TE Bvwg Beschluss 2020/11/18 W115 2140884-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.11.2020
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Entscheidungsdatum

18.11.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W115 2140884-4/3E

BESCHlUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Antragsteller, Staatsangehöriger von Afghanistan, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am XXXX einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.    Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom XXXX wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen den Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

1.2.    Die gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht legte dem angeführten Erkenntnis neben ausführlichen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat, die folgenden Feststellungen zum Fluchtvorbringen, zur Situation des Antragstellers im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan und zu seinem Familienleben zugrunde (Auszug aus dem angeführten Erkenntnis; Schreibfehler nicht korrigiert; Beschwerdeführer = Antragsteller):

„1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari.

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX in der Stadt Kabul geboren. Als der Beschwerdeführer ca. ein Jahr alt war, verließ er Afghanistan gemeinsam mit seiner Familie auf Grund der allgemein schlechten Sicherheitslage und ging nach Pakistan. In Pakistan besuchte der Beschwerdeführer zunächst für ca. drei bis vier Jahre eine private Schule und in weiterer Folge für mehrere Jahre eine öffentliche Schule. Der Beschwerdeführer kehrte nach mehreren Jahren mit seiner Familie wieder nach Afghanistan in die Stadt Kabul zurück; es kann nicht festgestellt werden, wie lange der Beschwerdeführer mit seiner Familie genau in Pakistan aufhältig war. Der Beschwerdeführer besuchte auch in Afghanistan für mehrere Jahre die Schule und war dort - neben kürzeren Tätigkeiten als Autowäscher und als Verkäufer von Kichererbsen sowie Kartoffeln - mehrere Jahre als Bauarbeiter tätig.

Der Beschwerdeführer ist ein junger Mann, der nicht verheiratet und kinderlos ist. Der Beschwerdeführer verfügt u.a. über mehrere Verwandte in der Stadt Kabul, mit denen er jedoch nicht in Kontakt steht.

1.1.2. Das vom Beschwerdeführer dargelegte primäre Fluchtvorbringen (einerseits betreffend die Gefahr, als Familienmitglied seines Vaters auf Grund von Grundstücksstreitigkeiten von seinem Onkel getötet zu werden, anderseits betreffend die Gefahr, Rachehandlungen durch die nahen Angehörigen des Mörders seines Vaters auf Grund der bei der türkischen Polizei erfolgten Anzeige ausgesetzt zu sein) kann nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer wurde als sunnitischer Muslim erzogen. Er kam über einen seiner Brüder, der mittlerweile in Australien aufhältig ist, mit dem Christentum in Kontakt und interessiert sich seit seinem Aufenthalt in Österreich stärker für den christlichen Glauben. Der Beschwerdeführer besucht Gottesdienste, ist aber bisher nicht zum Christentum konvertiert. Zunächst kann nicht festgestellt werden, dass der christliche Glauben wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers geworden ist. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seinem derzeitigen Interesse für den christlichen Glauben im Falle der Rückkehr nach Afghanistan weiter nachkommen würde. Zudem kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein derzeitiges Interesse für den christlichen Glauben im Falle der Rückkehr nach Afghanistan nach außen zur Schau tragen würde. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass die afghanischen Behörden bzw. das persönliche Umfeld des Beschwerdeführers von dessen Glaubenswechsel und christlichem Engagement bei einer Rückkehr nach Afghanistan Kenntnis erlangen würde. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seines Interesses für den christlichen Glauben psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass konkret der Beschwerdeführer auf Grund der Tatsache, dass er sich seit einigen Jahren in Europa aufhält und „westlich orientiert“ ist, bzw. dass jeder afghanische Staatsangehörige, der aus Europa nach Afghanistan zurückkehrt und „westlich orientiert“ ist, in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

[…]

1.1.5. Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Antragstellung im XXXX auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 rechtmäßig im Bundesgebiet. Er bezog seit seiner Antragstellung - mit Ausnahme des Zeitraums zwischen XXXX und XXXX - Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer übt in Österreich keine berufliche Tätigkeit aus. Er besuchte in Österreich Deutschkurse und spricht ein gut verständliches Deutsch.

Der Beschwerdeführer war im XXXX bereits seit einem Jahr und vier Monaten mit seiner Lebensgefährtin, einer österreichischen Staatsbürgerin, zusammen; zu diesem Zeitpunkt waren beide obdachlos. Der Beschwerdeführer hat einen Cousin in Österreich, mit dem er nicht in Kontakt steht.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan in die Stadt Kabul liefe der Beschwerdeführer nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.“

Dieser Sachverhalt wurde auf die folgenden beweiswürdigenden Erwägungen gestützt (Auszug aus dem angeführten Erkenntnis):

„2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seinen Fluchtgründen (Pkt. II.1.1.):

2.1.1. Die Feststellungen zur Staats- und Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben im gegenständlichen Verfahren; das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen - im Wesentlichen gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden - Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln. Die Feststellung, dass die Muttersprache des Beschwerdeführers Dari ist, ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt und aus der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (s. v.a. S. 2 des Verhandlungsprotokolls).

