TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/21 W280 2225995-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.2020
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Entscheidungsdatum

21.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs2
FPG §59 Abs4

Spruch

W280 2225995-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , geb. XXXX .03.198 XXXX , StA. Kosovo, vertreten durch RA Mag. Thomas LOOS, Schönauerstraße 7, 4400 Steyr, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .10.201 XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. und VII. wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Spruchpunkte zu lauten haben:

VI. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Zif. 1 FPG wird gegen XXXX ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

VII. Gemäß § 55 Abs. 2 iVm § 59 Abs. 4 FPG beträgt die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab ihrer Enthaftung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige der Republik Kosovo und der albanischen Volksgruppe zugehörig, reiste 200 XXXX in das österreichische Bundesgebiet ein und ihre Mutter stellte für sie als gesetzliche Vertreterin am XXXX .02.200 XXXX einen Asylantrag im Rahmen eines Familienverfahrens. Dabei wurden für die BF keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht, sondern auf die Fluchtgründe der Eltern Bezug genommen. Die Eltern der BF waren bereits zuvor eingereist und hatten Asylanträge gestellt. Dem Vater der BF wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes zur Zl. XXXX Asyl gewährt. Der Mutter der BF wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX .04.200 XXXX , Zl. XXXX , ebenfalls Asyl gewährt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX .03.200 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig am XXXX .04.200 XXXX , wurde dem Asylantrag der BF gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben, ihr in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die BF hielt sich in der Folge in Österreich auf und wurde mehrfach straffällig. Sie wurde im Zeitraum von XXXX .06.201 XXXX (Datum der ersten Verurteilung) bis XXXX .06.201 XXXX (Datum der letzten Verurteilung) insgesamt vier Mal rechtskräftig verurteilt, beim letzten Mal zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren. Die BF trat ihre Haftstrafe am XXXX .10.201 XXXX an und befindet sich seither in Haft. Ein weiteres Strafverfahren vor einem Landesgericht ist gegen die BF anhängig.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) leitete am XXXX .04.201 XXXX gegen die BF von Amts wegen ein Aberkennungsverfahren betreffend den Status der Asylberechtigten ein.

Die BF wurde für den XXXX .09.201 XXXX zu einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA geladen, leistete der Ladung jedoch keine Folge.

Am XXXX .09.201 XXXX wurde der BF ein schriftliches Parteiengehör des BFA vom XXXX .09.201 XXXX mit dem Länderinformationsblatt zum Kosovo übermittelt.

Die BF erstattete jeweils mit Schreiben vom XXXX .09.201 XXXX und vom XXXX .09.201 XXXX im Wege ihrer bevollmächtigten Rechtsvertretung eine Stellungnahme.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom XXXX .10.201 XXXX wurde der BF der ihr mit Bescheid vom XXXX .03.200 XXXX , Zl. XXXX , zuerkannte Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Zif 1 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde festgestellt, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Zif 2 AsylG wurde ihr der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Der BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig erließ das BFA gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Zif 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Zif 3 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo fest (Spruchpunkt V.). Das BFA erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Zif 1 FPG gegen die BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.) und legte die Frist für die freiwillige Ausreise der BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VII.).

Mit Schreiben ihrer Rechtsvertretung vom XXXX .11.201 XXXX erhob die BF fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang gegen den zuletzt genannten Bescheid. Darin wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen sowie der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu das Verfahren zurückzuverweisen, in eventu den Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes herabzusetzen.

Am XXXX .12.201 XXXX langte beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein. Mit der Beschwerdevorlage wurde vom BFA beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache einer anderen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Mit Schreiben der Rechtsvertretung der BF vom XXXX .04.2020 wurde ein weiteres Vorbringen erstattet, am XXXX .06.2020 wurde über Auffordrung des BVwG der Obsorgebeschluss betreffend die minderjährigen Kinder der BF vorgelegt.

Am XXXX .09.2020 wurde vor dem BVwG mit der BF, ihrer Rechtsvertretung und einem von der BF namhaft gemachten Zeugen eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Ein Vertreter des BFA ist zur Verhandlung nicht erschienen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die BF führt die im Spruch genannte Identität (Namen und Geburtsdatum). Sie ist Staatsangehörige der Republik Kosovo und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie ist Angehörige der albanischen Volksgruppe und islamischen Bekenntnisses. Ihre Muttersprache ist Albanisch.

2. Die BF reiste 200 XXXX in das österreichische Bundesgebiet ein und ihre Mutter stellte für sie als gesetzliche Vertreterin am XXXX .02.200 XXXX in Österreich einen Asylantrag im Rahmen eines Familienverfahrens. Dabei wurden für die BF keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht, sondern auf die Fluchtgründe der Eltern Bezug genommen. Die Eltern der BF waren bereits zuvor eingereist und hatten Asylanträge gestellt, denen vom Bundesasylamt auch stattgegeben worden war. Die entsprechenden Asylakten wurden skartiert.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX .03.200 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig am XXXX .04.200 XXXX , wurde dem Asylantrag der BF gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben, ihr in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die BF verfügt nicht über eine Aufenthaltsberechtigung in einem anderen Staat.

3. Die BF wurde in Österreich vier Mal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, und zwar

1) mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .06.201 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig seit XXXX .09.201 XXXX , wegen § 146 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je EUR 4,-- (insgesamt EUR 320,--), im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon wurde die Hälfte der Strafe bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren,

2) mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .10.201 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig seit XXXX .12.201 XXXX , wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je EUR 4,-- (insgesamt EUR 480,--), im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,

3) mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .10.201 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig seit XXXX .10.201 XXXX , wegen § 146 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je EUR 4,-- (insgesamt EUR 120,--), im Nichteinbringungsfall 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, sowie

4) mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .06.201 XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig seit XXXX .06.201 XXXX , wegen §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 erster Fall, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren.

