Entscheidungsdatum
07.09.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W225 2164303-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. WEIß, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX 1997, StA. Afghanistan, vertreten durch Asyl in Not, Währingerstraße 59, 1090 Wien und Frau XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2017, Zl. 1077843606-150850350
A)
beschlossen:
I. Das Verfahren über die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
zu Recht erkannt:
II. Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 9 Abs. 2 und Abs. 3 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 i.V.m. § 55 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX eine „Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX .2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die Erstbefragung fand am XXXX .2015 statt, die Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) fand am 19.12.2016 statt.
2. Mit oben im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 27.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und es wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (im Folgenden auch: „BFA-VG“) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (im Folgenden auch: „FPG“) erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) sowie dass die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
3. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde.
4. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 02.09.2020 eine mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme an der Verhandlung. Als Zeugen wurden in dieser Verhandlung Frau XXXX und Frau XXXX (Pflegemutter) einvernommen.
In dieser Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nach Rechtsberatung die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides zurückgezogen.
5. In das Verfahren wurden neben den von der belangten Behörde und vom Bundesverwaltungsgericht eingeführten (s. weiter unten) u.a. folgende entscheidungsrelevante Bescheinigungsmittel bezüglich des Beschwerdeführers vorgelegt, nämlich, zu:
- Deutschsprachkursen (Zeugnis für Level A2 (25.05.2016) und B1 (19.08.2016));
- schulische Ausbildung und/oder sonstige berufsqualifizierende Maßnahmen (Pflichtschulabschlusszeugnis und Handelsschulabschlusszeugnis);
- ordentlichen Beschäftigungen (Arbeitszusage von den „ XXXX “);
- gemeinnützigen bzw. ehrenamtlichen Tätigkeiten (Bestätigungen der „ XXXX “ und den „ XXXX “);
- Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten (u.a. Fotos bezüglich der Durchführung von „ XXXX “);
- sonstigen Integrationsmaßnahmen und –bemühungen (eine Vielzahl an Unterstützungs- und Empfehlungsschreiben).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer führt den oben im Spruch wiedergegebenen Namen, ist am XXXX 1997 in der Provinz Ghazni in Afghanistan geboren, Staatsangehöriger von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Hazara sowie dem schiitischen Glaubensbekenntnis an. Sein Familienstand ist ledig. Seine Muttersprache ist Dari. Der Beschwerdeführer besuchte in Afghanistan kurzzeitige eine Koranschule, erlernte jedoch nicht das Lesen und Schreiben. Der Beschwerdeführer erlernte keinen Beruf. Der Beschwerdeführer arbeitete mehrere Jahre in der familiären Landwirtschaft. In Afghanistan leben an Familienangehörigen nur seine Schwester. Seit dem XXXX .2015 hält sich der Beschwerdeführer in Österreich auf.
Der Beschwerdeführer lebt seit dem XXXX 2015 in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner österreichischen Pflegefamilie. Diese besteht aus seinen Pflegeeltern und deren beiden Töchtern (in der Folge: „Schwestern“).
Die Pflegefamilie unterstützt den Beschwerdeführer sowohl finanziell als auch bei seiner Ausbildung und im alltäglichen Leben. Der Beschwerdeführer unterstützt seine Pflegefamilie im gemeinsamen Haushalt und im alltäglichen Leben. Der Beschwerdeführer und dessen Pflegefamilie verfügen über eine gemeinsame Freizeitgestaltung. Damit der Beschwerdeführer dauerhaft bei seiner Pflegefamilie leben kann ist diese in eine größere Wohnung gezogen. Im Zuge dessen wurde die bisherige Mietkaufwohnung aufgegeben.
In Österreich besuchte der Beschwerdeführer eine Vielzahl an Kursen und Workshops und beteiligt sich aktiv in der Gemeinde. Der Beschwerdeführer hat die Deutschprüfung B1 absolviert und spricht überdurchschnittlich gut Deutsch. Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht konnte problemlos in Deutsch geführt werden. Der Beschwerdeführer hat in Österreich zudem den Pflichtschulabschluss absolviert und die Handelsschule für Berufstätige ( XXXX ) innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen und im Rahmen des Projekts „ XXXX “ das „ XXXX “ geleitet.
Der Beschwerdeführer arbeitet ehrenamtlich bei den „ XXXX “ und bei der „ XXXX “ und verfügt über eine schriftliche Arbeitszusage von den „ XXXX “ als XXXX (Vollzeitbeschäftigung).
Der Beschwerdeführer konnte in Österreich zahlreiche Freundschaften knüpfen. Der Beschwerdeführer wird von Vertrauenspersonen, den Freunden sowie den Lehrern u.a. als höflich, leistungsstark, motiviert, anpassungsfähig, integrationswillig und wissbegierig beschrieben.
Der Beschwerdeführer ist sowohl verwaltungsstrafrechtlich als auch strafgerichtlich unbescholten und hat keine relevanten gesundheitlichen Beschwerden.
