Index
41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigter betreffend eine Familie irakischer Staatsangehöriger; keine hinreichende Auseinandersetzung mit der Situation Minderjähriger im Herkunftsstaat sowie der medizinischen Versorgung eines kranken KindesRechtssatz
Auf die Tatsache, dass es sich bei den Beschwerdeführern um eine Familie mit zwei Minderjährigen und (dann) einem neugeborenen Kind handelt, wobei die Beschwerdeführer zusätzliche Vulnerabilitäten durch die gesundheitlichen Einschränkungen der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin aufweisen, geht das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in seiner rechtlichen Würdigung nicht näher ein. Es unterlässt mit Blick auf die Vulnerabilitäten der Beschwerdeführer gänzlich, die Feststellungen zur Sicherheitslage in Bezug auf die von den beschriebenen Massenprotesten geprägte Umgebung und hinsichtlich des Umstandes, dass Kinder in überproportionaler Weise von den Gewaltakten betroffen seien, unter Art2 und Art3 EMRK rechtlich zu beurteilen. Der Hinweis allein, dass Kinder nicht von sich aus aktiv an Protesten teilnehmen, reicht angesichts der Feststellungen für eine nachvollziehbare Beurteilung nicht aus.
Weiters geht das BVwG mit Blick auf die Drittbeschwerdeführerin davon aus, dass im Falle neu auftretender Anfälle eine entsprechende medikamentöse Behandlung in Bagdad sichergestellt sei. Die Verfügbarkeit entsprechender Medikamente bejaht es gestützt auf entsprechende Berichte aus den Jahren 2017 und 2018. Im Kapitel "Aktuelle Ereignisse" stellt es demgegenüber fest, dass sich das irakische Gesundheitssystem Berichten zufolge aktuell "in einer Krise" befinde, "die vor allem durch fehlende Medikamente und ausgebildetes Personal" bestimmt sei, und der schlechte Zustand des Gesundheitssystems ein Hauptgrund für die aktuellen Proteste sei. Dabei führt es auch eine Studie des irakischen Gesundheitsministeriums an, derzufolge "die Mehrheit der notwendigen Medikamente nicht ausreichend oder gar nicht zur Verfügung" stünde. Mit Blick auf diese widersprüchlichen Feststellungen ist die rechtliche Beurteilung aber nicht nachvollziehbar.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht / Vulnerabilität, Entscheidungsbegründung, Kinder, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E1524.2020Zuletzt aktualisiert am
15.01.2021