TE Vwgh Beschluss 2020/12/4 Ra 2020/05/0218

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Veröffentlicht am 04.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
AVG §63 Abs2
AVG §68
B-VG Art133 Abs6 Z1
VVG §10 Abs1
VVG §5
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §7 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wölfl, über die Revision des G H in W, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 7. August 2020, LVwG-190047/15/JS/FE, betreffend eine Zwangsstrafe nach § 5 VVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5        Gegenständlich ist die Vollstreckung eines mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 13. Juni 2017 rechtskräftig erteilten baupolizeilichen Auftrages, mit dem dem Revisionswerber die nicht entsprechende Verwendung eines näher genannten Wohnhauses für mehr als drei Wohnungen untersagt wurde. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 20. Juli 2018 wurde über den Revisionswerber eine angedrohte Zwangsstrafe verhängt und gleichzeitig eine weitere Zwangsstrafe angedroht, sollte die bis 31. August 2018 neu gesetzte Frist ergebnislos verstreichen. Mit Bescheid vom 11. September 2018 verhängte die Bezirkshauptmannschaft G die weitere angedrohte Zwangsstrafe und drohte in einem eine weitere Zwangsstrafe für den Fall an, sollte die bis 31. Oktober 2018 neu gesetzte Frist ergebnislos verstreichen. Mit Bescheid vom 22. Juli 2019 verhängte die Bezirkshauptmannschaft G diese weitere angedrohte Zwangsstrafe. Neuerlich wurde eine weitere Zwangsstrafe angedroht, sollte die diesmal bis 30. September 2019 gesetzte Frist ergebnislos verstreichen.

6        Mit der in Revision gezogenen Entscheidung wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid vom 22. Juli 2019 als unbegründet abgewiesen. Unter einem wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Feststellung, dass die rechtskräftig gewordene Zwangsstrafe vom 20. Juli 2018 rechtswidrig verhängt worden sei, als unzulässig zurückgewiesen. Eine ordentliche Revision wurde sowohl in Bezug auf die Abweisung als auch in Bezug auf die Zurückweisung für unzulässig erklärt.

7        In den Revisionszulässigkeitsgründen wird im Wesentlichen ausgeführt, es überschreite die Kompetenz der Vollstreckungsbehörde, wenn sie im Rahmen der Androhung einer Zwangsstrafe die Verhängung der Zwangsstrafe vom Nachweis der Erfüllung des Titelbescheides durch den Verpflichteten selbst abhängig mache und im Fall, dass dieser Nachweis nicht erbracht werde, eine Zwangsstrafe über den Verpflichteten verhängt würde. Es sei die Rechtsfrage zu klären, ob bezugnehmend auf eine der Verhängung einer Zwangsstrafe vorausgehende Änderung der weiteren Zwangsvollstreckung (hier: die Androhung der Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe), mit der eine Aufforderung an den Verpflichteten zum Nachweis der Erfüllung eines Titelbescheides durch Vorlage entsprechender Urkunden ergangen sei, wegen Nichterfüllung dieses Auftrages (zum Nachweis der Erfüllung des Titelbescheides) eine Zwangsstrafe verhängt werden dürfe. Die Verhängung einer Zwangsstrafe wegen Nichterfüllung eines Auftrages zum Nachweis der Erfüllung eines Titelbescheides durch die Vorlage von Unterlagen sei gesetzwidrig.

8        Wenn eine der neuerlichen Verhängung einer Zwangsstrafe vorausgehende Zwangsstrafe rechtswidrig verhängt worden sei, erweise sich die neuerliche Verhängung als gesetzwidrig. Daraus leite sich ein rechtliches Interesse des Verpflichteten ab, dass mit Bescheid festgestellt werde, dass die einer neuerlichen Verhängung einer Zwangsstrafe vorausgehende Verhängung einer Zwangsstrafe rechtswidrig gewesen sei. Gegenständlich sei der Feststellungsantrag zulässig mit der Behauptung, dass der Nachweis der Erfüllung des Titelbescheides erbracht worden sei durch Vorlage entsprechender Nachweise, wie dies die revisionswerbende Partei in der Beschwerde vorgebracht habe. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob ein solcher Feststellungsantrag eines Verpflichteten im Vollstreckungsverfahren zulässig sei und auch mit einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht verbunden werden könne, wenn die vorausgehende Verhängung einer Zwangsstrafe rechtswidrig gewesen sei und die diesbezügliche Feststellung der Rechtswidrigkeit bei neuerlicher Verhängung einer Zwangsstrafe geltend gemacht werde, wenn im gegebenen Zusammenhang die Erfüllung des Titelbescheides behauptet werde. Ein solcher Feststellungsantrag sei zulässig, weil Voraussetzung für die Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe die Rechtmäßigkeit der zuvor verhängten Zwangsstrafe sei.

