TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/28 G314 2236318-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.10.2020
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Entscheidungsdatum

28.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G314 2236318-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH) gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .09.2020, Zl. XXXX , betreffend den Antrag auf internationalen Schutz, zu Recht:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF) hält sich seit XXXX 2020 kontinuierlich im Bundesgebiet auf und beantragte am XXXX .2020 internationalen Schutz. Bei ihrer am selben Tag durchgeführten Erstbefragung und bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 09.09.2020 gab sie im Rahmen der Befragung zu ihren Fluchtgründen und ihren Rückkehrbefürchtungen an, dass sie mit ihrem in Österreich lebenden Ehemann zusammenleben wolle. In ihrem Herkunftsstaat drohe ihr die Obdachlosigkeit. Ihr Mann habe seine Arbeit verloren und könne daher in Bosnien und Herzegowina keine Wohnung mehr anmieten. Sie habe Probleme mit ihrer psychisch kranken Mutter, die sie nicht mehr in die früher gemeinsam bewohnte Wohnung lasse.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ausgesprochen, dass ihr ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

Dagegen richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der BF den Status der Asylberechtigten, in eventu der subsidiär Schutzberechtigten, zuzuerkennen. Hilfsweise strebt sie die Feststellung der dauerhaften Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG bzw. die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG an und stellt letztlich einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Dies wird zusammengefasst damit begründet, dass sie mit ihrem Ehemann schon seit XXXX nach islamischem Ritus verheiratet sei, ihn seither regelmäßig im Rahmen visumfreier Aufenthalte besucht und nunmehr internationalen Schutz beantragt habe. Das BFA habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt, weil es seiner Entscheidung keine einschlägigen, aktuellen Länderberichte zugrunde gelegt habe. Die Begründung des Bescheids sei mangelhaft, weil die Beweiswürdigung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche, sondern undeutlich sei und beweiswürdigende mit rechtlichen Erwägungen vermenge. Der BF hätte bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens und bei richtiger Würdigung des Sachverhalts Asyl gewährt werden müssen. Für einen Verfolgten mache es keinen Unterschied, ob er aufgrund von staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten habe oder ob ihm dieser Nachteil aufgrund einer von dritten Personen ausgehenden, vom Staat nicht ausreichend verhinderbaren Verfolgung mit derselben Wahrscheinlichkeit drohe. In beiden Fällen sei es ihm nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen. Jedenfalls hätte der BF subsidiärer Schutz gewährt werden müssen, weil ihr bei der Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina eine Verletzung in ihren Rechten nach Art 2 und 3 EMRK drohe. Eine Rückkehrentscheidung gegen sie hätte für dauerhaft unzulässig erklärt und ihr von Amts wegen eine Aufenthaltsberechtigung plus erteilt werden müssen. Das Bestehen eines unsicheren Aufenthalts bei der Eheschließung sei nur eines der bei der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung zu beachtenden Kriterien. Aufgrund des mangelhaften Ermittlungsverfahrens sei eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG zur ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens der BF zwingend geboten. Gleichzeitig wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angeregt, zumal das BVwG innerhalb einer Woche über die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung entscheiden müsse.

Das BFA legte dem BVwG die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, ihr die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen und sie als unbegründet abzuweisen.

Feststellungen:

Die BF ist Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina. Ihre Muttersprache ist Bosnisch, sie verfügt auch über Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Sie bekennt sich zum Islam. Sie ist kinderlos, gesund und arbeitsfähig. Sie besitzt einen am XXXX ausgestellten bosnisch-herzegowinischen Reisepass, der noch bis XXXX gültig ist.

Die BF kam am XXXX in der bosnisch-herzegowinischen Gemeinde XXXX zur Welt, wo sie auch aufwuchs und bis zu ihrer nunmehrigen Ausreise nach Österreich lebte. Ihr Geburtsname lautet XXXX . Nach der Schule machte sie eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Sie lebte in XXXX in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter, die eine kleine Rente bezieht, in einer Gemeindewohnung für Sozialfälle, und arbeitete gelegentlich als XXXX oder XXXX . In den letzten Jahren vor ihrer Ausreise ging sie jedoch keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Ihr Vater ist bereits verstorben; zu ihren Geschwistern hat sie keinen Kontakt.

XXXX lernte die BF über das Internet den staatenlosen XXXX kennen, der aus der bosnisch-herzegowinischen Stadt XXXX stammt und seit vielen Jahren in Österreich lebt. Sie schloss mit ihm XXXX zunächst nur eine islamische Ehe, ohne eine Zivilehe einzugehen, und besuchte ihn in Österreich im Rahmen visumfreier Aufenthalte. XXXX kam seinerseits regelmäßig nach Bosnien und Herzegowina, wo er eine Wohnung anmietete, die er während seiner Aufenthalte gemeinsam mit der BF bewohnte. Am XXXX heiratete XXXX in XXXX die BF, die bei der Eheschließung seinen Familiennamen annahm, auch standesamtlich.

