TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/30 97/10/0028

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Veröffentlicht am 30.06.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §61 Abs5;
AVG §63 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die

Beschwerde der P, vertreten durch M, Rechtsanwalt in W,

BRD, (gemäß § 4 Abs. 1 EWR-RAG 1992 im Einvernehmen mit Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 9. Jänner 1997, Zl. Senat-NK-96-050, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit einem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 19. September 1996 wurde über die Beschwerdeführerin wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Geschlechtskrankheitengesetz eine Geldstrafe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Stunden) verhängt. In einem Schriftsatz vom 2. Oktober 1996 erklärte die Beschwerdeführerin, gegen das Straferkenntnis Berufung einzulegen. Die Begründung bleibe einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid zurück. Begründend wurde u.a. dargelegt, die Prüfung des Aktes der Bezirkshauptmannschaft ergebe, daß der bekämpfte Bescheid eine genaue, dem Gesetz entsprechende Rechtsmittelbelehrung aufweise, in der das Erfordernis des begründeten Berufungsantrages in einem gesonderten Punkt deutlich sichtbar ausgewiesen sei. Der Schriftsatz der Beschwerdeführerin enthalte nichts, was als begründeter Berufungsantrag angesehen werden könne. Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist könne eine Begründung nicht nachgereicht werden. Wegen des Fehlens eines begründeten Berufungsantrages sei die Berufung daher zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach § 63 Abs. 3 AVG (§ 24 VStG) hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Bei der Auslegung des Begriffes "begründeter Berufungsantrag" soll kein strenger Maßstab angelegt werden. Die Berufung muß aber wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt. Es muß aus der Begründung zumindest erkennbar sein, aus welchen Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zlen. 95/05/0010, 0011).

Das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages stellt - ausgenommen den Fall des § 61 Abs. 5 AVG - einen nicht verbesserbaren inhaltlichen Mangel der Berufung dar, der zu ihrer Zurückweisung führt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/06/0226).

Nach § 61 Abs. 5 AVG gilt das Fehlen eines begründeten Rechtsmittelantrages als Formgebrechen (§ 13 Abs. 3), wenn der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages enthält.

Mit dem Schriftsatz der Beschwerdeführerin wurde die Begründung der Berufung einem späteren Schriftsatz vorbehalten; einen Berufungsantrag enthält der Schriftsatz ebenfalls nicht. Es ist somit nicht zweifelhaft, daß der Schriftsatz dem Inhaltserfordernis eines "begründeten Berufungsantrages" im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG nicht entspricht.

Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß die Berufung einen begründeten Berufungsantrag nicht aufweise. Ebensowenig wird die Feststellung des angefochtenen Bescheides bekämpft, wonach in der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Bescheides auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages (in einem gesonderten Punkt und deutlich sichtbar) hingewiesen wurde.

Mit dem Beschwerdevorbringen, es "verschließe" sich der Beschwerdeführerin, warum eine schriftliche Berufungsbegründung nicht einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten sein könne, und den Hinweisen auf entsprechende Regelungen deutscher Gesetze, kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf der Grundlage der von der belangten Behörde anzuwendenden Verfahrensnormen nicht aufgezeigt werden. Daß die Beschwerdeführerin - wie sie vorträgt - "keine Kenntnis des AVG Österreich" hatte, vermag nichts daran zu ändern, daß die belangte Behörde nach den Vorschriften des AVG vorzugehen hatte.

Auch die Auffassung der Beschwerde, die dem erstinstanzlichen Bescheid beigegebene Rechtsmittelbelehrung sei "unzulässig", weil "Hinweise auf das AVG Österreich" fehlten, ist angesichts der oben wiedergegebenen Feststellung über den Inhalt der Rechtsmittelbelehrung nicht zu teilen. Von dieser Feststellung ausgehend liegen die in § 61 Abs. 5 AVG normierten Voraussetzungen nicht vor, unter denen das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages als (verbesserbarer) Formmangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG zu behandeln ist. Das Gesetz schreibt der Behörde nicht vor, ihre Rechtsmittelbelehrung durch Hinweise auf die einschlägigen Vorschriften zu begründen.

Da somit bereits die Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Verbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren Fehlen des begründeten Rechtsmittelantrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997100028.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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