TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/13 W119 2196701-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.11.2020
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Entscheidungsdatum

13.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §53
FPG §55 Abs2

Spruch

W119 2196701-1/44E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX auch XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.4.2018, Zl. 1101384408/160037338, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 Abs. 1 Z 3, 13 Abs. 2, 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 52 und 53 FPG abgewiesen.

II. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

Der zum Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährige Beschwerdeführer stellte am 8.1.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die Erstbefragung fand am 9.1.2016 statt, die Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) am 5.10.2016 und am 3.4.2018.

In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zunächst im Wesentlichen an, der Volksgruppe der Hazara und dem schiitischen Glauben anzugehören, in der Provinz Helmand geboren, ledig, Analphabet und zuletzt Gemüseverkäufer gewesen zu sein. Gelebt habe er mit den Eltern, drei Schwestern und zwei Brüdern in Helmand.

Zu den Gründen befragt, warum er sein Herkunftsland verlassen habe, brachte er folgendes vor:

„Die Taliban wollten mich zum Kampf rekrutieren. Vor 1 ½ Monaten haben die Taliban mit einer Kalaschnikow auf mich geschossen. Ich wurde dabei am Rücken getroffen. Am Kopf habe ich dadurch einen Splitter abbekommen. Eine Wunde am Rücken ist noch zu sehen. Der Splitter im Kopf ist immer noch drinnen ich habe dadurch immer leichte Kopfschmerzen. Vor 1 Jahr haben die Taliban mich angehalten und behaupteten ich hätte bei den Wahlen meine Stimme abgegeben und deswegen haben sie meine Fingerkuppel meines linken Zeigefingers abgeschnitten. Darum floh ich aus meinem Heimatland.“

Am 22.6.2016 wurde der Beschwerdeführer einer Volljährigkeitsbeurteilung durch einen medizinischen Sachverständigen unterzogen und auf dieser Basis sein spätestmögliches Geburtsdatum wie im Spruch erstgenannt errechnet.

In seiner Einvernahme beim Bundesamt legte der Beschwerdeführer Deutschkursbestätigungen vor, sowie eine Verordnung bezüglich eines Hörgerätes. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara und dem schiitischen Glauben an und habe seine Dokumente im Meer verloren. Geboren sei der Beschwerdeführer in einem näher genannten Dorf im Distrikt XXXX in der Provimz Ghazni, zuletzt habe er im Distrikt XXXX in Helmand gelebt.

Seinen engeren Familienmitgliedern gehe es gut, ungefähr alle 20 Tage rufe er einmal an. Bis zu seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Vater am Feld gearbeitet, jetzt verkaufe dieser Brot und Metall im eigenen Garten. Eltern und Geschwister seien alle im Heimatdorf wohnhaft. Seine Mutter habe in Afghanistan drei Brüder, zwei davon in XXXX , sein Vater habe eine Schwester in Pakistan, die restlichen Verwandten befänden sich in Afghanistan, Cousins und Cousinen. Eine Zeit lang habe der Beschwerdeführer mit seiner Familie auch in XXXX gewohnt, wo sie noch immer ein Haus und ein landwirtschaftliches Grundstück besitze.

Aufgefordert, seine Fluchtgründe zu nennen, brachte der Beschwerdeführer zunächst folgendes vor:

„Wir hatten keine Sicherheit und konnten nicht zur Schule gehen. Jedes Mal sind die Leute von den Taliban zu meinem Vater gekommen. Ich sollte für sie kämpfen. Freiheit hatten wird keine. Einige Mal haben mich die Taliban Leute mitgenommen. Ich habe am Krieg teilgenommen. Ich hatte keine Ausbildung. Ich habe nur am Land gearbeitet. Zweimal im Krieg bin ich sehr verletzt worden. Beim zweiten Mal war ich wirklich sehr stark verletzt. Sie haben gesagt ich solle das Land verlassen, ansonsten würde ich getötet werden. Ich habe die Kugel die ich im Kopf hatte erst hier in Österreich in Graz entfernen lassen. Ich war nicht der einzige den die Taliban mitgenommen haben. Auch den Nachbarsjungen und andere. Von jeden Haus einen Burschen. Sie haben gesagt, die Taliban kämpfen für den Jihad. Mein bester Freund ist dort im Krieg getötet worden. Ich hatte dort natürlich keine Zukunft. In meinem Alter nur Krieg. Da wollte ich nicht mehr bleiben. Einmal auf dem Weg zum Feld in XXXX von XXXX wurde ich von Taliban aufgehalten. Das war zu dieser Zeit wo die Wahlen waren, das war vor zwei Jahren. Es war wo es warm war. Es war viel Arbeit am Feld. Das war vor dem Ramadan. Da wurden wir aufgehalten. Das war vor der Stadt. Sie haben uns sehr schlecht behandelt. Sie sagten wir seien Verräter. Sie haben mich beschimpft weil ich Hazara bin. Sie haben mir meine Fingerkuppe abgehackt.“

