehme sie Bisoprol Accord 10 mg und Amlodipin 5 mg Tabletten, Furon 40 mg und Metformin 1000 mg. ein. Befragt, ob sie auch in Griechenland bezüglich Herzproblemen und Zucker behandelt worden sei, antwortete die BF1: „Die Ärzte dort waren auch sehr gut, ja ich wurde behandelt“. Diese Erkrankungen habe sie bereits in der Heimat gehabt. Ihr Ehemann, von welchem sie entgegen ihrer Angabe in der Erstbefragung nicht geschieden sei, lebe seit ca. zwei Jahren in Deutschland. In Österreich habe sie eine 46jährige Tochter, die als Asylberechtigte seit fünf Jahren mit ihren drei Kindern in Österreich lebe. Sie würden ihre Tochter immer am Wochenende besuchen. Manchmal würden sie dort übernachten. Ihre Tochter begleite sie manchmal ins Lager zurück. Vor drei Tagen habe sie ihre Tochter zuletzt gesehen. Bei ihrer Ankunft nach Österreich hätten sie zwei Wochen bei ihrer Tochter gewohnt. Aus Platzmangel seien sie ins Lager gekommen. Das Bestehen finanzieller oder sonstiger Abhängigkeiten zur Tochter wurde verneint. Ihre Tochter gebe ihnen kein Geld, sie gebe ihnen nur zu essen. Sie seien ab 2016 bis zur Einreise nach Österreich im Februar 2020 in Griechenland aufhältig gewesen. Sie seien in Griechenland untergebracht und versorgt gewesen. Bis zu ihrer Ausreise seien sie in mehreren Flüchtlingslagern untergebracht gewesen und dort auch versorgt worden. Sie seien anerkannte Flüchtlinge gewesen und hätten auch einen Aufenthaltstitel erhalten. Diesen habe sie, wie auch ihren Konventionsreisepass, der noch zwei Jahre gültig gewesen wäre, vernichtet. Auf Hinweis, dass im Hinblick auf die Gewährung internationalen Schutzes in Griechenland eine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet beabsichtigt sei, erklärte die BF1, dass sie nicht nach Griechenland zurückgehe. Sie seien aus dem Lager geschmissen worden und hätten keine finanzielle Unterstützung bekommen. Dies sei vor ca. vier Monaten gewesen. Dann seien sie zehn Tage in einem Hotel gewesen. Auf Vorhalt, in der Erstbefragung angegeben zu haben, dass sie die Verlängerung des Aufenthaltstitels in Griechenland abgelehnt hätten, wurde dies verneint. Sie hätte gesagt, dass sie aus dem Lager geworfen worden seien und dann im Hotel gewohnt und 450,-- EURO bezahlt hätten. Auf weiteren Vorhalt, angegeben zu haben, im Falle einer Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung arbeiten zu müssen und auf Nachfrage, ob dies der Grund für das Verlassen Griechenlands gewesen sei, wurde dies in Abrede gestellt. Der Grund sei gewesen, dass sie aus der Unterkunft geworfen worden seien. Nachgefragt sei ihnen der Rauswurf aus dem Lager mittels Schreibens eines Bezirksamtes im Dezember 2019 mitgeteilt worden, demzufolge die Versorgung zu Ende gehe. Sie könnten kein Griechisch und dadurch keine Arbeit finden. Der Grund, Griechenland zu verlassen, sei gewesen, dass sie kein Einkommen und keine Unterkunft gehabt hätten, weswegen sie hierhergekommen seien. Sie wolle nicht nach Griechenland, da die Lage dort sehr schlecht sei.

Im Zuge der Einvernahme wurde ein in englischer Sprache abgefasstes Schreiben des UNHCR vom Dezember 2019 mit dem Titel „Information über die Beendigung der Unterbringung infolge Gewährung internationalen Schutzstatus“ vorgelegt. Im Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass die Leistungen des Programmes ESTIA (Unterbringung und finanzielle Unterstützung) grundsätzlich für einen Zeitraum von sechs Monaten ab Einräumung des Schutzstatus fortgesetzt würden. Die BF wurden informiert, dass die Berechtigung zum Bezug von Leistungen aus dem ESTIA Programm mit Datum 31.12.2019 ende und die durch das ESTIA-Programm zur Verfügung gestellte Unterkunft zu verlassen sei. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass die ersten Schritte nach Auslaufen des ESTIA Programms durch Fortführung der finanziellen Hilfe für weitere drei Monate unterstützt würden. Unter einem wurde auf die Informationen betreffend den Zugang zum griechischen Wohlfahrts- bzw. Sozialhilfesystem verwiesen und der entsprechende Internetlink des UNHCR angegeben. Weiters wurden die BF dahingehend informiert, dass sie in das von der International Organization for Migration (IOM) abgewickelte Integrationsprogramm HELIOS aufgenommen würden, vorausgesetzt, dass die ESTIA-Unterkunft fristgerecht verlassen werde. Nähere Informationen zu Kriterien und Leistungen des Programms HELIOS würden zeitnah ergehen.

Die BF bestätigten durch ihre Unterschrift, dass sie den Inhalt der ihnen zugänglich gemachten Information anerkennen würden und verstanden hätten.

Dem Schreiben des UNHCR war eine von den BF unterfertigte Erklärung angeschlossen, dass sie die Unterkunft infolge Verlustes der Anspruchsberechtigung zum vorgegebenen Termin verlassen würden. Die Erklärung enthielt die Unterschrift und Bestätigung des eingeschrittenen Dolmetschers, dass der Inhalt des Dokuments den BF in einer ihnen verständlichen Sprache kommuniziert worden sei.

Die ebenfalls am 01.07.2020 vor dem BFA einvernommene BF2 und BF3 gaben zu ihrem Gesundheitszustand an, dass sie weder in ärztlicher Behandlung stünden noch Medikamente einnehmen würden und machten im Wesentlichen mit den Angaben ihrer Mutter übereinstimmende Angaben. Finanzielle oder sonstige Abhängigkeiten zu ihrer in Österreich lebenden Schwester würden nicht bestehen. Kontakt zur Schwester bestehe wöchentlich am Wochenende. Sie seien in Griechenland untergebracht und versorgt worden. Sie seien in verschiedenen Flüchtlingslagern, zum Schluss in einer Unterkunft in Saloniki, gewesen. Sie seien aus der Unterkunft geschmissen worden und hätten kein Geld mehr bekommen. Sie hätten 450,-- EURO erhalten und hätten sich privat eine Unterkunft für 450,-- EURO genommen. Sie hätten kein Geld mehr gehabt und sich entschlossen, zur Schwester nach Österreich zu kommen. Da es bei der Schwester zum Wohnen zu eng gewesen wäre, hätten sie um Asyl angesucht. Es hätte keine Möglichkeit gegeben, die Sprache zu erlernen und ohne Sprache sei es nicht möglich gewesen, eine Arbeit zu finden. Die BF3 bemerkte darüber hinaus, dass Griechenland allgemein sehr schön sei, dass es ihr in Griechenland sonst gut gefallen habe, sie jedoch zum Schluss keine Unterkunft und kein Einkommen gehabt hätten.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die BF nach Griechenland zurückzubegeben hätten (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Griechenland wurden im angefochtenen Bescheid wie folgt zusammengefasst (unkorrigiert):

Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 4.10.2019

Das griechische Asylverfahren besteht im Wesentlichen aus einem Verfahren für nach dem 7. Juni 2013 gestellte Anträge. Die griechische Asylbehörde führt es dezentral in ihren Regional Asylum Offices (RAO) oder den Asylum Units (AU) durch. Zusätzlich existiert noch ein Verfahren für Anträge, die vor dem 7. Juni 2013 gestellt wurden (Altfälle). Außerdem wird derzeit auf den griechischen Ägäisinseln Lesbos, Chios, Samos, Leros, Rhodos und Kos ein Fast-Track-Verfahren praktiziert. Bedingt durch das Abkommen mit der Türkei, wird bei Personen, die nach dem 20. März 2016 auf den Inseln ankommen sind, mittels jenes Fast-Track-Verfahrens festgestellt, ob ihr Antrag zulässig ist, oder ob sie in die Türkei zurückkehren müssen. (Für zusätzliche Informationen siehe Abschnitt 6.2 Unterbringung auf den Ägäischen Inseln (Hotspots)). Es existieren in allen Verfahren Beschwerdemöglichkeiten (bei unterschiedlichen Rechtsmittelfristen) mit aufschiebender Wirkung (AIDA 3.2019; für ausführliche Informationen zum Asylverfahren siehe folgende Quellen: AIDA 3.2019; vgl. MCP o.D.a; MCP o.D.b; USDOS 13.3.2019).

2019 gab es in Griechenland bis 30. Juni 30.443 Asylanträge (VB 21.8.2019).

Internationale Organisationen, NGOs und Menschenrechtsaktivisten äußern sich besorgt über Probleme im griechischen Asylsystem, einschließlich Schwierigkeiten bei der Antragstellung und bezüglich der Sorgfalt bei der Prüfung der Anträge und Beschwerden; des Mangels an geeigneten Empfangszentren und Personal; der unhygienischen Zustände; der Überbelegung; unzureichender Wohlfahrts-, Integrations-, Beratungs-, Rechts- und Dolmetscherdienste; Diskriminierung; sowie Inhaftierung in überfüllten Reception and Identification Centres (RIC) (USDOS 13.3.2019; vgl. AIDA 3.2019; CoE-CommDH 6.11.2018; HRW 17.1.2019; UNHCR 4.2019).

Berichten zufolge wendet Griechenland immer wieder sogenannte Pushbacks an, besonders beim Fluss Evros, der die natürliche Grenze zwischen Griechenland und der Türkei bildet, um Migranten vom griechischen Territorium fernzuhalten. Berichte verweisen auf die systematische Gewaltanwendung durch Strafverfolgungsbehörden im Grenzgebiet Evros, gefolgt von illegaler Abschiebung von Personen, ohne dass sie einen Asylantrag stellen können (GHM/MRG/OMCT/SOKADRE 6.2019; vgl. CoE-CommDH 6.11.2018; CoE-PACE 8.6.2019; AIDA 3.2019; DZ 24.3.2019). In diesem Zusammenhang wurde keine ordnungsgemäße offizielle Untersuchung eingeleitet. Eine vom Ombudsmann eingeleitete Untersuchung von Amts wegen vom Jahr 2017 ist immer noch nicht abgeschlossen (AIDA 3.2019; vgl. GHM/MRG/OMCT/SOKADRE 6.2019). Es gibt auch Berichte über Push-Backs, Gewalt, Diebstähle und Misshandlung durch uniformierte und maskierte Truppen ohne erkennbare Insignien (CoE-PACE 8.6.2019; vgl. GHM/MRG/OMCT/SOKADRE 6.2019). Es kommt zu rassistischen Angriffen auf Flüchtlinge, Migranten und deren Verteidiger. Auf den Inseln nimmt die fremdenfeindliche Rhetorik in den lokalen Gemeinschaften zu. Eine Polizeistatistik vom März 2018 zeigt einen deutlichen Anstieg an Hassverbrechen im Vergleich zum Vorjahr (UNHCR 21.3.2019; vgl. CoE-CommDH 6.11.2018; HRW 17.1.2019; EK 7.9.2018; BPB 30.3.2019).

Seit Mai 2019 verzeichnet Griechenland einen unerwarteten Anstieg von Geflüchteten, die aus der Türkei eingereist sind (DZ 9.8.2019). Einem Bericht vom Juli 2019 zufolge waren die Kapazitäten in den Hotspots erneut auf Rekordniveau, die Ankünfte überstiegen die Transfers auf das Festland mehrere Wochen. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren vor allem ausgelastete Kapazitäten am Festland und mangelnde Rückführungen in die Türkei (VB 23.7.2019). Mit 29. August 2019 betrug die Anzahl der Flüchtlinge und Migranten auf den Inseln 24.672, der höchste Stand seit drei Jahren. Schließlich wurde am 31. August 2019 die Entlastung der Inseln durch Transfers der Betroffenen in bereits bestehende Unterkünfte auf dem Festland entschieden. Am 2. September 2019 begann der Transfer von 1.500 Migranten aus Lesbos zum Lager Nea Kavala im Norden Griechenlands (ÖB 2.9.2019; vgl. NCCBCIA 30.8.2019; EK 30.8.2019; UNHCR 26.8.2019). Die Rückführung in die Türkei auf der Basis des Sicherer-Drittstaat-Prinzips kann nur von den Inseln aus stattfinden. Die Rücknahmeverpflichtung der Türkei endet, wenn Flüchtlinge von den griechischen Inseln auf das Festland verlegt werden (DS 4.9.2019; vgl. DW 2.9.2019).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (3.2019): Country Report: Greece, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2018update.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        BPB – Bundeszentrale für Politische Bildung (20.3.2019): Current Developments in Greece‘s Refugee and Asylum Policy, https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/287927/current-developments-in-greece-s-refugee-and-asylum-policy, Zugriff 26.9.2019

-        CoE-CommDH – Council of Europe - Commissioner for Human Rights (6.11.2018): Report of the Commissioner for Human Rights of the Council of Europe Dinja Mijatovi? following her visit to Greece from 25 to 29 June 2018 [CommDH(2018)24], https://www.ecoi.net/en/file/local/1450482/1226_1542121278_commdh-2018-24-greece-report-en-docx.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        CoE-PACE – Council of Europe - Parliamentary Assembly (8.6.2019): Pushback policies and practice in Council of Europe member States [Doc. 14909],
https://www.ecoi.net/en/file/local/2011497/pdf.aspx, Zugriff 26.9.2019

