TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/19 W195 2208415-1

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Veröffentlicht am 19.10.2020
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Entscheidungsdatum

19.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W195 2208415-1/23E


IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt in XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2018, XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.06.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte IV. V. und VI. stattgegeben und diese ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 30.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen einer Erstbefragung am Tag der Antragstellung gab der BF zu seinen Fluchtgründen an, er sei Mitglied der Bangladesh Nationalist Party (im Folgenden: BNP) und habe am 2012 an einer Demonstration für den Frieden teilgenommen. Die Polizei hätte die Demonstranten gestoppt und auf sie eingeschlagen. Die Polizei sei zur Familie des BF nachhause gekommen. Der BF sei nicht zuhause gewesen. Sein Vater habe ihm gesagt, dass er von der Polizei gesucht würde. Deswegen habe sein Vater entschieden, dass der BF Bangladesch verlassen solle. Sein Bruder sei im Mai 2013 verschwunden. Dieser sei ebenfalls Mitglied der BNP gewesen. Wo er sich aufhalte, wisse er nicht. Die Polizei suche immer noch nach dem BF, das habe ihm sein Vater im Jänner 2015 erzählt.

I.2. Am 28.06.2016 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, es habe gegen ihn eine Anzeige gegeben, deshalb kämen „sie“ immer zum BF nachhause. Sie hätten ihn auf eine Liste gesetzt. Ihm würde vorgeworfen, einen Molotowcocktail geworfen zu haben. Seine Familie sei bei der BNP. Nicht nur er, sondern sehr viele seien angezeigt worden. An wievielter Stelle der BF in der Anklageschrift stünde, könne er nicht sagen.

Der BF wurde zur BNP befragt, wobei sich folgendes ergab (sprachliche Unzulänglichkeiten im Original):

„Dem Ast werden 2 A4 Zettel mit Fotos vorgelegt; Diese abgebildeten Personen sollen nun benannt werden und deren Funktion;

Diese werden als Anlage 1 zum Akt gegeben!

Dem Ast wird ein A4 Zettel vorgelegt; nun soll die Flagge der BNP skizziert werden.

Dieser wird als Anlage 2 zum Akt gegeben.

F: Wieviele Punkte hat das Programm der BNP?

A: Ich hatte als ich gelernt habe nicht viel Zeit um hinaus zugehen und nur wenn ich frei hatte ging ich zu Veranstaltungen

Wdh. der F: Wieviele Punkte hat das Programm der BNP?

A: Die BNP hat zu Beispiele die RAB Institution erschaffen; Nochmals befragt gebe ich an, dass ich es nicht sagen kann aber es gibt viele.

F: Sagt Ihnen der Begriff DOFA etwas?

A: (Anmerkung: Ast hinterfragt den Begriff 3 mal.) Nein.

F: Gibt es einen Parteispruch/ Lied?

A: Ja

F: Können Sie einen Teil davon angeben?

A: Es ist s oetwas wie ein Spruch oder eine Sage der BNP und das ist oft auf Plakaten oder….

Vorhalt: Wenn Sie wirklich bei der BNP gewesen sind bzw Sympathisant gewesen wären, dann könnten Sie korrekte Angaben machen. Bis jetzt war jegliche Angabe falsch! Was sagen Sie dazu?

A: Ich war ja nur Sympathisant;

F: Besitzen Sie eine Votar Card?

A: Nein.

F. Wie konnten Sie dann Ihre Partei wählen?

A: Als zu Hause so etwas gemacht wurde war ich nicht zu Hause ich war in Dhaka.

F: Haben Sie in Bangladesch von sich aus, d.h. aus eigenem Antrieb eine Sicherheitsdienststelle, ein Gericht oder eine Staatsanwaltschaft aufgesucht?

A: Nein“

Befragt, warum er einen Asylantrag stelle, gab der BF an: „Aufgrund des Problemes das ich schon erläutert habe war ich gezwungen Asyl zu beantragen. Dann habe ich hier alles eingereicht. Dann habe ich das Problem das man mich wegen 2015 zu Hause gesucht hat. Mein Vater hat mir gesagt, das Sie nach Hause gekommen sind aber ich war zu dieser Zeit hier. Mein Vater hat auch gesagt, dass die Polizei nach mir suchen würde und ich nicht nach Hause kommen soll. Wir sind in Angst. Dann habe ich mir gedacht ich gebe es hier bekannt und ich beantrage Asyl.

