TE Bvwg Beschluss 2020/8/10 W267 2233628-1

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Veröffentlicht am 10.08.2020
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Entscheidungsdatum

10.08.2020

Norm

AsylG 2005 §56
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W267 2233628-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. ESSL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsbürgerschaft Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH sowie die Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.07.2000, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer ist, eigenen Angaben zufolge, afghanischer Staatsbürger. Er reiste am 15.07.2020 irregulär nach Österreich ein. Beim Versuch, auch die österreichisch-deutsche Grenze zu überqueren, wurde er am 16.07.2020 von der deutschen Bundespolizei festgesetzt und noch am selben Tag von den österreichischen Sicherheitsbehörden rückübernommen.

2.       Nach seiner Festnahme gemäß § 39 FPG wurde der Beschwerdeführer unter anderem von einem Amtsarzt der LPD Salzburg untersucht. Der Beschwerdeführer gab im Rahmen der am 16.07.2020 durchgeführten Gesundheitsbefragung an, unter Blasen an den Füßen zu leiden. Er gab ferner an, misshandelt oder gefoltert worden zu sein.

3.       Über den Beschwerdeführer wurde noch am 16.07.2020 die Schubhaft verhängt. Im Anschluss wurde der Beschwerdeführer in das PAZ Salzburg verbracht.

4.       Im Rahmen der am 16.07.2020 im PAZ Salzburg um 13:45 Uhr durchgeführten Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Salzburg Fremdenpolizei, Salzburger Fremden- und Grenzpolizeiliche Abteilung (FGA), gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari im Wesentlichen an, dass er afghanischer Staatsbürger und am XXXX in Wardak geboren sei. Er sei Tadschike und islamischen Glaubens. Der Beschwerdeführer gab ferner an, am 15.07.2020 etwa gegen 6:00 Uhr von Ungarn mittels PKW nach Österreich eingereist zu sein, dies jedoch lediglich mit dem Ziel, nach Deutschland weiterzureisen. Er sei lediglich auf der Durchreise nach Deutschland und daher auch gegen seine beabsichtigte Abschiebung nach Ungarn. Im Falle seiner Enthaftung würde er sofort nach Deutschland weiterreisen, weshalb er in Österreich auch keinen Asylantrag stelle.

5.       Eine EURODAC-Abfrage vom 16.07.2020 ergab keine Übereinstimmung bezüglich der erkennungsdienstlichen Daten des Beschwerdeführers.

6.       Am 16.07.2020 wurde von der zuständigen Referentin des BFA um 16:40 Uhr an das PAZ Salzburg unter anderem eine vierseitige „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ in deutscher Sprache zum Zwecke der Weiterleitung an den Beschwerdeführer übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde darin unter anderem aufgetragen, eine gut eineinhalb Seiten lange Liste an Fragen zu beantworten. Hinsichtlich der Länderinformationen zu Afghanistan wurde er lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass der Beschwerdeführer diese während der Amtsstunden beim BFA, Regionaldirektion Salzburg, einsehen könne. Sollte er diese benötigen, könne er auch einen Beamten im PAZ Salzburg kontaktieren, dieser würde sich dann „mit dem BFA RB Salzburg diesbezüglich in Verbindung setzen“. Zur Beantwortung der Fragen und zur Erstattung einer Stellungnahme unter anderen auch zum Inhalt der umfangreichen Länderinformationsblätter zu Afghanistan wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde eine Frist von drei Tagen ab Zustellung eingeräumt.

7.       Am 21.07.2020 erließ das BFA den nunmehr bekämpften Bescheid, mit dem dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 47 Asylgesetz erteilt wurde (Spruchpunkt I.). Gegen ihn wurde ferner eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt II. und III.). Über den Beschwerdeführer wurde zudem ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt IV.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Einer allfälligen Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde überdies die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

8.       Mit Verfahrensanordnung vom 21.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die ArGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe amtswegig zur Seite gestellt. Am 21.07.2020 übernahm der Beschwerdeführer um 18:55 Uhr den nunmehr bekämpften Bescheid.