-        DS – Der Standard (4.9.2019): Ausschreitungen in überfüllten Flüchtlingslager auf Lesbos, https://www.derstandard.at/story/2000108241874/ausschreitungen-in-ueberfuelltem-fluechtlingslager-auf-lesbos, Zugriff 26.9.2019

-        DW – Deutsche Welle (2.9.2019): Griechenland verlegt über tausend Flüchtlinge, https://www.dw.com/de/griechenland-verlegt-%C3%Bcber-tausend-fl%C3%Bcchtlinge/a-50261110, Zugriff 26.9.2019

-        DZ – Die Zeit (9.8.2019): Griechenland will Migranten schneller in die Türkei abschieben, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/asylverfahren-abschiebung-griechenland-tuerkei-migration, Zugriff 26.9.2019

-        DZ – Die Zeit (24.3.2019): Im Freien gefangen, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-03/eu-tuerkei-abkommen-griechenland-gefluechtete-fluechtlingslager, Zugriff 26.9.2019

-        EK – Ekathimerini (30.8.2019): Greece sees first mass arrival of migrant boats in three years, http://www.ekathimerini.com/244080/article/ekathimerini/news/greece-sees-first-mass-arrival-of-migrant-boats-in-three-years, Zugriff 26.9.2019

-        EK – Ekathimerini (7.9.2018): Two migrant teens attacked in northern Greece, NGO reports, http://www.ekathimerini.com/232394/article/ekathimerini/news/two-migrant-teens-attacked-in-northern-greece-ngo-reports, Zugriff 26.9.2019

-        GHM/MRG/OMCT/SOKADRE – GHM – Greek Helsinki Monitor (Autor), MRG – Minority Rights Group International (Autor), OMCT – World Organisation Against Torture (Autor), Refugee Rights Europe (Autor), SOKADRE - Coordinated Organizations and Communities for Roma Human Rights in Greece (Autor) (6.2019): Joint submission to the UN Committee Against Torture ahead of the review of the periodic report of Greece,
https://www.omct.org/files/2019/07/25442/submission_greece.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Greece, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002233.html, Zugriff 26.9.2019

-        MCP – Ministry of Citizen Protection (o.D.a): Applying for asylum, http://asylo.gov.gr/en/?page_id=62, Zugriff 26.9.2019

-        MCP – Ministry of Citizen Protection (o.D.b): Asylum in Greece, http://asylo.gov.gr/en/?page_id=103, Zugriff 26.9.2019

-        NCCBCIA – National Coordination Center for Border Control, Immigration and Asylum (30.8.2019): National Situational Picture Regarding the Islands at Eastern Aegean Sea (29/8/2019), https://infocrisis.gov.gr/5593/national-situational-picture-regarding-the-islands-at-eastern-aegean-sea-29-8-2019/?lang=en, Zugriff 26.9.2019

-        ÖB – Österreichische Botschaft in Athen (2.9.2019): Auskunft der ÖB, per E-Mail

-        UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (26.8.2019): Aegean Islands – Weekly Snapshot 19-25 August 2019, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/71021, Zugriff 26.9.2019

-        UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (4.2019): Fact Sheet; Greece; 1-31 March 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006858/69017.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (21.3.2019): Refugees in Greece still exposed to racist violence, https://www.unhcr.org/gr/en/11282-refugees-in-greece-still-exposed-to-racist-violence.html, Zugriff 26.9.2019

-        USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Greece, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004299.html, Zugriff 26.9.2019

-        VB des BM.I Griechenland (21.8.2019): Bericht des VB, per E-Mail

-        VB des BM.I Griechenland (23.7.2019): Bericht des VB, per E-Mail

Aktuelle Entwicklungen des griechischen Asylgesetzes (seit Ende 2019)

Letzte Änderung: 19.3.2020

Das griechische Parlament hat mit großer Mehrheit eine Verschärfung des Asylgesetzes beschlossen. Die weitreichende Asylgesetzgebung soll ab Anfang 2020 gültig sein. Einige der wichtigsten Änderungen kurz zusammengefasst:

-        Verfahren in 5 Stufen: 1.) Information 2.) Aufenthalt in Aufnahmezentren 3.) Registrierung und medizinische Kontrolle (Vulnerabilität führt zu prioritärem Verfahren, hat aber keine substanzielle Auswirkung auf den Asylantrag) 4.) „neues Asylverfahren“ 5.) Beförderung entweder auf das Festland (vulnerable Personen) oder in Rückführungszentren.

-        Aufnahmephase: Bei Nichtbeachtung von Überstellungsentscheidungen erfolgt eine automatische Zuweisung ins Rückführungsverfahren; der Antrag wird innerhalb von drei Tagen abgewickelt; ebenso gilt dies bei einem Verstoß gegen die Verhaltensregeln in den Hotspots.

-        Verfahrensdauer: Laut dem neuen Gesetz beträgt das reguläre Asylverfahren 6 Monate (+ 3 Monate bei Massenzustrom), das beschleunigte Verfahren 20 Tage (+ 10 Tage bei Massenzustrom) und das Schnellverfahren (Fast-Track) auf den Inseln 7 Tage. Folgeanträge werden innerhalb von 5 Tagen geprüft.

-        Subsidiärer Schutz: Die Dauer der Aufenthaltserlaubnis bei Gewährung von subsidiären Schutz wurde von drei Jahren auf ein Jahr gekürzt.

-        Beschwerdefristen: Zukünftig betragen die Beschwerdefristen beim regulären Asylverfahren 3 Monate, beim beschleunigten Verfahren 40 Tage, bei Unzulässigkeit 30 Tage, bei Beschwerden von Inhaftierten 20 Tage.

-        Zugang zu Beschäftigung wird erst nach 6 Monaten nach Einbringung des Asylantrags gewährt.

-        Haft: Das Gesetz sieht vor, dass Flüchtlinge „ausnahmsweise und aus bestimmten Gründen“ für 50 Tage in Haft gehalten werden können, die verlängert werden kann, aber nicht länger als 18 Monate dauern darf.

-        Aufenthaltsrecht: Ein Aufenthaltsrecht in Griechenland besteht nur bis zum Abschluss des Asylverfahrens in der ersten Beschwerdeinstanz, ein Verfahren in der zweiten Instanz hat keine aufschiebende Wirkung für die Rückführung.

-        Zusammensetzung des Beschwerdeausschusses: Im bisherigen System setzten sich die Beschwerdeausschüsse für abgelehnte Asylwerber aus zwei griechischen Richtern und einem vom UNHCR ausgebildeten unabhängigen Sachverständigen im Flüchtlingsrecht zusammen. Die Ausschüsse sollen zukünftig aus drei Verwaltungsrichtern bestehen. Weiters kann eine Einzelrichterkonstellation beispielsweise für beschleunigte Verfahren angewendet werden.

