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60/02 Arbeitnehmerschutz;Norm
AAV §29 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Ing. J in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 11. Jänner 1996, Zl. UVS 30.8-95/95, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher genannten Gesellschaft m.b.H. für schuldig befunden, er habe zu verantworten, daß auf einer näher genannten Baustelle in N verwendete Schalungsteile für den Zeitraum Dezember 1992 bis 25. Jänner 1993 ungesichert gewesen seien, obwohl Betriebsmittel durch Schutzmaßnahmen so gesichert sein müßten, daß bei umsichtiger Verrichtung der Arbeit ein möglichst wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht werde. Er habe dadurch § 29 Abs. 2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl. Nr. 218/1983, verletzt; es wurde gemäß § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ANSchG), BGBl. Nr. 134/1972, (in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG) eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen) verhängt.
Gegen den vorgenannten Bescheid vom 11. Jänner 1996 richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
§ 29 Abs. 2 AAV lautet:
"Gefahrenstellen an Betriebseinrichtungen, sonstige mechanische Einrichtungen und Betriebsmitteln müssen durch Schutzvorrichtungen oder Schutzmaßnahmen anderer Art so gesichert sein, daß bei umsichtiger Verrichtung der Arbeit ein möglichst wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird."
Der Beschwerde ist schon deshalb Erfolg beschieden, weil die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat der "grundsätzlichen" Bestimmung des § 29 Abs. 2 AAV (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1991, Zl. 91/19/0030) nicht unterstellt werden kann. Vielmehr erfordert diese Vorschrift eine konkrete "GefahrenSTELLE" an einer Betriebseinrichtung, sonstigen mechanischen Einrichtung oder einem Betriebsmittel, hinsichtlich derer die Sicherung unterlassen wurde, um so die - nähere - Subsumtion unter eine der in Betracht kommenden Vorschriften der AAV zu ermöglichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0098, aber auch Felix-Merkl-Vogt, Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung, 3. Auflage, FN 4 zu § 29 Abs. 2 AAV, wonach der Grundsatz dieses Absatzes in den §§ 33 bis 35 näher ausgeführt wird). Inwieweit die in Rede stehenden "Schalungsteile" eine solche "GefahrenSTELLE" aufgewiesen haben sollen, ist nicht erkennbar. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß in das Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betreffend Stempelgebühren war abzuweisen, weil für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung lediglich die Vorlage der Beschwerde in dreifacher Ausfertigung (S 360,--) sowie des angefochtenen Bescheides in einfacher Ausfertigung (S 60,--) erforderlich waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996020096.X00Im RIS seit
01.06.2001