RS Vfgh 2020/11/27 V10/2019 (V10/2019-13)

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Veröffentlicht am 27.11.2020
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
Tir RaumOG 1997 §56, §61, §62
Tir RaumOG 2006 §56 Abs1, §58, §59, §60, §61, §62, §112 Abs3, §112
Tir RaumOG 2016 §56 Abs1, §58, §59, §60, §61, §62
Allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan der Marktgemeinde Völs vom 21.01.2000
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Aufhebung eines aus dem Jahr 2000 stammenden allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplans einer Tiroler Gemeinde mangels der nach dem Tiroler RaumOG 2016 gesetzlich vorgeschriebenen Festlegungen hinsichtlich der Bauhöhe von Gebäuden und Mindestbaudichten

Rechtssatz

Gesetzwidrigkeit des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplans "AE/007/01/2000" für den Planungsbereich "***" betreffend Grundstück Nr 705/1, EZ1217, KG 81135 Völs, beschlossen im Gemeinderat der Marktgemeinde Völs am 21.01.2000, auf Grund eines Antrags des Landesverwaltungsgerichts Tirol (LVwG).

Es ist nicht denkunmöglich, dass das LVwG den Bebauungsplan anzuwenden hatte, zumal dem Beschwerdeverfahren vor dem LvwG die Erteilung einer Baubewilligung hinsichtlich des Grundstückes Nr 705/1, KG 81135 Völs, zugrunde liegt und der Bebauungsplan sich - ausschließlich - auf dieses Grundstück bezieht. Zudem wandten die Nachbarn Verletzungen der Bestimmungen über den Brandschutz sowie die Nichteinhaltung von Abstandsvorschriften ein, die im Bebauungsplan in Form von Baugrenzlinien festgelegt wurden. Der angefochtene Bebauungsplan enthält im nordöstlichen Bereich des Grundstücks Nr 705/1, KG 81135 Völs, eine Baugrenzlinie zum Grundstück der einschreitenden Nachbarn (Nr 705/2, KG 81135 Völs) hin. Die im Bebauungsplan enthaltene Baugrenzlinie ist bei der Beurteilung des Bauvorhabens sowie in Bezug auf die von den Beschwerdeführern (Nachbarn) vorgebrachten Einwendungen heranzuziehen. Der Bebauungsplan wurde zudem von der Baubehörde erster Instanz zur Begründung der Abweisung der Einwendungen der Beschwerdeführer (Nachbarn) herangezogen und somit dem Verfahren zugrunde gelegt.

Im angefochtenen Bebauungsplan wurden die Baudichten gemäß §61 Abs1 TROG 1997 mit Geschossflächendichten (Mindest- und Höchstgrenzen) festgelegt. Die Bauhöhen wurden gemäß §62 Abs2 TROG 1997 mit der Anzahl der Vollgeschosse festgelegt. Der Bebauungsplan enthält im Planungsbereich weiters Baugrenzlinien, eine Baufluchtlinie, eine Straßenfluchtlinie und die Festlegung der höchsten Bauplatzgröße sowie der offenen Bauweise und erfüllte damit die Mindesterfordernisse nach §56 Abs1 und 2 TROG 1997.

Mit der Übergangsbestimmung des §112 Abs3 TROG 2006 traten die Festlegungen über Geschossflächendichten und über die Anzahl der Vollgeschosse in Bebauungsplänen, die - wie hier - am 30.09.2001 bestanden haben oder die bis zu diesem Zeitpunkt beschlossen worden sind, spätestens am 31.12.2013 außer Kraft. Zudem wurden gemäß §112 Abs7 TROG 2006 die am 30.06.2011 bestehenden allgemeinen und ergänzenden Bebauungspläne überführt. Der hier maßgebliche Bebauungsplan hatte demnach die Mindesterfordernisse nach §56 Abs1 TROG 2006 zu erfüllen. Nach dieser Vorschrift sind aber "im Bebauungsplan hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien (§58) und hinsichtlich der Bebauung die Baufluchtlinien (§59 Abs1 und 2), die Bauweisen (§60), die Mindestbaudichten (§61) und die Bauhöhen (§62 Abs1 bis 6) festzulegen."

An dieser Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des TROG 2016 nichts geändert: Im Bebauungsplan sind gemäß §56 Abs1 TROG 2016 hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien und hinsichtlich der Bebauung die Baufluchtlinien, die Bauweisen, die Mindestbaudichten und die Bauhöhen von Gebäuden festzulegen. Die Bauhöhe von Gebäuden ist durch deren obersten Punkt bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen sonstigen Fixpunkt festzulegen, während die Baudichten als Baumassendichte, Bebauungsdichte, Nutzflächendichte oder in kombinierter Form festgelegt werden können.

Da somit der angefochtene Bebauungsplan derzeit keine nach §56 Abs1 TROG 2016 gesetzlich vorgeschriebenen Festlegungen über die Bauhöhe von Gebäuden und Mindestbaudichten enthält, weil die darin enthaltenen Festlegungen über die Geschossflächendichten und über die Anzahl der Vollgeschoße entsprechend der Übergangsbestimmung des §112 Abs3 TROG 2006 am 31.12.2013 außer Kraft traten, ist er gesetzwidrig.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bebauungsplan, Raumordnung, Übergangsbestimmung, VfGH / Präjudizialität, Verordnung, Baurecht, VfGH / Gerichtsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:V10.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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