-        Unbegleitete Minderjährige/Vulnerable: Das neue Gesetz sieht vor, dass das beschleunigte Verfahren auf unbegleitete Minderjährige und andere vulnerable Gruppen angewendet werden kann. Es gibt Änderungen bei der Definition der Familienangehörige, die Einschränkungen bei der Familienzusammenführung bedeuten können. Weiters wurde das Vulnerabilitätskriterium Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) (inklusive Überlebende von Schiffsbrüchen) gestrichen.

-        Zugang zu medizinischer Versorgung: Ab 2020 werden Asylwerber nur noch Zugang zur Notfallversorgung haben.

-        Unterbringung: Die neue Regelung sieht vor, dass anerkannte Flüchtlinge gezwungen werden, ihre Unterkunft innerhalb von zwei Monaten statt den bisherigen sechs Monaten nach Schutzgewährung zu verlassen.

-        Verpflichtung der Bewerber zu persönlicher Vorsprache bei jedem Schritt des Asylverfahrens: so soll sicherstellen, dass sich der Asylwerber in der zugewiesenen Region aufhält.

-        NGOs: die am System beteiligten NGOs müssen künftig eine Zertifizierung besitzen (ÖB 23.10.2019a; vgl. AI 24.10.2019; DZ 1.11.2019; EK 22.10.2019; GGHR 1.11.2019; ECRE 31.10.2019; HRW 29.10.2019; TNH 4.11.2019; UNHCR 24.10.2019; MoCP 11.11.2019).

UNHCR, der Ombudsmann, die Nationale Menschenrechtskommission, zivilgesellschaftliche Organisationen und die Athener Anwaltskammer zeigten sich tief besorgt über das Ziel der Gesetze, über die Vereinbarkeit ihrer Bestimmungen mit dem nationalen und internationalen Recht und den Verwaltungsdruck, den die Gesetze auf die Asylbehörden ausüben können. Oppositionsparteien (SYRZIA, KINAL, KKE) äußerten bei den Diskussionen im Parlamentsausschuss am 29.10.2019 ähnliche Bedenken (ECRE 31.10.2019; vgl. ÖB 23.10.2019a; ÖB 23.10.2019b; BI 1.11.2019; HRW 29.10.2019; UNHCR 24.10.2019).

Die Opposition sowie NGOs hatten auch Kritik an der Begutachtungsfrist geübt, die mit vier Arbeitstagen sehr kurz bemessen war. Die kurze Frist zur öffentlichen Konsultation des Gesetzesentwurfs wurde von der Nationalen Kommission für Menschenrechte ebenfalls kritisiert, die die Regierung in Menschenrechtsfragen berät (ÖB 23.10.2019a; vgl. UNHCR 24.10.2019).

Kommentar der Staatendokumentation: Die weiteren praktischen Auswirkungen ab 1.1.2020 werden beobachtet und es wird gegebenenfalls mittels KI reagiert.

Die griechische Regierung hat als Reaktion auf die aktuelle Lage an der griechisch-türkischen Grenze am 2. März 2020 ein Notstandsgesetz erlassen. Gemäß den neusten Bestimmungen wird die Registrierung von Asylanträgen irregulär eingereister Personen ab dem 1. März 2020 voraussichtlich für einen Monat ausgesetzt (ELENA 6.3.2020; vgl. FIDH 5.3.2020; DS 1.3.2020). Darüber hinaus sieht das Gesetz die sofortige Rückkehr irregulär eingereister Personen in ihr Herkunftsland oder in ein Transitland vor, wenn es möglich ist (dabei ist es jedoch noch unklar, wie die Aussage „wenn es möglich ist“ von den griechischen Behörden interpretiert wird) (AI 2.3.2020; vgl. FIDH 10.3.2020). Zudem soll die illegale Einreise scharf sanktioniert werden (PA 4.3.2020). Berichten zufolge haben beispielsweise die Gerichte bereits Haftstrafen für Personen verhängt, welche die Grenze ohne Papiere überquert haben und zwar unter Umständen, die, so die Kritik, die Möglichkeit auf ein faires Verfahren mit einer ordnungsgemäßen Abwicklung, ausschlossen (HRW 4.3.2020; vgl. HRW 10.3.2020).

Eine weitere Reaktionsmaßnahme der griechischen Regierung war die Entsendung von Polizei, Armee und Spezialkräften an die Grenzen, die Durchführung von Militärübungen mit scharfer Munition in der Nähe der Landesgrenze des Evros und der Ägäis, und das Ansuchen um verstärkte Unterstützung bei der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (FRONTEX) (HRW 4.3.2020; vgl. AI 2.3.2020).

Die Europäische Union (EU) stellte sich angesichts der Lage an der griechisch-türkischen Grenze demonstrativ hinter die griechische Regierung. Demnach hieß es in der Erklärung, auf die sich die Minister der 27 EU-Mitgliedsstaaten bei ihrem Sondertreffen einigten, dass illegale Grenzübertritte nicht toleriert werden (DST 5.3.2020; vgl. FAZ 5.3.2020).

Die Maßnahmen der griechischen Behörden gegen zunehmende Ankünfte von Migranten über Land und Meer wurden von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen und NGOs stark kritisiert (FIDH 10.3.2020; vgl. AI 2.3.2020; DW 3.3.2020; PA 4.3.2020; HRW 4.3.2020; BBC 9.3.2020; FIDH 5.3.2020).

Quellen:

-        AI – Amnesty International (24.10.2019): Amnesty International Submission on the proposed changes to the Greek Law on International Protection [EUR 25/1280/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2018926/EUR2512802019ENGLISH.PDF, Zugriff 19.12.2019

-        AI – Amnesty International (2.3.2020): Greece: Inhumane asylum measures will put lives at risk, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025631.html, Zugriff 18.3.2020

-        BBC News (9.3.2020): EU to take in some child migrants stuck in Greece, https://www.bbc.co.uk/news/world-europe-51799470, Zugriff 18.3.2020

-        BI – Balkan Insight (1.11.2019): Tougher Greek Asylum Law Criticised by Rights Groups, https://balkaninsight.com/2019/11/01/tougher-greek-asylum-laws-criticised-by-rights-groups/, Zugriff 19.12.2019

-        DS – Der Spiegel (1.3.2020): Griechenland setzt Asylrecht für einen Monat aus, https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-griechenland-setzt-asylrecht-fuer-einen-monat-aus-a-14421c7e-80da-43d7-976c-9d00cae92127, Zugriff 18.3.2020

-        DST – Der Standard (5.3.2020): Neuer EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei in Arbeit, https://www.derstandard.at/story/2000115347037/neuer-eu-fluechtlingepakt-mit-der-tuerkei-in-arbeit, Zugriff

-        DW – Deutsche Welle (3.3.2020): Wie Empörung in blinde Wut umschlägt, https://www.dw.com/de/wie-emp%C3%B6rung-in-blinde-wut-umschl%C3%A4gt/a-52619223, Zugriff 18.3.2020