9.       Laut Aktenvermerk der PI Salzburg Fremdenpolizei, FGA, vom 23.07.2020 führte der Beschwerdeführer am 22.07.2020 gegen 11:00 Uhr ein Gespräch mit einer Vertreterin der ARGE Rechtsberatung. Diese habe ihm gesagt, er solle in Österreich bleiben. Einen Asylantrag habe der Beschwerdeführer gegenüber der Mitarbeiterin der Rechtsberatung jedoch nicht gestellt. Er wolle auch jetzt, sohin im Rahmen der Niederschrift jenes Aktenvermerkes, keinen Asylantrag in Österreich stellen. Der Aktenvermerk wurde dem Beschwerdeführer vom ihn verfassenden Beamten in englischer Sprache übersetzt. Er gab darin an, alles verstanden zu haben und keinen Dolmetscher zu brauchen.

10.      Der Beschwerdeführer erhob gegen den bekämpften Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass er am 22.07.2020 nach einem Rechtsberatungsgespräch einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätte. Ihm käme daher der Status des Asylwerbers zu. Die belangte Behörde sei darüber hinaus ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhalts sowie der Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 37 AVG nicht nachgekommen. Dem Beschwerdeführer sei zwar die Möglichkeit eingeräumt worden, eine Stellungnahme abzugeben, er hätte dieser Aufforderung allerdings eigenständig nicht nachgehen können, da er weder der deutschen Sprache mächtig sei, noch rechtliches Vorwissen besitze, um zu verstehen, worum es sich bei der Aufforderung handle. Die belangte Behörde habe es ferner unterlassen, die vom Beschwerdeführer behaupteten Misshandlungen bzw. Folter und die von ihm erwähnten Blasen an den Füßen einer genauen Überprüfung zu unterziehen. Im übrigen sei der Beschwerdeführer nicht zu seinen näheren Umständen in seinem Herkunftsland Afghanistan befragt worden. Der Beschwerdeführer beantragte in der Folge zunächst eine Beschwerdevorentscheidung durch das BFA selbst. Darüber hinaus beantragte er, das BVwG möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, eine mündliche Verhandlung anberaumt, das erlassene Einreiseverbot beheben bzw. auf eine angemessene Frist herabsetzen, in eventu dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen, in eventu die Rückkehrentscheidung als unzulässig aufheben und dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG erteilen, in eventu die Abschiebung für unzulässig erklären und die Duldung des Beschwerdeführers feststellen bzw. in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

11.      Am 31.07.2020 stellte der Beschwerdeführer (jedenfalls) einen Antrag auf internationalen Schutz.

12.      Am 01.08.2020 wurde der Beschwerdeführer um 15:10 Uhr aus der Schubhaft entlassen.

13.      Am 01.08.2020 fand vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Steiermark, Fremden- und Grenzpolizeiliche Abteilung (FGA), Vordernberg AHZ, eine Erstbefragung nach dem Asylgesetz unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu statt, in deren Rahmen der nunmehrige Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes, für das gegenständliche Verfahren entscheidungsrelevante angab:

Der Name des Beschwerdeführers sei XXXX , er sei am XXXX in Afghanistan geboren, afghanischer Staatsbürger islamischen Glaubens und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen. Seine Muttersprache sei Pacshtu. Die Angehörigen des Beschwerdeführers lebten alle in der Provinz Maidan-Wardak, Distrikt Narkh, XXXX . In Deutschland habe er einen in München lebenden Cousin. Der Grenzübertritt von Ungarn nach Österreich sei in einem LKW erfolgt, in dem sich der Beschwerdeführer ohne Kenntnis des Fahrers versteckt habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.       Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an, bekennt sich zum islamischen Glauben und spricht Paschtu als Muttersprache. Der Beschwerdeführer ist unbescholten und ledig.

2.       Der Beschwerdeführer reiste am 15.07.2020 illegal als blinder Passagier auf einem LKW von Ungarn nach Österreich ein. Er versuchte am nächsten Tag, von Salzburg aus mit dem Zug die deutsch-österreichische Grenze Richtung München zu passieren, wo einer seiner Cousins lebt. Der Beschwerdeführer wurde allerdings bei diesem Versuch von der deutschen Bundespolizei aufgegriffen und noch am selben Tag nach Österreich rücküberstellt.