Als er das erste Mal zu einem Einsatz mitgenommen worden sei, hätten ihm die Taliban eine Kalaschnikow in die Hand gedrückt, ihn in einen anderen Stadtteil gefahren und ihm dort mitgeteilt, dass sie den Kampf gewonnen hätten und er wieder nach Hause gehen könne. Beim zweiten Mal sei er um 2:00 Uhr morgens von den Taliban aufgeweckt und in einen anderen Ort gebracht worden. Es hätte ihm gefallen, wie die Schüsse gefallen seien. Man habe ihn angewiesen, von einem Hügel aus nach unten zu schießen. Dann habe er am Tag gesehen, wie viele Menschen tot bzw. schwer verletzt seien. Nach drei Tagen hätten sie den Beschwerdeführer wieder nach Hause gebracht. Das dritte Mal sei um 16:00 Uhr am Nachmittag gewesen, der Beschwerdeführer habe ein größeres Maschinengewehr gehabt und ein Freund habe von hinten mit einer Panzerfaust geschossen. Da diese nahe an seinem Ohr gewesen sei, sei der Beschwerdeführer seitdem an diesem Ohr taub. Zudem habe er von einem Mörserangriff der Gegner einen Splitter abbekommen, wozu er eine Verletzung am Fuß zeigte. Auch hier wäre es gegen Regierungstruppen gegangen. Weil der Beschwerdeführer verletzt gewesen sei, hätte ihn ein Taliban zum Stützpunkt zu einem Arzt gebracht, der den Splitter aus seinen Fuß entfernt habe. Anschließend habe der Beschwerdeführer alle Waffen abgegeben und sei wieder nach Hause zu seinen Eltern zurückgekehrt. Bei seinem vierten und letzten Einsatz wäre es wieder gegen die Regierung und gegen amerikanische Truppen gegangen. Viele seiner Freunde wären dort gestorben und er habe im Kopf und in der Schulter Splitter abbekommen. Aus Angst habe er seine Waffe zu Boden geworfen und sei weggelaufen, damit ihn keiner der Taliban sehe. Dann hätten ihn die Taliban zu Hause ausgesucht, ihn geschlagen und bemerkt, dass er blutig und verletzt gewesen sei. Daraufhin wären sie nett zu ihm gewesen, hätten ihn in Pakistan verarztet und wieder zu seinen Eltern gebracht. Anschließend sei er mit seinen Eltern nach XXXX in Helmand gegangen und habe von dort aus seine Flucht begonnen. Seine Eltern und Geschwister wären in diesem Ort geblieben, weil diese Gegend sicherer gewesen sei. In diesem Staat hätten die Taliban tagsüber nicht offen herumfahren können. Die Familie habe sogar einen Passierschein der Taliban mitgehabt, um durchgelassen zu werden. Dieser Passierschein habe jedoch nur für 15 Tage gegolten, danach hätten sie wieder zurückgehen müssen. Nach der Ausreise des Beschwerdeführers seien die Taliban ein- oder zweimal bei seinem Vater gewesen und hätten nach dem Beschwerdeführer gefragt.

Bis zu seiner Ausreise sei der Beschwerdeführer der Meinung gewesen, dass die Taliban Recht hätten. Aber seit er hier sei, wisse er, dass es falsch wäre.

Die Taliban hätten kein Problem mit der Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gehabt.

Der Beschwerdeführer wurde am 2.11.2016 wegen eines Verstoßes gegen § 99 Abs. 1b iVm § 5 Abs. 1 StVO (Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand) zu einer Geldstrafe von 1.600,- verurteilt bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Tagen und 15 Stunden.

Am 27.5.2017 (RK) wurde der Beschwerdeführer gem. § 27 (2a) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bedingt, Probezeit 3 Jahre verurteilt.

Am 15.7.2017 (RK) wurde der Beschwerdeführer gem. §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a), 27 (3), 27 (5) SMG sowie §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.

Mit Verfahrensanordnung vom 30.9.2017 wurde dem Beschwerdeführer gem. § 13 Abs. 2 AsylG der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet mitgeteilt.

Am 3.4.2018 wurde der Beschwerdeführer erneut durch das Bundesamt niederschriftlich einvernommen und erklärte zunächst, dass es ihm gut gehe und er keine Medikamente nehme. Nach Rückübersetzung der ersten Einvernahme gab er an, dass im Großen und Ganzen alles richtig sei. Im Kopf habe er einen Splitter gehabt und sei nicht mit einer Kugel im Schulterbereich, sondern rechts unterhalb der Axel verletzt worden. Auch hätten ihm die Taliban das Endglied am linken Zeigefinger abgetrennt, weil sein Finger nach den Wahlen noch mit Farbe bedeckt gewesen wäre.