Die Feststellung zum Namen des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, in der Beschwerde, vor dem Bundesverwaltungsgericht und in der Stellungnahme vom XXXX . Die Feststellungen zu seinen Geburtsdaten folgen v.a. aus dem medizinischen Sachverständigengutachten vom XXXX und darüber hinaus aus seinen diesbezüglichen Angaben (Aktenseite [in der Folge: AS] 163 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes und S. 9 des Verhandlungsprotokolls). Die zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdaten) getroffenen Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung des Beschwerdeführers im Verfahren.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Aufenthaltsorten, den Gründen für die Ausreise seiner Familie aus Afghanistan nach Pakistan, als der Beschwerdeführer noch ein Kleinkind war (s. S. 9 des Verhandlungsprotokolls), seinem schulischen sowie beruflichen Werdegang, seinen Familienangehörigen und seiner Ausreise sind chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der in Afghanistan bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen sowie der Länderfeststellungen plausibel; die vom Beschwerdeführer hierzu getätigten Angaben waren im Wesentlichen gleichbleibend und widerspruchsfrei. Auf Grund der diesbezüglich widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers konnte jedoch nicht festgestellt werden, wie lange er mit seiner Familie genau in Pakistan aufhältig war (s. AS 169 [Rückkehr im Jahr XXXX oder XXXX ] sowie S. 9 des Verhandlungsprotokolls [Rückkehr ca. XXXX ]).

[…]

2.1.3. Die Feststellung zu den Bezugszeiten von Leistungen aus der Grundversorgung ergibt sich aus dem eingeholten Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem. Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers folgt aus dem eingeholten Strafregisterauszug.

Die Feststellungen zu seinen Deutschkursbesuchen und seinen Deutschkenntnissen ergeben sich aus seinen dahingehenden Angaben (s. AS 177) und aus dem vom erkennenden Richter in der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer diesbezüglich gewonnenen persönlichen Eindruck (s. u.a. S. 7 des Verhandlungsprotokolls).

Dass der Beschwerdeführer zumindest bis XXXX eine Lebensgefährtin hatte, mit der er zu diesem Zeitpunkt gemeinsam auf der Straße lebte, folgt v.a. aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben (s. S. 6 ff. des Verhandlungsprotokolls). Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom XXXX zu einer weiteren (zweiten) Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX geladen wurde, um ihm nochmals Gelegenheit zu geben, u.a. zu seiner privaten/familiären Situation in Österreich persönlich Stellung zu nehmen; bereits in der Ladung wurde der Beschwerdeführer dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er dem Gericht alle relevanten Unterlagen (z.B. Heiratsurkunden, Integrationsnachweise) unverzüglich oder spätestens in der mündlichen Verhandlung vorlegen und etwaige Zeugen, z.B. zum Nachweis seiner Integration in Österreich, rechtzeitig bekannt geben soll (s. Ladung vom XXXX ). Der Beschwerdeführer übermittelte in der Folge keine Unterlagen an das Bundesverwaltungsgericht, tätigte kein Vorbringen zu seiner Beziehung mit seiner Lebensgefährtin und erschien nicht zur (zweiten) mündlichen Verhandlung (s. Pkt. I.12.).

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer einen Cousin in Österreich hat, mit dem kein Kontakt besteht, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben (s. S. 8 des Verhandlungsprotokolls).

2.1.4. Soweit das vom Beschwerdeführer behauptete Fluchtvorbringen nicht festgestellt werden konnte, ist Folgendes festzuhalten:

[…]

2.1.4.3. Vor diesem Hintergrund geht der zur Entscheidung berufene Richter des Bundesverwaltungsgerichtes auf Grund seines in der mündlichen Verhandlung erhaltenen persönlichen Eindrucks sowie der im Akt einliegenden niederschriftlichen Erstbefragung und Einvernahme des Beschwerdeführers davon aus, dass ihm hinsichtlich seines primären Fluchtvorbringens (einerseits betreffend die Gefahr, als Familienmitglied seines Vaters auf Grund von Grundstücksstreitigkeiten von seinem Onkel getötet zu werden, anderseits betreffend die Gefahr, Rachehandlungen durch die nahen Angehörigen des Mörders seines Vaters auf Grund der bei der türkischen Polizei erfolgten Anzeige ausgesetzt zu sein) keine Glaubwürdigkeit zukommt:

2.1.4.3.1. Eingangs ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Gegensatz zu seinen Ausführungen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von sich aus erstmals angab, dass im Zuge der Streitigkeiten mit der Familie seines Onkels väterlicherseits einmal die Frau dieses Onkels mit Steinen die Scheiben des Autos des Vaters des Beschwerdeführers aufgebrochen und seinen Vater angegriffen hätte (S. 12 des Verhandlungsprotokolls). Diese Steigerung seines Fluchtvorbringens ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zumindest als Indiz für ein insgesamt nicht glaubhaftes Vorbringen zu werten, woran auch die auf diesbezüglichen Vorhalt durch den erkennenden Richter vom Beschwerdeführer getätigten Angaben nichts zu ändern vermögen (s. S. 13 des Verhandlungsprotokolls: „[…] BF: Die zwei Angriffe sind im Vergleich zu der Absicht meines Onkels, meinen Vater töten zu wollen, nicht allzu wichtig.“).

