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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1994 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. November 1995, Zl. 108.223/3-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 2. November 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet bis zum 30. Juni 1994 "gemäß § 12 AufG" (gemeint aufgrund der gemäß §§ 12, 13 AufG ergangenen Verordnung BGBl. Nr. 368/1994) hatte. Die belangte Behörde vertrat nunmehr die Ansicht, daß der Beschwerdeführer nicht mehr als Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina zu behandeln sei (und damit nicht mehr der erwähnten Verordnung unterliege), da er einen Reisepaß "des Staates Jugoslawien" erhalten habe. Der Beschwerdeführer hätte somit einen "Erstantrag" gemäß § 6 Abs. 2 AufG aus dem Ausland zu stellen gehabt.
Der Beschwerdeführer verweist zutreffend darauf, daß die belangte Behörde es unterlassen hat, Feststellungen über den Verlust der bosnisch-herzegowinischen Staatsbürgerschaft zu treffen. Nach dem Text der Verordnung BGBl. Nr. 368/1994 (insoweit gleichlautend auch die Verordnungen BGBl. Nr. 1038/1994 und BGBl. Nr. 389/1995, welch letztere im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegolten hat) gewährt Österreich Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet (§ 1 Abs. 1 der zitierten Verordnung). Wesentlich für das vorläufige Aufenthaltsrecht ist daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - neben den sonst normierten Voraussetzungen - das Vorliegen der Staatsbürgerschaft von Bosnien-Herzegowina, nicht aber der Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft. Schon im Hinblick auf die Möglichkeit der Doppelstaatsbürgerschaft (vgl. dazu näher die Bestimmungen der Republik Bosnien-Herzegowina über die doppelte Staatsbürgerschaft im Amtsblatt der Republik Bosnien-Herzegowina, Jahrgang I, Nr. 18 vom 7. Oktober 1992) bedarf daher der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung dahin, ob der Beschwerdeführer die Staatsbürgerschaft Bosniens und der Herzegowina verloren hat, wobei die belangte Behörde die hiefür maßgeblichen Rechtsvorschriften (hier: der Republik Bosnien-Herzegowina) von Amts wegen zu ermitteln haben wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zlen. 95/19/0912 bis 0915).
Sollte nämlich der Beschwerdeführer noch Staatsbürger dieses Staates im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gewesen sein (der Beschwerdeführer hat sich zwar im Antrag vom 9. Juni 1994 als "YU"-Staatsbürger, in der Berufung und in der Beschwerde jedoch als Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina bezeichnet), so wäre davon auszugehen, daß er gemäß § 2 der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Geltung stehenden Verordnung BGBl. Nr. 389/1995 berechtigt gewesen wäre, den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG ausnahmsweise im Inland zu stellen (vgl. das eben zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996).
Der bekämpfte Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995191826.X00Im RIS seit
11.07.2001