Derzeit besuche der Beschwerdeführer einen Deutschkurs, habe jedoch noch keine Bestätigungen. Wegen seiner Inhaftierung sei er nicht zu vielem gekommen. Seine Familie befinde sich nach wie vor in ihrem letzten Aufenthaltsort in Afghanistan, zuletzt habe er vor vier Monaten Kontakt gehabt, das Internet funktioniere dort nicht gut. Es gehe ihnen jedoch gut und sie hätten keine Probleme.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkte I. und II.). Es wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA- Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 13 Abs. 2 AsylG habe der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 8.8.2017 verloren (Spruchpunkt IX).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Gefährdung oder Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt sei oder eine solche im Falle seiner Rückkehr zu befürchten habe. Es drohe dem Beschwerdeführer keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, welches einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde. Er sei Österreich mehrfach straffällig geworden und aufgrund seines mehrfachen Verstoßes gegen die österreichische Rechtsordnung müsse er als Wiederholungstäter angesehen werden, weshalb ein Einreiseverbot zu erlassen und der Verlust des Aufenthaltsrechts auszusprechen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid wurde binnen offener Frist Beschwerde erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

Mit Beschluss vom 4.6.2018 erkannte das Bundesverwaltungsgericht der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu (GZ W119 2196701-1/2Z).

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 3.10.2018, am 6.2.2019 und am 9.1.2020 eine mündliche Verhandlung durch.

Dabei gab der Beschwerdeführer zunächst an, in einem näher genannten Dorf in der Provinz Ghazni, im Distrikt XXXX geboren und und ab dem Alter von acht oder neun acht bis neun Jahre lang in Helmand aufgewachsen zu sein. Sein Vater habe in der Landwirtschaft gearbeitet und für die Familie gesorgt. Da es keine ordentliche Arbeit gegeben habe und wegen eines Grundstücksstreites sei die Familie nach Helmand gezogen, wo sie von der Landwirtschaft gelebt habe und auch ein Haus besitze. Dann seien sie („wir“) nach XXXX gezogen, wo sich der Beschwerdeführer jedoch nur kurz aufgehalten hätte, bevor er geflüchtet sei. Zusammengelebt habe der Beschwerdeführer mit seinen Eltern, drei Schwestern und zwei Brüdern.

Aufgefordert, seinen ersten Kontakt zu den Taliban zu schildern, brachte der Beschwerdeführer folgendes vor:

„Ich bin von der Arbeit nach Hause gegangen. Danach sind Taliban zu uns gekommen und haben gesagt, dass im Dorf gekämpft wird und die Leute mitgehen müssten, um sie zu unterstützen. Zu mir haben sie gesagt, dass ich nun erwachsen sei und an ihrer Seite mitkämpfen könnte. Sie nahmen mich mit. Auf dem Weg haben sie mir gesagt, dass die Auseinandersetzung beendet sei und ich wieder nach Hause gehen könne. Ich bin zurückgegangen.“ Gekämpft habe er damals nicht.

Bereits zuvor habe er Kontakt zu den Taliban gehabt, und zwar im Alter von ca. neun Jahren, kurz vor den Wahlen, hätten die Taliban ihn und seine Familie unterwegs von Ghazni nach Helmand aufgehalten und dem Beschwerdeführer einen Finger abgehackt. Da seine Mutter die Burka nicht richtig getragen habe, hätten sie auch seine Eltern geschlagen. „Die Taliban haben meine Mutter wegen ihrer Burka angegriffen. Ich wollte nicht, dass sie meine Eltern schlagen und habe sie zurück geschlagen. Die Taliban hatten so ein Gerät dabei. Sie wollten eigentlich nur meinen Eltern Angst machen, aber es wurde zu fest gedrückt, so dass mein Finger abgehackt wurde.“ Es seien aber ausländische Taliban aus Pakistan gewesen, die Hazara nicht leiden könnten.

Ca. eine Woche später seien die Taliban noch einmal zu ihnen gekommen: „Es war zwei Uhr morgens. Sie haben mich mitgenommen. Sie haben mich auf einen Hügel gebracht und mir gesagt, dass ich von dort hinunterschießen soll. Ich war jung. Ich habe das auch gemacht. Als es hell wurde, bin ich hinuntergegangen und habe gesehen, dass dort mehrere unschuldige Leute tot waren. Ich bin dann zurück nach Hause gegangen. Das hat insgesamt drei bis vier Stunden gedauert.“

Die Taliban hätten aus jedem Haus, in dem sich mindestens zwei junge Leute befunden hätten, eine Person mitgenommen. Dies sei bei ihnen die Regel. Darunter hätten sich auch zwei oder drei mit dem Beschwerdeführer befreundete Hazara befunden, die er jedoch immer nur bei Kampfeinsätzen getroffen und zu denen er keinen engeren Kontakt gehabt habe.