-        DZ – Die Zeit (1.11.2019): Griechisches Parlament verschräft Asylgesetz, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-11/kyriakoks-mitsotakis-griechenland-asylgesetz-verschaerfung, Zugriff 19.12.2019

-        ECRE – European Council on Refugees and Exiles (31.10.2019): Greece: New Restrictions on Rights and Procedural Guarantees in International Protection Bill*, https://www.ecre.org/greece-new-restrictions-on-rights-and-procedural-guarantees-in-international-protection-bill/, Zugriff 19.12.2019

-        EK – Ekathimerini (22.10.2019): Asylum bill faces criticism by human rights organizations, http://www.ekathimerini.com/245728/article/ekathimerini/news/asylum-bill-faces-criticism-by-human-rights-organizations, Zugriff 19.12.2019

-        ELENA – European Legal Network on Asylum (6.3.2020): Weekly Legal Update, https://mailchi.mp/ecre/elena-weekly-legal-update-6-march-2020?e=989a4aebdd#11, Zugriff 18.3.2020

-        FAZ – Frankfurter Allgemeine (5.3.2020): Illegale Grenzübertritte werden nicht toleriert, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/eu-bekraeftigt-ihre-entschlossenheit-zum-schutz-der-aussengrenzen-16664531.html, Zugriff 18.3.2020

-        FIDH – International Federation for Human Rights (Autor), ActionAid Hellas; ActionAid International; ActionAid Italia, et al. (Autor) (10.3.2020): Refugees Crisis - Protect our laws and humanity!, https://www.fidh.org/en/region/europe-central-asia/greece/refugees-crisis-protect-our-laws-and-humanity, Zugriff 18.3.2020

-        FIDH – International Federation for Human Rights (Autor), IUIA-IROL - Institute for the Rule of Law – International Association of Lawyers; ELDH - European Association of Lawyers for Democracy & World Human Rights; AED - European Democratic Lawyers; et al. (Autor) (5.3.2020): Greece - violation of refugees' human rights is unjustifiable, https://www.fidh.org/en/region/europe-central-asia/greece/greece-violation-of-refugee-s-human-rights-is-unjustifiable, Zugriff 18.3.2020

-        GGHR – Government Gazette of the Hellenic Republic (1.11.2019): Law No 4636 On International Protection and other provisions, per E-Mail via ÖB Athen

-        HRW – Human Rights Watch (10.3.2020): Greece/EU: Allow New Arrivals to Claim Asylum, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026151.html, Zugriff 18.3.2020

-        HRW – Human Rights Watch (4.3.2020): Greece/EU: Respect Rights, Ease Suffering at Borders, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025901.html, Zugriff 18.3.2020

-        HRW – Human Rights Watch (29.10.2019): Greece: Asylum Overhaul Threatens Rights, https://www.ecoi.net/de/dokument/2019174.html, Zugriff 19.12.2019

-        MoCP – Hellenic Republic Ministry of Citizen Protection (11.11.2019): Overview of Law 4636/2019 on International Protection, Bericht via VB, per E-Mail

-         ÖB – Österreichische Botschaft des BM.A in Athen (23.10.2019a), Bericht der ÖB, per E-mail

-         ÖB – Österreichische Botschaft des BM.A in Athen (23.10.2019b), Bericht der ÖB, per E-mail

-        PA – Pro Asyl (4.3.2020): Die griechisch-türkische Grenze darf nicht zur menschenrechtsfreien Zone werden!, https://www.proasyl.de/news/die-griechisch-tuerkische-grenze-darf-nicht-zur-menschenrechtsfreien-zone-werden/, Zugriff 18.3.2020

-         TNH – The New Humanitarian (4.11.2019): Briefing: How will Greece’s new asylum law affect refugees?, https://www.thenewhumanitarian.org/news/2019/11/04/Greece-new-asylum-law-refugees, Zugriff 19.12.2019

-        UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (24.10.2019): UNHCR urges Greece to strenghten safeguards in draft asylum law, https://www.unhcr.org/gr/en/13170-unhcr-urges-greece-to-strengthen-safeguards-in-draft-asylum-law.html, Zugriff 19.12.2019

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 4.10.2019

Der Zugang zum Asylverfahren nach Dublin-Rücküberstellung ist grundsätzlich vom Stand des Verfahrens in Griechenland abhängig. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Griechenland im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren automatisch wieder aufgenommen. Andernfalls muss der Rückkehrer einen Folgeantrag stellen. Aber in Bezug auf Griechenland machen die meisten Staaten wegen Bedenken bezüglich der dortigen Lage vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch (EASO 12.2015; vgl. AIDA 3.2019).

Dublin-Überstellungen nach Griechenland wurden nach dem Urteil des EGMR im Fall „M.S.S. vs. Greece & Belgium“ in der Praxis weitgehend eingestellt (AIDA 3.2019). Die Europäische Kommission (EK) empfahl mehrere Male die Wiederaufnahme von Dublin-Überstellungen nach Griechenland ab dem 15. März 2017. Damit Griechenland nicht übermäßig belastet werde, sollen die Überstellungen nicht rückwirkend wiederaufgenommen werden, sondern sich auf Asylwerber beschränken, die ab dem 15. März 2017 irregulär über eine Außengrenze nach Griechenland gelangten, oder für die Griechenland aufgrund anderer als der Dublin-Kriterien ab diesem Zeitpunkt zuständig ist (AIDA 3.2019; vgl. EK 8.12.2016; CoE-CommDH 6.11.2018). Weiters forderte die EK die Mitgliedstaaten auf, ihren Umverteilungspflichten vollumfänglich nachzukommen und in ausreichendem Umfang Asylexperten nach Griechenland abzustellen (EK 8.12.2016). Vulnerable Personen, wie z.B. unbegleitete Minderjährige, sollen gemäß der Empfehlung von den Dublin-Transfers vorerst ausgeschlossen werden (AIDA 3.2019). Die Wiederaufnahme der Überstellungen führte zu heftiger Kritik seitens der griechischen Nationalen Menschenrechtskommission (GNHCR) und bei anderen humanitären Organisationen (AIDA 3.2019; vgl. CoE-CommDH 6.11.2018).

Griechenland erhielt 2018 9.142 Dublin-Requests, hauptsächlich aus Deutschland. Tatsächlich wurden 2018 18 Personen nach Griechenland überstellt (AIDA 3.2019).

