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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §59 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant und den Hofrat Dr. Sulzbacher als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des F A, zuletzt in W, vertreten durch die Abel Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Stubenring 18, gegen Spruchpunkt III. des am 18. Februar 2020 mündlich verkündeten und am 2. März 2020 schriftlich ausgefertigten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts, W250 2228366-2/17E, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Gegen den Revisionswerber, einen ägyptischen Staatsangehörigen, wurde mit sogleich in Vollzug gesetztem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 8. Jänner 2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Am 15. Jänner 2020 stellte der Revisionswerber im Stand der Schubhaft einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz. Mit dem Revisionswerber zugestelltem Aktenvermerk des BFA vom selben Tag wurde gemäß § 76 Abs. 6 FPG festgestellt, dass die für die weitere Anhaltung des Revisionswerbers in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.
2 Mit Bescheid des BFA vom 30. Jänner 2020 wurde der Asylfolgeantrag des Revisionswerbers wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, wogegen er Beschwerde erhob.
3 Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2020 brachte der Revisionswerber eine Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die andauernde Anhaltung in Schubhaft ein.
4 Mit dem angefochtenen, am 18. Februar 2020 mündlich verkündeten und mit 2. März 2020 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft bis zum 15. Jänner 2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Die Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 15. Jänner 2020 wurde gemäß § 76 Abs. 6 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit dem - allein in Revision gezogenen - Spruchpunkt III. stellte das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Mit Spruchpunkt IV. und V. wurden schließlich diesem Verfahrensergebnis entsprechende Kostenentscheidungen getroffen.
5 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG „nicht zur Behandlung eignen“, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
8 Unter diesem Gesichtspunkt wird in der Revision vorgebracht, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ein Asylwerber mit Bleiberecht gewesen sei, auf den § 76 Abs. 2 Z 2 FPG nicht anzuwenden sei. Vielmehr hätte die Schubhaft zu diesem Zeitpunkt nur der Sicherung des Verfahrens im Sinn des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG dienen können.
9 Neben § 76 Abs. 2 Z 1 FPG - der als Tatbestandsvoraussetzung allerdings nicht nur die Annahme von Fluchtgefahr, sondern auch das (hier nicht gegebene) Vorliegen einer vom Aufenthalt des Fremden ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gemäß § 67 FPG verlangt - ermöglicht aber auch § 76 Abs. 6 FPG eine vorrangig der Verfahrenssicherung dienende Schubhaft gegenüber Asylwerbern (auch gegenüber solchen mit Bleiberecht). Nach dieser Bestimmung kann die Schubhaft aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder während seiner Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt und Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag - ausschließlich (vgl. VwGH 19.9.2019, Ra 2019/21/0204, Rn. 14) - zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde.
10 Dass diese Voraussetzungen vorlagen, hat das Bundesverwaltungsgericht - entgegen dem Revisionsvorbringen - im angefochtenen Erkenntnis nachvollziehbar festgestellt. Die ausschließliche Verzögerungsabsicht begründete es damit, dass sich der Revisionswerber nach seiner Ausreise aus Ägypten mehrere Monate in Italien aufgehalten habe, ohne einen Asylantrag zu stellen, und dort untergetaucht sei. Auch nach seiner Einreise nach Österreich habe er zunächst keinen Asylantrag gestellt, sondern sei untergetaucht. Der erst nach mehreren Monaten gestellte Antrag auf internationalen Schutz sei bereits im Februar 2017 rechtskräftig abgewiesen worden. Einen weiteren Asylantrag habe der Revisionswerber sodann nicht gestellt, sondern er sei wiederum untergetaucht. Erst während der Anhaltung in Schubhaft habe er nach ca. einer Woche einen Folgeantrag gestellt, zu dem er selbst angegeben habe, dass sich seit dem ersten Asylantrag weder die Fluchtgründe noch seine persönlichen Verhältnisse geändert hätten. Vielmehr habe er bei seiner Einvernahme am 30. Jänner 2020 angegeben, dass er nicht in Schubhaft warten wollte. In der mündlichen Verhandlung zu seinen Motiven für die verzögerte Antragstellung befragt, habe er nur oberflächlich und ausweichend geantwortet, sodass auch der persönliche Eindruck gewonnen worden sei, dass er den Asylfolgeantrag ausschließlich in Verzögerungsabsicht gestellt habe.
11 Dass § 76 Abs. 6 FPG im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nur im Zusammenhang mit der Abweisung der Schubhaftbeschwerde für den Zeitraum ab der Folgeantragstellung, nicht aber im Spruchpunkt betreffend den Fortsetzungsausspruch zitiert wurde, stellt keinen zur Aufhebung führenden Mangel dar. Entscheidend ist, dass das Bundesverwaltungsgericht - siehe oben - in nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Bestimmung angenommen hat und dass sie die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu tragen vermag (vgl. in diesem Sinn schon VwGH 19.3.2014, 2013/21/0138).
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde - zurückzuweisen.
Wien, am 15. Dezember 2020
Schlagworte
Inhalt des Spruches DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210071.L00Im RIS seit
02.02.2021Zuletzt aktualisiert am
02.02.2021