Entscheidungsdatum
06.10.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W233 1426342-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2020, Zl. 811115500 - 200266385, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.03.2015, GZ: W160 1426342-1/21E, wurde dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen Afghanistans, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer ein bis 12.04.2021 gültiger Konventionsreisepass ausgestellt, welchen der Beschwerdeführer am 06.03.2020 als verloren meldete.
2. Am 09.03.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines neuen Konventionsreisepasses.
3. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 22.07.2020 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass in seiner Angelegenheit eine Beweisaufnahme stattgefunden habe und aufgrund seiner achtmaligen strafrechtlichen Verurteilungen, darunter des fünfmaligen Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses abzuweisen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
Eine Stellungnahme wurde seitens des Beschwerdeführers nicht eingebracht.
4. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 19.08.2020 den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 FPG ab. Begründend führte es aus, dass seine fünfmalige Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz einen schwerwiegenden Versagungsgrund bei der Ausstellung eines Konventionsreisedokumentes darstelle. Aufgrund dieser Verurteilungen und insbesondere wegen der erst vor kurzem rechtskräftigen letzten einschlägigen Verurteilung am 04.06.2018 sei derzeit für den Beschwerdeführer keine positive Prognose möglich. Die Ausstellung eines Reisedokuments an den Beschwerdeführer würde jedenfalls den Handel mit Suchtgiften erleichtern.
5. Der Beschwerdeführer erhob am 15.09.2020 durch seinen ausgewiesenen Vertreter gegen den angeführten Bescheid Beschwerde. In dieser hält er im Wesentlichen fest, dass er seine Taten bereue und darüber hinaus auch bereits das Haftübel verspürt habe. Er habe bei seinen Taten weder seinen Reisepass oder ein ähnliches Dokument verwendet. Er sei kein, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt, kein „gefährlicher Rechtsbrecher“ und lägen keine Anhaltspunkte vor, dass er seinen Konventionspass künftig benützen würde, um grenzüberschreitenden Suchtgifthandel zu begehen. Er habe am 09.03.2020 den Antrag auf Ausstellung eines Konventionspasses gestellt, da er seinen alten Konventionspass verloren habe und wieder über ein Identitätsdokument verfügen möchte. Gerade in der Praxis würde sich zeigen, dass er als Asylberechtigter bei Bewerbungen sehr oft einen Konventionspass benötige.
6. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 22.09.2020 vom Bundesamt vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Das Bundesverwaltungsgericht erkannte dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 12.03.2015, GZ W160 1426342-1/21E den Status eines Asylberechtigten zu.
1.2. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich bescholten.
Der Beschwerdeführer wurde erstmals mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX am 08.05.2013 wegen des Verstoßes gegen das Suchmittelgesetz bestraft. In der Folge wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom 21.11.2014 vom Bezirksgericht XXXX , mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX mit Urteil vom 18.06.2015, mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 08.11.2016 und schließlich mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 29.05.2018 abermals wegen des Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz, darunter auch wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a SMG, rechtskräftig verurteilt.
Neben den fünfmaligen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz wurde der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht XXXX am 09.10.2015 wegen des Vergehens der Körperverletzung iSv § 83 Abs. 1 StGB, vom Bezirksgericht XXXX mit Urteil vom 10.02.2017 wegen des Vergehens der Sachbeschädigung iSv § 125 StGB und vom Landesgericht für Strafsachen XXXX mit Urteil vom 28.06.2018 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung iSv § 107 Abs. 1 StGB und wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung iSv § 84 Abs. 4 StGB, rechtskräftig verurteilt.
2. Beweiswürdigung:
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und durch Einsichtnahme in das Strafregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. § 94 FPG regelt die Ausstellung von Konventionsreisepässen für Fremde, denen der Status des Asylberechtigten zukommt:
„Konventionsreisepässe
§ 94. (1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.
(2) Konventionsreisepässe können darüber hinaus Fremden, denen in einem anderen Staat der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, auf Antrag ausgestellt werden, wenn sie kein gültiges Reisedokument besitzen und ohne Umgehung der Grenzübertrittskontrolle eingereist sind.
(3) Das Bundesamt hat bei Ausübung des ihm in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.
(4) Konventionsreisepässe werden nach dem Muster des Annexes zur Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt.
(5) §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.“
Die Bestimmung des § 92 FPG, auf die hinsichtlich Konventionsreisepässe gemäß § 94 Abs. 5 leg.cit. sinngemäß verwiesen wird, hat folgenden Wortlaut (der im vorliegenden Fall maßgebliche Tatbestand ist hervorgehoben):
„Versagung eines Fremdenpasses
§ 92. (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;
2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;
3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;
4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;
5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
(1a) Die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.
(2) Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt.