Ca. 10 bis 12 Tage später seien die Taliban wieder ins Dorf gekommen, hätten ihn zu einem anderen Ort gebracht und ihm eine schwere Waffe gegeben. Bei diesem Einsatz wäre alles durcheinander gewesen und ein Freund von ihm sehr nah bei ihm gestanden, als er geschossen habe, weshalb der Beschwerdeführer am linken Ohr taub gewesen sei. Er glaube, dass eine Mörsergranate ganz nah bei ihm explodiert wäre, sodass er eine Verletzung am Bein davongetragen habe. Auch dieser Einsatz habe etwa drei bis vier Stunden gedauert und der Beschwerdeführer habe erst danach nach Hause gehen können. Nach dieser Auseinandersetzung hätten ihn die Taliban zu einem Arzt in seinem Heimatdorf gebracht, wo seine Wunden behandelt worden seien.

Die Taliban seien noch ein viertes Mal zu ihnen gekommen und hätten den Beschwerdeführer zu einem Einsatz gegen das Militär und die Amerikaner gebracht, bei dem er unter dem rechten Arm verletzt worden sei. Danach habe er seine Waffe niedergelegt und sei nach Hause gegangen. Als ihn die Taliban später aufgesucht hätten, hätten sie ihn nach Pakistan gefahren, wo die Verletzung versorgt worden sei. Anschließend hätten sie den Beschwerdeführer wieder nach Hause gebracht und sein Vater um ein Schreiben der Dorfältesten ersucht, damit die Familie das Dorf verlassen und in die Stadt gehen könne.

Zuletzt habe der Beschwerdeführer zu seinem Vater Ende 2017 Kontakt gehabt, damals habe dieser als Tagelöhner gearbeitet und Altmetall verkauft.

In Österreich führe der Beschwerdeführer kein Familienleben, er habe den Alphabetisierungskurs und den A1-Kurs besucht und sei im Jugendcollege gewesen, als er straffällig geworden sei. Nach seiner Entlassung habe er festgestellt, dass all diese Dokumente verschwunden wären. Zudem wäre er auch ehrenamtlich tätig gewesen, habe jedoch alle Bestätigungen verloren.

Am 17.10.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den im Rahmen der Verhandlung vorgehaltenen Länderberichten ein.

Am 6.2.2019 wurde die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt und eingangs seitens der rechtlichen Vertretung des Beschwerdeführers eine Substitutionsverschreibung sowie ein Bericht des Afghanistan Analysts Network „Under the Bridge: The drug addicts´scene in Kabul“ vorgelegt und dem Behördenvertreter zur Einsicht gegeben.

Zunächst erklärte der Beschwerdeführer, keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern zu haben, weil die Taliban in Helmand alle Antennen vernichtet hätten. Seit einem Jahr wisse er nichts mehr von ihnen.

Nachgefragt, aus welchem Anlass ihm der Finger abgehackt worden wäre, gab er an, unterwegs in seinen Ort im Helmand von den Taliban angehalten worden zu sein: „Es waren nicht die Taliban aus unserem Dorf, es waren fremde Taliban. Sie haben mir erklärt, dass ich wie ein Chinese aussehe und, dass ich Schiite bin, weil meine Mutter ihre Burka nicht richtig getragen hat, ihr Gesicht war zu sehen. Deshalb haben mir die Taliban den Finger abgeschnitten.“ Seine Angaben vor dem Bundesamt vom 3.4.2018 vorgehalten, wonach ein Teil des Fingers abgetrennt worden wäre, weil er mit Farbe bedeckt gewesen sei, erwiderte der Beschwerdeführer: „Ich habe bei der ersten Einvernahme und auch bei der zweiten Einvernahme dasselbe gesagt. Auch hier habe ich das letztes Mal gesagt, dass mein Finger mit Farbe gefärbt war und die Taliban haben meinen Finger abgeschnitten.“

Die ganze Familie habe in der Landwirtschaft gearbeitet, das Geld für die Flucht des Beschwerdeführers stamme aus den Ersparnissen.

Bei einer Rückkehr hätte der Beschwerdeführer deswegen Probleme, weil die Taliban hinter ihm her gewesen seien. Da sie an einem Ort gelebt hätten, wo die Taliban mächtig seien, wäre auch die Regierung hinter ihm her.

An seinem letzten Wohnort hätte er keine Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit, aber woanders, und zwar dort, wo er arbeiten und Geld verdienen könne. An seinem letzten Aufenthaltsort gebe es Polizeiposten so wie in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif, aber dort könne er keine Arbeit finden und kein Geld verdienen. Er sei Analphabet und die Grundstücke seines Vaters befänden sich im Heimatdorf. Die Grundstücke in Ghazni wären von den Verwandten des Vaters weggenommen worden.