Deutschland hat sich im August 2018 mit Griechenland auf eine Vereinbarung zur Rücknahme bereits registrierter Asylwerber geeinigt. Demnach gilt die Zurückweisung binnen 48 Stunden bei an der deutsch-österreichischen Grenze aufgegriffenen Asylwerbern, die nach dem 1. Juli 2017 Asyl in Griechenland beantragt haben Deutschland akzeptiert dafür seinerseits Familienzusammenführungen (AIDA 3.2019; vgl. SZ 17.8.2018; TS 13.9.2018). Das Abkommen ist auf starke Kritik gestoßen (AIDA 3.2013; vgl. PP 6.11.2018; RSA 11.2018; VFB 2.11.2018).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (3.2019): Country Report: Greece, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2018update.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        CoE-CommDH – Council of Europe - Commissioner for Human Rights (6.11.2018): Report of the Commissioner for Human Rights of the Council of Europe Dinja Mijatovi? following her visit to Greece from 25 to 29 June 2018 [CommDH(2018)24], https://www.ecoi.net/en/file/local/1450482/1226_1542121278_commdh-2018-24-greece-report-en-docx.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail

-        EK - Europäische Kommission (8.12.2016): Empfehlung der Kommission vom 8.12.2016 an die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Wiederaufnahme der Überstellungen nach Griechenland gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/proposal-implementation-package/docs/20161208/recommendation_on_the_resumption_of_transfers_to_greece_de.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        PP – Presseportal (6.11.2018): Betroffene Flüchtlinge klagen gegen Seehofer-Deal mit Griechenland "Report Mainz" berichtet heute (6.11.) im Ersten, https://www.presseportal.de/pm/75892/4108091, Zugriff 26.9.2019

-        RSA – Refugee Support Aegean (11.2018): The Administrative Arrangement between Greece and Germany, https://rsaegean.org/en/the-administrative-arrangement-between-greece-and-germany/, Zugriff 26.9.2019

-        SZ – Salzburger Nachrichten (17.8.2019): Berlin und Athen bei Flüchtlingsabkommen einig, https://www.sn.at/politik/weltpolitik/berlin-und-athen-bei-fluechtlingsabkommen-einig-38903398, Zugriff 26.9.2019

-        TS – Tagesschau (13.9.2018): Es ist vor allem Symbolpolitik, https://www.tagesschau.de/ausland/ruecknahmeabkommen-103.html, Zugriff

-        VFB – Verfassungsblog (2.11.2018): Gewolltes Recht, https://verfassungsblog.de/gewolltes-recht/, Zugriff 26.9.2019

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 4.10.2019

Generell bietet Griechenland einen gewissen Schutz gegen Ausweisung oder Rückkehr von Personen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Mitgliedschaft in einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre. Bei Rückschiebungen im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens soll gelegentlich Personen die Asylantragstellung verweigert worden sein. Außerdem gibt es Berichte über informelle Push-backs an See- und Landgrenzen, wobei es immer wieder zu Gewaltanwendung kommt (USDOS 13.3.2019; vgl. AIDA 3.2019; ARSIS/GCR/HR360 11.12.2018; CoE-CPT 19.2.2019; CoE-CommDH 6.11.2018; CoE-PACE 8.6.2019).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (3.2019): Country Report: Greece, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2018update.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        ARSIS/GCR/HR360 – Association for the Social Support of Youth/Greek Council for Refugees/Human Rights 360 (11.12.2019): The new normality: Continuous push-backs of third country nationals on the Evros river, https://www.gcr.gr/el/news/press-releases-announcements/item/1028-i-nea-kanonikotita-ston-evro-ameiotes-synexizontai-oi-paranomes-epanaproothiseis-politon-triton-xoron, Zugriff 26.9.2019

-        CoE-CPT – Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (19.2.2019): Report to the Greek Government on the visit to Greece carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 19 April 2018 [CPT/Inf (2019) 4],
https://www.ecoi.net/en/file/local/2003329/2019-04-inf-eng.docx.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        CoE-CommDH – Council of Europe - Commissioner for Human Rights (6.11.2018): Report of the Commissioner for Human Rights of the Council of Europe Dinja Mijatovi? following her visit to Greece from 25 to 29 June 2018 [CommDH(2018)24],
https://www.ecoi.net/en/file/local/1450482/1226_1542121278_commdh-2018-24-greece-report-en-docx.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        CoE-PACE – Council of Europe - Parliamentary Assembly (8.6.2019): Pushback policies and practice in Council of Europe member States [Doc. 14909],
https://www.ecoi.net/en/file/local/2011497/pdf.aspx, Zugriff 26.9.2019

-        USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Greece, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004299.html, Zugriff 26.9.2019

Versorgung

Letzte Änderung: 4.10.2019

Das Gesetz sieht vor, dass die Bereitstellung der Aufnahmebedingungen für Asylwerber durch die zuständige Behörde in Zusammenarbeit mit den gegebenenfalls zuständigen Regierungsstellen, internationalen Organisationen und zugelassenen gesellschaftlichen Akteuren gewährleistet wird. Die materiellen Aufnahmebedingungen sind unter anderem von den verfügbaren materiellen Ressourcen der Betroffenen abhängig. Unter bestimmten Umständen kann die materielle Versorgung auch gekürzt oder gestrichen werden. In der Praxis sind Asylwerber auf den Inseln von gewissen Aufnahmebedingungen ausgeschlossen. Dies gilt auch für Asylwerber, die sich in Haftanstalten befinden. Die materielle Versorgung wird entweder in Form von Sachleistungen oder als Geldleistungen erbracht. Im Rahmen der sogenannten Soforthilfe für Integration und Unterbringung (ESTIA) unter der Leitung von UNHCR, finanziert von der Europäischen Kommission, werden mittels einer speziellen Karte vorab festgelegte monatliche Bargeldzuwendungen (Cash-Card-Programm) für Flüchtlinge und Asylwerber ausbezahlt. Dies bietet ihnen die Möglichkeit, ihren Grundbedarf selbst zu decken, wodurch sie auch die lokale Wirtschaft unterstützen (AIDA 3.2019; vgl. EK 2.4.2018; EK 20.12.2018). Im Juli 2019 gab es 72.290 Bezieher der EU-finanzierten Geldleistungen, darunter 13.800 anerkannte Schutzberechtigte (UNHCR 7.2019). Der Auszahlungsbetrag liegt zwischen 90 € für eine Einzelperson mit Unterkunft und Verpflegung und bis zu 550 € für eine Familie mit sieben oder mehr Personen (AIDA 3.2018; vgl. UNHCR 7.2019). Antragsteller dürfen in Griechenland arbeiten, sobald sie über die dazu notwendigen Dokumente („international protection applicant card“ oder „asylum seeker‘s card“) verfügen. Aber die hohe Arbeitslosigkeit und bürokratische Hürden (z.B. Schwierigkeiten beim Zugang zur Steuernummer) schränken die Möglichkeiten ein, eine legale Beschäftigung finden zu können (AIDA 3.2019; vgl. CoE-CommDH 6.11.2018; GHM/MRG/OMCT/SOKADRE 6.2019).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (3.2019): Country Report: Greece, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2018update.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        CoE-CommDH – Council of Europe - Commissioner for Human Rights (6.11.2018): Report of the Commissioner for Human Rights of the Council of Europe Dinja Mijatovi? following her visit to Greece from 25 to 29 June 2018 [CommDH(2018)24], https://www.ecoi.net/en/file/local/1450482/1226_1542121278_commdh-2018-24-greece-report-en-docx.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        EK – Europäische Kommission (20.12.2018): Migration und Grenzen: Kommission genehmigt 305 Mio. EUR für unter Druck stehende Mitgliedstaaten, https://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-6884_de.htm, Zugriff 26.9.2019