Eine weitere unglaubhafte Steigerung im Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers ist darin gelegen, dass er in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch angab, sein Onkel hätte ihn bedroht und dabei lediglich angegeben, die Sache zuerst mit dem Beschwerdeführer und dann mit seinem Vater (dem Bruder des Onkels) klären zu wollen (AS 175), wohingegen der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht darüber hinausgehend ausführte, sein Onkel hätte ihm bei diesem Gespräch auch damit gedroht, ihn zu töten (S. 12 des Verhandlungsprotokolls).

Schließlich steigerte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen auch in unglaubhafter Weise, indem er über seine vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl getätigten Ausführungen hinausgehend in seiner Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erstmals näher ausführte, dass sein Vater in der Türkei vom Ehemann seiner Tante mütterlicherseits mit einer Axt getötet worden wäre und ihm dabei zwei Finger abgetrennt worden wären (S. 12 des Verhandlungsprotokolls).

2.1.4.3.2. Weiters finden sich im Vorbringen des Beschwerdeführers auch einige Ungereimtheiten, weshalb dieses auch nicht schlüssig ist:

So gab der Beschwerdeführer auf die konkrete Frage des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung, warum der Vater des Beschwerdeführers vom Ehemann seiner Tante ermordet worden wäre, zunächst zwar noch an, dass es private Gründe gegeben hätte, die der Beschwerdeführer nicht konkret kennen würde. Unmittelbar danach führte der Beschwerdeführer jedoch aus, dass seines Erachtens ein Zusammenhang zwischen der Bedrohung durch den Onkel väterlicherseits in Afghanistan sowie dem Mord an seinem Vater in der Türkei bestehen würde und dass es dabei um Geld gegangen wäre (S. 14 des Verhandlungsprotokolls), womit er den Grund für die Ermordung seines Vaters scheinbar doch benennen konnte.

Weiters hielt der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass er mit seiner Familie bis ca. XXXX in Pakistan geblieben und dann nach Afghanistan zurückgekehrt wäre (AS 167 ff. und 175), wohingegen er in seiner Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, dass er im Jahr XXXX in der Stadt Kabul geboren wäre, Afghanistan im Alter von einem Jahr verlassen hätte und nach Pakistan gegangen wäre sowie 13 Jahre später nach Afghanistan in die Stadt Kabul zurückgekehrt wäre (womit diese Rückkehr eigentlich ca. im Jahre XXXX erfolgt sein müsste). Die auf diesbezüglichen Vorhalt vom Beschwerdeführer getätigten Angaben vermochten diese Ungereimtheit in seinen Ausführungen nicht zu beseitigen (s. S. 9 des Verhandlungsprotokolls: „[…] BF: Ich erinnere mich nicht mehr so genau. Ich war sehr überrascht, als wir nach Afghanistan gegangen sind. Ich hatte nämlich Afghanistan vorher nie gesehen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass Pakistan mein Heimatland ist.“).

In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer zudem an, dass einige Familienangehörige seines Vaters schon „vor langer Zeit“ verstorben wären und sein Vater nicht in dem Haus hätte leben wollen, wo seine Familienangehörigen gestorben wären, weshalb er dem Onkel väterlicherseits angeboten hätte, das Haus zu verkaufen und den Erlös aufzuteilen (AS 173); die Streitigkeiten mit dem Onkel um dieses Haus hätten schließlich zur Ausreise der (Kern)Familie des Beschwerdeführers aus Afghanistan geführt (AS 175). In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führte der Beschwerdeführer aus, dass er mit seiner Familie nach der Rückkehr aus Pakistan zunächst in einem Mietshaus gewohnt hätte und sein Vater erst später gemeinsam mit dem Onkel väterlicherseits das Haus gekauft hätte, um das es bei dem Streit gegangen wäre (s. v.a. S. 11 des Verhandlungsprotokolls). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes erwecken die Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Eindruck, dass die (erweiterte) Familie des Beschwerdeführers das streitgegenständliche Haus schon seit vielen Jahren bewohnt bzw. besessen hätte, wohingegen die Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht eher darauf schließen lassen, dass die Familien des Beschwerdeführers und seines Onkels erst in jüngerer Vergangenheit in dieses gezogen wären, was zumindest als Ungereimtheit in seinen Angaben zu werten ist.