3.       Der Beschwerdeführer verfügt über keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich. Er hat hier auch keine Verwandten. Bis auf den oben erwähnten Cousin leben diese in Afghanistan, in der Provinz Maidan-Wardak, Distrikt Narkh, XXXX . Vor dem Tag seiner illegalen Einreise war der Beschwerdeführer auch nie in Österreich.

4.       Nach seiner Festnahme gemäß § 39 des BGB wurde der Beschwerdeführer von einem Amtsarzt der LPD Salzburg untersucht und seine Hafttauglichkeit festgestellt. Im Rahmen der Gesundheitsbefragung gab der Beschwerdeführer an, an seinen Füßen Blasen aufzuweisen (AS 39). Er gab ferner an, misshandelt oder gefoltert worden zu sein (AS 41). Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer tatsächlich Blasen an den Füßen hat sowie, ob er misshandelt oder gefoltert worden war. Es kann ferner nicht festgestellt werden, ob diesbezüglich eine amtsärztliche Untersuchung durchgeführt wurde. Es kann jedoch festgestellt werden, dass von der belangten Behörde nach Vorliegen des Protokolls der Gesundheitsbefragung amtswegig keine Untersuchungen in Bezug auf die vom Beschwerdeführer behaupteten Verletzungen oder in Bezug auf die Behauptung von Misshandlung und Folter eingeleitet wurden. Es wird ferner festgestellt, dass das Formular der Gesundheitsbefragung in Paschtu verfasst ist.

5.       Am 16.07.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt. Der genaue Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft kann nicht festgestellt werden.

6.       Am 16.07.2020 wurde von der zuständigen Referentin des BFA um 16:40 Uhr an das PAZ Salzburg unter anderem eine vierseitige „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ in deutscher Sprache zum Zwecke der Weiterleitung an den Beschwerdeführer übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde darin unter anderem aufgetragen, eine gut eineinhalb Seiten lange Liste an Fragen zu beantworten. Hinsichtlich der Länderinformationen zu Afghanistan wurde er lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass er diese während der Amtsstunden beim BFA, Regionaldirektion Salzburg, einsehen könne. Sollte er diese benötigen, könne er auch einen Beamten im PAZ Salzburg kontaktieren, dieser würde sich dann „mit dem BFA RB Salzburg diesbezüglich in Verbindung setzen“. Zur Beantwortung der Fragen und zur Erstattung einer Stellungnahme unter anderen auch zum Inhalt der umfangreichen Länderinformationsblätter zu Afghanistan wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde eine Frist von drei Tagen ab Zustellung eingeräumt (AS 19).

7.       Am 21.07.2020 wurde von der belangten Behörde der bekämpfte Bescheid erlassen. Er wurde dem Beschwerdeführer um 18:55 Uhr desselben Tages zugestellt (AS 223).

8.       Am 22.07.2020 hatte der Beschwerdeführer ein Gespräch mit einer Vertreterin der ARGE Rechtsberatung (AS 229). Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer auch bereits am 20.07.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt hat. Festgestellt werden kann lediglich, dass der Beschwerdeführer nicht bereits am 16.07.2020 im Rahmen seiner Einvernahme bei der PI Salzburg Fremdenpolizei, FGA, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (AS 3).

9.       Der Beschwerdeführer erhob am 28.07.2020 fristgerecht Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid.

10.      Am 31.07.2020 stellte der Beschwerdeführer (jedenfalls) einen Antrag auf internationalen Schutz (Niederschrift im Asylverfahren).

11.      Am 01.08.2020 wurde der Beschwerdeführer um 15:10 Uhr aus der Schubhaft entlassen (Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des BMI).

12.      Am 01.08.2020 fand vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Steiermark, Fremden- und Grenzpolizeiliche Abteilung (FGA), Vordernberg AHZ, eine Erstbefragung nach dem Asylgesetz unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu statt (Niederschrift im Asylverfahren).

2. Beweiswürdigung:

1.       Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, ferner in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres sowie in die Niederschrift im erstbehördlichen Verfahren zum vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu XXXX vom 01.08.2020. Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.       Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt sowie in der Beschwerde. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers, gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben.