F: Waren das all Ihre Fluchtgründe?

A: Ich hätte es auch schon früher mache können doch da ich das Problem tatsächlich habe ich erst jetzt um Asyl angesucht. Ich war 2010 auch in Deutschland. Hätte ich damals in Europa einfach so bleiben wollen hätte ich auch damals um Asyl ansuchen können. Wegen dem Problem bin ich jetzt gezwungen hier Asyl zu beantragen.“

Befragt, was die oft erwähnten „Probleme“ konkret seien, führte er aus: „Aufgrund des Vorfalles in Dhaka wie das passiert ist kommt die Polizei nach Hause zu mir und sucht mich aus Angst habe ich dann hier Asyl beantragt.“ In Dhaka sei „dieser“ Vorfall mit der „Brandentzündung“ gewesen. Aufgefordert, etwas über den Vorfall zu erzählen, führte er aus: „Es ist ein Bus von Dhaka in eine andere Ortschaft gefahren, es gab Leute die einen Molotowcocktail geworfen haben. Und auf einer Brücke haben die Leute diese Cocktails in den Bus durch die Fenster geworfen. Und es sind Leute verletzt worden und getötet viele sind geflüchtet. Aus diesem Hintergrund haben Sie mir diesen Vorwurf gemacht, das ich angeblich hierbei mitgewirkt habe.“ Das sei Mitte Jänner 2015 gewesen.

Befragt, welche konkreten Probleme der BF vor 2015 gehabt habe, gab er an: „Ja es gab eine Demonstration in XXXX von uns aus, BNP, der Polizei hat es nicht gefallen und sie haben uns behindert, indem sie Schlagstöcke verwendeten. Dann hat die Polizei auch nach mir gesucht. Das war es.“ Persönlich bedroht worden sei der BF niemals. Wahrscheinlich habe ihn irgendjemand aus XXXX angezeigt. Von welcher Behörde der Haftbefehl ausgestellt worden sei, könne der BF nicht sagen. Angezeigt habe man ihn, weil seine Familie BNP-Anhänger seien. Er sei nicht von der Polizei angehalten worden, er habe keine Schwierigkeiten gemacht. Sodann brachte der BF vor:

„F: Was meinen Sie mir dem das Sie ‚wie vorhin erwähnt geflüchtet wären‘?

A: Das war zur Zeit der Demo. Befragt gebe ich an, dass es Demos der BNP gab, dort wo sie einen Sitz hatten. Es gab viele Demos und wo wir waren kam dann auch plötzlich die Polizei und behinderte uns dann.

F: Was wollen Sie mir damit sagen?

A: Ja wegnen diesem Vorfall der Brandentzündung. Auch mein Bruder muss immer wieder vor Gericht auftauchen .

Es passiert oft, dass die Polizei oft Leute mit nimmt und tötet. Es wird gesagt, dass Sie nicht aufzufinden wären. Wie vor kurzem ein unschuldiger Mensch, Student, mitgenommen und getötet wurde. Es ist nur ein Fall aber es gibt so etliche Fälle.

F: Was konkret hat Ihre ‚Flucht‘ aus Ihrem Heimatland ausgelöst?

A: Nach dem mir mien Vater das gesagt hat das die Polizei mich sucht wegen dem Vorfall in Dhaka und auch geraten hat ich solle nicht kommen und wir alle Angst haben, das wenn ich zurück komme, würden sie mich mitnehmen.

F: Sie sprechen immer wieder von Sie! Wer ist das konkret?

