TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/27 96/19/1214

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Veröffentlicht am 27.06.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/05 Reisedokumente Sichtvermerke;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 idF 1995/351 §9 Abs3;
AVG §59 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art1 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der N in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 1995, Zl. 303.279/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 1995 wurde der am 17. Mai 1995 bei der österreichischen Botschaft in Prag gestellte Antrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen Mazedoniens, auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß "§ 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes" abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) dürfe Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) vorliege. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG sei die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Sichtvermerk nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Fest stehe, daß die Beschwerdeführerin erlaubterweise sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist sei, dieses jedoch nach Ablauf der Dreimonatsfrist, während derer ihr der sichtvermerksfreie Aufenthalt gestattet gewesen sei, nicht verlassen habe. Sie halte sich - nunmehr unerlaubt - in Österreich auf. Die Bewilligung nach dem AufG solle daher nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden. Der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG liege vor. Die Erteilung einer Bewilligung sei nach § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Die Versagung einer Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG stelle einen zulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Fremden dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 5 Abs. 1, § 9 Abs. 3 und § 12 Abs. 1 AufG lauten:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

§ 9. (1) ...

...

(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG ist in diesem Fall nicht anwendbar.

§ 12. (1) Für Zeiten erhöhter internationaler Spannungen, eines bewaffneten Konfliktes oder sonstiger die Sicherheit ganzer Bevölkerungsgruppen gefährdender Umstände kann die Bundesregierung mit Verordnung davon unmittelbar betroffenen Gruppen von Fremden, die anderweitig keinen Schutz finden, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet gewähren."

§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG lautet:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"

Geht - wie hier - aus der Bescheidbegründung klar hervor, daß die belangte Behörde die Verwirklichung des Versagungstatbestandes des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG angenommen hat, so belastet der Umstand, daß sie die von ihr herangezogenen Bestimmungen nicht auch im Spruch ihres Bescheides angeführt hat, letzteren nicht mit Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 94/18/0070).

Die Beschwerdeführerin tritt den oben wiedergegebenen Bescheidfeststellungen nicht entgegen. Sie bestreitet folglich nicht, sichtvermerksfrei eingereist zu sein und sich im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (3. Oktober 1995) in Österreich aufgehalten zu haben. Für die Verwirklichung des in Rede stehenden Sichtvermerksversagungsgrundes ist allein entscheidend, daß sich der Fremde in dem für die Entscheidung der belangten Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluß an eine sichtvermerksfreie Einreise im Inland aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0534).

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihre, durch die Anwesenheit ihres Ehegatten und ihres Sohnes begründeten Interessen in Österreich vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der von ihr behauptete Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 AufG setzt nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung voraus, daß kein Ausschließungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufG, also auch nicht jener nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/0362).

Eine Bedachtnahme auf private und familiäre Interessen des Fremden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK kommt bei einer auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, genannten Gründen nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 96/19/0404).

Im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides nach Aussetzung der Anwendung des Art. 3 Abs. 3 lit. a, c, d, e, f und g des im beiderseitigen Einverständnis zwischen der Republik Österreich und der Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien pragmatisch weiterangewendeten Abkommens BGBl. Nr. 365/1965 durch das BGBl. Nr. 322/1995 (Wirksamkeitsbeginn der Aussetzung 15. Mai 1995) stand Art. 1 Abs. 2 dieses Abkommens der Anwendung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gegenüber der Beschwerdeführerin, welche nicht Inhaberin eines Diplomatenpasses ist, nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1997, Zlen. 96/19/0285 bis 0288).

Insoweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des § 9 Abs. 3 AufG rügt und geltend macht, ihr Antrag wäre auf das nächste Jahr zu verschieben gewesen, ist ihr zu entgegnen, daß die in Rede stehende Bestimmung der Zulässigkeit der Erlassung abweislicher Bescheide nach Quotenerschöpfung nicht entgegenstünde (vgl. den hg. Beschluß vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208).

Wenn die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, im Hinblick auf die Verhältnisse "des ehemaligen Jugoslawiens" sei "zumindest die Erlassung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet" gerechtfertigt, so verkennt sie, daß die Gewährung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechtes gemäß § 12 Abs. 1 AufG die Erlassung einer Verordnung der Bundesregierung voraussetzt. Eine solche Verordnung ist in Ansehung Angehöriger Mazedoniens nicht erlassen worden.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191214.X00

Im RIS seit

13.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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