Die BF reiste zuletzt am XXXX über Kroatien und Slowenien in das Bundesgebiet ein, wo sie seither zusammen mit ihrem Ehemann in einer Mietwohnung in XXXX lebt. Sie hatte Bosnien und Herzegowina verlassen, weil ihr Ehemann die von ihm dort angemietete Wohnung nicht mehr finanzieren konnte und sie aufgrund eines Konflikts mit ihrer Mutter nicht wieder in deren Wohnung einziehen konnte.

Die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Sie geht im Inland weder einer Erwerbstätigkeit nach noch betätigt sie sich ehrenamtlich. Sie hat keine eigenen finanziellen Mittel; ihr Ehemann kommt für ihren Lebensunterhalt im Rahmen des gemeinsamen Haushalts auf. Sie hat im Inland - abgesehen von ihrem Ehemann - weder Familienangehörige noch andere Bezugspersonen, die ihr nahestehen. Ihr wurde nie ein Aufenthaltstitel in Österreich erteilt; sie hat auch keinen entsprechenden Antrag gestellt.

Die BF hat bei ihrer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina keine staatlichen oder behördlichen Sanktionen zu befürchten. Sie wird dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen asylrelevanten Gründen verfolgt. Es ist nicht zu erwarten, dass sie nach ihrer Rückkehr dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sein oder in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten würde. Es ist nicht konkret zu befürchten, dass sie in Bosnien und Herzegowina keine Lebensgrundlage mehr vorfinden würde und die Grundbedürfnisse ihrer Existenz dort nicht gedeckt werden können.

Zur allgemeinen Lage in Bosnien und Herzegowina:

Der Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina wurde Ende 1995 durch das Daytoner Rahmenabkommen für den Frieden geschaffen, dessen Annex 4 die gesamtstaatliche Verfassung festschreibt. Der Staat ist in zwei weitgehend autonome Entitäten geteilt: die überwiegend bosniakisch-kroatische Föderation Bosnien und Herzegowina und die überwiegend serbische Republika Srpska. Daneben gibt es den multiethnischen Sonderdistrikt Br?ko. Seit Ende Dezember 2019 gibt es (14 Monate nach der letzten Parlamentswahl) eine neue Regierung auf Ebene des Gesamtstaats. Die lange Dauer der Regierungsbildung ist auf Uneinigkeiten über die Beziehungen zur NATO zurückzuführen. Die klassische rechtsstaatliche Gewaltenteilung wird durch den Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft und die ihm unterstehende Behörde ergänzt. Er ist die höchste Instanz im Land für die Auslegung und Implementierung des Daytoner Abkommens und steht damit rechtlich über den staatlichen Stellen. Er hat vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gedeckte, sehr weitreichende Vollmachten, auf die jedoch seit 2011 nicht mehr zurückgegriffen wurde. Die Kommunalwahlen 2020 wurden aus budgetären Gründen auf den 15.11.2020 verschoben.

Die Sicherheitslage hat sich weitgehend normalisiert. Die instabile politische Lage (politische Spannungen zwischen den regierenden Parteien und anhaltende Wahlkampfrhetorik) wirkt sich negativ auf die Sicherheitslage aus. Seit 2004 unterhält die Europäische Union eine militärische Präsenz in Bosnien und Herzegowina, wobei die Reduzierung der Truppenstärke auf wenige hundert Mann in den letzten zehn Jahren dazu geführt hat, dass es für diese schwierig sein wird, in Fall einer ernsten Sicherheitskrise die Sicherheit zu garantieren. Es gibt einige ungelöste Grenz- und Territorialfragen zwischen Bosnien und Herzegowina und Kroatien sowie Serbien. Eine OSZE-Mission unter der Führung der USA, deren Ziel in erster Linie die Verbesserung der Sicherheitslage und die Stärkung der Verteidigungsstrukturen ist, ist mit 68 Personen präsent.