3.       Die Feststellungen zur Muttersprache sowie zur Volksgruppe, aber auch zum Familienstand sowie zum Geburts- und Heimatort des Beschwerdeführers gründen sich in erster Linie auf die Niederschrift der Erstbefragung im nunmehr anhängigen Asylverfahren in Zusammenschau mit dem Verwaltungsakt, insbesondere mit dem Formular zur Gesundheitsbefragung. Diesbezüglich verdient auch besondere Erwähnung, dass die Dolmetscherin, die im Rahmen dieser Erstbefragung am 01.08.2020 übersetzt hat, auch vom BVwG häufig eingesetzt wird und für ihre korrekte und sorgfältige Übersetzung hier (gerichts)bekannt ist. Wenn also im Rahmen der erwähnten Erstbefragung festgehalten wird, dass die Muttersprache des Beschwerdeführers Paschtu sei und dieser der Volksgruppe der Paschtunen angehören, so findet das Gericht diese Angaben glaubhafter als jene in der eher kursorisch gehaltenen Niederschrift bei der PI Salzburg Fremdenpolizei, FGA, dass der Beschwerdeführer Tadschike sei und seine Muttersprache Dari. Hinzu kommt der Umstand, dass das Formular der Gesundheitsbefragung ebenfalls auf Paschtu ist.

4.       Im Zusammenhang mit den Sprachen, die laut Verwaltungsakt zur Kommunikation mit dem Beschwerdeführer eingesetzt wurden (Dari bzw. Englisch), ist es für das Gericht fraglich, ob es diesem möglich war, tatsächlich die gesamte Tragweite der in den jeweiligen Niederschriften bzw. Aktenvermerken festgehaltenen Umstände zu erfassen. Aufgrund der eindeutigen Angabe in der Beschwerde könnte beispielsweise durchaus davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer am 22.07.2020 bereits einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Dem widerspricht allerdings der Aktenvermerk vom selben Tage, wobei aus diesem hervorgeht, dass die Kommunikation mit dem Beschwerdeführer offensichtlich in englischer Sprache erfolgt ist. Mangels Beiziehung eines Dolmetschers dieser Sprache und mangels Kenntnis der einschlägigen Sprachkenntnisse des den Aktenvermerk verfassenden Sicherheitswachebeamten hat das Gericht keinerlei Anhaltspunkte, abzuschätzen, ob der Beschwerdeführer überhaupt wusste, was in dem Aktenvermerk als seine Aussage festgehalten wurde. Im Ergebnis war es daher nicht möglich, festzustellen, dass der Beschwerdeführer bereits an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

5.       Die Feststellungen bzw. Negativfeststellungen hinsichtlich der Verletzungen des Beschwerdeführers und seiner Behauptungen, misshandelt oder gefoltert worden zu sein, gründen sich auf den Verwaltungsakt, insbesondere auf das Formular zur Gesundheitsbefragung. Obwohl die Verletzungen vom Beschwerdeführer erwähnt wurden und obwohl auf eine Misshandlung oder Folter hingewiesen wurde, wurden vom Amtsarzt keine diesbezüglichen Untersuchungen vorgenommen. Zumindest sind solche aus dem Formular nicht ersichtlich. Auch von der belangten Behörde wurden laut Verwaltungsakt keinerlei Fragen zu diesem Thema an den Beschwerdeführer gestellt. Etwaige Fragen, die im Rahmen der „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ enthalten sind, zählen für das Gericht diesbezüglich nicht als taugliche Mittel, da schon ein deutschsprachiger Rechtunkundiger mit einer so langen Fragenliste und einer derart kurzen Reaktionszeit überfordert wäre. Um wie viel mehr muss dies für einen der deutschen Sprache nicht Mächtigen, Rechtsunkundigen und zudem in seiner Bewegungsfreiheit aufgrund der Haft Eingeschränkten gelten. Dass der Beschwerdeführer des österreichischen Rechts nicht kundig ist, wird vom Gericht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung und seiner Kenntnis des durchschnittlichen afghanischen Flüchtlings als gegeben angenommen.