Seine strafrechtlichen Verurteilungen rechtfertigten der Beschwerdeführer damit, er habe damals deswegen Marihuana verkauft, um Geld für seine Drogenabhängigkeit zu bekommen. Nunmehr erhalte er Geld von der Regierung. Seit August 2018 nehme er am Substitutionsprogramm teil und erhalte fortgesetzt Medikamente. Bis August 2018 habe er Drogen (Heroin) konsumiert.

Am 16.4.2019 langte eine eine Bestätigung des Beschwerdeführers über die Behandlung in einer interaktiven Suchtberatung ein.

Mit Schriftsatz des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.4.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, einen medizinischen Befundbericht über die Art und Weise seiner Behandlung in der Integrativen Suchtberatung vorzulegen und überdies mitzuteilen, wie lange diese Behandlung voraussichtlich in Anspruch nehmen werde.

Am 20.11.2019 langten beim Bundesverwaltungsgericht eine Bestätigung darüber, dass der Beschwerdeführer seit 20.9.2018 in medizinischer und psychosozialer Behandlung wegen seines Abhängigkeitssyndroms durch Opicide stehe, sowie eine Rezeptbestätigung ein.

Am 9.1.2020 erfolgte die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung der integrativen Suchtberatung, sowie eine Bestätigung der Apotheke, wonach er am heutigen Tag seine Medikation eingenommen hat, vor und erklärte dazu, Methadon zu nehmen und deshalb jeden Tag zur Apotheke gehen zu müssen.

Er könne sich vorstellen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Kontakt zu seinen Eltern wäre nach wie vor nicht möglich.

In der letzten Einvernahme habe er manche Sachen nicht gesagt bzw. anderes vorgebracht. In Afghanistan habe er auch Probleme wegen seiner Sucht gehabt. Wenn es ihm nicht gut gehe, verletzte er sich selbst, weswegen er auch Probleme mit den Taliban gehabt habe. Darüber habe er bisher deswegen nichts erzählt, weil er nicht gewollt habe, dass die Leute hier von seiner Drogenabhängigkeit wüssten. „Deshalb habe ich ein paar Sachen bei meiner ersten und zweiten Einvernahme falsch gesagt, bzw. nicht gesagt.“

Er besuche einen Verein zur integrativen Suchtberatung und sprechen dort über seine Probleme, er bekomme Medikamente und ihm werde erklärt, wie er seine Probleme lösen könne. Zuvor habe er Substitol verwendet, jetzt nehme er Methadon aus der Apotheke. Weiters erhalte der Beschwerdeführer Methasan (40 mg einmal täglich). Darüber hinaus konsumiere er keine Medikamente.

Nach Hause könne er nicht zurückkehren, er habe nicht nur mit privaten, sondern auch mit staatlichen – bereits pensionierten – Personen Probleme: „Wir wollten Stoff nehmen, wir waren bei einem Drogenhändler, dann sind die aus der Regierung gekommen.“ Damit meine er die Polizei. Drogenabhängige würden geschlagen und müssten dann für die Polizei arbeiten. Sie („Wir“) seien 15 Personen gewesen. Die Polizisten hätten sie mitgenommen und ihnen mitgeteilt, sie müssten entweder einen Brunnen graben oder ins Gefängnis gehen. Dann sei der Kommandant gekommen und habe ihnen erlaubt, nach Hause zu gehen, jedoch hätten sie ihre Adressen bekannt geben müssen. Dieser Kommandant sei ein paar Mal zu ihnen nach Hause gekommen und habe auch Minderjährige bei sich gehabt. Viele Leute aus Helmand oder Kandarhar würden junge Leute als Lustknaben nutzen.

Eines Tages sei ein Mann zu Ihnen nach Hause gekommen und habe seinen Eltern gesagt, dass er den Beschwerdeführer haben wolle, dieser sei sowieso drogenabhängig und mache nur Probleme. Er habe den Beschwerdeführer in ein Haus gebracht, ihm Geld und Drogen gezeigt und erklärt, er würde ihm Geld geben, wenn der Beschwerdeführer mit ihm „das“ mache. Nach einer Viertelstunde Bedenkzeit habe er dem Beschwerdeführer Geld und Drogen gegeben, der Beschwerdeführer ihn mit einem herumliegenden Ziegel in den Nackenbereich geschlagen, habe das Geld dort gelassen und sei mit den Drogen geflüchtet. Als der Beschwerdeführer nach Hause zurückgekehrt sei, sei das Auto dieser Person, eines Dorfpolizisten (Arbaki), bereits dort gestanden und der Beschwerdeführer zu Fuß weiter zum Bahnhof gegangen. Der Besitzer des dortigen Hotels habe auch einmal für die Regierung gearbeitet und sei mit dem Kommandanten, den der Beschwerdeführer geschlagen habe, verwandt gewesen. Dieser hätte all seinen Freunden bekanntgegeben, dass so ein Hazara wie der Beschwerdeführer unterwegs sei und sein Geld gestohlen habe, nicht 10€, sondern 1000€. Der Hotelbesitzer habe diesen Kommandanten benachrichtigt, aber der Beschwerdeführer sei schnell in einen 15 Minuten entfernten Ort geflüchtet. Der Kommandant habe den Verwandten und Nachbarn des Beschwerdeführers gesagt, dass er diesem habe helfen wollen, der Beschwerdeführer ihn jedoch geschlagen und sein Geld gestohlen hätte. Alle hätten geglaubt, dass der Beschwerdeführer schuld wäre, sich bereit erklärt, die Summe zurückzuerstatten und dem Beschwerdeführer zum Kommandanten zu bringen, wenn sie seiner habhaft würden. Der Onkel väterlicherseits habe dem Kommandanten versprochen, den Beschwerdeführer zu finden und seine Eltern aufgefordert, dem Beschwerdeführer etwas zu geben, damit er sterbe und sie keine Probleme mehr mit dem Kommandanten hätten. Sein Vater habe dem Onkel erklärt, dass der Beschwerdeführer krank und nicht schuld sei und man könnte das Ganze so regeln, dass man dem Kommandanten sein Geld gebe. Damit sei der Onkel jedoch nicht einverstanden gewesen.