Mit dem ersten Strafurteil vom XXXX .06.201 XXXX wurde die BF wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu der oben genannten Geldstrafe verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass die BF am XXXX .01.201 XXXX die Dienste eines Taxifahrers in Anspruch nahm, wobei sie ihm vortäuschte, ein zahlungsfähiger und -williger Fahrgast zu sein. Dies traf jedoch nicht zu und die BF verschwand bei Erreichen des Fahrzieles, ohne die Taxischuld von EUR 27,50 und die entstandene Standgebühr in Höhe von EUR 20,-- zu begleichen. Bei der Strafbemessung wurde nichts erschwerend gewertet, als mildernd wurden die bisherige Unbescholtenheit und das Geständnis gewertet. Die BF ist zur Hauptverhandlung unentschuldigt nicht erschienen, weshalb ein Abwesenheitsurteil gefällt wurde.

Mit dem zweiten Strafurteil vom XXXX 10.201 XXXX wurde die BF wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu der oben genannten Geldstrafe verurteilt. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass die BF am XXXX .01.201 XXXX in einem Lokal eine andere Frau traf, auf die sie schlecht zu sprechen war, weil diese kurze Zeit mit einem früheren Freund der BF liiert war. Die BF ging aus diesem Grund auf die Frau los und schlug ihr einmal in das Gesicht im Bereich des rechten Auges, erfasste sie daraufhin an den Haaren und riss sie dadurch zu Boden. Als die Frau am Boden lag, hat ihr die BF auch noch zumindest zwei Tritte gegen den Kopf versetzt. Die Frau erlitt dabei ein Hämatom und einen Kratzer am rechten Auge. Bei der Strafbemessung wurde nichts mildernd, aber auch nichts erschwerend gewertet, da die Vorstrafe der BF nicht einschlägig war. Von einem Widerruf der bedingten Strafnachsicht zum Urteil vom XXXX .06.201 XXXX wurde abgesehen, da die Vorverurteilung nicht einschlägig war und davon ausgegangen wurde, dass die nunmehr unbedingt verhängte Geldstrafe die BF von weiteren Straftaten abhalten würde. Die BF ist zur Hauptverhandlung unentschuldigt nicht erschienen, weshalb ein Abwesenheitsurteil gefällt wurde.

Mit dem dritten Strafurteil vom XXXX .10.201 XXXX wurde die BF wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB zu der oben genannten Geldstrafe verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass die BF am XXXX .06.201 XXXX durch Vortäuschen der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit einen Taxifahrer zur Durchführung einer Taxifahrt verleitete, wodurch dieser um EUR 6,-- geschädigt wurde. Als mildernd wurden dabei die Schadensgutmachung und das Geständnis gewertet, als erschwerend die einschlägige Vorstrafe.

Mit dem vierten Strafurteil vom XXXX .06.201 XXXX wurde die BF wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 erster Fall und 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB zu der oben genannten Freiheitsstrafe verurteilt. Dieser Verurteilung lag, wie sich aus dem Urteil ergibt, folgender Sachverhalt zugrunde: Die BF und das Tatopfer, ein Mann, lernten sich im Jahr 201 XXXX in XXXX kennen. Die Bekanntschaft entwickelte sich zu einer sexuellen Beziehung, zusammen gewohnt haben die beiden jedoch nie. Im Laufe der Zeit erfuhr die BF, dass der Mann über beträchtliche Vermögenswerte verfügte. Beginnend mit Spätsommer 201 XXXX ersuchte sie ihn wiederholt, ihr Geld zu geben, wozu sie jeweils mannigfaltige Argumente vorbrachte, wofür sie dieses brauchen würde (etwa für Zahnregulierungen, die sie aber nicht vornahm, für einen Reisepass und für ihre kranke Mutter, oder um bei Dritten Schulden zu tilgen). Dabei machte sie dem Mann nicht nur jeweils Hoffnung auf ein gemeinsames Zusammenleben, sondern sagte ihm jeweils auch wahrheitswidrig zu, sämtliche Geldbeträge zurückzuzahlen, täuschte somit ihre Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit vor. Um weitere Geldbeträge herauszulocken und um dem Opfer einen präsenten Deckungsfonds für die fortwährend anwachsende Darlehensschuld vorzutäuschen, erklärte ihm die BF wiederholt im gesamten Tatzeitraum, dass ihre Mutter im Kosovo ein großes Haus mit Grund geerbt habe und die BF ihm deshalb mehr als nur das geliehene Geld zurückgeben werde. Weiters erklärte sie, dass ihre Mutter das Haus zwischenzeitig um EUR 1.500.000,-- verkauft habe, es jedoch länger dauern würde, bis das Geld nach Österreich komme. Zu einem späteren Zeitpunkt behauptete sie, sie brauche für einen Anwalt EUR 100.000,-- in bar, um an das Geld auf dem Konto zu gelangen. Danach erläuterte sie wiederum, dass sich auf einem Konto EUR 2.500.000,-- befinden würden, ihre Mutter aber zuvor an ein Finanzamt im Kosovo EUR 50.000,-- bezahlen müsse, um das Konto freizugeben. Um diese wahrheitswidrigen Behauptungen zu untermauern, legte sie dem Opfer Mitte Juni 201 XXXX ein Schreiben der „Sparkasse XXXX “ sowie einen Bankauszug, lautend auf ein nicht existentes Konto mit einer nicht existenten Bankleitzahl und einen vermeintlichen Kontostand von EUR 2.500.000,--, vor. Bei beiden Urkunden handelte es sich um Totalfälschungen, was die BF auch wusste. Im Tatzeitraum zwischen XXXX .09.201 XXXX und XXXX .07.201 XXXX übergab bzw. überwies das Opfer der BF insgesamt einen Geldbetrag von zumindest EUR 2.000.000,-- in vielen Teilbeträgen. Dies tat er nur, da er auf die wiederholte wahrheitswidrige Zusicherung der Rückzahlung durch die BF vertraute. Die BF hatte nie vor, das Geld zurückzubezahlen und hätte dies auch aufgrund ihrer desaströsen finanziellen Verhältnisse nicht gekonnt, was sie auch wusste. Die BF handelte von Anfang an mit dem Vorsatz, sich in möglichst großem Ausmaß unrechtmäßig zu bereichern, und mit der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien über mehrere Jahre hindurch ein beträchtliches, monatlich weit EUR 400,-- übersteigendes Einkommen zu verschaffen. Das Strafgericht wertete als mildernd, dass Taten „teilweise im Verhältnis §§ 31, 40 StGB“ (Verhängung einer Zusatzstrafe bei nachträglicher Verurteilung, Anm.) zu vorangegangenen Verurteilungen standen. Erschwerend wirkten sich hingegen zwei einschlägige Vorstrafen, die teilweise Begehung während anhängigem Strafverfahren, der sehr lange Tatzeitraum, die Tatwiederholungen über die Gewerbsmäßigkeit hinaus, die mehrfache Überschreitung der Wertgrenze, die mehrfache Qualifikation sowie auch das Ausnützen der Leichtgläubigkeit des Opfers aus.