Die Staatsverfassung sieht das Recht auf eine faire Gerichtsverhandlung in Zivil- und Strafsachen vor. Die Entitätsverfassungen sehen ein unabhängiges Justizwesen vor. Dennoch beeinflussen politische Parteien und Akteure des organisierten Verbrechens die Justiz in politisch sensiblen Fällen, insbesondere im Zusammenhang mit Korruption. Die Behörden versäumen es bisweilen, Gerichtsentscheidungen durchzusetzen. Während die zivilen Behörden eine wirksame Kontrolle und Koordinierung der Strafverfolgungsbehörde und Sicherheitskräfte aufrechterhalten, führt das Fehlen einer klaren Aufteilung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen den 16 Strafverfolgungsbehörden des Landes zu gelegentlicher Verwirrung und überlappenden Zuständigkeiten. Grundsätzlich kann sich jeder Staatsbürger bei Verfolgungshandlungen an die Polizei oder die Staatsanwaltschaft wenden. Sollten die offiziellen Stellen nicht tätig werden oder sollte es sich um eine Menschenrechtsverletzung handeln, stehen halb- und nichtstaatliche Organisationen mit Rechtsbeistand zur Seite. Das Ministerium für Menschenrechte und Flüchtlinge hat eine Abteilung zum „Schutz von individuellen Menschen- und Bürgerrechten“, die Anliegen und Beschwerde annimmt und bearbeitet und Bürgern fachliche Hilfe leistet.

Das im Prinzip auf dem gesamten Territorium verankerte staatliche Gewaltmonopol wird durch die schlechte institutionelle Koordination zwischen den Sicherheitsdiensten und die anhaltende Politisierung untergraben. Im Sicherheitsbereich schlägt sich die komplexe Verfassung nieder. Es gibt neben gesamtstaatlichen Polizeibehörden und einem gesamtstaatlichen Geheimdienst in der Föderation eine Föderationspolizei mit Sitz in Sarajewo und Polizeibehörden auf Kantonsebene sowie in der Republika Srpska eine Gesamtpolizei, die die Aufsicht über sechs regionale Polizeibehörden ausübt. Die Polizei in Br?ko ist unabhängig. Parallel zum Militär fand auch innerhalb der Polizei ein umfassender Reformprozess statt, sodass die Polizei mittlerweile zu den angesehensten Institutionen im ganzen Land zählt.

Die Verfassung schreibt für alle Menschen das Recht auf Freiheit von Folter fest. Folter ist in Bosnien und Herzegowina strafbar. Im Rahmen von polizeilichen Verhören und Verhaftungen kommt es verbreitet und innerhalb der Gefängnisse vereinzelt zu körperlichen Misshandlungen, insbesondere gegen Angehörige der Roma. Beschwerden von Betroffenen werden uneinheitlich behandelt und nur vereinzelt aufgeklärt. Die Misshandlung von Verdächtigen und Gefangenen geht zwar allgemein zurück, gibt aber weiterhin Anlass zur Sorge. Die Strafverfolgung solcher Fälle bleibt langsam und inkonsequent.

Die Regierung verfügt zwar über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption, allerdings verhindert politischer Druck oft die Anwendung dieser Mechanismen. Korruption seitens der Beamten ist strafbar, aber die Regierung hat das Gesetz nicht effektiv umgesetzt. Korruption ist auf allen Ebenen weit verbreitet, vor allem im Gesundheits- und Bildungswesen, bei öffentlichen Beschaffungsprozessen, bei der lokalen Verwaltung und bei Beschäftigungsverfahren in öffentlicher Verwaltung.

Der gesamtstaatliche Ombudsmann hat die Befugnis, Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen Gesetze auf Hinweis einzelner Bürger zu untersuchen und Empfehlungen zur Nachbesserung an die Regierung zu unterbreiten. Dem Ombudsmann fehlen die Mittel, um effektiv zu arbeiten.

Die Menschenrechtssituation ist prekär. Grundlegende Menschen- und Bürgerrechte sind zwar durch die Verfassung gedeckt, werden jedoch weiterhin missachtet. Diskriminierung ist in weiten Teilen des öffentlichen und privaten Lebens weit verbreitet. Das Wahlrecht garantiert Minderheiten keine ausreichende Vertretung. Defizite bestehen weiterhin bei der gerichtlichen Aufarbeitung der Kriegsverbrechen und der gesellschaftlichen Versöhnung. Eine Beschränkung der Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition durch den Staat und seine Organe erfolgt grundsätzlich nicht. Die Vereinigungsfreiheit ist gewährleistet. Die Versammlungsfreiheit ist formal nicht eingeschränkt, jedoch entsprechen die Gesetze nicht vollumfänglich europäischen Standards. Die Informationsfreiheit ist insofern gewährleistet, als es insgesamt ein breit gefächertes Medienangebot gibt; es gibt aber kein Medium, das unabhängig von parteipolitischer Einflussnahme ist. Das Muster von Drohungen, politischem Druck und Angriffen auf Journalisten setzt sich fort.

In den meist überfüllten Gefängnissen und Haftanstalten herrschen schwierige Bedingungen. Die räumlichen und sanitären Bedingungen sind je nach Standort unterschiedlich, werden jedoch im Allgemeinen als minderwertig eingestuft.

Die Todesstrafe wurde in beiden Entitäten aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.

