RS Vfgh 2020/12/11 E2576/2020

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Veröffentlicht am 11.12.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Somalia; mangelhafte Auseinandersetzung mit der Sicherheitslage in Herkunftsstaat und -region sowie der Rückkehrsituation samt allfälliger Unterstützungsmöglichkeiten

Rechtssatz

Wie das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor dem Hintergrund seiner Feststellungen zur Lage in Somalia zu der Schlussfolgerung gelangt, dass einer Rückkehr des Beschwerdeführers keine, im Hinblick auf Art2 und Art3 EMRK relevanten Aspekte entgegenstehen, ist aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht nachvollziehbar. Insbesondere lässt das BVwG bei der rechtlichen Beurteilung seine eigenen Feststellungen zur Sicherheitslage in Somalia im Allgemeinen und in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers im Besonderen gänzlich außer Betracht.

Dazu kommt, dass sich das BVwG - nachdem es zunächst auch hinsichtlich der Versorungslage in Somalia eine angespannte Situation feststellt - in der rechtlichen Beurteilung zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers maßgeblich darauf stützt, dass dieser bei einer Rückkehr auf die "Unterstützung seiner nach wie vor in Bula-Hawa bzw der Region Gedo lebenden Clanangehörigen zählen" könne und die Lage nicht so schlecht sei, dass er automatisch von Unterernährung betroffen wäre. Er könne wieder im Elternhaus leben und es bestehe aktuell keine Gefahr einer Binnenvertreibung. Da der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise keine eigene Landwirtschaft betrieben oder eigenes Vieh gehalten habe, sei er auch nicht von der Wüstenheuschreckenplage und der deswegen verringerten Landwirtschaftsproduktion betroffen. Vielmehr sei es dem Beschwerdeführer jedenfalls zumutbar, kraft eigener Arbeit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Der VfGH kann nicht erkennen, worauf das BVwG diese für eine zumutbare Rückkehrsituation wesentlichen Annahmen stützt. Weder hat es den Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zu seiner familiären Situation, zu seinem Bildungsgrad, zu Berufserfahrungen oder zu tatsächlichen Unterstützungsmöglichkeiten durch "seinen Clan" befragt noch hat es diesbezügliche Feststellungen getroffen. Das BVwG begründet zudem nicht, weshalb der Beschwerdeführer mit einer entsprechenden Unterstützung durch "seinen Clan" rechnen kann, wobei es in diesem Zusammenhang die Frage offen lässt, ob der Beschwerdeführer, wie von ihm vorgebracht, dem Minderheitenclan der Ashraf angehört. Dies wäre aber insofern von Bedeutung, als der Clan der Ashraf zwar "nicht mehr systematisch verfolgt" werde, aber "immer noch mit eine der schwächsten Gruppen" in Somalia sei und Angehörige des Ashraf-Clans "anfällig gegenüber Ausbeutung, Übergriffen, Kriminalität, sexueller Gewalt etc" seien.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E2576.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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