4. Die BF hat ihre Haftstrafe am XXXX .10.201 XXXX angetreten und befindet sich seither in Haft, zunächst in der Justizanstalt XXXX und seit XXXX .11.201 XXXX in der Justizanstalt XXXX . Sie wird voraussichtlich am XXXX 10.202 XXXX entlassen.

5. Von der Staatsanwaltschaft XXXX wurde gegen die BF unter do. Zl. XXXX wegen §§ 127 und 146 StGB wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen eine weitere Anklage erhoben. Das entsprechende Verfahren ist zum Entscheidungszeitpunkt noch offen, ein Verhandlungstermin ist nicht festgelegt.

6. Im Falle der BF kann keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Ein Unrechtsbewußtsein hinsichtlich der ihrer Haftstrafe zugrundeliegenden strafgerichtlichen Verurteilung besteht nicht. Der weitere Aufenthalt der BF im Bundesgebiet stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

7. Die BF wurde in XXXX in der heutigen Republik Kosovo geboren. Sie hat mit ihren Eltern und Geschwistern zunächst dort und später, einige Jahre vor ihrer Ausreise nach Österreich, in XXXX in Montenegro gelebt. Sie hat weder eine schulische Ausbildung noch eine Berufsausbildung abgeschlossen. Im Jahr 200 XXXX lebten die Großeltern der BF mütterlicherseits, fünf Onkel und vier Tanten in Maznik, Gemeinde Decan, Kososvo.

8. Im Herkunftsstaat verfügt die BF aufgrund der dort lebenden Verwandten über familiäre Anknüpfungspunkte. Festgestellt wird auch, dass die BF Kontakt zu Freunden ihres Bruders oder zu ihm selbst in Kosovo hat.

9. Ein konkreter Anlass, dass die Aberkennung des der BF in Österreich gewährten Asylstatus und deren Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo unzulässig wären, kann nicht festgestellt werden.

10. Es steht fest, dass der BF nach ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgungsgefahr droht. Die BF wäre im Fall der Rückkehr in den Kosovo nicht in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.

11. Zur Sicherheitslage in Kosovo wird festgestellt, dass sich ethnische Spannungen im Wesentlichen auf die Beziehungen zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit konzentrieren. Mit Ausnahme des Nordkosovo, wo isolierte sicherheitsrelevante Vorkommnisse, die die allgemeine Bewegungsfreiheit einschränken können, nicht ausgeschlossen werden können, gilt die Sicherheitslage allgemein entspannt.

In Pristina und anderen Städten des Landes kann es gelegentlich zu Demonstrationen und damit zu einer Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit kommen. In allen anderen Landesteilen Kosovos ist die Lage grundsätzlich ruhig und stabil.

Eine Studie des angesehenen Kosovo Center for Security Studies zum Sicherheitsgefühl der Kosovaren aus dem Jahr 2018 ergab, dass sich 85,5% der Befragten in ihrem Zuhause (Wohnung, Haus), 78,8% in ihrer Stadt und 52,4% im Kosovo sicher fühlten. Albanische und nicht-serbische Minderheitenangehörige fühlen sich im Kosovo sicherer als Serben (KCSS 7.2019).

12. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Das Warenangebot entspricht in der Auswahl (nicht immer in der Qualität) westeuropäischen Standards. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Sozialleistungen reichen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Das wirtschaftliche Überleben sichert in der Regel zum einen der Zusammenhalt der Familien, zum anderen die im Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft.

Die Leistungsgewährung von staatlichen Sozialhilfeleistungen für bedürftige Personen erfolgt auf Grundlage des Gesetzes No. 2003/15. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Soziales. Die Freizügigkeit wird für Sozialhilfeempfänger nicht eingeschränkt. Für den weiteren Sozialhilfebezug ist in der Kommune des neuen Wohnortes ein entsprechender Antrag zu stellen. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau.

13. Die meisten europäischen Staaten haben mit Kosovo bilaterale Rückübernahmeabkommen abgeschlossen. Diese Rückübernahmeabkommen werden problemlos implementiert.

Das kosovarische Innenministerium prüft vor seiner Zustimmung zu einer Rückführung aus Drittstaaten anhand von Dokumenten, bestehenden Registereinträgen und/oder Zeugenaussagen die Herkunft einer Person aus Kosovo und das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 32 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes für die kosovarische Staatsangehörigkeit. Daher ist davon auszugehen, dass in Rückführungsfällen die formellen Voraussetzungen für die Registrierung als „Resident of Kosovo“ erfüllt werden. Probleme entstehen für Eltern bei der Registrierung von im Ausland geborenen Kindern, wenn lediglich Geburtsanzeigen vorgelegt werden können, weil Standesämter mangels fehlender Identitätsdokumente der Eltern keine Geburtsurkunden ausstellen können. Seit Mai 2010 hat die kosovarische Regierung Strategien für die Reintegration von Rückkehrern verabschiedet.

Geleitet wird der gesamte Reintegrationsprozess von der Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern im kosovarischen Innenministerium. Für diese Abteilung arbeiten u.a. sechs sogenannte Regionalkoordinatoren, die dezentral in den größeren Gemeinden des Kosovo (auch Nord-Mitrovica) tätig sind und als Ansprechpartner für die in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (Municipal Office for Communities and Return, MOCR) fungieren sollen sowie auch Mitglieder der kommunalen Ausschüsse für Reintegration (Municipal Committees for Reintegration, MCR) sind. Zu den Aufgaben der Regionalkoordinatoren gehört auch ein Monitoring der MOCR und der MCR. Zudem können sie im Bereich der Wohnraumbeschaffung eigenständig tätig werden.