9        Der Rechtswidrigkeit einer Verfahrensanordnung kommt nur dann Relevanz zu, wenn sich daraus eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergibt (vgl. VwGH 20.12.2006, 2006/12/0021; VwGH 4.12.2014, 2013/03/0149). Wenn sich nämlich die Bestätigung des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides als rechtmäßig erweist, die behaupteten Mängel der Verfahrensanordnung also nicht auf ihn gewissermaßen „durchschlagen“, dann kommt der Klärung der Mangelhaftigkeit der Verfahrensanordnung nur theoretische Bedeutung zu. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG aber nicht zuständig (vgl. VwGH 19.3.2015, Ra 2014/06/0012, mwN).

10       In den Revisionszulässigkeitsgründen ist daher darzulegen, weshalb die Bestätigung des Vollstreckungsbescheides auf Grund der Mangelhaftigkeit der Verfahrensanordnung rechtswidrig sein sollte. Derartiges geschieht in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht:

11       Es wird nicht dargestellt, dass keine für die Verhängung der Zwangsstrafe erforderliche vorausgehende Androhung vorgelegen sei. Es wird im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Mangelhaftigkeit der Verfahrensanordnung nicht dargestellt, dass der Titelbescheid bereits erfüllt gewesen und nur der Aufforderung zum Nachweis der Erfüllung (gemäß der Verfahrensanordnung) nicht entsprochen worden sei. Und es wird nicht dargestellt, dass das Verwaltungsgericht die Zwangsstrafe verhängt hätte, nicht, weil dem Exekutionstitel vom 13. Juni 2017 nicht entsprochen, sondern nur, weil der Anordnung zum Erfüllungsnachweis nicht nachgekommen worden wäre: Das Verwaltungsgericht hat sich ausdrücklich darauf bezogen, dass die weitere Zwangsstrafe zu verhängen sei, weil dem Exekutionstitel vom 13. Juni 2017 nicht nachgekommen worden sei (S. 7 des angefochtenen Erkenntnisses). Dagegen wird in den Revisionszulässigkeitsgründen im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Mangelhaftigkeit der Verfahrensanordnung nichts vorgebracht.

12       Was den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides betrifft, scheidet ein Rechtsschutzbedürfnis und damit die Zulässigkeit eines solchen Antrages dann aus, wenn durch den Antrag eine gesetzliche Regelung unterlaufen werden soll (vgl. VwGH 22.7.1999, 98/12/0122, mwN; VwGH 31.1.2007, 2004/12/0032). Ein Feststellungsinteresse ist darüber hinaus zu verneinen, wenn die betreffende Frage in einem anderen Verfahren releviert werden kann (vgl. VwGH 26.4.2002, 2000/06/0205, 2001/06/0138 und 2001/06/0110).

13       Vorliegend konnte die Rechtmäßigkeit der Verhängung einer Zwangsstrafe in dem Verfahren betreffend deren Verhängung releviert werden, und, wenn bei dessen rechtskräftigem Abschluss ein Fehler unterlaufen sein sollte, sehe der Gesetzgeber ausdrücklich in den §§ 68 ff AVG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 VVG ein Aufgreifen desselben vor. Diese gesetzliche Regelung kann, wie bereits gesagt, durch einen Feststellungsantrag nicht unterlaufen werden. Bemerkt wird im Übrigen, dass nach den in den Revisionszulässigkeitsgründen unbestrittenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes (S. 7 f des angefochtenen Erkenntnisses) der Rechtszug gegen die Verhängung der vorangegangenen Zwangsstrafe nicht ausgeschöpft worden war.

14       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. Dezember 2020

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050218.L00

Im RIS seit

29.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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