Auf Vorhalt hin, dass er sein Fluchtvorbringen nunmehr komplett geändert habe, antwortete der Beschwerdeführer: „Ja, ich habe vieles falsch gesagt.“

In Österreich habe der Beschwerdeführer den A1 Kurs besucht, jedoch kein Zertifikat erlangt. Er führe hier kein Familienleben, habe keine Verwandten, übe keinen Beruf aus, habe keine österreichischen Freunde und besuche weder Kurse noch sei er Mitglied in einem Verein.

In weiterer Folge wurde den Beschwerdeführer die Möglichkeit, ein Substitutionsprogramm in Mazar-e Sharif anzunehmen, übersetzt und ihm vorgehalten, dass sich aus der seitens des Bundesverwaltungsgerichtes angeforderten Anfragebeantwortung ergebe, dass Methadon in Mazar-e Sharif in öffentlichen Krankenhäusern erhältlich und kostenlos sei. Dazu erklärte der Beschwerdeführer, er würde dies nicht glauben.

Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, bereits vor acht oder neun Jahren Opium genommen zu haben und einmal in Afghanistan im Helmand 28 Tage lang in einer staatlichen Entzugsklinik gewesen zu sein, jedoch nach einem Monat wieder Drogen genommen zu haben.

In Österreich habe er zuerst Mohntee und ab Ende 2017 Heroin konsumiert. Um seine Sucht zu finanzieren habe er Drogen (Marihuana) verkauft und sei deswegen auch im Gefängnis gewesen. Im April oder Mai 2017 habe er begonnen, für einen Drogenhändler zu arbeiten. Nach 14 oder 15 Tagen habe ihn die Polizei festgenommen.

Den Parteien wurden ergänzend die neueren Länderfeststellungen zur Situation in Afghanistan übergeben und ihnen eine Frist von 14 Tagen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.

Am 23.1.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den ausgehändigten Länderberichten ein. Demnach leide er unter einer schweren psychischen Erkrankung, konkret einer Anpassungsstörung und einer psychischen und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen, weshalb er in der Heimat in eine aussichtslose und existenzbedrohende Lage geriete.

Mit Schriftsatz vom 29. 7. 2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer unter Einräumung einer Stellungnahmemöglichkeit den aktuellen Länderinformationsbericht vom 13. 11. 2019, zuletzt aktualisiert am 21. 7. 2020 sowie ergänzende Länderfeststellungen zur Covid 19-Pandemie. Überdies wurde ersucht, integrationsbegründende Unterlagen den Beschwerdeführer betreffend vorzulegen.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Er ist schiitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Dari. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer wurde im Distrikt XXXX in der Provinz Ghazni geboren, zog später mit seiner Familie nach Helmand und wuchs gemeinsam mit seinen Eltern und seinen fünf Geschwistern auf. Der Beschwerdeführer besuchte zwar keine Schule, hat jedoch Berufserfahrung in der familieneigenen Landwirtschaft.

Der Beschwerdeführer ist nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, jung und arbeitsfähig.

Er leidet an einer Anpassungsstörung und einer psychischen und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen. Nach eigenen Angaben ist er seit mittlerweile zehn Jahren drogenabhängig. Er befindet sich seit August 2018 in einem Substitutionsprogramm und benötigt nach wie vor täglich Ersatzstoffe. Bereits in der Heimat unterzog er sich einer vierwöchigen Entziehungskur, wurde jedoch nach einem Jahr wieder rückfällig. Ansonsten ist der Beschwerdeführer gesund.

Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals von den Taliban oder von anderen Personen aufgesucht oder von diesen bedroht.