2. Beweiswürdigung
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akteninhalten des Beschwerdeführers. Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Muttersprache und Herkunft des Beschwerdeführers beruhen auf den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Glaubwürdig ist auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen in seinem Herkunftsstaat sowie in Österreich, da keine hinreichenden Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Ausführungen hervorkamen. Weiters weist er entsprechende Orts- und Sprachkenntnisse auf (zur Bedeutung des persönlichen Eindrucks, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Rechtsmittelinstanz im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vom Asylwerber gewinnt, s. für viele z.B. VwGH 20.05.1999, 98/20/0505, 24.06.1999, 98/20/0435). Auch die in der oben angeführten mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen bestätigten die Angaben des Beschwerdeführers. Deren Aussagen konnte gefolgt werden, da aufgrund deren seriösen und ernsthaften Auftretens sowie deren persönlichen vertrauensbildenden Gesamtbildes keine der Glaubwürdigkeit entgegensprechenden Anhaltspunkte hervorkamen. Aus amtlicher Informationslage ergibt sich weiters, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist. Im Ergebnis war daher dem betreffenden Vorbringen des Beschwerdeführers zu folgen (vgl. allgemein zu den - hier beim Beschwerdeführer vorliegenden - Grundanforderungen, dass sein Vorbringen glaubwürdig bzw. darüber hinaus auch glaubhaft ist: Materialien zum Asylgesetz 1991, RV 270 BlgNR 18. GP, zu § 39).
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt A.I.) betreffend die Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss eine Verfahrenseinstellung bei einer rechtswirksam erklärten Beschwerdezurückziehung vorzunehmen (VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047-11).
§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, u.v.m.).
Durch den unmissverständlich formulierten Parteiwillen, welcher auf Zurückziehung der Beschwerde gerichtet war, ist einer Sachentscheidung durch das Gericht die Grundlage entzogen. Aufgrund dieser Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides im Rahmen der oben angeführten mündlichen Verhandlung vom 02.09.2020 sind diese Spruchpunkte rechtskräftig geworden und es war daher das gegenständliche Verfahren einzustellen.
3.2. Zu Spruchpunkt A.II.) betreffend die Stattgebung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. und IV. des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung §§ 382b oder 382e EO, BGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen im Beschwerdefall nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, und der Beschwerdeführer auch nicht Opfer von Gewalt i.S.d. § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde. Solche Gründe im Ermittlungsverfahren sind nicht hervorgekommen, auch wurden solche vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
3.2.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Der Beschwerdeführer ist zudem kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.
3.2.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:
- die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1),
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2),
- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3),
- der Grad der Integration (Z 4),
- die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5),
- die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6),
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7),
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und
- die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens i.S.d. Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
3.2.3. Vom Begriff des „Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben i.S.d. Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Auch zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern kann eine als de facto- Familienleben iSd Art. 8 EMRK zu qualifizierende Beziehung bestehen, insbesondere in Fällen, in denen das Pflegekind im Kleinkindalter in die Obsorge der Pflegeeltern gekommen ist, die Pflegeeltern mit dem Pflegekind eine starke, mit jener zwischen Eltern und Kindern in dieser Lebensphase vergleichbare, emotionale Verbindung haben und die Pflegeeltern sich in jeder Hinsicht wie Eltern des Kindes verhalten (vgl. etwa EGMR 22.11.2010, Fall Moretti und Benedetti, Appl. 16318/07; EGMR 17.4.2012, Fall Kopf und Liberda, Appl. 1598/06 [Z 36 f.]).
Wie oben in den Feststellungen (s. Pkt. II.1.1.) angeführt, hat der Beschwerdeführer mit dessen Pflegefamilie im oben wiedergegebenen Sinne maßgebliche Beziehungen in Österreich. Der Beschwerdeführer ist zwar nicht als Kleinkind, aber im Alter von 16 Jahren und somit in einer für viele Jugendliche schwierigen und emotionalen Phase, in die Obsorge seiner Pflegeeltern gekommen und lebt nun seit mehr als viereinhalb Jahren bei diesen. Es ist von einer engen Verbundenheit und einer emotionalen Verbindung zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Pflegeeltern sowie dessen „Schwestern“ auszugehen. Die Pflegefamilie unterstützt den Beschwerdeführer nicht nur finanziell mit einem Taschengeld, sondern auch im alltäglichen Leben. Auch beteiligt sich der Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt und übernimmt, wie seine beiden „Schwestern“, alltägliche Aufgaben. Der Beschwerdeführer und dessen Familie haben eine gemeinsame Freizeitgestaltung und fahren, wie für eine Familie üblich, gemeinsam in den Urlaub. Das Familienleben ist somit als intensiv anzusehen (vgl. auch VwGH 02.08.2016, Ra 2016/20/0152, demzufolge familiäre Beziehungen unter Erwachsenen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK fallen würden, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die übliche Bindung hinausgehen).
De facto würde eine Rückkehrentscheidung und Ausweisung des Beschwerdeführers bedingen, dass dieser von seiner Pflegefamilie getrennt werden würde und alleine nach Afghanistan zurückkehren müsste. Nachdem eine Einreise von Afghanen nach Österreich auch nur mit eigenem Visum möglich sein wird, ist für den Beschwerdeführer die Besuchsmöglichkeit eingeschränkt. Folglich würde eine Rückkehrentscheidung für den Beschwerdeführer dazu führen, dass die persönliche Kontaktpflege zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Pflegefamilie massiv begrenzt werden würde, allenfalls nur mehr virtuell möglich wäre.