A: Die Polizei die Exekutive halt. Die nehmen oft Leute mit und entführen sie und bringen sie um. Man hört nichts mehr von diesen Leuten.“

Seinen Reisepass habe der BF verloren. Die Polizei sei acht- bis zehnmal beim BF zuhause gewesen, jeden Monat ungefähr zweimal. Darüber habe ihn sein Vater informiert. Das letzte Mal sei die Polizei „im letzten Monat in der letzten Woche“ beim BF zuhause gewesen. Befragt, warum sein Bruder verschwunden sei, gab der BF an: „Es gab in Dhaka einen XXXX , er wollte dort hin gehen, das ist eine XXXX . Diese wollten dann die Regierung stürzen. Viele Leute hat man mitgenommen und viele waren Tod. Ihn hat man nicht gefunden und ein Jahr später kam er dann. Befragt gebe ich an, dass er dieses Jahr bei der Polizei in Gewahrsam war.“ Die Demonstration sei im Juni oder Juli 2012 gewesen. Sodann wurde der BF gefragt, warum demonstriert worden sei und er gab an: „Es kamen viele BNP Anhänger. Es kamen viele von verschiedenen Ortschaften gemeinsam zusammen und dann haben wir gemeinsam diese Demonstration gemacht bzw Marsch. Im Zuge dessen hat uns dann die Polizei später behindert.

Wdh der F: Warum wurde demonstriert?

A: Naja das war ein Zusammentreffen wo Khaleda Zia einen Vortrag macht. Befragt gebe ich an das dies in XXXX in Dhaka war.“

Mithilfe eines Rechtsanwaltes zum Höchstgericht zu gehen um seine Unschuld zu beweisen sei schwierig, weil die andere Partei an der Macht sei und die Gesetze nicht korrekt vollzogen würden. Innerstaatlich könne er nicht ausweichen, weil „sie“ ihn überall suchen würden. Bei der Ausreise selbst habe der BF keine Probleme gehabt, weil er ausgereist sei, als „sie“ aufgehört hätten, den BF zu suchen. 2015 hätten „die Probleme“ wieder begonnen.

Zur Zeit der Demonstration habe sich der BF in Dhaka befunden. Dort sei er nicht gefunden wurde. Zuhause hätten „sie“ ihn gesucht.

I.3. Der BF brachte ein Konvolut an Unterlagen in Vorlage.

I.4. Am 30.05.2018 wurde der BF vor dem BFA neuerlich einvernommen. Hiebei gab er zu seinen Fluchtgründen an, es habe im Jahr 2012 eine große Veranstaltung der BNP in Dhaka gegeben. Es habe dann eine Demonstration gegeben, die Polizei sei dann gekommen, es habe eine Auseinandersetzung mit ihnen gegeben. Freunde seien dann verhaftet worden und da hätten manche den Namen und die Daten des BF genannt. Er sei dann angezeigt worden, er sei dann nach Österreich gereist, weil es eine Zeit ruhig gewesen sei, es sei damals noch nicht so problematisch gewesen. Dann sei ein Verfahren eingeleitet worden. Jetzt werde der BF von den Behörden gesucht. Im Jahr 2015 hätten die Behörden die Suche nach dem BF verstärkt, deswegen habe ihm sein Vater gesagt, dass er in Österreich bleiben solle und dass es für ihn in Bangladesch nicht mehr sicher sei. Er sei ja bereits im Jahr 2010 in Deutschland zu Besuch gewesen. Wäre es seine Absicht gewesen, in Europa zu bleiben, hätte er bereits in Deutschland Asyl beantragt. Er habe für ein ganzes Jahr ein Visum in Österreich gehabt, er hätte ja in diesem Zeitraum schon Asyl beantragen können.

Das Treffen sei im März oder April 2012 gewesen, das genaue Datum kenne der BF nicht. Dort sei über die allgemeine politische Lage und über das Programm diskutiert worden. Es seien ein paar Tausend Menschen dort gewesen. Relativ viele seien dann verhaftet worden, der BF habe sich dann zuerst in den Gassen von Dhaka und dann auf der Anlage seines Sportklubs versteckt. Der BF möge die BNP. Er sei kein ordentliches Mitglied, aber Sympathisant. Er möge die BNP und dann werde man einfach eingeladen. Der Ehemann der Cousine des BF sei gut vernetzt in der BNP. Er habe eine mündliche Einladung bekommen, Beweis habe er keinen, das sei ewig her. Zugangskontrollen habe es nicht gegeben.

Seit dem Jahr 2007 sei der BF Sympathisant der BNP. Er sei auf Veranstaltungen und Demonstrationen gegangen. Im Jahr 2012, im März oder April, sei das Ereignis gewesen. Der BF sei in Dhaka nicht gemeldet gewesen, deswegen hätten die Behörden den BF in seinem Heimatdorf gesucht. Im März 2012 sei er angezeigt worden, im August 2012 sei er ausgereist, da seien seine Probleme nicht sie groß gewesen. Ende 2014 hätten Polizisten dem Vater des BF erzählt, dass er gesucht werde. Zwischen August 2012 und 2014 sei nichts passiert, was von Relevanz wäre.

Dass der BF im Jahr 2013 legal nach Bangladesch einreisen und auch wieder ausreisen konnte, erkläre sich der BF so, dass das wohl nicht im System eingetragen gewesen wäre. Somit hätte er auch ohne Probleme dorthin auf Besuch fahren können.

Es bestehe ein Haftbefehl gegen den BF und er könne nie wieder nach Bangladesch. Seit wann dieser bestehe, wisse er nicht, der Haftbefehl sei ihm nicht ausgehändigt worden. Sein Vater habe ihm immer über alles Bescheid geben.

Die Dokumente seien bei der Polizei in seinem Dorf. Sein Vater hätte die Dokumente besorgen wollen, aber sie hätten ihm gesagt, dass der BF persönlich die Dokumente abholen muss.

Einen Anwalt habe sich der BF nicht genommen, weil er nicht in Bangladesch aufhältig sei.

Der Ehemann seiner Cousine sei Mitglied der BNP, der Vater und die Brüder des BF seien Sympathisanten.

Dem BF werde vermutlich vorgeworfen Raufhandel, Sachbeschädigung und Gemeingefährdung, der BF müsse die Dokumente erst einmal persönlich einsehen. Er müsse für einige Jahre ins Gefängnis. Die Polizei habe ihn angezeigt. Der BF sei persönlich verfolgt oder bedroht worden, an staatliche Stellen habe er sich nicht gewandt, weil man der Polizei nicht trauen könne.

Zum Aufeinandertreffen mit der Polizei befragt, gab der BF an, sie seien der Straße unterwegs gewesen und die Polizei sei gekommen. Sie hätte Schlagstöcke, Wasserwerfer und Reizgas eingesetzt. Der BF sei so schnell als möglich weggelaufen. Er sei ja ein guter Sportler und habe schnell weglaufen können.

Im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch habe er Angst, verhaftet und gefoltert zu werden. Er sei nirgends in Bangladesch sicher.

I.5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.09.2018, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.

I.6. Mit Schriftsatz vom 23.10.2018 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des – durch XXXX , Rechtsanwalt, vertretenen – BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes wurde dabei zusammengefasst begründend ausgeführt, der BF habe eine Bestätigung seiner Mitgliedschaft in der BNP in Vorlage gebracht und dies Stünde im Einklang mit seinem Vorbringen. Weiters habe der BF geschafft, eine Kopie der Strafanzeige zu erhalten, deren Übersetzung beantragt wird. Weiters beantragt die Beschwerde, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, dem BF Asyl zu gewähren, die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF nach Bangladesch zu erklären und ein befristetes Aufenthaltsrecht zu erteilen, Spruchpunkt IV. zu beheben und festzustellen, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers auf Dauer unzulässig iSd § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sei und in eventu, den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an das BFA zurückzuverweisen.

I.7. Mit Schreiben vom 24.10.2018 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.8. Mit Schreiben vom 06.11.2018 brachte der Beschwerdeführervertreter zwei Empfehlungsschreiben in Vorlage.

I.9. Mit Schreiben vom 08.05.2019 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangaldesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 13.06.2019 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.

I.9. Am 13.06.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde. Zuvor hatte der BF im Rahmen einer Eingabe vom 03.06.2019 eine Bestätigung des Abschlusses der Lehre gem. §§ 21 ff. BerufsausbildungsG im Lehrberuf Systemgastronomiefachmann vom 27.11.2018 eingebracht. Ebenfalls vorgelegt wurden – im Rahmen der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht – der Bescheid des AMS vom 05.06.2019, XXXX , mit welchem dem BF eine Beschäftigungsbewilligung gem § 20 Abs. 3 AuslBG bis 08.05.2020 zuerkannt wurde. Eine Arbeitsbestätigung der Cafe XXXX GmbH vom 03.06.2019, aktuelle Lohn-Gehaltsabrechnungen der letzten Monate sowie diverse Unterstützungserklärungen vorgelegt.

In der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.06.2019 wurden nochmals die behaupteten Fluchtgründe des BF erörtert, wobei gegenüber den Ausführungen im angefochtenen Bescheid keine wesentlichen Neuerungen hervorkamen.

Hinsichtlich seines Familienstatus wurde vom BF ausgeführt, dass er ledig und ohne Kinder sei. Sein beruflicher Werdegang, insbesondere der Lehrabschluss und die Arbeitsbewilligung bis 08.05.2020 wurden ebenfalls ausführlich erörtert.

I.10. Mit hg. Erkenntnis vom 05.07.2019, W195 2208415-1/12E, wurde die Beschwerde in Bezug auf die Spruchpunkte I. und II. des bekämpften Bescheides als unbegründet abgewiesen. Die Spruchpunkte III., IV., V. und VI. des Bescheides wurden dahingehend abgeändert, dass dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 mit Gültigkeit bis 31.05.2020 erteilt wurde, gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG ab 01.06.2020 erlassen wurde, gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers gemäß § 46 FPG nach Bangladesch ab 01.06.2020 zulässig sei und eine Frist von 14 Tagen ab der Verpflichtung zur Rückkehr, somit ab 01.06.2020, für die freiwillige Ausreise festgelegt wurde. Unter einem wurde ausgesprochen, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

I.11. Einer gegen diese Entscheidung erhobenen Revision gab der Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden: VwGH) mit Erkenntnis vom 24.06.2020, Ra 2019/14/0402, insoweit statt, als er das unter I.10. dargestellte Erkenntnis soweit eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt und eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der moslemischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali (AS 1, 85, 384). Seine Identität steht fest (Akt der Bezirkshauptmannschaft Mödling [BH] 19).

Der BF ist im Ort Uttar XXXX geboren und aufgewachsen (AS 1, 77; auch Dinaspur, AS 383) und hat vor der Ausreise dort gelebt (AS 5, dass der BF nach Dhaka gezogen ist, AS 383, kann nicht festgestellt werden). Er hat in seinem Herkunftsland die Schule besucht, wobei aufgrund divergierender Angaben nicht festgestellt werden kann, für wie lange (AS 1, 83, 384). Er hat in Bangladesch professionell Sport gemacht und dafür Geld bekommen (AS 83).

Der BF ist ledig. In Bangladesch halten sich die Mutter, der Vater, eine Schwester und zwei Brüder des BF auf (AS 79). Zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt (BVwG-VS).

Der BF ist am 13.08.2012 legal mit einem Visum D zur Abholung eines Aufenthaltstitels in das Bundesgebiet eingereist. Seine Aufenthaltsbewilligung war vom 12.05.2012 bis zum 12.06.2013 gültig (BH 131). Am 10.06.2013 stellte der BF bei der BH einen Antrag auf Verlängerung dieses Aufenthaltstitels (BH 103), dieser wurde mit Bescheid vom 02.08.2013 abgewiesen (BH 103 ff.). Aufgrund einer dagegen erhobenen Berufung behob das BMI mit Bescheid vom 08.10.2013 den Bescheid vom 02.08.2013 (BH 193 ff.), im Wesentlichen mit näherer Begründung, der BF sei in seinem Parteiengehör verletzt worden. Mit Bescheid vom 22.04.2014 wies die BH den Antrag des BF auf Verlängerung des Aufenthaltstitels ab (BH 273). Dagegen erhob der BF durch eine rechtsanwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde (BH 293 ff.), die das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwGNÖ) mit Erkenntnis vom 22.03.2016 abwies (BH 303 ff.). Der BF stellte sodann am 30.03.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (AS 1), der offensichtlich allein den Zweck hatte, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren.

Der BF ist nicht in die staatliche Grundversorgung einbezogen. In Österreich war der BF in der Kampfmannschaft des Postsportvereins Wien unentgeltlich tätig (AS 51, 149, 171 ff.) und ist nunmehr als Trainer tätig (BVwG-VS). Er besuchte die Berufsschule (AS 403 ff.), hat ein A2 Deutschzertifikat erworben (AS 55, 137), und die Lehre zum Systemgastronomiefachmann absolviert (AS 117, BVwG-VS), hat in einem Schnitzelhaus, später im „ XXXX gearbeitet (AS 145, 435; BVwG-VS), hat den Mopedschein gemacht (AS 127), spielt im Österreichischen Hockeyverband (AS 147, zum Hockey auch AS 495 ff.), ist Mitglied bei der „Bangladesch-Österreichischen Gesellschaft“ (AS 175) und er hat das Gewerbe Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt, angemeldet (AS 445 ff.).

Der BF verfügt über ausreichende Deutschkenntnisse, sodass eine Konversation möglich ist (BVwG-VS). Er ist strafrechtlich unbescholten.

Dem BF wurde mit hg. Erkenntnis vom 05.07.2019, W195 2208415-1/12E, rechtskräftig ein Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gem. § 57 AsylG 2005 bis zum 31.05.2020 erteilt. Beim BFA ist derzeit ein Verfahren zur Prüfung eines am 28.05.2020 gestellten Verlängerungsantrages anhängig.

II.2. Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF sowie zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und seiner Muttersprache wird den bereits im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen des BFA gefolgt, an denen sich im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel ergeben haben, zumal diese Feststellungen, die auf den im Verfahren vor dem BFA getätigten eigenen Angaben des BF gründen (AS 6 ff.; AS 53 ff., BVwG-VS), im vorliegenden Beschwerdeschriftsatz auch nicht beanstandet wurden.

Die Identität des BF konnte aufgrund der im Akt der BH (19) liegenden Kopie seines Reisepasses festgestellt werden.

Die Feststellungen zur Herkunft des BF (geboren und gewohnt in XXXX AS 1, 5, 77, 383), seiner absolvierten Schulausbildung, seinem Familienstand und seinen in Bangladesch aufhältigen Familienangehörigen legte ebenso bereits das BFA dem angefochtenen Bescheid zu Grunde, diese decken sich mit dem vom BF im Verfahren getätigten Angaben (vgl. AS 79) und wurden im Beschwerdeschriftsatz nicht bestritten.

Die legale Einreise des BF im August 2012 ist aktenkundig und das gesamte Verfahren betreffend den vor der Asylantragstellung des BF Aufenthaltstitel lässt sich dem Akteninhalt des zum Akt genommenen Aktes der BH entnehmen. Dass der BF nicht in die staatliche Grundversorgung einbezogen ist und er strafrechtlich unbescholten ist, geht aus einer Einsichtnahme in die österreichischen amtlichen Register (Grundversorgungs-Informationssystem, Fremdeninformationssystem, Zentrales Melderegister, Strafregister) hervor.

Die Feststellungen zu seinen Tätigkeiten im Bundesgebiet, ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF und im Verfahren mehrfach vorgelegten Bestätigungen und Empfehlungsschreiben (AS 51, 55, 117, 137, 145, 149, 171 ff., 175, 395 ff.,403 ff., 435, 445 ff. und 495 ff.).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF gründen ebenso auf dessen eigenen Angaben vor dem BFA bzw. dem Bundesverwaltungsgericht (AS 382). Im Laufe des Verfahrens wurden auch keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt, die gesundheitliche Beeinträchtigungen des BF nachweisen würden.