Der Beschwerdeführer wurde weder direkt von den Taliban noch über seinen Vater aufgefordert mit den Taliban zusammen zu arbeiten oder diese zu unterstützen. Der Beschwerdeführer wurde von den Taliban weder angesprochen noch angeworben. Er hatte in Afghanistan keinen Kontakt zu den Taliban.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen einer ihm drohenden Lebensgefahr verlassen.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan nie als Tanzjunge aktiv. Er kam auch nie mit Kreisen in Kontakt, die Bacha Bazi praktizieren. Der Beschwerdeführer hat sichtbaren Bartwuchs.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara und wegen seiner Religionszugehörigkeit zu den Schiiten konkret und individuell weder physischer noch psychischer Gewalt ausgesetzt.

Der Beschwerdeführer ist auch wegen seines Aufenthalts in einem westlichen Land oder wegen seiner Wertehaltung in Afghanistan keinen psychischen oder physischen Eingriffen in seine körperliche Integrität ausgesetzt. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich keine Lebenseinstellung angeeignet, die einen nachhaltigen und deutlichen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellt. Es liegt keine westliche Lebenseinstellung beim Beschwerdeführer vor, die wesentlicher Bestandteil seiner Persönlichkeit geworden ist, und die ihn in Afghanistan exponieren würde.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohen dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer auch keine Zwangsrekrutierung durch die Taliban oder durch andere Personen.

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Schiiten oder zur Volksgruppe der Hazara konkret und individuell weder physische noch psychische Gewalt.

Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land weder psychischer noch physischer Gewalt ausgesetzt.

Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und hält sich zumindest seit 9.1.2016 durchgehend in Österreich auf. Er ist nach seinem Antrag auf internationalen Schutz vom selben Tag in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig.

Er besucht einen Alphabetisierungss und einen Deutschkurs A1, konnte jedoch kein Zertifikat vorlegen.

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung, er ist am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert und geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Er verfügt über keine verbindliche Arbeitszusage.

Er arbeitet nicht ehrenamtlich und ist nicht Mitglied in Vereinen.

Der Beschwerdeführer konnte in Österreich keine Freundschaften knüpfen. Der Beschwerdeführer verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen, wie Ehefrau oder Kinder in Österreich.

Der Beschwerdeführer wurde am 2.11.2016 wegen eines Verstoßes gegen § 99 Abs. 1b iVm § 5 Abs. 1 StVO (Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand) zu einer Geldstrafe von 1.600,- verurteilt bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Tagen und 15 Stunden.

Am 27.5.2017 (RK) wurde der Beschwerdeführer gem. § 27 (2a) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bedingt, Probezeit 3 Jahre verurteilt.

Am 15.7.2017 (RK) wurde der Beschwerdeführer gem. §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a), 27 (3), 27 (5) SMG sowie §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.

Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Herkunftsprovinz aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers wohnen derzeit in Helmand. Es ist nicht glaubwürdig, dass er keinen Kontakt zu ihnen hat, weil die Taliban dort alle Antennen vernichtet hätten. Zudem leben noch Onkel und Tanten sowie Cousins und Cousinen in der Heimat. Die Familie des Beschwerdeführers hat ein Haus und landwirtschaftlichen Grund in der Herkunftsprovinz. Der Beschwerdeführer unterstützt seine Familie finanziell nicht.

Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selbst erhalten. Zudem ist es ihm dort möglich, kostenlos an einem Substitutionsprogramm teilzunehmen und die notwendigen Drogenersatzstoffe zu erhalten.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

Im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht unter die Risikogruppe der Personen von über 65 Jahren und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Afghanistan vorliegendes „real risk“ einer Verletzung des Art. 2 oder 3 EMRK ist hierzu nicht erkennbar.

Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 13.11.2019, zuletzt aktualisiert am 21. 7. 2020 (Auszug):