3.2.4. Unter dem „Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva u.a., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 m.w.H.).
Der Beschwerdeführer hält sich im vorliegenden Fall für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet seit seiner Antragstellung in Österreich auf. Der Beschwerdeführer verfügt über sehr gute Deutschkenntnisse. Die gesamte mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht konnte problemlos in Deutsch erfolgen. Zudem hat der Beschwerdeführer den Pflichtschulabschluss nachgeholt und die Handelsschule abgeschlossen. Er ist regelmäßig ehrenamtlich in der Gemeinde tätig und beteiligt sich aktiv in der Gemeinde. Der Beschwerdeführer verfügt zudem über eine verbindliche Einstellungszusage. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über eine Vielzahl an freundschaftlichen Beziehungen in Österreich. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bei seiner Ankunft in Österreich weder schreiben noch lesen konnte, ist die Integration des Beschwerdeführers als außergewöhnlich zu werten.
Resümierend ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer nur zu einem geringen Grad eine Bindung an seinen Herkunftsstaat hat, da lediglich die Schwester des Beschwerdeführers dort lebt. Daher ist die Bindung nunmehr zu seiner Pflegefamilie in Österreich aus den angeführten Umständen, die sich auch in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht bestätigen ließen, sehr groß. Allfällige weitere Bindungen zum Herkunftsstaat sind im Verfahren nicht hervorgekommen, auch wurden sie nicht vorgebracht.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass diese jedenfalls in ihrer Summe bedeuten, dass eine Ausweisung des Beschwerdeführers einen schwerwiegenden Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellt.
3.2.5. Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (z.B. VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).
Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrages verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich sowohl verwaltungsstrafrechtlich als auch strafgerichtlich unbescholten. Er hat sich in der Zeit des Aufenthaltes in Österreich wohlverhalten und sich darum bemüht, sich zu integrieren. Der Beschwerdeführer stellt als Einzelperson keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit Österreichs dar.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung i.S.d. § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zwar zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwogen und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK zumindest damals nicht vorlegen habe. Im Lichte dieser neuen Sachlage kommt aber das erkennende Gericht zu dem Ergebnis, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG im gegenständlichen Beschwerdeverfahren eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG i.V.m. Art. 8 EMRK darstellt.
3.2.6. Nach § 9 Abs. 3 2. Satz BFA-VG ist die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.
Aufgrund des oben angeführten hat dies zur Folge, dass spruchgemäß festzustellen ist, dass gemäß § 9 BFA-VG betreffend den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, Afghanistan, auf Dauer unzulässig ist.
3.2.7. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 leg. cit. nur von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens i.S.d. Art. 8 EMRK geboten ist (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, wonach nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht komme). Sofern nur die Voraussetzung i.S.d. Abs. 1 Z 1 erfüllt ist, ist gemäß Abs. 2 leg. cit. eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" müssen zudem die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG 2005 kumulativ vorliegen. Es ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob der Beschwerdeführer das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt.
Gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a leg. cit. in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.
Gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG i.d.F. BGBl. I Nr. 38/2011 (d.h. vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017) dient das Modul 1 dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die näheren Bestimmungen zu den Inhalten der Module 1 und 2 der Integrationsvereinbarung der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.
Gemäß § 14a Abs. 4 NAG i.d.F. BGBl. I Nr. 38/2011 ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,
2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 leg. cit. vorlegt,
3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht oder
4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 leg. cit. besitzt.
Gemäß § 7 Abs. 1 der Integrationsvereinbarungs-Verordnung, IV-V, BGBl. II Nr. 449/2005 ist Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. bildet den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF.
Gemäß § 9 Abs. 1 IV-V gelten als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 14a Abs. 4 Z 2 und § 14b Abs. 2 Z 2 NAG allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse, insbesondere von folgenden Einrichtungen:
(1) Österreichisches Sprachdiplom Deutsch;
(2) Goethe-Institute.V.;
(3) TelcGmbH.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §§ 14a Abs. 4 Z 2 oder 14b Abs. 2 Z 1 NAG IV-V Zeugnisse des ÖIF nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen [...].
Der Beschwerdeführer verfügt über die Deutsch-Zertifikate A2 und B1 (ÖSD), ausgestellt am 25.05.2016 und am 19.08.2016 - und damit vor dem 01.10.2017-, weshalb er die Voraussetzung für das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a Abs. 4 Z 2 NAG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017, vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 9 IntG BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat. Daher war gemäß § 55 Abs. 1 leg. cit. vorzugehen.
3.2.8. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer den jeweiligen Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen. Der Beschwerdeführer hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.
3.3. Zu Spruchpunkt B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus Deutschkenntnisse Integration Interessenabwägung Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Teileinstellung teilweise BeschwerderückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W225.2164303.1.00Im RIS seit
14.01.2021Zuletzt aktualisiert am
14.01.2021