2.1.4.3.3. Schließlich ist das Vorbringen des Beschwerdeführers nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch nicht plausibel. Es erscheint nicht ganz lebensnah, dass der Onkel väterlicherseits des Beschwerdeführers zunächst in den Kauf eines gemeinsamen Hauses mit dem Vater des Beschwerdeführers einwilligen sollte (S. 11 des Verhandlungsprotokolls), um in der Folge das gesamte Haus alleine für sich (bzw. seine Familie) zu beanspruchen.

2.1.4.3.4. Dem Beschwerdeführer kommt aus diesen Gründen hinsichtlich seines Fluchtvorbringens (einerseits betreffend die Gefahr, als Familienmitglied seines Vaters auf Grund von Grundstücksstreitigkeiten von seinem Onkel getötet zu werden, anderseits betreffend die Gefahr, Rachehandlungen durch die nahen Angehörigen des Mörders seines Vaters auf Grund der bei der türkischen Polizei erfolgten Anzeige ausgesetzt zu sein) nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine Glaubwürdigkeit zu.

2.1.4.4. Auch das weitere vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Vorbringen (betreffend die Gefahr, bei einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seiner geplanten Konvertierung zum Christentum und der dadurch gegenüber dem Islam zum Ausdruck gebrachten Ablehnung psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt zu sein) kann den Feststellungen aus folgenden Gründen nicht zugrunde gelegt werden:

2.1.4.4.1. Eingangs ist hierzu festzuhalten, dass die Feststellungen zum religiösen Hintergrund des Beschwerdeführers, seinem ersten Kontakt mit dem Christentum, seinen Besuchen von Gottesdiensten und seinem Interesse am christlichen Glauben sich auf die vom Beschwerdeführer getätigten - dahingehend glaubhaften - Angaben und den vom erkennenden Richter in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer stützen (S. 16 ff. des Verhandlungsprotokolls). Das Bundesverwaltungsgericht spricht dem Beschwerdeführer daher nicht ab, dass er sich seit seinem Aufenthalt in Österreich für den christlichen Glauben interessiert und in Österreich Gottesdienste besucht.

2.1.4.4.2. Der Beschwerdeführer führte bereits in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im XXXX an, dass er sich zwar für das Christentum interessiere, jedoch aktuell noch nicht getauft sei und auf den richtigen Zeitpunkt warte (AS 165). In seiner Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl führte der Beschwerdeführer hierzu nur aus, dass er „den Wunsch [verspüre], sich dem Christentum anzuschließen“ und sich mit dieser Religion bereits auseinandersetze (S. 12 der Beschwerde). In weiterer Folge gab der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er zwar kein Geld hätte, um sich taufen zu lassen, er jedoch mit „Vater XXXX “ gesprochen hätte, der nach einer Möglichkeit suchen würde, um den Beschwerdeführer zu taufen; er wolle sich so bald wie möglich taufen lassen (s. S. 16 und 19 des Verhandlungsprotokolls). Das Bundesverwaltungsgericht wies den Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung dazu an, den Taufschein so schnell wie möglich zu übermitteln, falls es zu einer Taufe kommen sollte (S. 19). In seiner Stellungnahme vom XXXX gab der Beschwerdeführer hierzu lediglich an, dass seine Konvertierung zum Christentum geplant sei (S. 2). Mit Schreiben vom XXXX wurde der Beschwerdeführer zu einer weiteren Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX geladen, um diesem nochmals Gelegenheit zu geben, u.a. zu etwaigen weiteren Schritten hinsichtlich einer möglichen Konversion zum Christentum persönlich Stellung zu nehmen; bereits in der Ladung wurde der Beschwerdeführer dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er dem Gericht alle relevanten Unterlagen (z.B. Taufscheine) unverzüglich oder spätestens in der mündlichen Verhandlung vorlegen und etwaige Zeugen, z.B. in Zusammenhang mit einer möglichen Konversion, dem Gericht rechtzeitig bekannt geben solle (s. Ladung vom XXXX ). Der Beschwerdeführer übermittelte in der Folge weder Unterlagen an das Bundesverwaltungsgericht, noch erschien er zur mündlichen Verhandlung (s. Pkt. I.12.). Schließlich wurden dem Beschwerdeführer mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes u.a. die oben unter Pkt. II.1.3.2. und 1.3.3. angeführten Länderberichte zur Situation von Konvertiten in Afghanistan übermittelt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; der Beschwerdeführer äußerte sich nicht zu diesem Länderberichtsmaterial.

Dem Beschwerdeführer wurde somit seitens des Bundesverwaltungsgerichtes auch nach seiner Verhandlung am XXXX wiederholt Gelegenheit dazu gegeben, zu einer möglichen Konversion und damit in Zusammenhang stehenden Umständen Stellung zu nehmen. Da der Beschwerdeführer diese Möglichkeiten zur Stellungnahme nicht in Anspruch genommen hat und auch sonst keine neuen Umstände im Hinblick auf eine mögliche Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum hervorgekommen sind, ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit keine weiteren Maßnahmen in diese Richtung gesetzt und sich dem christlichen Glauben nicht weiter angenähert hat.