Die erste Kontaktaufnahme zu den Rückkehrern findet bereits unmittelbar nach deren Ankunft in einem eigenen Büro der „Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern“ [DRRP - Department for Reintegration of Repatriated Persons] im Flughafen Pristina statt. Falls erforderlich, werden Transport in die Heimatgemeinde oder eine befristete Unterkunft in einer Einrichtung in Pristina angeboten sowie Ansprechpartner in den Kommunen benannt. Im Bedarfsfall können individuelle medizinische Versorgungsmöglichkeiten über die Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern in Zusammenarbeit mit den kosovarischen Behörden organisiert werden.

14. Ein konkreter Anlass, dass die Aberkennung des der BF in Österreich gewährten Asylstatus und deren Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo unzulässig wäre, kann nicht festgestellt werden. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass die BF nach ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen aus den Motiven des Art. 3 EMRK ausgesetzt oder ssie dort in eine die Existenz bedrohenden Situation kommen könnte.

15. Es liegen keine stichhaltigen Gründe vor, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen und werden solche auch nicht vorgebracht. Die Grundversorgung im Herkunftsstaat der BF ist gesichert und der Bezug von Sozialleistungen ist möglich.

Die Republik Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig und steht nicht in ärztlicher Behandlung.

16. Die BF hält sich seit ihrer Einreise im Jahr 200 XXXX durchgehend in Österreich auf.

Die BF war mit dem kosovarischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX .01.198 XXXX , verheiratet und ist von diesem seit 2 Jahren geschieden. Seit 10 Jahren besteht kein Kontakt zu ihm. Er wurde in den Kosovo abgeschoben.

17. Die BF hatte später einen Lebensgefährten namens XXXX , ebenfalls ein kosovarischer Staatsangehöriger, geb. XXXX .03.198 XXXX . Dieser Lebensgefährte ist der leibliche Vater der beiden minderjährigen Töchter, XXXX , geb. XXXX .07.201 XXXX , und XXXX , geb. XXXX .11.201 XXXX . Die BF lebte mit ihm über mehrere Jahre in einer Lebensgemeinschaft, dies vorerst noch während aufrechter Ehe mit XXXX , der sie aber kurz nach der Eheschließung verlassen hatte und von dem sie letztlich 2018 geschieden worden war. Die BF wohnte mit dem genannten Lebensgefährten seit XXXX .06.201 XXXX in einem gemeinsamen Haushalt. Er wurde Ende August 201 XXXX in den Kosovo abgeschoben, sein Einreiseverbot ist bis XXXX .09.202 XXXX aufrecht. Zu ihm besteht seit dessen Abschiebung in den Kosovo kein Kontakt.

18. Die beiden minderjährigen Töchter wurden im Rahmen einer Gefahr-im-Verzug-Maßnahme am XXXX .07.201 XXXX fremduntergebracht und leben seitdem in einem SOS-Kinderdorf.

Mit Antrag vom XXXX .07.201 XXXX an das zuständige Pflegschaftsgericht gab der Kinder- und Jugendhilfeträger bekannt, am XXXX .07.201 XXXX eine Maßnahme im Sinne des § 211 Abs. 1 2. Satz ABGB (bei Gefahr im Verzug kann der Kinder- und Jugendhilfeträger die erforderlichen Maßnahmen der Pflege und Erziehung vorläufig bis zur gerichtlichen Entscheidung selbst treffen, er hat diese Entscheidung binnen acht Tagen zu beantragen) getroffen und die beiden Minderjährigen in einer Krisengruppe eines SOS-Kinderdorfes untergebracht zu haben, und beantragte die vorläufige und endgültige Obsorgeübertragung auf den Kinder- und Jugendhilfeträger. Dies wurde damit begründet, dass die BF ihre Obsorge während der Haft nicht ausüben könne, und die von ihr vorgeschlagene Alternative, nämlich eine Betreuung der Kinder durch die Mutter der BF, sei nicht zum Wohl der Kinder, da die Mutter der BF selbst mit ihrer eigenen Kernfamilie, insbesondere den beiden eigenen noch minderjährigen Kindern, ausreichend gefordert bzw. überfordert sei.

19. Diesem Antrag waren verschiedene Vorfälle vorangegangen. Beginnend mit einer Wegweisung des Lebensgefährten der BF aus der Wohnung Anfang des Jahres 201 XXXX wurde die BF immer wieder von der Kinder- und Jugendhilfe unterstützt.

Die BF war Mitte August 201 XXXX elf Tage nicht auffindbar und hatte ihre Töchter in der Wohnung bei ihrem Lebensgefährten zurückgelassen, der hierauf den Kontakt mit der Kinder- und Jugendhilfe bzw. dem Gericht suchte.

Die BF befand sich in diesem Zeitraum nach eigenen Angaben zusammen mit jenem Mann, den sie laut ihrer vierten strafgerichtlicher Verurteilung betrogen hat, in Tschechien um dort in Casinos zu spielen.

20. Nach der Ausreise des Lebensgefährten kam es Anfang März 201 XXXX zu einer Delogierung der BF und ihrer Töchter, woraufhin sie in die Wohnung der Eltern der BF übersiedelten. In dieser Wohnung lebten zeitweise auch noch die erwachsenen Geschwister der BF.

Dort kam es jedoch zu Streitigkeiten und die BF übersiedelte kurzfristig im Juli 201 XXXX - unter Zurücklassung der Kinder bei deren Großeltern - zu einem vorbestraften Bekannten. Bei einem Hausbesuch des Kinder- und Jugendhilfeträgers am XXXX .07.201 XXXX sollte die Situation anlässlich des bevorstehenden Haftantritts der BF besprochen werden. Aufgrund verschiedener Faktoren (Umzug der BF zu dem Bekannten, problematische Lage mit den erwachsenen Geschwistern der BF, Eskalation der Situation und Verdacht strafbarer Handlungen kam es dann zur Unterbringung der Töchter der BF im Kinderdorf.

Die beiden Töchter der BF weisen teilweise gravierende Entwicklungsverzögerungen auf und benötigen Förderung und Therapien.

Die BF hat einer freiwilligen Unterbringung ihrer Töchter nicht zugestimmt.

21. Die Obsorge für die beiden Töchter wurde der BF schließlich mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .11.201 XXXX , Zl. XXXX , entzogen und mit der Obsorge wurde der Kinder- und Jugendhilfeträger des Landes XXXX , vertreten durch die BH XXXX , zur Gänze betraut. Vor ihrem Haftantritt durfte die BF ihre Kinder einmal in der Woche für eineinhalb Stunden im Kinderdorf besuchen. Seit ihrem Haftantritt hat die BF über Video Kontakt mit den Kindern.

Eine sofortige Übertragung der Obsorge an die BF nach deren Haftentlassung ist derzeit nicht wahrscheinlich.

22. In Österreich leben die Eltern der BF, beide sind anerkannte Flüchtlinge und inzwischen österreichische Staatsbürger. Die Mutter der BF ist berufstätig. Weiters leben hier die meisten Geschwister der BF.

Die BF hat vier Schwestern und drei Brüder. Dies sind einerseits zwei noch minderjährige Geschwister, eine Schwester und ein Bruder, die bei den Eltern der BF leben und eine Neue Mittelschule besuchen. Die drei volljährigen Schwestern der BF leben mittlerweile in eigenen Wohnungen. Ein volljähriger Bruder der BF, XXXX , ist aufgrund von Suchtmitteldelikten mehrfach vorbestraft und ist derzeit wegen Vergewaltigung in Österreich inhaftiert. Einem weiteren volljährigen Bruder der BF, XXXX , geb. am XXXX .05.198 XXXX , wurde der Status des Asylberechtigten aberkannt und er ist am XXXX .12.201 XXXX in den Kosovo ausgereist. In Österreich lebt noch ein Onkel der BF.

23. Ein Abhängigkeitsverhältnis zu den in Österreich aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen der BF bestand bis zum Antritt der Strafhaft dahingehend, als diese aus finanziellen Gründen bei ihren Eltern wohnte.

Ein Abhängigkeitsverhältnis aus gesundheitlichen oder anderen Gründen bestand oder besteht nicht.

Die Beziehung zu ihren Familienangehörigen (Eltern, Geschwistern) kann auch vom Kosovo aus über Telefon und Internet aufrechterhalten werden.

24. Die BF war - nach dem Wechsel ihres Wohnortes von XXXX nach XXXX – von XXXX .11.201 XXXX bis XXXX .12.201 XXXX behördlich bei ihren Eltern gemeldet.

Von XXXX .12.201 XXXX bis zu ihrer Delogierung am XXXX .05.201 XXXX war die BF an der Adresse XXXX gemeldet. An dieser Adresse lebte sie zusammen mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten und Vater der beiden Kinder.

Seiher ist die BF wiederum bei ihren Eltern behördlich gemeldet, wohin die BF nach ihrer Haft zurückkehren kann.

25. Festgestellt wird, dass die BF seit 201 XXXX keiner Beschäftigung nachgegangen ist. Sie hat lediglich Notstandshilfe, Kinderbetreuungsgeld und bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen und hat kein Vermögen. Sie war davo lediglich kurzfrist als Reinigungskraft beschäftigt.

26. Die BF lebt in keiner Lebensgemeinschaft. Es besteht eine lose Beziehung zu einem österreichischen Staatsbürger, der die BF am XXXX .10.201 XXXX , XXXX .10.201 XXXX , XXXX .10.21 XXXX , XXXX .11.201 XXXX , XXXX .11.201 XXXX , XXXX .01.202 XXXX und am XXXX .08.202 XXXX , sohin insgesamt 7 mal, in der Justizanstalt besucht hat. Video-Kontakte während der Coronabedingten Einschränkungen der physischen Besuchsmöglichkeiten in der Haftanstalt gab es keine.

Ein gemeinsamer Haushalt zwischen diesem Bekannten der BF und dieser selbst bestand bzw. besteht nicht. Es wurden auch keine wirtschaftlichen Anschaffungen im Hinblick auf die beabsichtigte Gründung eines solchen getätigt.

27. Festgestellt wird, dass die BF im Zeitraum XXXX .10.201 XXXX bis XXXX .08.202 XXXX sieben mal von ihrer Mutter XXXX , fünf mal von ihrem Vater XXXX , fünzehn mal von ihrer Schwester XXXX , vier mal von ihrer Schwester XXXX , zwei mal von ihrer Schwester XXXX , sowie ein mal von ihrer Schwester XXXX in der Haftanstalt besucht wurde.

Vier mal bestand ein Videokontakt zu ihren Töchtern.

Weitere Besuche aus der Verwandtschaft der BF entfallen auf Herrn XXXX (zwölf Mal) und Herrn XXXX (ein Mal).

Sieben weitere Besuche entfallen auf fünf Personen aus dem Bekanntenkreis.

28. Sie hat Kenntnisse der deutschen Sprache, die es ihr ermöglichen eine Konversation auf einfachen Niveau zu führen. Ansonsten konnten jedoch keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer tiefgreifenden Integration der BF in Österreich, insbesondere in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, festgestellt werden.

Die BF hat in Österreich einen Freundeskreis. Gemeinsame Aktivitäten beschränken sich auf gemeinsames Kochen mit den Mitgliedern deren Familien.

Eine Mitgliedschaft zu einem Verein respektive das Ausüben einer ehrenamtlichen Tätigkeit besteht nicht.

2. Beweiswürdigung:

1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde, in die vorgelegten Unterlagen sowie in den diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderbericht. Ergänzend wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister und der Grundversorgung sowie der Besucherliste der BF aus der Justizanstalt XXXX zum vorliegenden Akt eingeholt.

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Die Identität der BF wurde vom BFA und von den österreichischen Strafbehörden festgestellt und es sind während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet keine Zweifel an ihrer Identität entstanden.

Nicht einheitlich sind die Informationen zur Staatsangehörigkeit der BF im vorliegenden Akt des BFA. Es scheinen u.a. die Staatsbürgerschaften Serbien Montenegro – Provinz Kosovo, Serbien und Kosovo auf. In den ersten beiden Strafurteilen vom XXXX .06.201 XXXX und vom XXXX 10.201 XXXX wird von der BF sogar als österreichische Staatsangehörige gesprochen, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt die BF jedoch zweifelsohne nicht und wurde dies auch nicht behauptet. Das BFA hat sich im angefochtenen Bescheid unter Heranziehung zweier Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation des BFA näher mit der Staatsangehörigkeit der BF befasst und ist zu dem Schluss gekommen, dass die BF Staatsangehörige des Kosovo ist. Die Ausführungen des BFA sind nachvollziehbar und das Bundesverwaltungsgericht schließt sich diesen an, zumal die BF in der mündlichen Verhandlung selbst das Vorliegen der kosovarischen Staatsbürgerschaft angegeben hat.

Die Feststellungen zu Volksgruppe, Bekenntnis und Muttersprache der BF ergeben sich aus ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung.

3. Die Feststellungen zur Einreise nach Österreich und zum damaligen Asylverfahren der BF und ihrer Eltern (Antragstellung, Zuerkennung von Asyl durch das BFA) ergeben sich aus dem Akt des BFA und dabei insbesondere aus dem Zuerkennungsbescheid des BFA betreffend die BF vom XXXX .03.200 XXXX .

Dass die BF nicht über eine Aufenthaltsberechtigung in einem anderen Staat verfügt, hat ihr Rechtsvertreter in der Stellungnahme vom XXXX .09.201 XXXX angegeben.

4. Die Feststellungen zu den rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen der BF basieren auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie auf den vollständig im Akt einliegenden jeweiligen Strafurteilen.

5. Das Datum des Haftantrittes der BF und ihr Aufenthalt in den näher bezeichneten Justizanstalten ergeben sich aus den im Akt befindlichen Vollzugsinformationen sowie auch aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Das Datum der voraussichtlichen Haftentlassung ergibt sich ebenfalls aus den Vollzugsinformationen.

6. Dass gegen die BF eine weitere Anklage wegen §§ 127 und 146 StGB erhoben wurde ergibt sich aus der im Verfahrensakt einliegenden Mitteilung der Staatsanwaltschaft XXXX , der noch nicht vorliegende Verhandlungstermin aus einer amtlicherseits eingeholten Auskunft bei der Anklagebehörde.

7. Bezüglich der Zukunftsprognose und der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die BF und des Nichtvorliegens einer Verfolgungsgefahr sowie einer Rückkehrgefährdung wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen. Dass die BF kein Unrechtsbewußtsein – entgegen ihrem diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerde -hinsichtlich der ihrer Haftstarfe zugrundeliegenden Straftat entwickelt hat, gründet darin, dass diese das Begehen der festgestellten Straftat gegenüber derm erkennenden Gericht leugnet.

8. Die Unglaubwürdigkeit der BF in deren Aussagen zeigt sich auch darin, dass nach deren Angaben in der Verhandlung lediglich die Eltern Kenntnis vom Haftaufenthalt hätten. Dies steht im Widerspruch zu den in der Besucherliste der Justizanstalt dokumentierten Besuchen, wonach neben 22 Besuchen von vier Geschwistern auch 20 Besuche von sieben Verwandten und Bekannten aufscheinen.

9. Die Feststellungen zur Herkunft der BF, ihrem Leben im Herkunftsstaat bzw. in Montenegro sowie zu ihrer Schulbildung und Berufserfahrung und ihren persönlichen und familiären Verhältnissen und dem Aufenthalt ihrer Familienangehörigen beruhen auf ihren schriftlichen Stellungnahmen während des Verfahrens und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

10. Dass nach wie vor Verwandte der BF in Kosovo leben, ergibt sich aus den - im Einvernahmeprotokoll zum Asylverfahren der Mutter der BF – im Jahr 200 XXXX protokollierten Angaben. Zum damaligen Zeitpunkt lebten sowohl die Eltern der BF-Mutter, als auch fünf Brüder und vier Schwestern der BF-Mutter in Kosovo.

Vor dem Hintergrund, wonach die BF in der mündlichen Verhandlung angab, dass – abseits von Österreich - keine Verwandten in einem anderen EU-Staat leben würden und auch keine Familienangehörigen in Kosovo leben würden, würde dies im Umkehrschluss bedeuten, dass binnen der letzten 15 Jahre sowohl die Großeltern mütterlicherseits, als auch neun Geschwister ihrer Mutter samt etwaiger Ehepartner und Kinder verstorben wären.

Im gesamten Verfahren sind keinerlei Hinweise zu Tage getreten, dass auch nur einige der zuvor genannten Personen in Kososvo verstorben sind. Angesichts des Umstandes, dass die Mutter der BF am XXXX .01.196 XXXX geboren wurde, und sohin zumindest das Lebensalter deren neun Geschwister der Wahrscheinlichkeit eines Ablebens derer aller entgensteht, ist die Annahme, dass die BF über Verwandte in ihrem Herkunftsstaat verfügt, daher als erwiesen anzunehmen. Dieser Feststellung wohnt gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine dermaßen überragende Wahrscheinlichkeit inne, dass eine andere Annahme mit größter Wahrscheinlichkeit auszuschliessen ist.

Diese Annahme wird zudem durch die Feststellung des Bezirksgerichtes XXXX im Obsorgebeschluss betreffend die minderjährigen Kinder der BF gestärkt, wonach die väterlichen Großeltern in Kosovo leben (S. 7).

Den Aussagen der BF, wonach sie in Kosovo keine Verwandten habe, kann der erkennende Richter sohin keinen Glauben schenken, zumal sie auch an anderer Stelle der Befragung ein unglaubwürdiges Aussageverhalten zeigte.

11. So sind auch die Aussagen der BF betreffend das Wissen um den Aufenthalstort ihres Bruders nach dessen Abschiebung in den Kosovo widersprüchlich und wenig glaubhaft. Gibt die BF an, dass niemand wisse, wo sich ihr Bruder in Kosovo aufhalte, so weiss sie jedoch, dass dieser dort nicht gemeldet ist und dass weder die Behörden, noch seine Freunde wissen würden wo er sich aufhalte. Wenn Sie gibt angibt, dass „die Freunde …. ihn nur zwei Tage gesehen (haben)“ und dass diese Freunde ihren Bruder „vom Flughafen … in Kosovo (abholten)“, so handelt es sich hierbei um ein Wissen, das einen bestehenden Kontakt mit den Freunden des Bruders oder ihm selbst bedingt.

12. Dass es sich bei der Republik Kosovo um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, ergibt sich aus § 1 Zif 2 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten auf Basis des § 19 Abs. 5 Zif 2 BFA-VG als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019).

Der Zugang zu einer Grundversorgung, die Möglichkeit zum Bezug von Sozialleistungen sowie der Sicherheitslage ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand 11.05.2020) zum Kosovo, das der BF im Zuge der Anberaumung der mündlichen Verhandlung zur allfälligen Stellungnahme übermittelt wurde. Dieses wurde weder beeinsprucht, noch wurde ein Vorbringen zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation erstattet.

13. Eine drohende Verfolgung noch anderweitige Gründe, die einer Rückkehr der BF in den Kosovo entgegenstehen, wurden weder im Verfahren vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht. Die BF schließt selbst die Möglichkeit eines Neuanfangs in Kosovo, nicht aus, wenn ihr eine Wohnmöglichkeit geboten würde.

14. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF sowie zu ihrer Arbeitsfähigkeit ergeben sich aus ihren Angaben während des Verfahrens. Vorliegende Krankheiten, notwendige Therapien oder eine allfällige Arbeitsunfähigkeit wurden zu keinem Zeitpunkt vorgebracht. Die BF arbeitet auch während ihres Haftaufenthaltes.

15. Die Feststellungen zu den familiären und persönlichen Verhältnissen der BF in Österreich, vor allem betreffend ihren Ex-Mann und ihren früheren Lebensgefährten, ergeben sich aus ihren Angaben während des Verfahrens und in der mündlichen Verhandlung, aus dem Obsorgebeschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .11.201 XXXX , Zl. XXXX , sowie aus dem vorgelegten Verfahrensakt.

Dass dieser Lebensgefährte der leibliche Vater der beiden Töchter ist, ergibt sich aus dem zuvor genannten Obsorgebeschluss der dem Bundesverwaltungsgericht in vollständiger Form vorliegt (übermittelt vom Rechtsvertreter der BF).

Die Feststellungen zu den Töchtern der BF und zur Beziehung der BF zu ihren Töchtern, insbesondere auch zur Unterbringung der Töchter in einem Kinderdorf und den vorangegangenen Vorfällen und der Vorgeschichte, zum Entzug der Obsorge und zu den Besuchskontakten sowie zur bestehenden Entwicklungsverzögerung, ergeben sich aus dem Akteninhalt, dabei besonders aus dem Obsorgebeschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .11.201 XXXX , Zl. XXXX , den E-Mails und Stellungnahmen des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers (vgl. etwa OZ 4 des Gerichtsaktes) und aus den Angaben der BF, insbesondere in der mündlichen Verhandlung.

16. Dass die BF die Kinder im August 201 XXXX im Alter von fünf Jahren bzw. 10 Monaten 11 Tage allein beim Kindesvater (gegen den Anfang 201 XXXX eine Wegweisung aus der gemeinsamen Wohnung ausgesprochen wurde) zurückgelassen hat und die BF 11 Tage für die Kinder und den Kindesvater nicht erreichbar gewesen war, ergibt sich aus dem oa. Obsorgebeschluss (S.3) und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung, wonach die BF nach Streitigkeiten im Juli 201 XXXX - unter Zurücklassung der Kinder bei deren Großeltern - kurzfristig zu einem vorbestraften Bekannten übersiedelte, gründet im Sachverhalt des oa. Obsorgebeschlusses. Ebenfalls die Gründe, die für die Unterbringung der Kinder im Kinderdorf, den Entzug der Obsorge sowie die Besuchsmodalitäten maßgeblich waren.

Wenn die BF in der mündlichen Verhandlung angibt, lediglich einen Tag bei einem befreundeten Ehepaar verbracht zu haben um dort einen Geburtstag zu feiern, so ist dies vor den Feststellungen des zuständigen Pflegschaftsgerichtes nicht glaubhaft.

Dass eine sofortige Übertragung der Obsorge an die BF nach deren Haftentlassung zum Entscheidungszeitpunkt nicht wahrscheinlich ist, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen des Rechtsvertreters der BF in der Verhandlung vor dem BVwG.

17. Die Feststellungen zu den weiteren Familienangehörigen der BF in Österreich ergeben sich aus den Angaben der BF während des Verfahrens und in der mündlichen Verhandlung sowie dem Obsorgebeschluss betreffend die Kinder der BF. Die Asylaberkennung betreffend den Bruder der BF ergibt sich aus den Angaben der BF in der Verhandlung über dessen Abschiebung in den Kosovo und deckt sich mit den Angaben zu dessen Ausreise aus dem Bundesgebiet im Verfahrensakt.

18. Ein festgestelltes Abhängigkeitsverhältnis der BF von deren Eltern ergibt sich aus der finanziellen Situation der BF, die mangels einer Erwerbstätigkeit in den vergangenen 5 Jahren über kein ausreichendes Einkommen verfügte um sich eine eigene Wohnung zu finanzieren. Anhaltspunkte für anderweitige Abhängigkeitsverhältnisse sind im Verfahren weder hervorgekommen noch wurden solche behauptet. Die Feststellungen zur Einkommens- und Vermögenssituation der BF ergeben sich aus den Informationen im Akt des BFA (etwa einem eingeholten Auszug aus den Sozialversicherungsdaten) und aus den eigenen Angaben der BF.

19. Die Feststellungen betreffen die Unterkünfte der BF gründen in einer Abfrage des Zentralen Melderegister und den von ihr getätigten Angaben in der Verhandlung.

20. Die Feststellung, wonach die BF in keiner Lebensgemeinschaft lebt, gründet in deren Aussage in der Verhandlung sowie in der Befragung des von der BF namhaft gemachten Zeugen. Die Aussage des Zeugen, wonach die BF dessen Freundin sei, ändert an dieser Feststellung nichts. Weder wohnte dieser jemals mit der BF in einem gemeinsamen Haushalt, noch wurden gemeinsame wirtschaftliche Anschaffungen im Hinblick auf die Gründung eines solchen nach deren Haftende getätigt. Auch haben sich keine Hinweise auf eine relevante Intensität der Beziehung zwischen dem Zeugen und der BF ergeben.

Kennen sich der Zeuge und die BF nach dessen Angaben in der Verhandlung ca. 1 ½ Jahre (sohin seit ca. März 2019) und haben sie sich (vor Haftantritt der BF) drei bis viermal wöchentlich gesehen, so steht dieser Aussage die Angabe der BF entgegen, dass sie jene Person, mit der sie nach Haftende zusammenleben möchte, noch nicht so gut kennen würde. Zwar hat der Zeuge die BF seit deren Haftantritt sechs mal vor Inkrafttreten des coronabedingten physischen Besuchsverbotes besucht. Nach Aufhebung desselben ist jedoch lediglich ein physischer Besuch in der Besucherliste der Justizanstaltdokumentiert. Ein Kontakt über Videoschaltung fand zu keiner Zeit statt.

21. Die Feststellungen hinsichtlich der weiteren Personen, die die BF in der Justizanstalt bis zum Entscheidungszeitpunkt besucht haben bzw. mit denen die BF über Videoschaltung Kontakt hatte, gründet ebenfalls in der von der Justizanstalt eingeholten Besucherliste.

22. Die festgestellten Kenntnisse der deutschen Sprache ergeben sich aus dem Verfahrensakt sowie der mündlichen Verhandlung. Das Fehlen von maßgeblichen Integrationsschritten in gesellschaftlicher Hinsicht gründet in den diesbezüglichen Ausführungen der BF in der Verhandlung, jene hinsichtlich des Fehlens einer beruflichen Integration auf den amtlicherseits eingeholten Versicherungsdaten und ebenfalls auf den diesbezüglichen Angaben der BF in der Verhandlung.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche – zulässige und rechtzeitige – Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2.    Zu A)

Zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

1. Gemäß § 75 Abs. 5 AsylG 2005 gilt einem Fremden, dem am oder nach dem 31.12.2005 die Flüchtlingseigenschaft nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 oder früheren asylrechtlichen Vorschriften zugekommen ist oder zuerkannt wurde, soweit es zu keiner Aberkennung oder keinem Verlust der Flüchtlingseigenschaft gekommen ist, der Status des Asylberechtigten als zuerkannt.

Der mit „Aberkennung des Status des Asylberechtigten“ betitelte § 7 AsylG 2005 lautet:

㤠7. (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1.       ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2.       einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3.       der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Zif 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Zif 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Zif 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.

(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.

(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Zif 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Zif 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.“

2. Der mit „Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten“ betitelte § 6 AsylG 2005 lautet:

㤠6. (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn

1.       und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;

2.       einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;

3.       aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder

4.       er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt.“

3. Gemäß § 2 Abs. 3 AsylG 2005 ist ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt (Z 1), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 2).

4. Gemäß Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) darf kein vertragsschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.

Nach Art. 33 Abs. 2 GFK kann der Vorteil dieser Bestimmung jedoch von einem Flüchtling dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Flüchtling aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der Flüchtling, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet.

5. Die belangte Behörde stützte im gegenständlichen Fall die Aberkennung des der BF mit Bescheid vom XXXX .03.200 XXXX zuerkannten Status der Asylberechtigten auf die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 – sohin auf die Bestimmung, dass der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt. Konkret stützt sich das Bundesamt auf § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005, also darauf, dass die BF wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeute.

6. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa jüngst VwGH 29.08.2019 , Ra 2018/19/0522; 28.08.2019 , Ra 2019/14/0289, mwN) müssen für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss

1. ein besonders schweres Verbrechen verübt haben,

2. dafür rechtskräftig verurteilt worden,

3. sowie gemeingefährlich sein und

4. es müssen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen.

Unter den Begriff des „besonders schweren Verbrechens“ fallen nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch bereits festgehalten, dass es sich dabei um eine demonstrative und daher keineswegs abschließende Aufzählung von Delikten in Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 GFK handelt, was schon mit dem Hinweis „und dergleichen“ unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden sei.

Es genügt nicht, wenn ein abstrakt als „schwer“ einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, wobei unter anderem auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen und der Entscheidung eine Zukunftsprognose zugrunde zu legen ist. Bei der Beurteilung, ob ein „besonders schweres Verbrechen“ vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen. Lediglich in gravierenden Fällen schwerer Verbrechen ist bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose zulässig. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof schon zum Ausdruck gebracht, dass auch im Fall einer Vielzahl einschlägiger rechtskräftiger Verurteilungen und insofern verhängter, beträchtlicher und überwiegend unbedingter Freiheitsstrafen, verwirklichte Delikte in einer Gesamtbetrachtung als „besonders schweres Verbrechen“ qualifiziert werden können. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird allerdings auch betont, dass es auf die Strafdrohung allein bei der Beurteilung, ob ein „besonderes schweres Verbrechen“ vorliegt, nicht ankommt.

7. Im Erkenntnis vom 03.12.2002, 99/01/0449, führte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, wann ein „typischerweise schweres Verbrechen“ ausreichend sei, um „besonders schwer“ zu sein, „illustrativ“ an, dass etwa in der Bundesrepublik Deutschland für den auf Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall GFK bezogenen Tatbestand in § 51 Abs. 3 dAuslG das Erfordernis einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren normiert worden sei.

8. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde die BF in Österreich insgesamt viermal rechtskräftig verurteilt, davon dreimal zu einer Geldstrafe und einmal zu einer unbedingten Freiheitsstrafe.

Gegenständlich stellt sich insbesondere die Frage, ob es sich – konkret bei der jüngsten Verurteilung der BF vom XXXX .06.201 XXXX wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 erster Fall und 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren – um ein besonders schweres Verbrechen handelt.

9. Unter Beachtung der aufgestellten Vorgaben hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass etwa das Delikt des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls (§

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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