Nach der Verfassung ist die Glaubens- und Religionsfreiheit garantiert. Jede Diskriminierung in Glaubensfragen ist verboten. Der Staat darf nicht in die kirchliche Selbstverwaltung eingreifen. Es gibt keine Staatskirche und keine Staatsreligion.

Das Gesetz sieht für Frauen den gleichen Rechtsstatus und die gleichen Rechte wie für Männer vor, und die Behörden behandeln Frauen im Allgemeinen gleichberechtigt. Frauen sind jedoch häufig geschlechtsspezifischen Benachteiligungen in Politik, Wirtschaft, Bildung und Erziehung ausgesetzt. Trotz der Verabschiedung von Gesetzen zum Schutz vor häuslicher Gewalt ist häusliche Gewalt gegen Frauen nach wie vor weit verbreitet, kommt aber nur selten zur Anzeige. Frauen, die Schutz suchen, können sich zwecks Unterbringung in einem Frauenhaus an die zuständigen Zentren für Sozialarbeit oder in Notfällen an die Polizei wenden.

Die Freiheit, sich innerhalb des Landes frei zu bewegen, zu reisen, zu emigrieren und wieder zurückzukehren ist gesetzlich garantiert, wobei es jedoch in der Praxis zu gewissen Einschränkungen kommen kann.

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, Kleidung, Heizmaterial und Strom ist landesweit sichergestellt, insgesamt ist der Lebensstandard der Gesamtbevölkerung dennoch niedrig. Die Höhe der Sozialhilfe ist nicht einheitlich und beträgt 15 % (Republika Srpska) bis 20 % (Föderation) des jeweiligen Durchschnittslohns, sie kann jedoch oft nicht ausgezahlt werden. 20 % der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Die soziale Situation hat sich durch die Covid-19-Pandemie noch einmal verschärft; viele Menschen haben ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen verloren.

Alle Bürger in Bosnien und Herzegowina haben das Recht auf Sozialversicherung (beinhaltend Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung). Alle Arbeitstätigen, Rentner und als arbeitslos gemeldete Personen sind gesetzlich krankenversichert. Es gibt Krankheiten, die auch in den besten Spitälern nur eingeschränkt oder nicht behandelt werden können (z.B. Kinderonkologie, Kinderkardiochirurgie, Herz- und Lebertransplantationschirurgie). Die medizinische Versorgung im öffentlichen Gesundheitssektor ist nicht vollständig kostenlos. Abhängig von der Form der medizinischen Behandlung müssen kleine Beträge selbst übernommen werden. Der für viele Gesundheitsleistungen zu erbringende Eigenanteil an den Kosten kann zu einer eingeschränkten Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen führen. Das Konzept der psychiatrischen Behandlung wurde den veränderten Bedürfnissen und modernen westeuropäischen Konzepten und Behandlungsansätzen angepasst. Es werden verschiedene Behandlungen für ein breites Spektrum von psychischen Erkrankungen angeboten, darunter auch Psychotherapie, Gruppen- und Spieltherapien. Es bestehen sowohl staatliche als auch reichlich private Apotheken. Auf Rezept können Medikamente der „Essential Drug List“ in staatlichen Apotheken kostenlos bezogen werden. In privaten Apotheken ist die überwiegende Mehrheit der Medikamente vorhanden.

In Bosnien und Herzegowina herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.

Die COVID-19-Pandemie tritt in Bosnien und Herzegowina seit Anfang März als Teil der weltweiten Pandemie auf. Der deshalb seit 17.03.2020 landesweit ausgerufene Katastrophenzustand ist noch immer im Kraft. Seit 12.09.2020 ist allen ausländische Staatsbürger unter Vorlage eines negativen SARS-COV-Testzertifikats, welches nicht älter als 48 Stunden sein darf, die Einreise gestattet. Alle Grenzübergänge mit Kroatien, Serbien und Montenegro sind für den Güterverkehr offen. Der Güterverkehr kann ohne größere Probleme abgewickelt werden. Die internationalen Flughäfen in Bosnien und Herzegowina haben am 01.06.2020 den Betrieb für kommerzielle Flüge wieder aufgenommmen. Ab 01.08.2020 können aus Bosnien und Herzegowina abfliegende und zur Beförderung von Personen dienende Luftfahrzeuge in Österreich wieder landen. Die AUA hat ab 01.08.2020 ihren regelmäßigen Flugbetrieb zwischen Wien und Sarajevo wieder aufgenommen. In Bosnien und Herzegowina ist die Anzahl der Neuerkrankungen an COVID-19 seit Oktober wieder sehr stark angestiegen und erreicht nunmehr über 1500 pro Tag, da mittlerweile mehr als 40% aller durchgeführten PCR-Tests positiv sind. Dies ist deutlich mehr als etwa im April 2020. Dem Vernehmen nach nähert sich die Auslastung der Intensivbetten in Teilen des Landes der Sättigung. Der Krisenstab der Föderation hat die Bevölkerung zur Vermeidung von öffentlichen Versammlungen und Bewegungseinschränkung aufgefordert. Das föderale Gesundheitsministerium hat am 17.07.2020 den Epidemiezustand auf dem gesamten Gebiet der Entität ausgerufen (vgl. https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-bosnien-herzegowina.html, https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Bosnien_und_Herzegowina, Zugriff jeweils am 27.10.2020).