Dass dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen bis 31.05.2020 erteilt wurde, ergibt sich aus der aktenkundigen hg. Entscheidung 05.07.2019, W195 2208415-1/12E, deren dritter Satz des Spruches nicht bekämpft wurde. Auch der VwGH ging in seiner Entscheidung vom 24.06.2020, Ra 2019/14/0204, davon aus, dass der Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen in Rechtskraft erwachsen ist. Der am 28.05.2020 gestellte Verlängerungsantrag wurde dem Bundesverwaltungsgericht vom BFA mit Schreiben vom 08.09.2020 vorgelegt.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

II.3.1. Zu A) I.:

Der mit „Rückkehrentscheidung“ überschriebene § 52 FPG lautet:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel ‚Daueraufenthalt – EU‘ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Arten und Form der Aufenthaltstitel“ überschriebene § 54 AsylG 2005 lautet:

„§ 54. (1) Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden Drittstaatsangehörigen erteilt als:

1. ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,

2. ‚Aufenthaltsberechtigung‘, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,

3. ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.

(2) Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 sind für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sind nicht verlängerbar.

(3) Den Verlust und die Unbrauchbarkeit eines Aufenthaltstitels sowie Änderungen der dem Inhalt eines Aufenthaltstitels zugrunde gelegten Identitätsdaten hat der Drittstaatsangehörige dem Bundesamt unverzüglich zu melden. Auf Antrag sind die Dokumente mit der ursprünglichen Geltungsdauer und im ursprünglichen Berechtigungsumfang, falls erforderlich mit berichtigten Identitätsdaten, neuerlich auszustellen.

(4) Der Bundesminister für Inneres legt das Aussehen und den Inhalt der Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 bis 3 durch Verordnung fest. Die Aufenthaltstitel haben insbesondere Name, Vorname, Geburtsdatum, Lichtbild, ausstellende Behörde und Gültigkeitsdauer zu enthalten; sie gelten als Identitätsdokumente.

(5) Die Bestimmungen des 7. Hauptstückes gelten nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.“

Der mit „Verlängerungsverfahren des Aufenthaltstitels ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘“ überschriebene § 59 AsylG 2005 sagt:

„§ 59. (1) Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, beim Bundesamt einzubringen. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmung nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Drittstaatsangehörigen auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

(2) Die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels beginnt mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.

(3) Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn

1. der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, und

2. der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird; § 71 Abs. 5 AVG gilt.

Der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages, der die Voraussetzungen der Z 1 und 2 erfüllt, gilt nach Maßgabe des bisher innegehabten Aufenthaltstitels als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt.

(4) Das Bundesamt hat der örtlich zuständigen Behörde nach dem NAG unverzüglich mitzuteilen, dass

1. die Voraussetzung des § 57 weiterhin vorliegen,

2. der Antragsteller das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat, und

3. die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 4 erfüllt sind.

Liegen die Voraussetzungen der Z 2 oder Z 3 nicht vor, hat das Bundesamt den Aufenthaltstitel gemäß § 57 zu erteilen. Die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels nach Abs. 1 ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 4 Monaten ab Einbringung des Antrages zu treffen.

(5) Im Falle einer Mitteilung gemäß Abs. 4 ist der Ablauf der Frist gemäß Abs. 4 letzter Satz gehemmt. Das Bundesamt hat den Antragsteller von der Mitteilung in Kenntnis zu setzen. Mit Ausfolgung des Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 3 NAG ist das Verlängerungsverfahren formlos einzustellen.“

Dem BF wurde rechtskräftig ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 bis 31.05.2020 erteilt. Er stellte – vor dessen Ablauf – am 28.05.2020 einen Verlängerungsantrag, das diesbezügliche Verfahren ist vor dem BFA anhängig. Der BF ist sohin nach § 59 Abs. 1 3. S AsylG 2005 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Daraus ergibt sich, dass gegen den BF eine Rückkehrentscheidung derzeit nicht erlassen werden darf (arg.: § 52 Abs. 2 FPG: „…und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.“). Eine solche kann allenfalls im Zuge einer „Nichtverlängerung“ des Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen werden. Die auf die Rückkehrentscheidung aufbauenden Spruchpunkte waren daher ebenso zu beheben.

II.3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides ausführlich wiedergegeben.

Schlagworte

Anhängigkeit Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltsrecht Aufenthaltstitel Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Rückkehrentscheidung behoben Verlängerungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2208415.1.00

Im RIS seit

14.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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