-        EK – Europäische Kommission (2.4.2018): Unterstützung für Flüchtlinge in Griechenland: 180 Mio. EUR an Soforthilfe, https://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-2604_de.htm, Zugriff 26.9.2019

-        GHM/MRG/OMCT/SOKADRE – GHM – Greek Helsinki Monitor (Autor), MRG – Minority Rights Group International (Autor), OMCT – World Organisation Against Torture (Autor), Refugee Rights Europe (Autor), SOKADRE - Coordinated Organizations and Communities for Roma Human Rights in Greece (Autor): Joint submission to the UN Committee Against Torture ahead of the review of the periodic report of Greece, https://www.omct.org/files/2019/07/25442/submission_greece.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (7.2019): Cash Assistance Update, http://estia.unhcr.gr/en/greece-cash-assistance-july-2019/, Zugriff 26.9.2019

Unterbringung auf dem Festland

Letzte Änderung: 4.10.2019

Das sogenannte Reception and Identification Service (RIS) und das sogenannte Directorate for the Protection of Asylum Seekers werden gegebenenfalls als zuständige Behörde für die Aufnahme von Asylwerbern benannt. Darüber hinaus werden im Rahmen des Hilfsprojekts der Soforthilfe für Integration und Unterbringung (ESTIA), eine Kooperation von UNHCR und Europäischer Kommission, Anträge auf Unterbringung von vulnerablen Asylwerbern bearbeitet. Das sogenannte National Center for Social Solidarity (EKKA) ist für die Unterbringungsvermittlung von UM zuständig (AIDA 3.2013).

Wenn die Unterbringung von Antragsstellern in Form von Sachleistungen erfolgt, sollte eine oder eine Kombination der folgenden Unterbringungsformen angewendet werden: (a) Unterbringung an der Grenze oder in den Transitzonen; (b) Aufnahmezentren in adaptierten öffentlichen oder privaten Gebäuden, welche von staatlichen oder privaten gemeinnützigen Organisationen verwaltet werden; (c) Privathäuser, Wohnungen oder Hotels, die im Rahmen des Unterbringungsprogramms für Antragssteller gemietet und entweder von staatlichen oder privaten gemeinnützigen Organisationen oder von internationalen Organisationen betrieben werden (AIDA 3.2019; vgl. CoE-CommDH 6.11.2018).

2016 wurde auf dem Festland eine Reihe von temporären Lagern errichtet, um die Bedürfnisse von Drittstaatsangehörigen zu befriedigen, die nach der Schließung der Westbalkanroute in Griechenland aufhältig waren. Es gibt ca. 25 solcher Einrichtungen, die auf unklarer Rechtsbasis operieren. Nur drei dieser Zentren können als offiziell bezeichnet werden: Elaionas, Schisto und Diavata, die Ende Dezember 2018 eine Gesamtkapazität von 4.106 Plätzen hatten. Etwa 21 weitere Zentren sind inoffiziell existent. Inklusive Elaionas, Schisto und Diavata lag die Auslastung der temporären Unterbringungszentren am 7.9.2018 bei 16.110 Personen. Aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage für die Errichtung der überwiegenden Mehrheit der Lager gelten keine Mindestnormen und sind keine Hausregeln in Kraft. Weiters gibt es in Griechenland keine Möglichkeit, eine Beschwerde gegen die Bedingungen in den Aufnahmeeinrichtungen einzureichen. Die Bedingungen sind je nach Einrichtung auf dem Festland unterschiedlich, da an jedem Standort verschiedene Arten von Unterkünften und Dienstleistungen angeboten werden. Eine beträchtliche Anzahl der Lager besteht aus vorgefertigten Einheiten oder befindet sich in Gebäuden oder Militärbaracken. In einigen Lagern auf dem Festland wurden Zelte aufgestellt, um den erhöhten Bedarf an Unterkünften im Jahr 2018 zu decken. In mehreren Einrichtungen sind die Umstände nach wie vor schlecht, da Überbelegung, mangelnde Leistungserbringung (unter anderem in Hinsicht auf medizinische und psychologische Versorgung), Gewalt, Sicherheitsdefizite und fehlende Rechtsgrundlage gemeldet werden (AIDA 3.2019; vgl. CoE-CommdH 6.11.2018). Ausführliche Informationen zu den verfügbaren Diensten und Defiziten in den einzelnen Lagern auf dem Festland sind dem im 9.2018 herausgegebenen Protection Monitoring Tool zu entnehmen (ASB/DRO/IOM/UNHCR 9.2018).

Die Binnenverteilung der Flüchtlinge erfolgt nur schleppend, so ist der Großteil in Athen und Thessaloniki untergebracht (UNHCR 9.2019; vgl ÖB 23.9.2019).

Das Hilfsprojekt der Soforthilfe für Integration und Unterbringung (ESTIA) ist eine Kooperation von UNHCR und Europäischer Kommission, mit dem Ziel Flüchtlinge außerhalb von Lagern unterzubringen und zu versorgen (EK 2.4.2018). Von den insgesamt 23.156 Plätzen (Stand 1.1.2019) befinden sich 1.510 Plätze auf den Inseln. Bis Ende Dezember 2018 waren 22.686 Personen im Rahmen des Programms untergebracht, davon 5.649 anerkannte Flüchtlinge und 17.037 Asylwerber. In den ESTIA-Einheiten werden hauptsächlich Familien mit einer Durchschnittsgröße von fünf Personen untergebracht; 48% der Untergebrachten sind Kinder (AIDA 3.2019). Das ESTIA-Unterbringungsprogramm steht nur besonders schutzbedürftigen Asylwerbern offen (Pro Asyl/RSA 8.8.2018).

Trotzdem führen Kapazitätsmangel, kontinuierliche Ankünfte und die geringen Rückführungszahlen zu einer allgemeinen Überbelegung der griechischen Aufnahmezentren, insbesondere auf den Ägäischen Inseln, wo die Situation besonders kritisch ist, aber auch auf dem Festland (CoE-CommdH 6.11.2018). Ein weiteres Problem stellen die Mittel- und Obdachlosigkeit dar. Die Zahl der obdachlosen Antragssteller ist unbekannt. Aufgrund des Mangels an Unterbringungskapazitäten auf dem Festland greifen Neuankömmlinge, einschließlich Vulnerable, auf Notunterkünfte zurück oder bleiben in den städtischen Gebieten von Athen, Thessaloniki und Petra obdachlos. Andere leben unter prekären Bedingungen in besetzten oder verlassenen Gebäuden ohne Zugang zu Strom oder Wasser (AIDA 3.2019; vgl. Pro Asyl/RSA 8.8.2018; MSF 18.3.2019).