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts.

Die Feststellungen basieren insbesondere auf den Angaben der BF bei ihrer Erstbefragung, und bei der Einvernahme durch das BFA. Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Geburtsort gehen aus ihrem Reisepass und dem Auszug aus dem Heiratseintrag hervor, die dem BVwG in Kopie vorliegen. Ihre Religionszugehörigkeit und ihre Kinderlosigkeit gab sie bei der Erstbefragung und vor dem BFA übereinstimmend an.

Die BF bezeichnete Bosnisch als ihre Muttersprache und gab (angesichts wiederholter Inlandsaufenthalte glaubhaft) an, auch ein wenig Deutsch zu sprechen. Das Verfahren hat keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit der BF ergeben. Die Feststellungen zu ihrer Ausbildung und zur früheren Erwerbstätigkeit in ihrem Herkunftsstaat basieren auf ihren plausiblen Angaben dazu bei der Erstbefragung und vor dem BFA, ebenso die Feststellungen zu ihrer Herkunftsfamilie.

Die Beziehung der BF zu ihrem Ehemann wird anhand ihrer Schilderung und dem entsprechenden Auszug aus dem Heiratseintrag des Standesamts XXXX festgestellt. Frühere Besuche der BF in Österreich werden auch durch das Zentrale Melderegister (ZMR) belegt, in dem Wohnsitzmeldungen zwischen XXXX und XXXX , zwischen XXXX und XXXX sowie zwischen XXXX und XXXX aufscheinen, ebenso durch die Grenzkontrollstempel in ihrem Reisepass. Die letzte Einreise der BF erfolgte demnach Anfang XXXX ; seit XXXX besteht laut ZMR eine Hauptwohnsitzmeldung an der Adresse ihres Ehemanns.

Die Gründe für das Verlassen ihres Herkunftsstaats werden anhand der Angaben der BF festgestellt, für die sowohl bei der Erstbefragung als auch bei der Einvernahme vor dem BFA erkennbar im Vordergrund stand, dass sie in Österreich mit ihrem Mann zusammenleben möchte. Die Aussage, sie könne nicht mehr nach Bosnien und Herzegowina zurück, weil ihr Leben dort in Gefahr sei, konkretisierte sie auf eine entsprechende Nachfrage dahingehend, dass sie keine Bleibe habe und auf der Straße leben müsse, wo ihr Übergriffe (wie z.B. Angriffe von Tieren, Vergewaltigung) drohen würden. Es ist aber nicht glaubhaft, dass die BF nach ihrer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina obdachlos wäre und auf der Straße leben müsste, zumal es auch dort (bescheidene) Sozialleistungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Wohnungsnot gibt (was sich schon daran zeigt, dass die Mutter der BF, die nur eine geringe Pension bezieht, in XXXX in einer „Gemeindewohnung für Sozialfälle“ wohnt). Außerdem hat die BF (auch nach dem Recht von Bosnien und Herzegowina) einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann, der er trotz seiner aktuellen Arbeitslosigkeit auch nach ihrer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina von Österreich aus nachkommen kann, nicht glaubhaft. Es ist daher nicht zu befürchten, dass die BF bei ihrer Rückkehr in Bosnien und Herzegowina mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Obdachlosigkeit (und damit allenfalls zusammenhängenden Übergriffen) ausgesetzt wäre.

Die Unbescholtenheit der BF geht aus dem Strafregister hervor. Indizien für eine in Österreich ausgeübte Erwerbstätigkeit oder ein ehrenamtliches Engagement der BF sind nicht aktenkundig. Ihre finanzielle Lage und die Unterstützung durch ihren Ehemann werden anhand ihrer Angaben im Asylverfahren festgestellt.

Die BF stellte Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Organen in ihrem Herkunftsstaat vor dem BFA ausdrücklich in Abrede. Bei der Erstbefragung hatte sie die Frage nach im Fall ihrer Rückkehr in ihren Heimatstaat drohenden Sanktionen sowie nach Hinweisen auf eine ihr dort drohende unmenschliche Behandlung oder Strafe verneint. Eine asylrelevante Verfolgung wurde von ihr trotz entsprechender, darauf gerichteter Fragen im gesamten Verfahren nie behauptet; auch in der Beschwerde wird kein entsprechendes Tatsachenvorbringen erstattet. Abgesehen von dem Wunsch nach einem Zusammenleben mit ihrem Ehemann in Österreich nannte die BF in diesem Zusammenhang lediglich (nicht näher konkretisierte) Probleme mit ihrer (angeblich aufgrund einer psychischen Erkrankung aggressiven) Mutter und die in Bosnien und Herzegowina befürchteten Obdachlosigkeit samt weiteren, damit einhergehenden Problemen. Die Feststellung, dass bei ihrer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina nicht zu erwarten ist, dass sie in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten würde und nicht konkret zu befürchten ist, dass sie dort keine Lebensgrundlage mehr vorfinden würde, kann auch deshalb getroffen werden, weil sie nicht gleich nach ihrer Ankunft in Österreich internationalen Schutz beantragte (wie dies bei einer wohlbegründeten Furcht um ihr Leben zu erwarten wäre), sondern erst gegen Ende der zulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer.

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in Bosnien und Herzegowina beruhen auf den von der BF nicht konkret beanstandeten Länderinformationen der Staatendokumentation, die unter detaillierter Angabe der jeweiligen Quellen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen wurden. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die BF behauptet in der Beschwerde ohne nähere Begründung, dass das BFA seiner Entscheidung keine einschlägigen und aktuellen Länderberichte zugrunde gelegt habe. Da das BFA bei seinen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Bosnien und Herzegowina zahlreiche aktuelle Quellen (vielfach aus dem Jahr 2020) herangezogen hat, ist dieser Vorwurf unbegründet, zumal die Beschwerde nicht aufzeigt, inwieweit sich die Situation in der Zwischenzeit entscheidungswesentlich geändert hat, und in Bosnien und Herzegowina keine so volatile Sicherheitslage besteht, die die Auseinandersetzung mit noch aktuelleren Situationsberichten erforderlich gemacht hätte. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen.

Die Feststellung, dass in Bosnien und Herzegowina keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen herrschen, beruht auf dem Fehlen jeglicher Berichte über derartige Konflikte.

Die Feststellungen zur Situation in Bosnien und Herzegowina im Zusammenhang mit der aktuellen Corona-Pandemie und zu den Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung basieren auf übereinstimmenden Medienberichten und auf den angegebenen Websites verlässlicher Stellen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974, kurz GFK) droht.

Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Die Aufzählung der sogenannten „Konventionsgründe“ ist abschließend.

Unter „Verfolgung“ ist ein ungerechtfertigter Eingriff in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350), dessen Intensität es dem Betroffenen unzumutbar macht, den Schutz seines Heimatstaats in Anspruch zu nehmen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0092). Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als Verfolgung in diesem Sinn anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (VwGH 15.12.2015, Ra 2014/18/0118-0119).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staats kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrechtliche Intensität erreichenden – Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (zuletzt VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).

Die von der BF angegebenen Gründe für ihre Ausreise haben keinen Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, politische Gesinnung), sodass schon diese Voraussetzung für die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten nicht erfüllt ist. Sie hat auch keine Eingriffe vorgebracht, die die Intensität einer Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK erreichen. Außerdem gilt Bosnien und Herzegowina gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 1 HStV als sicherer Herkunftsstaat, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Trotz gewisser Mängel gibt es keine Hinweise darauf, dass der BF in Bosnien und Herzegowina systematisch staatlicher Schutz vor Übergriffen verweigert würde. Da sie erwachsen und gesund ist, keiner vulnerablen Personengruppe angehört und eine abgeschlossene Ausbildung sowie Berufserfahrung hat, ist nicht konkret zu befürchten, dass sie an dem in Bosnien und Herzegowina grundsätzlich vorhandenen staatlichen Sicherheitssystem nicht wirksam teilhaben könnte.

Die BF hat demnach bei ihrer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina keine asylrelevante Verfolgung zu befürchten und wird mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von den dortigen Behörden ausreichend Schutz vor allfälliger Verfolgung und vor der Zufügung ernsthafter Schäden erhalten. Da keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit von ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus einem Konventionsgrund bei der Rückkehr der BF in ihren Herkunftsstaat besteht, ist die Abweisung ihres Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten durch das BFA nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

Bei der Beurteilung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, die eine ganzheitliche Analyse der möglichen Gefahren erfordert und sich auf die persönliche Situation der Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob sie in ihrem Herkunftsstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Dies ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen; die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK reicht nicht aus. Wenn im Herkunftsstaat einer Asylwerberin eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, die ein solches Ausmaß erreicht, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich ist, dass auch sie tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltakts sein wird, liegen stichhaltige Gründe für die ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit bei der Rückführung in diesen Staat vor. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit der Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere, in der persönlichen Situation der Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer Art 2 oder Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die die BF bei der Rückkehr in ihr Heimatland vorfinden würde, reicht für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Voraussetzung für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist, dass eine konkrete, die Asylwerberin betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung oder Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und -fähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).