6.       Es steht fest, dass über den Beschwerdeführer noch am 16.07.2020 die Schubhaft verhängt wurde. Ob dies bereits um 11:55 Uhr dieses Tages, wie einem handschriftlichen Vermerk auf einer E-Mail der zuständigen Referentin des BFA (AS 61) sowie dem Stempel auf dem Aktenvermerk (AS 229) zu entnehmen ist, oder doch erst um 17:05 Uhr geschehen ist, wie es im vom Gericht angefertigten Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des BMI ersichtlich ist, kann nicht festgestellt werden. Der genaue Zeitpunkt der Verhängung der Haft über den Beschwerdeführer mag für die gegenständliche Causa auf den ersten Blick von untergeordneter Bedeutung sein, zumal die Tatsache der Inhaftierung selbst außer Zweifel steht. Das Auftreten dieser Diskrepanz im Akt bzw. bei der Aktenführung ist jedoch ein weiteres Indiz für die insuffiziente Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde, die vom Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung entsprechend zu berücksichtigen ist.

7.       Der Beschwerdeführer ist des österreichischen Rechts zweifellos nicht kundig. Die belangte Behörde hat ihn überdies im Hinblick auf § 57 AsylG 2005 nicht dahingehend befragt, ob bezüglich der von ihm behaupteten Verletzungen, Misshandlungen oder der Folter die Taten in Österreich verübt wurden, ob diesbezüglich Strafverfahren im Inland begonnen oder zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht wurden oder werden könnten, ob eine EV nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder hätte werden können. Er wurde auch nicht befragt, ob er glaubhaft machen könne, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

§ 28 VwGVG

1.       Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]

2.       Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Zur Anwendung der Vorgängerbestimmung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat – an dessen Stelle als Rechtsmittelinstanz in Asylsachen mit 01.07.2008 der Asylgerichtshof und mit 01.01.2014 das BVwG getreten ist – hat der VwGH mit Erkenntnis vom 21.11.2002, 2002/20/0315, ausgeführt:

„Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gemäß § 23 AsylG und Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gemäß § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. dazu unter dem besonderen Gesichtspunkt der Auslegung der Entscheidungsbefugnis der belangten Behörde im abgekürzten Berufungsverfahren nach § 32 AsylG die Ausführungen im Erkenntnis vom 23.07.1998, 98/20/0175, Slg. Nr. 14.945/A, die mehrfach vergleichend auf § 66 Abs. 2 AVG Bezug nehmen; zu diesem Erkenntnis siehe auch Wiederin, ZUV 2000/1, 20 f.)“

Mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, hat der VwGH einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss eines VwG aufgehoben, weil das VwG in der Sache selbst hätte entscheiden müssen. In der Begründung dieser Entscheidung führte der VwGH unter anderem aus, dass die Aufhebung eines Bescheides durch ein VwG nicht in Betracht kommt, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies werde jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen ließen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hätte, damit diese dann durch das VwG vorgenommen werden.

Mag die belangte Behörde auch auf eine kurze Befragung des Beschwerdeführers am 16.07.2020 zurückgegriffen und ihm am selben Tage eine umfangreiche „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ übermittelt haben, so steht für das Gericht dennoch fest, dass diese Handlungen lediglich pro forma erfolgt sind und in keinem Maße der gesetzlich notwendigen und auch gebotenen Ermittlungspflicht entsprochen haben. Selbst die wenigen Angaben, die der nicht vertretene und rechtsunkundige, zudem der deutschen Sprache nicht mächtige Beschwerdeführer gemacht hat, wurden von der belangten Behörde nicht zum Anlass genommen, amtswegig Ermittlungen durchzuführen oder zumindest den Beschwerdeführer in einer für ihn verständlichen Sprache zu einer Stellungnahme aufzufordern. Das Übermitteln eines umfangreichen Schriftstücke ausschließlich in deutscher Sprache mit einer umfangreichen Frageliste und dem bloßen Hinweis auf die Länderinformationsblätter zu Afghanistan, die die belangte Behörde zwar in ihrer Entscheidung berücksichtigen würde, die aber vom in Haft befindlichen Beschwerdeführer selbst beizuschaffen wären, genügt hier jedenfalls nicht. Es wäre insbesondere notwendig gewesen, die Verletzungen des Beschwerdeführers begutachten zu lassen und einen Amtsarzt bzw. medizinischen Sachverständigen im Hinblick auf die Frage zu ziehen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich misshandelt oder gefoltert wurde. Während Verletzungen oder Misshandlungen festgestellt worden, so hätte die Behörde deren Herkunft amtswegig eruieren müssen, beginnend mit einer entsprechenden Befragung des Beschwerdeführers.

