TE Vwgh Beschluss 2020/12/16 Ra 2018/06/0314

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Veröffentlicht am 16.12.2020
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Index

L82007 Bauordnung Tirol
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

BauO Tir 2011 §39 Abs1
BauO Tir 2018 §46
BauO Tir 2018 §46 Abs1
BauO Tir 2018 §46 Abs6 litc
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Mag.a Merl und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 5. November 2018, Zl. LVwG-2018/36/0905-2, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck; mitbeteiligte Partei: S GmbH, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 20; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 15. Februar 2018 wurde der mitbeteiligten Partei als Eigentümerin einer näher bezeichneten baulichen Anlage - soweit im Revisionsfall relevant - gemäß § 39 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) die Wiederherstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides aufgetragen. Diese Entscheidung begründete die revisionswerbende Partei damit, dass die vermieteten Kellerräumlichkeiten entgegen der Angaben der mitbeteiligten Partei nicht zu Lagerzwecken verwendet würden, die Ausstattung der Räumlichkeiten lasse auf die Benutzung als Aufenthaltsräume schließen. Eine Baubewilligung für die Verwendungszweckänderung liege nicht vor, damit würden die Kellerräumlichkeiten konsenslos verwendet werden.

2        Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen diesen Bescheid Folge gegeben und der oben genannte Bescheid aufgehoben. Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass Gegenstand eines Auftrages gemäß § 39 Abs. 1 TBO 2011 und der gleichlautenden Nachfolgebestimmung des § 46 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018) grundsätzlich bauliche Maßnahmen seien, die ohne erforderlichen Konsens oder abweichend vom Konsens durchgeführt worden seien. Eine Änderung des Verwendungszweckes stelle allenfalls eine bewilligungspflichtige Maßnahme gemäß § 28 Abs. 1 lit. c TBO 2018 dar. Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 46 Abs. 1 TBO 2018 ergebe sich aber, dass eine ohne bauliche Maßnahme durchgeführte Änderung des Verwendungszweckes nicht vom Anwendungsbereich des § 46 Abs. 1 TBO 2018 umfasst sei. Der gegenständliche baupolizeiliche Auftrag umfasse keine baulichen Maßnahmen. Vielmehr ergebe sich aus den Feststellungen eine Ausstattung mit Couchen, Tischen, Kühlschränken, Getränkekisten, Wasserflaschen, eines Tischfußballtisches sowie die Anbringung von Fanartikeln an den Wänden. Dies stelle keine bauliche Maßnahme dar und könne nicht Gegenstand eines baupolizeilichen Auftrags gemäß § 39 Abs. 1 TBO 2011, nunmehr § 46 Abs. 1 TBO 2018 sein. Der Beschwerde sei deshalb stattzugeben. Unter einem ergänzte das Verwaltungsgericht, dass bei Vorliegen einer vom Baukonsens abweichenden Verwendungszweckänderung die weitere Benützung gemäß § 46 Abs. 6 lit. c TBO 2018 ganz oder teilweise zu untersagen sei. Eine Änderung des Auftrags gemäß § 46 Abs. 1 TBO 2018 in eine Benutzungsuntersagung gemäß § 46 Abs. 6 TBO 2018 würde die Sache des Beschwerdeverfahrens überschreiten. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

3        Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision wurde dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt, der ein Vorverfahren einleitete.

4        Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der Revision als unbegründet, sowie Aufwandersatz.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        In den zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision dargestellten Gründen führt die revisionswerbende Partei aus, die zu § 46 Abs. 1 TBO 2018 und der Vorgängerbestimmung ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts sei uneinheitlich, zudem fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob eine konsenslose Änderung des Verwendungszwecks auch ohne bauliche Maßnahme Gegenstand eines baupolizeilichen Auftrags nach § 39 Abs. 1 TBO 2011 bzw. § 46 Abs. 1 TBO 2018 sein könne.

9        Insoweit die Revision die Uneinheitlichkeit der zu § 39 Abs. 1 TBO 2011 bzw. § 46 Abs. 1 TBO 2018 ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts rügt, wird die Zulässigkeit der Revision damit nicht dargetan. Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Art. 133 Abs. 4 B-VG ergibt, stellt nur die Uneinheitlichkeit der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur zu lösenden Rechtsfrage eine der möglichen Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, nicht aber die Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts.

10       Soweit die Revision vorbringt, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob eine konsenslose Änderung des Verwendungszwecks auch ohne zuvor erfolgte bauliche Maßnahme Gegenstand eines baupolizeilichen Auftrags nach § 39 Abs. 1 TBO 2011 bzw. § 46 Abs. 1 TBO 2018 sein könne, so steht diesem Vorbringen der klare und eindeutige Wortlaut dieser Bestimmungen, die auf bauliche Maßnahmen abzielen, entgegen.

11       Die Revision führt selbst aus, dass im vorliegenden Fall keine bauliche Maßnahme getroffen wurde und es sich vielmehr um eine Änderung des Verwendungszweckes handelt. Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu bereits festgehalten hat, ergibt sich aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 46 Abs. 6 lit. c Tir BauO 2018, dass im Fall der Änderung des Verwendungszweckes ein Auftrag zur Untersagung der weiteren Benützung zu ergehen hat (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/06/0175). Das Verwaltungsgericht hat folgerichtig den gegenständlichen Auftrag gemäß § 46 Abs. 1 TBO 2018 behoben.

12       Es wird von der Revision somit in keinem ihrer Vorbringen eine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

13       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil es einerseits in der VwGH-Aufwandersatzverordnung nicht gedeckt ist und andererseits der durch die Verordnung pauschaliert festgesetzte Schriftsatzaufwand auch die anfallende Umsatzsteuer abdeckt.

Wien, am 16. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018060314.L00

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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