Ausgehend davon ist der BF auch kein subsidiärer Schutz zu gewähren. In Bosnien und Herzegowina ist die Todesstrafe abgeschafft. Es besteht keine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Bei ihrer Rückführung droht keine konkrete Gefahr, dort das Leben zu verlieren, Folter oder einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt zu sein.

Da die BF einen Unterhaltsanspruch gegen ihren in Österreich lebenden Ehemann hat, dem dieser auch nach ihrer Rückkehr von Österreich aus (etwa in Form von Geldunterhaltszahlungen) nachkommen kann, ist trotz seines aufgrund der Arbeitslosigkeit reduzierten Einkommens nicht zu befürchten, dass sie dort keine Lebensgrundlage mehr vorfindet, auch wenn sie nicht mehr in der Wohnung ihrer Mutter wohnen kann. Da sie gesund und arbeitsfähig ist, kann sie angesichts ihrer Ausbildung und Berufserfahrung auch selbst zu ihrem Lebensunterhalt beitragen kann. Schwierigkeiten bei der Wohnraumsuche in Bosnien und Herzegowina sowie allfällige finanzielle Probleme rechtfertigen die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls nicht. Die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten wegen des Fehlens jeglicher Lebensgrundlage im Herkunftsstaat und der Unmöglichkeit, dort die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz zu decken, kommt nur unter exzeptionellen Umständen in Betracht (siehe etwa VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006), wie sie bei der Rückkehr der BF nach Bosnien und Herzegowina nicht anzunehmen sind.

Es wurde bereits dargelegt, dass die staatlichen Behörden in Bosnien und Herzegowina ausreichend schutzfähig und -willig sind. Die BF ist eine gesunde Frau in einem erwerbsfähigen Alter, die bis Juni 2020 in Bosnien und Herzegowina lebte und dort auch eine Ausbildung und Berufserfahrung gemacht hat. Sie ist als nicht besonders schutzbedürftig anzusehen, sodass es ihr möglich sein wird, sich durch Unterhaltsleistungen ihres Ehemanns, eigene Erwerbstätigkeit, Inanspruchnahme karitativer Hilfsleistungen oder staatlicher Sozialhilfeleistungen in Bosnien und Herzegowina eine Existenz aufzubauen. Es ist demnach nicht zu befürchten, dass ihr bei der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Bosnien und Herzegowina - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage – nicht vor. Auch aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie ergibt sich nicht, dass die BF, die keiner bekannten Risikogruppe angehört, bei ihrer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Gefahr iSd Art 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre, zumal von den dortigen Behörden Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Pandemie getroffen wurden, die mit denen in anderen europäischen Staaten vergleichbar sind.

Der BF droht in ihrem Herkunftsstaat somit weder durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder fehlenden Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der gemäß § 8 Abs 1 AsylG zu berücksichtigenden, von der EMRK gewährleisteten Rechte. Daher ist auch die Nichtzuerkennung von subsidiärem Schutz laut Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids rechtskonform.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz zurück- oder abgewiesen wird, der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist gemäß § 58 Abs 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ ist gemäß § 57 Abs 1 AsylG Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Letztlich ist ein solcher Aufenthaltstitel auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO („Schutz vor Gewalt in Wohnungen“) oder nach § 382e EO („Allgemeiner Schutz vor Gewalt“) erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt der BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet iSd § 46a FPG. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sie Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde. Ein Aufenthaltstitel nach § 57 Abs 1 Z 3 AsylG aufgrund von in Bosnien und Herzegowina erlittener Gewalt wäre nur dann zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich, wenn dort kein ausreichender staatlicher Schutz vor derartigen Bedrohungen bestünde (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0023). Zur ausreichenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs 1 AsylG liegen daher nicht vor, sodass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids bestätigt werden kann.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung über die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem achten Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird und auch kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Eine Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 2 AsylG ist hier ebensowenig erfolgt wie eine Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 3a AsylG.