Im Rahmen der Feststellungen eines begrenzten Bescheides lapidar anzuführen, der Beschwerdeführer hätte im Hinblick auf die von ihm behaupteten Verletzungen und Misshandlungen keine ärztlichen Bestätigungen oder Befunde bei sich und dass dieser von sich aus keine näheren Angaben dazu gemacht hätte, entspricht in keiner Weise der amtswegigen Ermittlungspflicht der belangten Behörde. Im Rahmen der Niederschrift vor der PI Salzburg Fremdenpolizei am 16.07.2020 waren die Verletzungen und Misshandlungen offensichtlich kein Thema. Eine spätere Befragung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde selbst oder in deren Auftrag fand zu diesen Themen jedoch nicht statt. Zumindest hätte der Beschwerdeführer darüber aufgeklärt werden müssen, dass es zur Wahrung seiner Rechte notwendig wäre, entsprechende Angaben zu machen.

Im Ergebnis kann nicht mal ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer die von ihm behaupteten Verletzungen und Misshandlungen durch Dritte während seiner illegalen Einreise nach bzw. während seines Aufenthaltes in Österreich zugefügt wurden. In diesem Falle wäre zu eruieren, ob nicht strafbare Handlungen gesetzt wurden, die hier zu verfolgen sind, weshalb dem Beschwerdeführer zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen allenfalls eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ erteilt hätte werden müssen.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass das BFA in Bezug selbst auf das rudimentäre Vorbringen des Beschwerdeführers nicht mit der ihm gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorgegangen ist und die Sachlage nicht ausreichend erhoben bzw. sich (in der Bescheidbegründung) nur mangelhaft mit dessen Angaben und den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389). Umso schwerer wiegt daher, dass das Gericht aufgrund der dem Verwaltungsakt zu entnehmenden Umstände insbesondere im Hinblick auf die Volksgruppenzugehörigkeit und Sprache des Beschwerdeführers sowie die „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom 16.07.2020 zu dem Schluss kommen muss, dass dem der deutschen Sprache unter österreichischen Gesetze offensichtlich nicht kundigen Beschwerdeführer kein echtes Parteiengehör gewährt wurde. Der Beschwerdeführer konnte daher keine konkretes und seine Rechte wahrendes Vorbringen erstatten.

Aus Sicht des BVwG verstößt das Vorgehen der belangten Behörde gegen die in § 18 Abs. 1 AsylG normierten Ermittlungspflichten. Die Asylbehörden haben in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Diese Rechtsnorm, die eine Konkretisierung der aus § 37 AVG iVm § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde, den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen darstellt, hat die Erstbehörde in diesem Verfahren missachtet.

Im gegenständlichen Fall sind der angefochtene Bescheid der belangten Behörde und das diesem zugrunde liegende Verfahren im Ergebnis so mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich erscheint. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelsfrei, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspräche. Im Gegenteil ist das Verfahren der belangten Behörde mit den oben dargestellten schweren Mängeln behaftet. Die Vornahme der angeführten Feststellungen und Erhebungen durch das BVwG selbst verbietet sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des VwGH und unter Effizienzgesichtspunkten, zumal diese grundsätzlich vom BFA durchzuführen sind. Hinzu kommt, dass die belangte Behörde die entsprechenden Ermittlungen im nunmehr ebenfalls anhängigen Verfahren hinsichtlich des Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohnehin nochmals und mit der notwendigen Sorgfalt zu führen haben wird.

Im fortgesetzten Verfahren wird das BFA die dargestellten Mängel zu verbessern und in Wahrung des Grundsatzes des Parteiengehörs dem Beschwerdeführer die Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis zu bringen haben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eine klare Regelung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W267.2233628.1.00

Im RIS seit

14.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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