(3) Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.“
Die Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 iVm § 94 Abs. 5 FPG sind vor dem Hintergrund des Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Statusrichtlinie) zu lesen. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, Reiseausweise – wie im Anhang zur Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen – für Reisen außerhalb ihres Gebietes ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen (vgl. VwGH 16.05.2013, 2013/21/0003).
3.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 04.06.2009, 2006/18/0204; 25.11.2010, 2008/18/0458; 02.12.2008, 2005/18/0614; 27.01.2004, 2003/18/0155; 24.01.2012, 2008/18/0504; 20.12.2013, 2013/21/0055) stellt es zusammengefasst eine Erfahrungstatsache dar, dass bei Suchtgiftdelikten nicht nur eine hohe Sozialschädlichkeit, sondern auch eine überaus hohe Wiederholungsgefahr besteht, weshalb selbst bei einer bloß einmaligen Verurteilung eines Antragstellers die Behörde rechtskonform davon ausgehen kann, dass dieser den Konventionsreisepass dazu benutzen werde, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen. Darüber hinaus besteht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Suchtgiftkriminalität insbesondere auch ein „latenter Auslandsbezug“. Auch wurde eine Dauer an Wohlverhalten im Ausmaß von vier Jahren nach der letzten rechtskräftigen Verurteilung als nicht lange genug qualifiziert, um die vom Antragsteller ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen.
3.3. Unter Zugrundelegung der Leitgedanken der zitierten Entscheidungen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Fall die begehrte Ausstellung eines Konventionsreisepasses zu Recht versagt hat:
3.3.1. Der Beschwerdeführer hat vorschriftswidrig Suchtmittel, in zwei Fällen auch in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, mit dem Vorsatz erworben diese anderen zu überlassen. Dafür wurde er fünfmal rechtskräftig verurteilt. In der Beschwerde bleibt unbestritten, dass der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid festgestellten Straftaten begangen hat und deshalb in der dort festgestellten Weise rechtskräftig verurteilt worden ist.
3.3.2. Im Hinblick auf die fünfmaligen Verurteilungen und die Tatsache, dass Suchtgiftdelikten eine besonders hohe Wiederholungsgefahr innewohnt, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, die festgestellten Tatsachen würden die Annahme im Sinne des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG, der Beschwerdeführer könnte den Konventionsreisepass dazu benutzen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen, rechtfertigen (vgl. VwGH 02.12.2008, 2005/18/0614). So ist auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer bei der Begehung der seiner Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten kein Reisedokument verwendet hat, nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes „nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ist es doch notorisch, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist. Ein Reisedokument würde einen Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern“ (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504, mit Verweis auf VwGH 02.04.2009, 2009/18/0095).
Soweit in der Beschwerde im Wesentlichen bemängelt wird, dass die belangte Behörde im Rahmen einer Prognosebeurteilung die Berücksichtigung unterlassen habe, dass er seine Taten zutiefst bereue und er bereits das Haftübel verspürt habe, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der seit der Begehung der letzten einschlägigen Straftat verstrichene Zeitraum reicht vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht aus, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504).
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Frage des Vorliegens eines Versagungsgrundes für die Ausstellung eines Fremden- bzw. Konventionspasses nach den hierfür vom Gesetz vorgesehenen Kriterien eigenständig zu beurteilen ist, ohne an die Erwägungen des Strafgerichts im Zusammenhang mit der Strafbemessung gebunden zu sein (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504; 04.06.2009, 2006/18/0204). So konnte der Verwaltungsgerichtshof etwa im Fall der Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten eines Beteiligten, der bloß als „Aufpasser“ dazu beigetragen hatte, dass rund 1 kg Cannabiskraut durch Verkauf in Verkehr gesetzt worden waren, die Annahme der Erfüllung des Tatbestands des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG nicht als rechtswidrig erkennen (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504).
3.3.3. Im Ergebnis ist somit der Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG erfüllt sei, beizutreten und sind – im Sinne des Art. 25 Abs. 1 Statusrichtlinie – zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die der Ausstellung eines Konventionsreisepasses entgegenstehen, zu bejahen.
3.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 2 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 8.2.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).
3.4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat betreffend die Anwendung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 4/2008, (also zur wortidenten Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG) unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor dem Bundesasylamt releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde an den Asylgerichtshof aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfSlg. 19.632/2012).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
3.4.2. Im gegenständlichen Fall sind die genannten Kriterien erfüllt, weil der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. In der Beschwerdeschrift wird kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens des Bundesamtes entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Konventionsreisepass Körperverletzung Reisedokument Sachbeschädigung strafrechtliche Verurteilung Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Versagung Konventionsreisepass VersagungsgrundEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W233.1426342.2.00Im RIS seit
14.01.2021Zuletzt aktualisiert am
14.01.2021