2.1.4.4.3. Unabhängig davon zeigen auch die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie in seiner Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass der christliche Glauben keineswegs bereits tief im Beschwerdeführer verwurzelt und Bestandteil seiner Identität geworden wäre.

So konnte der Beschwerdeführer nur ein relativ rudimentäres Grundwissen zum Christentum vorweisen (AS 167: „F: Kennen Sie irgendwelche christlichen Feiertage? A: Ich kenne Weihnachten, sonst keine. F: Was feiert man zu Weihnachten? Das ist die Geburt Jesus Christus und das wird gefeiert, falls ich mich nicht irre.“; S. 18 des Verhandlungsprotokolls: „R: Sind Ihnen irgendwelche christlichen Feiertage bekannt? BF: Weihnachten, das ist die Geburt Jesus. Ostern, dabei geht es um den Tod und um die Wiederauferstehung. Ich weiß auch, dass es das ‚Alte Heilige Buch‘ und das ‚Neue Heilige Buch‘ gibt. Diese Information habe ich von der Mutter meiner Verlobten.“), oder aber die vom Einvernahmeleiter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gestellten Fragen gar nicht beantworten (AS 165: „F: Was wissen Sie über Jesus Christus, sein Leben und Wirken? A: Soweit bin ich noch nicht.“); darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer dem erkennenden Richter in seiner Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch kaum Gebete bzw. Lieder nennen, die mit dem christlichen Glauben im Zusammenhang stehen (s. S. 18 des Verhandlungsprotokolls: „R: Welche Gebete kennen Sie noch außer dem „Vater unser“? BF: Keine. R: Kennen Sie irgendwelche Kirchenlieder? BF: Der Gesang selbst ist eine Art von Gebet. Bei diesem Ort handelt es sich um einen heiligen Ort. Es ist selbstverständlich, dass die Gesänge von religiösen Inhalten handeln.“). Aus den aufgezeigten Gründen ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes davon auszugehen, dass beim Beschwerdeführer kein echtes, aus innerer Überzeugung getragenes Interesse am Christentum vorliegt. Diese Annahme ist auch deshalb zu treffen, weil der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht hinreichend substantiiert beschreiben konnte, was für ihn der Anlass für eine intensivere Befassung mit dem Christentum war; die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers sind vage und bringen eher eine ablehnende Haltung gegenüber dem Islam als ein besonderes Interesse am Christentum zum Ausdruck (s. S. 17 f. des Verhandlungsprotokolls).

2.1.4.4.4. Vor diesem Hintergrund ist im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers nicht anzunehmen, dass er seinem derzeitigen, nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes eher oberflächlichen und geringen Interesse für den christlichen Glauben bei einer Rückkehr nach Afghanistan weiter nachkommen würde und bei einer Rückkehr nach Afghanistan aus diesem Grund in das Blickfeld der Behörden oder radikaler Muslime geraten oder missionierend bzw. in einer herausgehobenen Position tätig sein würde. Es konnte somit auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seines derzeitigen Interesses für den christlichen Glauben Gewalt ausgesetzt wäre.

2.1.4.5. Die Feststellungen, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthalts in Europa und seiner „westlichen Orientierung“ in Afghanistan keine konkret gegen ihn gerichtete psychische und/oder physische Gewalt droht, ergeben sich aus seinem dahingehend lediglich allgemein gehaltenen und nicht näher begründeten Ausführungen im Verfahren (vgl. u.a. S. 3 der Stellungnahme vom XXXX ).

2.2. Zu den Feststellungen zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat (Pkt. II.1.2.):

Die Feststellungen zur Rückkehr des Beschwerdeführers in die Stadt Kabul ergeben sich aus den o.a. Länderfeststellungen (Pkt. II.1.3.) unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde diesbezüglich angeführten Länderberichtsmaterials in Zusammenschau mit den vom Beschwerdeführer glaubhaft dargelegten persönlichen Umständen (Pkt. II.2.1.).

Nach den o.a. Länderfeststellungen ist die Sicherheitslage in der Stadt Kabul aktuell zwar nach wie vor prekär, was sich insbesondere in Angriffen auf afghanische sowie US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants und Hotels äußert. Jedoch behält die afghanische Regierung nach wie vor die Kontrolle über die Stadt Kabul und größere Transitrouten. Die sichere Erreichbarkeit der Stadt Kabul ist durch den örtlichen Flughafen gewährleistet.

[…]“

1.3.    Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wurde der Antragsteller gemäß §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB; § 83 Abs. 1 StGB; §§ 15, 105 Abs. 1 StGB; § 107 Abs. 1 StGB; §§ 15, 269 Abs. 1 3. Fall StGB; § 125 StGB sowie §§ 15, 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

1.4.    Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde dem Antragsteller ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.); gegen den Antragsteller gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen den Antragsteller gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.).

1.5.    Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückgewiesen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

1.6.    Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan zulässig ist.

1.7.    Am XXXX wurde der Antragsteller aus der Strafhaft entlassen und wurde in der Folge die Schubhaft über ihn verhängt.

1.8.    Am XXXX stellte der Antragsteller aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).

1.9.    Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX sowie im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am XXXX gab der Antragsteller im Wesentlichen zusammengefasst an, dass sein Fluchtgrund derselbe sei, wie im vorangegangenen Verfahren. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohe im Gefahr vom Bruder jener Person, die auch seinen Vater in der Türkei getötet habe. Zudem habe er sich in Österreich tätowieren lassen und könne auch aus diesem Grund nicht mehr nach Afghanistan.

1.10.   Im Anschluss an die niederschriftliche Einvernahme am XXXX wurde vom Bundesamt mit mündlich verkündetem Bescheid der dem Antragsteller gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe. Im gegenständlichen Verfahren habe der Antragsteller keine substanziell neuen Fluchtgründe vorgebracht und sich im Wesentlichen auf sein bereits im Vorverfahren erstattetes Vorbringen gestützt.

1.11.   In dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen ist und der betreffende Bescheid ersatzlos behoben. Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass der mündlich verkündete Bescheid vom XXXX hinsichtlich der aktuellen Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers, auch im Hinblick auf die derzeit vorherrschende COVID-19 Pandemie, mangelhaft begründet sei. Aufgrund der vorzunehmenden Grobprüfung vermöge der Bescheid daher keinen Bestand zu haben.

1.12.   Am XXXX wurde der Antragsteller aus der Schubhaft entlassen.

1.13.   Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.) und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft.

1.14.   Der Antragsteller verließ in weiterer Folge Österreich unrechtmäßig und reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Deutschland ein, wo er am XXXX erkennungsdienstlich behandelt wurde.

1.15.   In weiterer Folge wurde der Antragsteller aufgrund der vorliegenden Zuständigkeit Österreichs gemäß der Dublin-III Verordnung aus Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

1.16.   In weiterer Folge ordnete das Bundesamt über den Antragsteller die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an und wird dieser seit XXXX in Schubhaft angehalten.

2.       Am XXXX stellte der Antragsteller gegenständlichen Folgeantrag (dritter Antrag auf internationalen Schutz), zu welchem er am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde.

Im Verlauf dieser Befragung gab der Antragsteller zu seiner neuerlichen Antragstellung im Wesentlichen zusammengefasst an, dass seine bisherigen Fluchtgründe weiterhin aufrecht seien. In dieser Hinsicht sei keine Änderung eingetreten. Sein Vater sei aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten in der Türkei umgebracht worden. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er von seinem Onkel, der auch bereits seinen Vater getötet habe, umgebracht zu werden. Außerdem sei er tätowiert. Dies sei in Afghanistan strengstens verboten. Wenn man ein Tattoo habe, werde man als ungläubig bezeichnet.

2.1.    Mit Verfahrensanordnung, übernommen am XXXX , wurde dem Antragsteller vom Bundesamt mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben. Weiters wurden dem Antragsteller aktuelle Länderfeststellungen zu Afghanistan übermittelt.

2.2.    Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt am XXXX wurde dem Antragsteller im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und eines Rechtsberaters die Gelegenheit eingeräumt, zu der geplanten weiteren Vorgangsweise des Bundesamtes - Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache und Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes - Stellung zu nehmen.

Der Antragsteller gab im Wesentlichen zusammengefasst an, dass es ihm gesundheitlich gut gehen würde. Er nehme keine Medikamente und sei auch nicht in ärztlicher Behandlung. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der Antragsteller im Wesentlichen zusammengefasst an, dass er den gegenständlichen Antrag gestellt habe, da er nicht nach Afghanistan zurückkehren wolle. Er wisse, dass dort sein Leben in Gefahr sei. Die Feinde, die auch seinen Vater in der Türkei getötet hätten, würden noch immer nach ihm suchen. Dies habe er von seinem Bruder erfahren. Weiters wurden dem Antragsteller von der belangten Behörde Länderfeststellungen zu Afghanistan (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.11.2019, in der Fassung vom 21.07.2020) vorgehalten und ihm die Möglichkeit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen. Weder der Antragsteller noch sein Rechtsberater haben zu den Länderfeststellungen eine Stellungnahme abgegeben.

2.3.    Im Anschluss an die niederschriftliche Einvernahme am XXXX wurde vom Bundesamt mit dem im Spruch genannten mündlich verkündeten Bescheid der dem Antragsteller gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe. Im gegenständlichen Verfahren habe der Antragsteller keine substanziell neuen Fluchtgründe vorgebracht und sich im Wesentlichen auf sein bereits im Vorverfahren erstattetes Vorbringen gestützt. Unter Hinweis auf die mit dem Antragsteller erörterten Länderfeststellungen zu Afghanistan wurde ausgeführt, dass sich auch die allgemeine Lage im Herkunftsstaat - auch vor dem Hintergrund der aktuell vorherrschenden COVID-19-Pandemie - nicht entscheidungswesentlich geändert habe. Eine Verletzung des Art. 3 EMRK drohe dem Antragsteller auch aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht, da es keine Anhaltspunkte geben würde, dass der Antragsteller einer Risikogruppe angehöre. Im Falle einer Erkrankung würde nur ein minimales Risiko eines schweren Verlaufes bestehen. Im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers seien ebenfalls keine Änderungen seit der Rechtskraft des Vorverfahrens eingetreten. Der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz würde daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Da somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vorliegen würden, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

