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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache der H I, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Oktober 2020, W215 2168127-1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Staatsangehörige Somalias und stellte am 28. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab sie an, dem Clan der Madhiban anzugehören und mit einem der Mitglieder der al-Shabaab verheiratet worden zu sein. Sie habe sich scheiden lassen und mit Hilfe ihrer Mutter und ihres Bruders das Land verlassen. Nun fürchte sie sich vor der al-Shabaab.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das aufgrund einer Säumnisbeschwerde zuständig gewordene Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Antrag der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Gänze ab, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Somalia zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise werde insoweit aufgeschoben, als sie 14 Tage ab Rechtskraft der Erledigung des noch beim BFA anhängigen Antrags auf internationalen Schutz ihres Sohnes betrage. Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die vorliegende Revision wendet sich unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit gegen die Beweiswürdigung und bringt vor, bestimmte Erwägungen des BVwG seien nicht schlüssig, es habe Textbausteine und „Gemeinplätze“ verwendet und nicht dargelegt, warum es manche Angaben der Revisionswerberin als „ausweichend und oberflächlich“ einstufe.
7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 12.10.2020, Ra 2020/19/0258, mwN).
8 Das BVwG hat die Angaben der Revisionswerberin zu ihren Fluchtgründen als nicht glaubwürdig erachtet. Seine Beweiswürdigung stützte es dabei auf diverse Widersprüche und Ungereimtheiten in den Ausführungen der Revisionswerberin. Zum einen habe die Revisionswerberin bei ihrer Einreise noch angegeben, ausgereist zu sein, weil sie zwangsverheiratet und danach geschieden worden sei. Zum anderen habe sie im fortgesetzten Verfahren angegeben, gar nicht verheiratet worden zu sein, sondern das Land zuvor verlassen zu haben. Vor dem Hintergrund der dokumentierten Rückübersetzung sei nicht nachvollziehbar, dass es sich dabei nur um Übersetzungsfehler handeln sollte. Auch die zeitlichen Angaben hätten das Vorbringen nicht nachvollziehbar erscheinen lassen, weil nicht plausibel erklärt worden sei, warum die Hochzeit nicht sofort nach der Zustimmung des Vaters zur Eheschließung stattgefunden habe, sondern die Revisionswerberin mehr als ein Monat nach der Zustimmung geflohen sei, ohne dass in der Zwischenzeit Schritte zu einer Verheiratung gesetzt worden wären. Auch die Angaben zur Flucht seien vage geblieben. So erweise es sich nicht als nachvollziehbar, dass die Revisionswerberin einerseits das Haus nicht habe alleine verlassen können, andererseits aber alleine auf einem LKW nach Mogadischu gefahren und von dort über den internationalen Flughafen ausgereist sei. Zudem habe die Revisionswerberin nicht darlegen können, wie die Familie die für somalische Verhältnisse außerordentlich hohe Summe für ihre Ausreise habe aufbringen können.
Damit erschöpfen sich die Ausführungen des BVwG auch nicht, wie von der Revisionswerberin pauschal angedeutet, in allgemein gehaltenen Textbausteinen.
9 Das BVwG führt zwar auch ohne Bezugnahme auf konkrete Fragestellungen an, dass die Revisionswerberin zu einigen Themenkreisen ausweichende und oberflächliche Antworten gegeben habe, es setzt sich aber insgesamt mit dem Fluchtvorbringen der Revisionswerberin nachvollziehbar auseinander und stützt sich im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht bloß auf dieses, in der Revision genannte Argument.
10 Die Revision vermag daher mit ihrem pauschalen Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung insgesamt als unvertretbar zu beurteilen wäre (vgl. VwGH 15.4.2020, Ra 2020/20/0114, mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 21. Dezember 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190403.L00Im RIS seit
02.02.2021Zuletzt aktualisiert am
02.02.2021