TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/23 W251 2213334-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.10.2020
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Entscheidungsdatum

23.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2213334-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018, Zl. 277643810 - 180956036, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des angefochtenen Bescheides wird abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Serbiens, reiste am 23.02.2004 nach Österreich ein. Er stellte am 04.03.2004 den Erstantrag auf Niederlassungsbewilligung begünstigter Drittstaatsangehöriger gemäß § 49 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 (FrG).

Am 17.03.2004 wurde dem Beschwerdeführer die Niederlassungsbewilligung „Begünstigter Drittstaatsangehöriger – Österreich“ gemäß § 49 Abs. 1 FrG gültig bis 17.03.2005 erteilt.

2. Die Niederlassungsbewilligung wurde aufgrund Verlängerungsanträgen des Beschwerdeführers zuletzt bis 10.02.2012 verlängert.

3. Am 01.04.2016 wurde der Beschwerdeführer von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Österreich betreten. Der Beschwerdeführer konnte im Zuge der Kontrolle keine Aufenthaltsbewilligung oder amtliche Legitimation vorweisen. Der Beschwerdeführer wurde wegen des Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthaltes gemäß §§ 120 Abs. 1a iVm 31 Abs. 1 FPG angezeigt.

Am 02.04.2016 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers statt. Der Beschwerdeführer gab im Wesentlichen an zuletzt am 08.12.2014 nach Österreich eingereist und seitdem hier aufhältig zu sein. Er wohne bei seiner Mutter und bestreite seinen Lebensunterhalt von deren Pension. Er wolle sich in Österreich integrieren und habe einen Deutschkurs besucht. Nach Vorhalt, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte und unverzüglich das Bundesgebiet zu verlassen habe, gab er an am Montag [Anm. BVwG: 04.04.2016] nach Serbien zurückzukehren.

4. Der Beschwerdeführer wurde am 05.06.2018 in der Wohnung seiner Mutter von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten und konnte keine Aufenthaltsbewilligung vorweisen. Der Beschwerdeführer gab nach Vorhalt der Rückkehrverpflichtung vom 02.04.2016 an, am 01.06.2016 wieder rechtswidrig nach Österreich eingereist und seither im Bundesgebiet aufhältig zu sein. Gegen den Beschwerdeführer wurde erneut wegen des Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthaltes gemäß §§ 120 Abs. 1a iVm 31 Abs. 1 FPG Anzeige erstattet.

5. Am 14.06.2018 begründete der Beschwerdeführer eine amtliche Meldung als Hauptwohnsitz in der Wohnung seiner Mutter.

6. Der Beschwerdeführer wurde mit Ladung vom 16.10.2018 vom Bundesamt für den 05.11.2018 geladen. Der Beschwerdeführer kam dieser Ladung unentschuldigt nicht nach.

7. Am 09.11.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Festnahme- sowie ein Durchsuchungsauftrag erlassen. Der Beschwerdeführer wurde aufgrund dessen am 14.11.2018 festgenommen und dem Bundesamt vorgeführt. Der Beschwerdeführer gab im Zuge der Einvernahme im Wesentlichen an, dass sich seine gesamte Familie in Österreich aufhalte, zumal seine Mutter seit 20 Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft besitze und sein Vater verstorben sei. Er habe versucht ein Visum zu bekommen, was jedoch nicht funktioniert habe. Seine Mutter sei krank und pflegebedürftig. Er lebe in Österreich von der Pension und Witwenrente seiner Mutter. In Serbien habe er nichts mehr, weil ihm nach dem Tod seines Vaters seine Tante das Haus, in dem er gelebt habe, weggenommen habe. Seine Tante, mit der er keinen Kontakt habe und zwei Cousins würden in Serbien leben. In Serbien könne er eventuell bei einem Freund wohnen.

Der Beschwerdeführer legte am 30.11.2018 dem Bundesamt eine Arztbestätigung vor, wonach die Mutter des Beschwerdeführers an XXXX mit XXXX leide. Sie sei nicht mehr in der Lage sich selbst zu versorgen. Zudem wurde eine Ambulanzkartei der XXXX Ambulanz vorgelegt aus der hervorgeht, dass die Mutter des Beschwerdeführers zum vereinbarten Termin nicht erschienen ist.

8. Mit angefochtenem Bescheid erteilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.), erließ gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es wurde dem Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer seit 2014, spätestens seit 2016, illegal in Österreich aufhalte. Ein Pflegebedarf seiner Mutter, welcher seine Anwesenheit im Bundesgebiet erfordere, habe nicht festgestellt werden können. Er verfüge in Österreich zudem weder über ein schützenswertes Familien- noch Privatleben, weshalb gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Dem Beschwerdeführer drohe durch die Abschiebung selbst oder in seinem Herkunftsland keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung. Der Beschwerdeführer verfüge über keinerlei Barmittel und gehe keiner legalen Beschäftigung nach. Es könne keine günstige Zukunftsprognose abgegeben werden und bestehe die unmittelbare Gefahr, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zur finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe. Zudem stelle der Verstoß des Beschwerdeführers gegen die österreichische Rechtsordnung (illegale Einreise, illegaler Aufenthalt, Verstoß gegen das Meldegesetz, bewusste Überschreitung des sichtvermerksfreien Zeitraumes, Untertauchen, Mittellosigkeit) eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen dar, weshalb die Erlassung eines Einreiseverbotes notwendig sei.

9. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass es das Bundesamt unterlassen habe auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers ausreichend einzugehen. Der Beschwerdeführer bereue seinen illegalen Aufenthalt in Österreich sehr. Er sei jedoch bewusst aufgrund der Krankheit seiner Mutter, die auf seine Hilfe angewiesen sei, in Österreich geblieben. Das Bundesamt sei unrichtigerweise davon ausgegangen, dass die in Österreich aufhältigen Familienangehörigen des Beschwerdeführers die Pflege seiner Mutter übernehmen könnten. Diese seien jedoch berufstätig, weshalb seine Mutter ausschließlich auf seine Unterstützung angewiesen sei. Das Bundesamt habe bei der Erlassung des Einreiseverbots willkürlich gehandelt, zumal es die Entscheidung nicht ausreichend begründet habe. Der Unterhalt des Beschwerdeführers sei durch seine Mutter gesichert. Der Beschwerdeführer sei unbescholten und könne aus seinem Gesamtverhalten keine Gefährlichkeit behauptet werden.

10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.0.2020 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Serbisch sowie im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

11. Mit Schreiben vom 01.07.2020 teilte der Beschwerdeführer mit sich beim Verein Menschenrechte Österreich betreffend eine freiwillige Rückkehr beraten lassen zu haben. Er habe sich derzeit noch nicht für eine freiwillige Rückkehr entschieden, weil seine Mutter am 28.07.2020 einen wichtigen Arzttermin habe zu dem er sie begleiten wolle. Danach werde er sich für die freiwillige Rückkehr melden. Er legte ärztliche Befunde seiner Mutter vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist serbischer Staatsangehöriger und spricht Serbisch als Muttersprache (AS 36, 85; Verhandlungsprotokoll vom 2.06.2020 = OZ 11, S. 4 f). Er verfügt über einen bis 29.10.2018 gültigen serbischen Reisepass (AS 85). Der Beschwerdeführer ist geschieden und hat keine Kinder (OZ 11, S. 6).

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX in Serbien geboren und ist in XXXX , einem Dorf in der Nähe von XXXX , in Serbien aufgewachsen (AS 36; OZ 11, S. 5 f, 8). Der Beschwerdeführer hat in Serbien 12 Jahre die Schule besucht und eine Ausbildung als Koch absolviert (OZ 11, S. 6). Er hat in Serbien ca. drei Jahre lang gearbeitet, zuletzt im Jahr 1995 oder 1996 (AS 127).

Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben (AS 126a; OZ 11, S. 8). Die Mutter des Beschwerdeführers lebt seit zumindest 13.01.1999 in Österreich (AS 11). Ihr wurde am 29.01.2004 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen (AS 44). Sie bezieht in Österreich monatlich zwischen € 1.180,00 und € 1.200,00 an (Witwen)Pension (AS 127; OZ 11, S. 9). Die Mutter des Beschwerdeführers wurde am 08.01.2020 als Fußgängerin beim Überqueren der Straße von einem PKW niedergestoßen und erlitt ein XXXX und multiple Frakturen (Beilage ./B und ./C). Am 18.02.2020 wurde eine XXXX bei der Mutter des Beschwerdeführers durchgeführt. Die Mutter des Beschwerdeführers leidet an einem und XXXX des XXXX ( XXXX ), an XXXX , an XXXX an XXXX , an XXXX XXXX ( XXXX ), an XXXX ( XXXX ), an XXXX ( XXXX ), an XXXX ( XXXX ), an XXXX ( XXXX ) sowie an XXXX (OZ 12). Die Mutter des Beschwerdeführers stellte am 26.05.2020 einen Antrag auf Zuerkennung von Pflegegeld (Beilage ./A). Die Mutter des Beschwerdeführers befand sich insgesamt von 08.01.2020 bis 02.04.2020 in stationärer Behandlung in verschiedenen Krankenhäusern (Beilage ./B). Von 02.04.2020 bis 15.05.2020 war sie auf der Akutgeriatrie Station B eines Krankenhauses in stationärer Behandlung (Beilage ./C) sowie von 15.05.2020 bis 10.06.2020 im neurologischen Rehabilitationszentrum stationär aufhältig (Beilage ./D und ./G). Die Mutter des Beschwerdeführers bedarf dreimal täglich einer Betreuung zuhause durch eine Heimhilfe zur Unterstützung bei der Körperpflege, dem WC-Transfer und der Inkontinenzversorgung. Eine Angehörigenschulung (des Sohnes) ist nicht erfolgt (Beilage ./G). Der spezifische Pflege-/Unterstützungsbedarf der Mutter des Beschwerdeführers kann nicht durch den Beschwerdeführer gedeckt werden.

Eine Cousine des Beschwerdeführers mütterlicherseits lebt in XXXX . Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder, eine ca. 27 Jahre alte Tochter und einen ca. 25-jährigen Sohn (OZ 11, S. 8 f). Sie arbeitet in Österreich – abgesehen von Zeiten während der COVID-19 Pandemie – als Reinigungskraft. Ihr Sohn hat in Österreich studiert und arbeitet als Bauingenieur und reist sehr viel innerhalb Österreichs. Die Tochter der Cousine des Beschwerdeführers arbeitet in Österreich als Kindergärtnerin. Die Cousine des Beschwerdeführers unterstützt ihren Ehemann, der drei Herzoperationen hinter sich hat, und betreut zeitweise ihre zwei Enkelkinder (OZ 11, S. 10 f). Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Cousine.