Da die Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben der BF eingreift, ist sie gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Die BF hält sich erst seit kurzem in Österreich auf. Das Gewicht des Familienlebens mit ihrem in Österreich lebenden Ehemann wird dadurch relativiert, dass sie sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus iSd § 9 Abs 2 Z 8 BFA-VG bewusst sein musste, auch wenn man berücksichtigt, dass ihr Aufenthalt aufgrund der vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung als Asylwerberin rechtmäßig war. Eine Trennung der BF von ihrem Ehemann ist zwar (worauf die Beschwerde zu Recht hinweist) nicht schon wegen des Zustandekommens des Familienlebens während unsicheren Aufenthalts gerechtfertigt, wohl aber deshalb, weil dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug“ ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (siehe VwGH 30.04.2020, Ra 2019/21/0134). Dies zeigt sich insbesondere daran, dass die BF ihren (erfolglosen) Asylantrag in erster Linie mit dem Wunsch, mit ihrem Ehemann in Österreich zusammenzuleben, begründete, und nie einen Aufenthaltstitel nach dem NAG beantragte. Abgesehen von rudimentären Deutschkenntnissen liegen keine konkreten Integrationsbemühungen vor, sodass im Ergebnis mit der Rückkehrentscheidung kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privat- und Familienleben der BF verbunden ist. Sie hat nach wie vor gemäß § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG relevante Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat, wo sie bis vor kurzem noch lebte, sodass es ihr nach ihrer Rückkehr trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation (allenfalls mit der Unterstützung ihres Ehemanns) möglich sein wird, dort ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften (siehe VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0284). Es ist der BF zumutbar, das Familienleben mit ihrem Ehemann wieder (wie vor der nunmehrigen Einreise in das Bundesgebiet) im Rahmen wechselseitiger Besuche und bei visumfreien Aufenthalten im Bundesgebiet aufrecht zu halten und für einen dauernden Aufenthalt in Österreich einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu beantragen. Ihre strafrechtliche Unbescholtenheit vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253). Den Behörden anzulastende überlange Verfahrensverzögerungen iSd § 9 Abs 2 Z 9 BFA-VG liegen nicht vor.

Dem Interesse der BF an einem Verbleib im Inland steht das große öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen und an einem geordneten Vollzug fremdenrechtlicher Vorschriften gegenüber, dem im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt und das grundsätzlich verlangt, dass Asylwerber nach negativer Erledigung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Bundesgebiet wieder verlassen (siehe VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0062). Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das BFA zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der BF im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib überwiegt. Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK somit im Ergebnis nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die eine Rückkehrentscheidung (vorübergehend oder auf Dauer) unzulässig erscheinen ließen, sodass Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden ist.

Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für diese Feststellung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Da keiner dieser Tatbestände hier erfüllt ist, ist die Abschiebung der BF nach Bosnien und Herzegowina zulässig, zumal kein anderer Staat als Zielstaat der Abschiebung in Betracht kommt.

Wird in einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz im Zusammenhang mit einer Rückkehrentscheidung eine amtswegige Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG getroffen, so ist diese Feststellung, soweit sie sich auf den Herkunftsstaat bezieht, (wegen der inhaltlichen Übereinstimmung des Prüfungsmaßstabs) nur die Konsequenz der Nichtgewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz. In dieser Konstellation kommt ihr demnach nur die Funktion zu, den Zielstaat der Abschiebung festzulegen (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

Zu den Spruchpunkten VI. und VII. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG kann das BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz unter anderem dann die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn die Asylwerberin aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (Z 1). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG setzt eine Abwägung der dafür und dagegen sprechenden Interessen voraus. Dabei ist das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung von Asylwerbern, die aus einem sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 Abs 5 BFA-VG iVm § 1 HStV kommen, den im Einzelfall allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen gegenüberzustellen (VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146). Anhaltspunkte dafür, dass hier konkret zu berücksichtigende private Interessen vorliegen, die das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen, sind nicht hervorgekommen, zumal sie bei ihrem Antrag auf internationalen Schutz keine Verfolgungsgründe vorgebracht hat (§ 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG).

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Solche Gründe liegen hier nicht vor. Es wurde bereits dargelegt, dass keine Gefährdung der Art 2, 3 und 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK durch die Rückführung der BF in ihren Herkunftsstaat anzunehmen ist. Der Beschwerde ist die aufschiebende Wirkung daher nicht zuzuerkennen.

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise unter anderem dann nicht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. In Verfahren, in denen die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom BFA aberkannt wurde und in denen keine Zuerkennung durch das BVwG gemäß § 18 Abs 5 BFA-VBG erfolgt, ist daher keine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Die Spruchpunkte VI. und VII. des angefochtenen Bescheids sind daher ebenfalls zu bestätigen.

§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung selbst dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten der BF sprechenden Fakten auch dann für sie kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihr einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Dies ist hier der Fall, zumal auch in der Beschwerde kein ergänzendes Tatsachenvorbringen erstattet wird, das die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung notwendig machen würde.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG bei der vorliegenden Einzelfallentscheidung an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

gesteigertes Vorbringen Interessenabwägung mangelnde Asylrelevanz non refoulement öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung wirtschaftliche Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2236318.1.00

Im RIS seit

14.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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