Im Nordosten Griechenlands, nahe der türkischen Grenze, befanden sich im Erstaufnahme- und Identifikationszentrum (RIC) von Fylakio, auch als „Hotspot“ genannt, Ende 2018 240 Personen (davon ca. 120 UM) (AIDA 3.2019).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (3.2019): Country Report: Greece, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2018update.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        ASB/DRO/IOM/UNHCR – Arbeiter Samariter-Bund/Danish Refugee Council/ UN High Commissioner for Refugees (9.2018): Protection Monitoring Tool – Open Reception Facilities (sites) in the Mainland, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/67419.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        CoE-CommdH – Council of Europe - Commissioner for Human Rights (6.11.2018): Report of the Commissioner for Human Rights of the Council of Europe Dinja Mijatovi? following her visit to Greece from 25 to 29 June 2018 [CommDH(2018)24], https://www.ecoi.net/en/file/local/1450482/1226_1542121278_commdh-2018-24-greece-report-en-docx.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        EK – Europäische Kommission (2.4.2018): Unterstützung für Flüchtlinge in Griechenland: 180 Mio. EUR an Soforthilfe, https://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-2604_de.htm, Zugriff 26.9.2019

-        MSF – Médecins Sans Frontières (18.3.2019): EU-Turkey deal continues cycle of containment and despair,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2005674.html, Zugriff 26.9.2019

-        Pro Asyl/RSA – Refugee Support Aegean (8.2018): Update – Stellungnahme – Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/701739/1999815/1999817/20085633/PRO_ASYL%2C_Lebensbedingungen_international_Schutzberechtigter_in_Griechenland%2C_30%2E08.2018.pdf?nodeid=20085316&vernum=-2, Zugriff 26.9.2019

-        ÖB – Österreichische Botschaft in Athen (23.9.2019): Auskunft der ÖB, per E-Mail

-        UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (9.2019): Diplomatic Missions Briefing, Bericht per E-Mail

Unterbringung auf den Ägäischen Inseln (Hotspots)

Letzte Änderung: 4.10.2019

Seit Inkrafttreten der EU-Türkei-Erklärung vom 18.3.2016 hat sich die Funktion der griechischen Hotspot-Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos grundlegend gewandelt. Von Registrierungs- und Verteilungszentren wurden sie zu Erstaufnahme- und Identifikationszentren (RIC - Reception and Identification Centres) und Langzeitlager umgewandelt, in denen Zulässigkeitsprüfungen und Asylverfahren durchgeführt werden, was durch die geografische Restriktion der Bewegungsfreiheit auf die Inseln in Folge der EU-Türkei-Erklärung ermöglicht wird. Menschen werden dabei nach dem irregulären Übertritt der europäischen Außengrenze in der Ägäis auf den griechischen Hotspot-Inseln festgesetzt und an der Weiterreise gehindert (BM 5.2019; vgl. AIDA 3.2019). Wird in den Hotspots ein Asylantrag gestellt, ist dieser im Grenzverfahren beschleunigt zu behandeln. Ein wichtiges Element des beschleunigten Grenzverfahrens ist die Zulässigkeitsprüfung. Dabei wird geprüft, ob die Türkei für einen Antragsteller entweder als sicherer Drittstaat oder als first country of asylum bestimmt werden kann. Ist dies der Fall, wird der Asylantrag der Person als unzulässig abgelehnt und sie kann ohne Prüfung der Asylgründe in die Türkei abgeschoben werden (AIDA 3.2019).

Auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos gibt es fünf Reception and Identification Centers (RIC). Zusammen mit anderen Unterbringungsarten waren Ende 2018 folgende Kapazitäten/Auslastungen vorhanden:

(AIDA 3.2019).

Ende September befanden sich etwa 88.750 Flüchtlinge und Migranten in Griechenland, davon 25.250 Personen auf den Inseln (Stand: Ende August 2019). Auf den Inseln (Hotspots) wurden 20.500 Personen in den sogenannten Reception and Identification Centers (RIC); 1.450 in offenen Zentren; 1.500 im Rahmen des ESTIA-Programms und 1.800 Personen in sonstigen Unterkünften untergebracht. Die Inseln sind weiterhin überfüllt. Derzeit sind in Samos 7 mal mehr Flüchtlinge als vorgesehen untergebracht, Moria (Lesbos) arbeitet auf 5facher Kapazität, Kos auf 4facher und Chios und Leros auf 2facher Kapazität. Die einheimische Bevölkerung auf den Inseln reagiere immer schlechter auf die Unterbringung weiterer Flüchtlinge, da sich durch die Überfüllung der Lager zusätzliche Konfliktfelder ergeben (UNHCR 9.2019; vgl. ÖB 23.9.2019).

Die Hotspots werden vor allem für mangelnde Unterbringungsbedingungen und Überbelegung kritisiert. Probleme mit der Qualität von Wasser, Nahrung, Versorgung vulnerabler Gruppen, Information, rechtlicher Hilfe und Übersetzerleistungen, gibt es weiterhin. Medizinische und psychologische Versorgung sind ungenügend und erschwert zugänglich. In den Camps auf den Inseln gibt es regelmäßig Unruhen, die zu Spannungen und vereinzelt zu Polizeigewalt führen. Darüber hinaus wird über Gewalt unter den Hotspots-Einwohnern, aber auch über Spannungen zwischen den Einheimischen und den Lagerbewohnern berichtet. Weiters wurden Fälle physischer und sexueller Belästigung und Gewalt innerhalb der Hotspots und eine hohe Rate psychologischer Probleme gemeldet (AIDA 3.2019; vgl. CoE-CommdH 6.11.2018; MSF 18.3.2019; HRW 17.1.2019). Es gibt nicht genug winterfeste Quartiere, keine ausreichende medizinische Versorgung und keinen vernünftigen Schulunterricht für Kinder (AI 15.3.2019).

Es fanden vom 30. August bis zum 04. September 2019 insgesamt 1.958 Überführungen von den Inseln auf das Festland statt (ÖB 6.9.2019). Die meisten von ihnen wurden in das Camp Nea Kavala verlegt, die restlichen in verfügbare Unterkünfte in Nord-Griechenland (VB 6.9.2019). Die Kapazitätsgrenze wurde auf dem Festland erreicht. Vor allem in der Region Kavalla bestehen derzeit nur Zeltunterkünfte, die nicht für eine Winterunterbringung geeignet sind (ÖB 6.9.2019).

Quellen:

-        AI – Amnesty International (15.3.2019): Drei Jahre EU-Türkei-Deal: Kein Grund zum Feiern, https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/tuerkei-drei-jahre-eu-tuerkei-deal-kein-grund-zum-feiern, Zugriff 26.9.2019

-        AIDA – Asylum Information Database (3.2019): Country Report: Greece, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2018update.pdf, Zugriff 26.9.2019

-        BM – Boardermonitoring.eu (5.2019): Gefangene des Deals, https://bordermonitoring.eu/berichte/2019-gefan

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten