Entscheidungsdatum
02.11.2020Norm
AVG §38Spruch
W282 2220473-1/32Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA.: Serbien, vertreten durch RA Mag. German BERTSCH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg vom XXXX 2019, Zl. XXXX :
A)
Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Beendigung des vor dem Landesgericht Feldkirch derzeit als Ermittlungsverfahren geführten Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer zur (derzeitigen) Zahl XXXX bzw. XXXX ausgesetzt.
C)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer (BF) ist serbischer Staatsangehöriger und in Österreich geboren und aufgewachsen. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt oder BFA), Regionaldirektion Wien, vom wurde ggü. dem BF aufgrund einer Vielzahl von strafrechtliche Verurteilungen eine Rückehrentscheidung erlassen, seine Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt und ein Einreiseverbot erlassen. Der BF hat gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben, am 29.09.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.
Über Mitteilung des Bundesamts vom XXXX 2020 hat das Bundesverwaltungsgericht davon Kenntnis erlangt, dass über den BF im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens vor dem LG Feldkirch zur GZ XXXX bzw. XXXX wegen des Verdachts des Verbrechens und der Vergehen des schweren Diebstahls durch Einbruch, des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs, der Urkundenunterdrückung sowie der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1, 15; 148a Abs 1; 229 Abs 1; 241e Abs 1 StGB mit Beschluss des LG Feldkirch vom XXXX 2020 wegen Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr die Untersuchungshaft verhängt worden ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum den angefochtenen Bescheid und der dagegen erhobenen Beschwerde ergeben sich aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichts zu den oben angeführten Geschäftszahlen und den bezughabenden Verwaltungsakten des Bundesamtes in den ggst. Verfahren, sowie aus den dort einliegenden Beschwerdeschriftsätzen.
Die Feststellung, dass gegen den BF ein Straf- bzw. Ermittlungsverfahren vor dem LG Feldkirch zur XXXX bzw. XXXX wegen des Verdachts der in den Feststellungen angegeben Delikte behängt und der BF in Untersuchungshaft genommen wurde, ergibt sich aus der Mitteilung des Bundesamtes (OZ 25), dem von der BH Dornbirn vorgelegten Ermittlungsbericht der LPD Vorarlberg (OZ 30) und dem Beschluss über die Verhängung der Untersuchungshaft durch das LG Feldkirch vom XXXX 2020 (OZ 31)
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A):
Der BF, der auf einen sehr langen Inlandsaufenthalt im Bundesgebiet zurückblicken kann, ist die Frage der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG zu klären.
Maßgeblich für die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung bei Sachverhalten mit sehr langem Inlandsaufenthalten ist die Frage, ob die öffentlichen Interessen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bzw. des geordneten Vollzugs fremdenrechtlicher Vorschriften iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK, durch vom Fremden begangene Straftaten deutlich erhöht ist (vgl. auch § 9 Abs. 2 Z 6 BFA-VG) und ob bei Fällen, die früher unter den nun aufgehobenen § 9 Abs. 4 BFA-VG zu subsumieren waren, eine gravierende Straffälligkeit vorliegt. Der BF weist zahlreiche Vorstrafen wegen Vermögensdelikten, sowie wegen sexueller Belästigung und öffentlicher geschlechtlicher Handlung und weiterer Straftaten auf.
Die Frage, ob der BF jene Straftaten, derentwegen er mit dem Beschluss des LG Feldkirch vom XXXX 2020 in Untersuchungshaft genommen wurde, tatsächlich begangen hat, stellt im ggst. Beschwerdeverfahren eine Vorfrage iSd § 38 AVG dar.
Gemäß § 38 AVG ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG liegt im Ermessen der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichtes. Da ein Strafverfahren im Stande eines Ermittlungsverfahrens vor dem LG Feldkirch zur GZ XXXX bzw. XXXX anhängig ist (vgl. § 1 Abs. 2 StPO) und Sache dieses Verfahrens die Frage der Tatbegehung der dem BF angelasteten jüngsten Straftaten ist, werden die ggst. verbundenen Verfahren gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gegen den BF ausgesetzt.
Zu C):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Vielmehr macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 38 AVG Gebrauch.
Schlagworte
Aussetzung Rückkehrentscheidung Strafverfahren VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W282.2220473.1.00Im RIS seit
14.01.2021Zuletzt aktualisiert am
14.01.2021