Der Onkel des Beschwerdeführers mütterlicherseits lebte lange Zeit in Österreich und wohnt nunmehr in XXXX , in Serbien, in einer Eigentumswohnung (OZ 11, S. 8). Der Beschwerdeführer hat diesen in Österreich im Alltag durch die Erledigung von Einkäufen unterstützt (OZ 11, S. 6, 12). Der Beschwerdeführer hat ein gutes Verhältnis zu seinem Onkel. Der Beschwerdeführer hat (über seine in Österreich lebende Cousine) regelmäßig Kontakt zu seinem Onkel in Serbien.

Eine Cousine des Beschwerdeführers mütterlicherseits lebt samt ihren zwei Söhnen in Italien (OZ 11, S. 8). Die zwei Söhne der Cousine des Beschwerdeführers unterstützten den Onkel des Beschwerdeführers mütterlicherseits abwechselnd am Wochenende in Serbien (OZ 11, S. 13).

Die Tante des Beschwerdeführers väterlicherseits lebt in Serbien. Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt zu dieser (AS 127).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Er ist gesund und arbeitsfähig (OZ 11, S. 10).

1.2. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

1.2.1. Der Beschwerdeführer reiste erstmals im Jahr 1976 nach Österreich ein. Er hielt sich 1976 sowie in den darauffolgenden Jahren in den Ferien für drei Monate in Österreich auf (OZ 11, S. 6). Er begründete erstmals am 24.02.2004 einen Hauptwohnsitz in Österreich und stellte am 04.03.2004 den Erstantrag auf Niederlassungsbewilligung begünstigter Drittstaatsangehöriger gemäß § 49 Abs. 1 FrG. Am 17.03.2004 wurde dem Beschwerdeführer die Niederlassungsbewilligung „Begünstigter Drittstaatsangehöriger – Österreich“ gemäß § 49 Abs. 1 FrG gültig bis 17.03.2005 erteilt. Diese wurde jeweils aufgrund Verlängerungsanträgen des Beschwerdeführers, zuletzt bis 10.02.2012, verlängert. Am 20.02.2007 wurde der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers in Österreich abgemeldet und für den Zeitraum 28.07.2010 bis 11.08.2010 wieder ein Nebenwohnsitz des Beschwerdeführers in Österreich gemeldet. Von 29.01.2013 bis 10.09.2013 war der Beschwerdeführer wieder mit einem Nebenwohnsitz in der Wohnung seiner Mutter gemeldet, der am 10.09.2013 in einen Hauptwohnsitz umgewandelt wurde. Am 17.01.2014 wurde der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers in Österreich abgemeldet. Der Beschwerdeführer reiste zuletzt am 08.12.2014 nach Österreich ein und reiste seither nicht aus Österreich aus. Er meldete lediglich von 10.12.2014 bis 09.03.2015 einen Nebenwohnsitz sowie seit 14.06.2018 einen Hauptwohnsitz in Österreich.

1.2.2. Am 01.04.2016 wurde der Beschwerdeführer von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Österreich betreten. Der Beschwerdeführer konnte im Zuge der Kontrolle keine Aufenthaltsbewilligung oder amtliche Legitimation vorweisen. Der Beschwerdeführer wurde wegen des Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthaltes gemäß §§ 120 Abs. 1a iVm 31 Abs. 1 FPG angezeigt.

Am 02.04.2016 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Dem Beschwerdeführer versicherte dem Bundesamt am Montag [Anm. BVwG: 04.04.2016] nach Serbien zurückzukehren. Dem Beschwerdeführer wurde im Anschluss eine Ausreiseverpflichtung übergeben (AS 67). Der Beschwerdeführer kam der Ausreiseverpflichtung nicht nach (OZ 11, S. 6 f).

Am 05.06.2018 wurde der Beschwerdeführer in der Wohnung seiner Mutter von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten und konnte keine Aufenthaltsbewilligung vorweisen. Gegen den Beschwerdeführer wurde erneut wegen des Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthaltes gemäß §§ 120 Abs. 1a iVm 31 Abs. 1 FPG Anzeige erstattet.

Der Beschwerdeführer wurde mit Ladung vom 16.10.2018 vom Bundesamt für den 05.11.2018 geladen. Der Beschwerdeführer kam dieser Ladung unentschuldigt nicht nach.

Am 09.11.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Festnahme- sowie ein Durchsuchungsauftrag erlassen. Der Beschwerdeführer wurde aufgrund dessen am 14.11.2018 festgenommen und dem Bundesamt vorgeführt.

1.2.3. Der Beschwerdeführer war sich (spätestens seit 02.04.2016) seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich bewusst. Er gab in Kenntnis der Meldeverpflichtung in Österreich für den Zeitraum 10.03.2015 bis 13.06.2018 den Behörden seinen Hauptwohnsitz in Österreich bewusst nicht bekannt um seinen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu verschleiern (AS 127a).

1.2.4. Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs für das Niveau A1 besucht und eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 bestanden. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer keine Deutschkurse oder –prüfungen gemacht (OZ 11, S. 9). Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1.

Der Beschwerdeführer hat von 03.05.2004 bis 24.02.2005, von 19.04.2005 bis 05.05.2005, von 10.05.2005 bis 16.08.2005 und von 02.09.2005 bis 10.01.2006 bei insgesamt drei verschiedenen Arbeitgebern als Arbeiter gearbeitet. Von 08.02.2006 bis 17.04.2006 bezog der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld. Von 18.04.2006 bis 19.05.2006 war der Beschwerdeführer als Arbeiter beschäftigt, woraufhin er von 12.07.2006 bis 20.09.2006 wieder Arbeitslosengeld bezog. Zuletzt war der Beschwerdeführer von 06.10.2006 bis 17.10.2006 in Österreich als Arbeiter beschäftigt.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine verbindliche Einstellungszusage in Österreich (OZ 11, S. 10). Er übt in Österreich weder gemeinnützige Tätigkeiten aus noch ist er in einem Verein aktiv oder hat – abgesehen von einem Deutschkurs – Bildungsangebote in Anspruch genommen.

Er hat in Österreich keine freundschaftlichen Kontakte geknüpft.

1.2.5. Ein Schulfreund des Beschwerdeführers aus Serbien lebt seit ca. 35 Jahren in Österreich. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu diesem in Österreich.

Der Beschwerdeführer lebt bei seiner Mutter in der Mietwohnung. Er bestreitet seinen Lebensunterhalt in Österreich von dem Pensionsbezug seiner Mutter. Er wird von seiner in Österreich lebenden Cousine und seinem serbischen Schulfreund gelegentlich finanziell unterstützt (OZ 11, S. 12). Seine Mutter ist nicht auf eine Pflege durch den Beschwerdeführer angewiesen.

Der Beschwerdeführer steht weder mit seiner Mutter, seiner in Österreich lebenden Cousine noch mit seinem Schulfreund aus Serbien in einem Abhängigkeitsverhältnis.

1.2.6. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet war zu keiner Zeit geduldet. Er war weder Zeuge noch Opfer von Gewalt oder anderen strafbaren Handlungen in Österreich, seine Anwesenheit ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen erforderlich. Es wurde nie eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen; es lag nie ein Sachverhalt vor, auf Grund dessen eine einstweilige Verfügung hätte erlassen werden können.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer droht weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit in Serbien.

Dem Beschwerdeführer ist es möglich seine grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, in Serbien zu befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer kann in seinem Heimatdorf bei seinem Onkel mütterlicherseits zumindest vorübergehend wohnen.

1.4. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es mit Stand 14.09.2020, 8:00 Uhr, 33.463 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 756 Todesfälle (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Neuartiges-Coronavirus-(2019-nCov).html); in Serbien wurden zu diesem Zeitpunkt 32.300 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 731 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://covid19.who.int/region/euro/country/rs).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten, Immunschwächen, etc.) auf.

1.5. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben.

Die politische Lage ist stabil. Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Serbien hat im Bereich der Justiz einige Fortschritte erzielt, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss. Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt an die Staatsanwaltschaft oder schriftlich eine Anzeige einbringen.

Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert.

Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden negativen Auswirkungen auf das Funktionieren vom politischen System, staatlichen Institutionen und der serbischen Wirtschaft. Systemische Korruption findet sich heute vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel, sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt.

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut.

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind.

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 17.10.2019).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, durch Einsichtnahme in die im Verfahren vorgelegten Urkunden und durch Einholung von Auszügen aus dem ZMR, GVS, Straf- und Fremdenregister sowie durch Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt zu Serbien.

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers ergeben sich aus den im Verfahren vorgelegten serbischen Reisepass und seiner Geburtsurkunde. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Verfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Muttersprache und seinem Lebenslauf (Geburt und Aufwachsen in Serbien, seine Schul- und Berufsausbildung sowie Berufserfahrung) sowie zu seinem Familienstand gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen Angaben beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen stringenten Angaben des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Aufgrund des im Verfahren vorgelegten Reisepasses, der in Kopie zum Akt genommen wurde, ergeben sich die entsprechenden Feststellungen zum Reisepass des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen betreffend die Situation der Mutter des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus den im Verfahren vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweis der Mutter und deren Reisepass in Kopie (AS 8, 9, 41-44) sowie den diesbezüglich schlüssigen Angaben des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung. Die Feststellungen betreffend den Gesundheitszustand der Mutter des Beschwerdeführers stützen sich auf die im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen. Dass die Mutter des Beschwerdeführers dreimal täglich Unterstützung durch eine Heimhilfe benötigt sowie, dass der Beschwerdeführer keine Angehörigenschulung betreffend die Pflegeunterstützung durch das Rehabilitationszentrum erhalten hat, ergibt sich aus dem Pflege-Überleitungsbericht vom 04.06.2020 (Beilage ./G). Aus diesem Bericht geht auch hervor, dass die Mutter des Beschwerdeführers im Zuge ihres Aufenthaltes im Rehabilitationszentrum über ihre Wohnsituation mit ihrem Sohn aufgeklärt hat. Im Bericht wurde zwar auch festgehalten, dass sie nach ihrer Entlassung zuhause durch ihren Sohn und die Heimhilfe betreut werde, jedoch wurde ausdrücklich der Bedarf einer Heimhilfe dreimal täglich, insbesondere für die Unterstützung bei der Körperpflege, den WC-Transfer und die Inkontinenzversorgung, angeordnet, sodass feststeht, dass der spezifische Pflege-/Unterstützungsbedarf der Mutter des Beschwerdeführers nicht durch den Beschwerdeführer gedeckt werden kann. Dies wird auch dadurch untermauert, dass eine Angehörigenschulung des Beschwerdeführers – trotz Kenntnis des Rehabilitationszentrums von der Wohnsituation des Beschwerdeführers mit seiner Mutter – durch das Rehabilitationszentrum gar nicht erst erfolgt ist (Beilage ./G). Der Beschwerdeführer gab im Verfahren zwar an wegen der Diabeteserkrankung seiner Mutter nicht nach Serbien zurückkehren zu können, dass der Beschwerdeführer konkrete Pflegeleistungen betreffend seine Mutter verrichtet bzw. welche Unterstützungsleistungen er erbringe, wurde im Verfahren jedoch nie konkret ausgeführt, sondern lediglich darauf verwiesen, dass seine Mutter pflegebedürftig sei (AS 127; OZ 11, S. 7 f). Der pauschale Verweis auf eine Pflegebedürftigkeit seiner Mutter, bedeutet nicht zugleich, dass der Beschwerdeführer auch tatsächlich die Pflege und Betreuung seiner Mutter übernommen hat, zumal vom Rehabilitationszentrum eine Heimhilfe nur notwendig erachtet wurde. Es kann daher auch deshalb nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich spezifische Pflege- und Unterstützungsleistungen für seine Mutter erbringt.

Die Feststellungen zu den Cousinen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den diesbezüglich schlüssigen Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung.

Die Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung bezogen auf den Aufenthalt seines Onkels mütterlicherseits waren derart ausweichend und voneinander abweichend, dass offenkundig war, dass der Beschwerdeführer versuchte den Aufenthaltsort seines Onkels zu verschleiern:

„R: Wo wohnt Ihr Onkel ms?

BF: Mein Onkel ms war im XXXX , aber wg. Corona ist er auch hinuntergefahren und meine Cousine hat ihn auch schon abgemeldet, ich glaube, dass er gar nicht mehr nach [Österreich] kommt.

R: Wo genau ist Ihr Onkel hingefahren?

BF: Hinunter, er war bei seiner Tochter in Italien und momentan ist er in Serbien.

R: Wo genau in Serbien?

BF: Im Dorf, wo ich aufgewachsen bin, 20 Kilometer von XXXX entfernt, namens XXXX .“ (OZ 11, S. 8)

„R: Könnten Sie bei Ihrem Onkel in Serbien leben?

BF: Nein, weil er bei seiner jüngeren Tochter in Italien lebt.

R: Aber sie sagte, der Onkel lebt in Serbien.

BF: Ja, er lebt in Serbien, aber das ist die Wohnung seiner Tochter, die in Italien ist. Er hat sein Haus verkauft und hat eine Wohnung in der Stadt gekauft, damit sie alle zusammen leben können.

R: Aber die Cousine ist ja in Italien?

BF: Ja, die jüngste.

R: Dh. Ihr Onkel wohnt jetzt in einer Eigentumswohnung in Serbien, die er sich gekauft hat?

BF: Nein, er hat das Geld seiner Tochter gegeben, damit sie die Wohnung kauft, weil sie und ihr Ehemann sich um ihn kümmern. Meine Cousine hat 2 Söhne. Sie besuchen ihn, 1 Woche fährt einer der Söhne zum Großvater und die nächste Woche der andere.

R: Wo befindet sich diese Wohnung? In Italien oder in Serbien?

BF: In Serbien.

R: Die Söhne der Cousine fahren nach Serbien, um ihren Großvater abwechselnd zu pflegen?

BF: Ja, immer am Wochenende, die letzten 6 Monate war er bei ihnen in Italien aufhältig.“ (OZ 11, S. 12 f).

Da der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung zunächst von sich aus anführte, dass sein Onkel in Serbien in seinem Heimatdorf lebe (OZ 11, S. 8) und er erst auf die Frage, ob er bei seinem Onkel in Serbien leben könnte, angab, dass sich dieser bei seiner Tochter in Italien aufhalte (OZ 11, S. 12), steht fest, dass der Beschwerdeführer seine Anknüpfungspunkte nach Serbien zu verschleiern versuchte und sein Onkel in Serbien lebt. Dass der Beschwerdeführer ein gutes Verhältnis zu seinem Onkel mütterlicherseits hat, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer diesen in Österreich durch Einkäufe unterstützt hat und er selber in der Verhandlung auf Nachfrage auch angab, dass er persönlich mit seinem Onkel ein gutes Verhältnis hat, jedoch seine Mutter nicht mehr mit ihm spreche (OZ 11, S. 9, 12). Da der Beschwerdeführer ein gutes Verhältnis zu seinem Onkel hat und er über die aktuelle Wohn- und Unterstützungssituation informiert ist, steht fest, dass er – jedenfalls über seine in Österreich lebende Cousine – Kontakt zu seinem Onkel in Serbien hat.

Die Feststellungen zur Tante des Beschwerdeführers väterlicherseits stützen sich auf seine Angaben beim Bundesamt und den Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung keine Angaben zu seiner Tante väterlicherseits machte.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stützen sich auf seine Angaben in der Beschwerdeverhandlung, wonach er angab gesund zu sein (OZ 11, S. 10), sowie auf den Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist, zumal keine medizinischen Unterlagen in Vorlage gebracht wurden.

2.2. Zu den Feststellungen zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers:

2.2.1. Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere seinen absolvierten Deutschkurs und -prüfung, seinen Deutschkenntnissen auf dem Niveau A1, und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Reisepass des Beschwerdeführers sowie den Auszug aus dem Zentralen Melderegister), auf die Angaben des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung sowie auf die von ihm im Verfahren vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellungen zur erstmaligen Einreise des Beschwerdeführers in Österreich stützt sich auf seine diesbezüglich stringente Aussage in der Beschwerdeverhandlung (OZ 11, S. 6). Die Feststellungen zur Erteilung und Verlängerung der Niederlassungsbewilligung begünstigter Drittstaatsangehöriger ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Meldung der Haupt- bzw. Nebenwohnsitze des Beschwerdeführers in Österreich stützen sich auf den Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Entgegen den Angaben des Beschwerdeführers beim Bundesamt am 14.11.2018, wonach er im Juni 2016 zuletzt nach Österreich eingereist sei, steht aufgrund der im Akt befindlichen Kopie des Reisepasses des Beschwerdeführers und seiner stringenten Aussage in der Beschwerdeverhandlung fest, dass er zuletzt am 08.12.2014 nach Österreich einreiste und seither Österreich nicht mehr verlassen hat (OZ 11, S. 7). Der Beschwerdeführer gab in der Beschwerdeverhandlung zwar an, dass er glaublich am 03.12.2014 nach Österreich eingereist sei, da aus seinem Reisepass jedoch ein Stempel vom 08.12.2014 hervorgeht, der die Einreise von Serbien nach Ungarn vermerkt, steht fest, dass der Beschwerdeführer wohl auch als Einreisedatum nach Österreich den 08.12.2014 gemeint hat, zumal er auch selbst angab, lediglich zu glauben, am 03.12.2014 eingereist zu sein (OZ 11, S. 6).

2.2.2. Die Feststellungen betreffend die Betretungen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die Anzeigen gegen den Beschwerdeführer und den Festnahme- und Durchsuchungsauftrag jeweils vom 09.11.2018 ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.2.3. Dem Beschwerdeführer wurde in der Einvernahme beim Bundesamt am 02.04.2016 ausdrücklich erklärt, dass er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und daher unverzüglich das österreichische Bundesgebiet zu verlassen hat. Zudem wurde ihm eine Ausreiseverpflichtung übergeben und mitgeteilt, dass er das beiliegende Formblatt entweder bei der Grenzkontrolle oder bei der österreichischen Botschaft in Serbien abzugeben hat (AS 66 f). Der Beschwerdeführer war sich daher spätestens seit 02.04.2016 seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich bewusst. Er sagte dem Bundesamt auch zu am Montag [Anm. BVwG: der der Einvernahme folgende Montag, war der 04.04.2016] nach Serbien zurückzukehren (AS 67). In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer zu, Österreich jedoch nach seiner Einreise am 08.12.2014 nicht mehr verlassen zu haben sowie, dass ihm bekannt ist, dass er sich ohne Aufenthaltsgenehmigung nicht in Österreich aufhalten darf (OZ 11, S. 6 f).

Aufgrund der Aussage des Beschwerdeführers beim Bundesamt am 14.11.2018 steht auch fest, dass er sich in Kenntnis der Meldeverpflichtung seinen Wohnsitz für den Zeitraum 10.03.2015 bis 13.06.2018 bewusst nicht bekanntgab um seinen Aufenthalt in Österreich zu verschleiern (AS 127a).

2.2.4. Die Feststellungen betreffend die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus dem Sozialversicherungsdatenauszug vom 24.06.2020 (Beilage ./I).

Dass der Beschwerdeführer über keine verbindliche Einstellungszusage in Österreich verfügt, ergibt sich aus seiner Aussage in der Beschwerdeverhandlung (OZ 11, S. 10). Da im Verfahren keine Hinweise hervorgekommen sind, dass der Beschwerdeführer gemeinnützige Tätigkeiten in Österreich ausübt oder aktiv in einem Verein tätig ist sowie der Beschwerdeführer selbst nicht anführen konnte, warum er in Österreich besonders gut integriert sei (OZ 11, S. 11), waren die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

2.2.5. Da der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung – abgesehen von seinen Familienangehörigen und seinem Schulfreund aus Serbien – in Österreich keine Kontakte erwähnte, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer keine Freundschaften in Österreich geknüpft hat. Sofern der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung eine ältere Dame erwähnt hat, die er in Österreich unterstützt hat und nunmehr im Altersheim lebt, ist aus seinen Ausführungen nicht ableitbar, dass er mit ihr nach wie vor in Kontakt steht.

Die Feststellungen zum Schulfreund des Beschwerdeführers stützen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung.

Dass der Beschwerdeführer bei seiner Mutter wohnt und seinen Lebensunterhalt von der Pension seiner Mutter bestreitet, ergibt sich aus den diesbezüglich gleichgebliebenen und stringenten Angaben. Dass die Mutter nicht auf die Pflege durch den Beschwerdeführer angewiesen ist, ergibt sich daraus, dass sie dreimal täglich Unterstützung durch die Heimhilfe bedarf, ein darüberhinausgehender Betreuungsbedarf ist dem Pflege- und Überleitungsbericht nicht zu entnehmen. Zudem ist – wie unter Punkt II.2.1. – nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Pflege- und Unterstützungsleistungen für seine Mutter erbringt. Zudem lebt die Mutter des Beschwerdeführers in einer Stadt, in der es viele Betreuungsangebote bzw. -einrichtungen gibt, sodass auch deshalb nicht ersichtlich ist, dass die Mutter des Beschwerdeführers ausschließlich auf die Betreuung des Beschwerdeführers angewiesen ist.

Eine Abhängigkeit des Beschwerdeführers von seiner Mutter ist nicht erkennbar: Der Beschwerdeführer lebt zwar bei seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt, er ist sich jedoch seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich bewusst und meldete seinen Wohnsitz in Österreich bewusst nicht. Der Beschwerdeführer musste sich daher auch der Vorläufigkeit seines Aufenthaltes in Österreich bewusst sein und mit der Beendigung seines Aufenthaltes in Österreich rechnen, zumal er bereits eine Ausreiseverpflichtung erhalten und seine Ausreise dem Bundesamt zugesagt hat. Der Beschwerdeführer kann seine Beziehung zu seiner Mutter durch Telefonate und Internetdienste aufrechterhalten. Wie bereits ausgeführt, ist auch eine Abhängigkeit der Mutter des Beschwerdeführers von dessen Pflege- oder Unterstützungsleistungen nicht erkennbar, zumal diese zwar eine Heimhilfe benötigt, die Pflege und Unterstützung durch diese jedoch abgedeckt ist und darüberhinausgehender Pflege- oder Betreuungsbedarf durch den Beschwerdeführer im Verfahren nicht hervorgekommen ist. Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt in Österreich zwar von der Pension seiner Mutter, diese kann ihn jedoch auch in Serbien finanziell unterstützen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine räumliche Trennung die Mutter des Beschwerdeführers außer Stande setzen sollte, ihn finanziell zu unterstützen.

Umstände, die auf eine Abhängigkeit des Beschwerdeführers zu seiner Mutter schließen ließen, sind im Verfahren daher nicht hervorgekommen. Eine Abhängigkeit des Beschwerdeführers zu seiner in Österreich lebenden Cousine sowie seinem Schulfreund aus Serbien wurde nicht behauptet und ist entsprechendes im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Auch diese können den Beschwerdeführer in Serbien weiterhin gelegentlich finanziell unterstützen.

2.2.6. Dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers nie geduldet war und er weder Opfer noch Zeuge von Gewalt war, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer Gegenteiliges nie behauptete und Entsprechendes auch im Verfahren nicht hervorgekommen ist.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I).

2.3. Zu den Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sowie einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen bezogen auf Serbien, einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), geäußert. Es wurde im Verfahren kein konkreter Sachverhalt aufgezeigt, welcher es dem Beschwerdeführer unmöglich mache, gemessen am landesüblichen Durchschnitt ein Leben ohne unbillige Härten in seinem Herkunftsstaat zu führen, wie es auch anderen Staatsangehörigen Serbiens möglich ist. Da es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Mann handelt, der an keinen Erkrankungen leidet, den prägenden Teil seines Lebens in Serbien verbracht, dort die Schule besucht hat, eine Berufsausbildung genossen und Berufserfahrung gesammelt hat sowie die Landessprache Serbiens als Muttersprache spricht und nach wie vor über Familienangehörige in Serbien hat, können keine exzeptionellen Umstände erkannt werden, vor deren Hintergrund anzunehmen wäre, dass er zur eigenständigsten Erwirtschaftung seines Lebensunterhaltes in Serbien nicht in der Lage ist und konkret gefährdet sein würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.

Zudem kann der Beschwerdeführer in Serbien in seinem Heimatdorf zumindest vorübergehend wohnen. Der Beschwerdeführer hat ein gutes Verhältnis zu seinem Onkel mütterlicherseits, hat diesen in Österreich unterstützt und steht – zumindest über die Tochter seines Onkels – noch in Kontakt zu diesem. Der Onkel des Beschwerdeführers hat seiner Tochter eine Eigentumswohnung im Heimatdorf des Beschwerdeführers gekauft um mit seiner in Italien lebenden Tochter und deren Familie in der Wohnung leben zu können. Da die Tochter des Beschwerdeführers jedoch in Italien lebt und lediglich deren Söhne ihn jedes Wochenende besuchen um ihn zu betreuen (OZ 11, S. 12 f), steht fest, dass der Beschwerdeführer zumindest vorübergehend in der Wohnung Unterkunft nehmen kann, zumal genügend Platz vorhanden scheint und der Beschwerdeführer die Pflege und Unterstützung – wie bereits in Österreich – wieder übernehmen kann. Sofern er diesbezüglich in der Beschwerdeverhandlung angab, seinem Onkel nicht so nahe zu stehen, weil seine Mutter nicht mit ihm spreche (OZ 11, S. 13), ist dies nicht überzeugend, zumal er seinen Onkel auch in Österreich unterstützt hat und in der Beschwerdeverhandlung auf Nachfrage dann doch zugab, dass er ein gutes Verhältnis mit seinem Onkel hat (OZ 11, S. 9).

Auch die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers und die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers – einem sicheren Herkunftsstaat – erlauben es nicht anzunehmen, dass gegenständlich Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr (Lebensgefahr, Eingriff in die körperliche Unversehrtheit) des Beschwerdeführers in Serbien vorliegen. Entsprechendes wurde im Verfahren auch nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs. 1 AsylG

3.1.1. § 57 AsylG lautet auszugsweise:

„Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, …,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

…“

3.1.2. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde.

3.1.3. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides - Rückkehrentscheidung

3.2.1. §§ 52 des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und § 9 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise wie folgt:

„Rückkehrentscheidung (FPG)

§ 52 (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(…)

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(…)“

„Schutz des Privat- und Familienlebens (BFA-VG)

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

…“

3.2.2. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG (Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung) fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Als Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG gilt ein Fremder, der weder EWR-Bürger noch Schweizer Bürger ist.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.2.3. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR vom 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR vom 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH vom 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Liegt eine relativ kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vor, so muss die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich sein, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen (VwGH vom 18.09.2019). Die Kombination aus Fleiß, Arbeitswille, Unbescholtenheit, dem Bestehen sozialer Kontakte in Österreich, dem verhältnismäßig guten Erlernen der deutschen Sprache sowie dem Ausüben einer Erwerbstätigkeit stellt bei einem Aufenthalt von knapp vier Jahren im Zusammenhang mit der relativ kurzen Aufenthaltsdauer keine außergewöhnliche Integration dar (VwGH vom 18.09.2019, Ra 2019/18/0212). Es ist im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (VwGH vom 28.02.2019, Ro 2019/01/003).

Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu. Gegen diese Normen verstoßen Fremde, die nach dem negativen Abschluss ihres Asylverfahrens über kein weiteres Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und unrechtmäßig in diesem verbleiben (VwGH 02.09.2019, Ra 2019/20/0407).

3.2.3. Der Beschwerdeführer hält sich seit Dezember 2014, somit seit etwas mehr als 5 ½ Jahren durchgehend im Bundesgebiet auf. Der Beschwerdeführer verfügte zwar bis 17.03.2012 über eine Niederlassungsbewilligung „Begünstigter Drittstaatsangehöriger – Österreich“ gemäß § 49 Abs. 1 FrG, seither hat er jedoch keine gültige Aufenthaltsberechtigung in Österreich. Der seit Dezember 2014 andauernde Inlandsaufenthalt des Beschwerdeführers war daher lediglich die ersten 90 Tage (sichtvermerkfreier Zeitraum) rechtmäßig, der darüberhinausgehende Aufenthalt war mangels Aufenthaltsberechtigung unrechtmäßig. Der Beschwerdeführer war sich der Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes in Österreich (jedenfalls seit 02.04.2016) bewusst. Er konnte somit nicht von einer Zulässigkeit des dauerhaften Verbleibes im Bundesgebiet ausgehen.

Obwohl der Beschwerdeführer seit etwas mehr als 5 ½ Jahren in Österreich aufhältig ist, verfügt er lediglich über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1. Der Beschwerdeführer ging seit seiner Einreise im Dezember 2012 in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine Einstellungszusage. Er hat weder ehrenamtliche Tätigkeiten erbracht noch ist er in einem Verein aktiv.

Darüber hinaus ist er in Österreich – abgesehen von seiner in Österreich lebenden Mutter, seiner Cousine und seinem serbischen Schulfreund – auch sozial nicht verankert. Es sind im Verfahren – abgesehen von einer älteren Dame, die nunmehr im Altenheim lebe und kein aufrechter Kontakt zu dieser im Verfahren hervorgekommen ist - keine freundschaftlichen Kontakte hervorgekommen. Eine intensive enge Beziehung oder Abhängigkeit des Beschwerdeführers zu seiner in Österreich lebenden Cousine und seinem serbischen Schulfreund ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Er kann den Kontakt zu diesen durch Telefonate und Internetdienste aufrecht erhalten.

Es ist auch nach wie vor von einer engen Bindung des Beschwerdeführers nach Serbien auszugehen, zumal er dort den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat und dort sozialisiert wurde. Er spricht auch die Landessprache Serbiens als Muttersprache. Hinzu kommt, dass er nach wie vor familiäre Anknüpfungspunkte (seinen Onkel mütterlicherseits) in Serbien hat. Zu diesen hat er auch ein gutes Verhältnis. Es kann auch nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre.

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen.

Es liegt daher keine außergewöhnliche oder schützenswerte Integration des Beschwerdeführers in Österreich vor.

3.2.4. Die Beschwerdeführer lebt mit seiner Mutter in Österreich in einem Haushalt und bestreitet seinen Lebensunterhalt aus der Pension seiner Mutter. Diese ist nicht auf Pflege- oder Unterstützungsleistungen des Beschwerdeführers angewiesen. Der Beschwerdeführer führt ein Familienleben mit seiner Mutter in Österreich.

Der Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner Mutter war jedoch verhältnismäßig, da sich der Beschwerdeführer und seine Mutter der Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes bewusst waren und von Anfang an beabsichtigten, die Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den „Familiennachzug“ zu umgehen, zumal der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bewusst in Kenntnis der Meldeverpflichtung in Österreich nicht bekannt gab (VwGH 21.05.2019 Ra 2018/19/0500; 25.04.2019, Ra 2019/19/0114; 23.01.2019, Ra 2018/19/0683). Eine Abhängigkeit des Beschwerdeführers von seiner Mutter oder umgekehrt kam trotz Unterstützungsbedarf der Mutter im Verfahren nicht hervor, zumal dieser von der Heimhilfe gedeckt wird und auch darüber hinaus Betreuungsangebote oder -einrichtungen in Österreich verfügbar sind. Der Beschwerdeführer kann zudem von seiner Mutter in Serbien finanziell unterstützt werden, sodass auch diesbezüglich keine Abhängigkeit des Beschwerdeführers von seiner Mutter erkennbar ist. Zudem kann der Beschwerdeführer und seine Mutter den Kontakt per Telefon und Internetdienste aufrechterhalten.

3.2.5. Den schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich standen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kam den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelten, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwogen daher im Entscheidungszeitpunkt die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

Daher lag durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vor, zumal der Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner Mutter verhältnismäßig war. Auch sonst kamen keine Anhaltspunkte hervor und wurden auch in der Beschwerde nicht vorgebracht, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, getragen hätten.

3.2.6. Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG steht fest, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall die die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG erforderlich machen würden.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist daher abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides – Zulässigkeit der Abschiebung

3.3.1. §§ 52 Abs. 9, 50 und 46 FPG lauten auszugsweise wie folgt:

„Rückkehrentscheidung

§ 52 …

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

…“

„Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1.       die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.       sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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