TE Vwgh Beschluss 2020/12/3 Ra 2020/22/0247

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Veröffentlicht am 03.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §46
FrPolG 2005 §52 Abs4 Z1
FrPolG 2005 §53 Abs1
FrPolG 2005 §53 Abs2 Z8
MRK Art8
NAG 2005 §11 Abs2 Z1
NAG 2005 §11 Abs4 Z1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des M E, vertreten durch Mag. Alexander Fuchs, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. September 2020, I404 1432591-2/22E, betreffend Aufenthaltsbewilligung gemäß § 57 AsylG und Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Begleitaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers, eines ägyptischen Staatsangehörigen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 5.1.2018, mit dem kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz (AsylG) erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG festgestellt sowie ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FPG verhängt worden waren, mit der Maßgabe ab, dass die Dauer des Einreiseverbotes von fünf auf drei Jahre herabgesetzt werde; die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen festgelegt. Eine ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Das BVwG sah - nach Durchführung einer Verhandlung - das Vorliegen einer Aufenthaltsehe und nach deren Scheidung des Versagungsgrundes gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) als gegeben an und kam im Rahmen einer Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG zu dem Ergebnis, dass die Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben des Revisionswerbers darstelle. Es ergebe sich auch kein reales Risiko der Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK sowie der Protokolle Nr. 6 oder 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe im Fall der Abschiebung des Revisionswerbers nach Ägypten. Die Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes von fünf auf drei Jahre wurde damit begründet, dass die Schwester des Revisionswerbers mit ihrer Familie in Österreich lebe und das Eingehen der Aufenthaltsehe schon mehrere Jahre zurückliege.

5        In der Zulässigkeitsbegründung wird ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der hg. Rechtsprechung gerügt. Der Revisionswerber wendet sich gegen die vom BVwG durchgeführte Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK und die Gefährdungsprognose. Weiter wird der Inhalt einiger Bestimmungen des AsylG, des BFA-VG und des FPG zusammengefasst dargestellt.

6        Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist die unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Allgemeinen - wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose (vgl. etwa VwGH 29.9.2020, Ra 2020/21/0064, Rn. 13, mwN).

7        Dass die im Einzelfall vorgenommene Interessenabwägung oder die Gefährdungsprognose des BVwG unvertretbar erfolgt wäre, vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Er bestreitet nicht das Vorliegen einer Aufenthaltsehe, dass er kaum Deutsch spricht, seit Dezember 2018 nicht mehr erwerbstätig ist, sondern seit Juni 2019 Notstandshilfe bezieht, und seine nunmehrige Ehefrau und drei minderjährige Kinder in Ägypten leben. Da die dem Revisionswerber bisher erteilten Aufenthaltstitel in Zusammenhang mit der Aufenthaltsehe standen, durfte das BVwG die während der achteinhalbjährigen Aufenthaltsdauer erlangte Integration in ihrer Bedeutung als gemindert ansehen.

Der Revisionswerber legte auch nicht konkret dar, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt in den entscheidungswesentlichen Parametern einem der ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse (VwGH 26.3.2015, 2013/22/0303: Absolvierung einer Deutschprüfung auf dem Niveau A1, Aufenthalt der Ehefrau im Bundesgebiet, Ausbildung zum Staplerfahrer in Österreich und ehrenamtliche Tätigkeit für die Caritas; 22.1.2013, 2012/18/0143: mangelnde Feststellung des dem Beschwerdeführer angelasteten Fehlverhaltens) gleicht, das BVwG im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre (vgl. etwa VwGH 19.9.2017, Ra 2017/01/0281, Rn. 15, wonach zum behaupteten Abweichen von der hg. Rechtsprechung bereits in den Zulässigkeitsgründen konkret darzulegen ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht).

8        In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

9        Daher erübrigt sich eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 3. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020220247.L00

Im RIS seit

26.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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