3.       In der Folge legte das Bundesamt den Verwaltungsakt (samt den Vorakten) mit dem gemäß § 62 Abs. 2 AVG beurkundeten Bescheid vom XXXX dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Der Verwaltungsakt (samt den Vorakten) langte der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein. In weiterer Folge wurde das Bundesamt mit Schreiben vom selben Tag davon in Kenntnis gesetzt, dass die gegenständlichen Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt sind.

3.1.    Mit Aktenvermerk vom XXXX , GZ XXXX , wurde vom Bundesverwaltungsgericht festgehalten, dass nach dem Ergebnis einer unverzüglichen Prüfung seitens des erkennenden Richters aus heutiger Sicht nicht zu entscheiden gewesen wäre, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen wäre.

Es sei aus ho. derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein diesbezügliches Vorbringen sei - nach dem Ergebnis einer Grobprüfung - nicht glaubhaft erstattet worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Der Antragsteller trägt den im Spruch genannten Namen und ist am XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an. Die Muttersprache des Antragstellers ist Dari. Weiters verfügt er über gute Kenntnisse der deutschen Sprache. Der Antragsteller ist in der Stadt Kabul geboren. Als er ca. ein Jahr alt war, verließ er Afghanistan gemeinsam mit seiner Familie aufgrund der allgemein schlechten Sicherheitslage und ging nach Pakistan. In Pakistan besuchte der Antragsteller zunächst für ca. drei bis vier Jahre eine private Schule und in weiterer Folge für mehrere Jahre eine öffentliche Schule. Der Antragsteller kehrte nach mehreren Jahren mit seiner Familie wieder nach Afghanistan in die Stadt Kabul zurück. Er besuchte auch in Afghanistan für mehrere Jahre die Schule und war dort - neben kürzeren Tätigkeiten als Autowäscher und als Verkäufer von Kichererbsen sowie Kartoffeln - mehrere Jahre als Bauarbeiter tätig. Der Antragsteller ist ledig und hat keine Kinder. Er verfügt u.a. über mehrere Verwandte in der Stadt Kabul, mit denen er jedoch nicht in Kontakt steht. In Österreich verfügt der Antragsteller über einen Cousin, mit dem er jedoch nicht in Kontakt steht.

Der Antragsteller stellte im Bundesgebiet bereits zwei unbegründete Anträge auf internationalen Schutz.

In der Folge reiste der Antragsteller trotz Verpflichtung nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet aus. Stattdessen verließ der Antragsteller Österreich unrechtmäßig und reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Deutschland ein und wurde von den dortigen Behörden aufgegriffen. In weiterer Folge wurde der Antragsteller aufgrund der vorliegenden Zuständigkeit Österreichs für die Bearbeitung des Asylverfahrens gemäß der Dublin-III Verordnung aus Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

Am XXXX stellte der Antragsteller einen dritten (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz. Er bezieht sich dabei auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Verfahrens bestanden haben bzw. die bereits im Kern unglaubwürdig sind und auch im Falle einer Wahrunterstellung keine Asylrelevanz aufweisen. Auch eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

Der Antragsteller ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Rückkehr des Antragstellers nach Afghanistan für diesen eine unzulässige Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in die Städte Kabul, Herat und Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lage bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde.

Es bestehen keine Hinweise, dass bei dem Antragsteller etwaige physische bzw. psychische Erkrankungen vorliegen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden.

In Bezug auf den Antragsteller besteht weiterhin kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person des Antragstellers, zum Gang der Vorverfahren sowie des gegenständlichen Verfahrens ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Im gegenständlichen (dritten) Asylverfahren bringt der Antragsteller keine wesentlich neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Sein diesbezügliches Fluchtvorbringen in Zusammenhang mit der Tötung seines Vaters wurde bereits in den Vorverfahren als unglaubhaft bzw. als nicht asylrelevant beurteilt. Sein in dieser Hinsicht im Zuge der Folgeantragstellung erstattetes Vorbringen steht mit dem rechtskräftig negativ beschiedenen Vorbringen aus den Vorverfahren im untrennbaren Zusammenhang und es liegt daher nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird jener Sachverhalt bekräftigt, über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Dies gilt auch für das Vorbringen des Antragstellers in Zusammenhang mit seinem mehrjährigen Aufenthalt in Europa und einer damit verbundenen „westlichen“ Gesinnung. Insoweit er in diesem Zusammenhang nunmehr vorbringt, dass er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne, da er tätowiert sei, ist dem entgegenzuhalten, dass durch dieses Vorbringen ebenfalls kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt begründet wird, da es ihm möglich ist, die Tätowierung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat durch Bekleidung zu bedecken. Auch auf den im Verwaltungsakt einliegenden Fotos (aktueller Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister) sind keine Tattoos beim Antragsteller (so z.B.: im Gesicht, am Hals oder auch den Armen bzw. Händen) ersichtlich. Zudem besteht für den Antragsteller die Möglichkeit, sich allfällige Tattoos vor einer Rückkehr nach Afghanistan allenfalls entfernen zu lassen.

Auch bezüglich der gesundheitlichen Situation des Antragstellers hat sich keine entscheidungsrelevante Änderung ergeben, insbesondere sind keine Anhaltspunkte für akute oder lebensbedrohliche Erkrankungen hervorgekommen. Vielmehr hat der Antragsteller im Zuge seiner neuerlichen Asylantragstellung selbst angegeben, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er keine Medikamente nehme und auch nicht in ärztlicher Behandlung sei. Weiters geht aus einer aktuellen Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres hervor, dass sich darinnen keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen des Antragstellers hindeuten. Es sind daher insgesamt beim Antragsteller keine neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, dass eine schwere Erkrankung vorliegt. Zudem ergibt sich aus den vorliegenden Länderinformationen eine ausreichende medizinische Grundversorgung in Afghanistan, sodass dem Antragsteller auch in seinem Herkunftsstaat eine allfällige Inanspruchnahme der benötigten Behandlung möglich sein wird.

Entscheidungsrelevante Änderungen seit der Rechtskraft der Entscheidungen in den Vorverfahren hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Antragstellers sind nicht eingetreten, wovon sich das Bundesverwaltungsgericht durch Einsicht in das aktuelle, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrundeliegenden Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 13.11.2019, aktualisiert am 21.07.2020, überzeugen konnte. Der Antragsteller ist den Länderfeststellungen auch nicht substantiiert entgegengetreten. Auch bezogen auf die zum Entscheidungszeitpunkt aktuell vorherrschende COVID-19 Pandemie war im gegenständlichen Verfahren das Vorliegen einer verfahrenswesentlichen Änderung der Lage im Herkunftsstaat nicht zu erkennen. Vor dem Hintergrund, dass diese Pandemie grundsätzlich weltweit herrscht und der Antragsteller keiner Risikogruppe zugehörig ist, droht ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine Verletzung des Art. 3 EMRK.

In Summe wird somit der Folgeantrag, welcher wie dargestellt als Begründung nur ein leicht modifiziertes Vorbringen zu den vorangegangenen Asylverfahren beinhaltet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Näheres wird im Verfahren vor dem Bundesamt zu prüfen sein.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich wurde anlässlich der vorangegangenen Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht eingehend erörtert und als nicht schützenswert festgestellt. Auch im gegenständlichen Verfahren wurde das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich nicht hinreichend belegt. Es sind auch keine maßgeblichen zusätzlichen Integrationsmerkmale aufgetaucht, die insgesamt zu einer anderen Beurteilung beitragen hätten können.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 22 Abs. 10 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005AsylG idgF, ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Zu A) Entscheidung in der Sache:

Im Verfahren zur Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am XXXX und am XXXX befragt und wurde ihm die Möglichkeit der Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Mit der entsprechenden Verfahrensanordnung wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufheben, wenn

1.       gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.       der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3.       die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 22 Abs. 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

Gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG sind die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

Gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 binnen acht Wochen zu entscheiden.

Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 vorliegen.

Gegen den Antragsteller besteht eine aufrechte Rückkehrentscheidung.

Wie bereits oben dargestellt, hat der Antragsteller das Vorliegen eines neuen asylrelevanten Sachverhaltes nicht glaubhaft gemacht. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch im Rahmen der getroffenen Feststellungen und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den Antragsteller hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. Status des subsidiären Schutzberechtigten maßgebliche Ländersituation in Afghanistan ist seit der Rechtskraft der Entscheidungen in den Vorverfahren im Wesentlichen gleich geblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht behauptet.

Der vorliegende Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

In den Vorverfahren haben sowohl das Bundesamt als auch das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

Auch im nunmehr gegenständlichen dritten Asylverfahren vor dem Bundesamt sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den Antragsteller im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden.

Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, besteht auch keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung nach Art. 3 EMRK alleine aufgrund der gegenwärtigen COVID-19 Pandemie.

Weiters ist der Ansicht des Bundesamtes beizupflichten, dass kein schützenswertes Familien- oder Privatleben des Antragstellers in Österreich feststellbar ist. Wie bereits ausgeführt, haben sich bezüglich der familiären und privaten Lebensumstände des Antragstellers keine maßgeblichen Änderungen seit dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses der Vorverfahren ergeben.

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Artikel 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Da insgesamt somit die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom XXXX rechtmäßig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Pandemie Risikogruppe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W115.2140884.4.00

Im RIS seit

15.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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