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 3.9.2019), nachdem im Frühjahr sowohl die Taliban als auch die afghanische Regierung neue Offensiven verlautbart hatten (USDOD 6.2019). Traditionell markiert die Ankündigung der jährlichen Frühjahrsoffensive der Taliban den Beginn der sogenannten Kampfsaison – was eher als symbolisch gewertet werden kann, da die Taliban und die Regierungskräfte in den vergangenen Jahren auch im Winter gegeneinander kämpften (AJ 12.4.2019). Die Frühjahrsoffensive des Jahres 2019 trägt den Namen al-Fath (UNGASC 14.6.2019; vgl. AJ 12.4.2019; NYT 12.4.2019) und wurde von den Taliban trotz der Friedensgespräche angekündigt (AJ 12.4.2019; vgl. NYT 12.4.2019). Landesweit am meisten von diesem aktiven Konflikt betroffen, waren die Provinzen Helmand, Farah und Ghazni (UNGASC 14.6.2019). Offensiven der afghanischen Spezialeinheiten der Sicherheitskräfte gegen die Taliban wurden seit Dezember 2018 verstärkt – dies hatte zum Ziel die Bewegungsfreiheit der Taliban zu stören, Schlüsselgebiete zu verteidigen und damit eine produktive Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Seit Juli 2018 liefen auf hochrangiger politischer Ebene Bestrebungen, den Konflikt zwischen der afghanischen Regierungen und den Taliban politisch zu lösen (TS 22.1.2019). Berichten zufolge standen die Verhandlungen mit den Taliban kurz vor dem Abschluss. Als Anfang September der US-amerikanische Präsident ein geplantes Treffen mit den Islamisten – als Reaktion auf einen Anschlag – absagte (DZ 8.9.2019). Während sich die derzeitige militärische Situation in Afghanistan nach wie vor in einer Sackgasse befindet, stabilisierte die Einführung zusätzlicher Berater und Wegbereiter im Jahr 2018 die Situation und verlangsamte die Dynamik des Vormarsches der Taliban (USDOD 12.2018).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren (USDOD 6.2019). Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung; die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, Engpässe entstehen und dadurch manchmal auch Kräfte fehlen können, um Territorium zu halten (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019). Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau. Die Ausnahme waren islamische Festtage, an denen, wie bereits in der Vergangenheit auch schon, das Kampfniveau deutlich zurückging, als sowohl regierungsfreundliche Kräfte, aber auch regierungsfeindliche Elemente ihre offensiven Operationen reduzierten. Im Gegensatz dazu hielt das Kampftempo während des gesamten Fastenmonats Ramadan an, da regierungsfeindliche Elemente mehrere Selbstmordattentate ausführten und sowohl regierungsfreundliche Truppen, als auch regierungsfeindliche Elemente, bekundeten, ihre operative Dynamik aufrechtzuerhalten (UNGASC 3.9.2019). Die Taliban verlautbarten, eine asymmetrische Strategie zu verfolgen: die Aufständischen führen weiterhin Überfälle auf Kontrollpunkte und Distriktzentren aus und bedrohen Bevölkerungszentren (UNGASC 7.12.2018). Angriffe haben sich zwischen November 2018 und Jänner 2019 um 19% im Vergleich zum Vorberichtszeitraum (16.8. - 31.10.2018) verstärkt. Insbesondere in den Wintermonaten wurde in Afghanistan eine erhöhte Unsicherheit wahrgenommen. (SIGAR 30.4.2019). Seit dem Jahr 2002 ist die Wintersaison besonders stark umkämpft. Trotzdem bemühten sich die ANDSF und Koalitionskräfte die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und konzentrierten sich auf Verteidigungsoperationen gegen die Taliban und den ISKP. Diese Operationen verursachten bei den Aufständischen schwere Verluste und hinderten sie daran ihr Ziel zu erreichen (USDOD 6.2019). Der ISKP ist auch weiterhin widerstandsfähig: Afghanische und internationale Streitkräfte führten mit einem hohen Tempo Operationen gegen die Hochburgen des ISKP in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch, was zu einer gewissen Verschlechterung der Führungsstrukturen der ISKP führt. Dennoch konkurriert die Gruppierung auch weiterhin mit den Taliban in der östlichen Region und hat eine operative Kapazität in der Stadt Kabul behalten (UNGASC 3.9.2019).

So erzielen weder die afghanischen Sicherheitskräfte noch regierungsfeindliche Elemente signifikante territoriale Gewinne. Das aktivste Konfliktgebiet ist die Provinz Kandahar, gefolgt von den Provinzen Helmand und Nangarhar. Wenngleich keine signifikanten Bedrohungen der staatlichen Kontrolle über Provinzhauptstädte gibt, wurde in der Nähe der Provinzhauptstädte Farah, Kunduz und Ghazni über ein hohes Maß an Taliban-Aktivität berichtet (UNGASC 3.9.2019). In mehreren Regionen wurden von den Taliban vorübergehend strategische Posten entlang der Hauptstraßen eingenommen, sodass sie den Verkehr zwischen den Provinzen erfolgreich einschränken konnten (UNGASC 7.12.2018). So kam es beispielsweise in strategisch liegenden Provinzen entlang des Highway 1 (Ring Road) zu temporären Einschränkungen durch die Taliban (UNGASC 7.12.2018; vgl. ARN 23.6.2019). Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte stellen erhebliche Mittel für die Verbesserung der Sicherheit auf den Hauptstraßen bereit – insbesondere in den Provinzen Ghazni, Zabul, Balkh und Jawzjan. (UNGASC 3.9.2019).

Für das gesamte Jahr 2018, registrierten die Vereinten Nationen (UN) in Afghanistan insgesamt 22.478 sicherheitsrelevante Vorfälle. Gegenüber 2017 ist das ein Rückgang von 5%, wobei die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Jahr 2017 mit insgesamt 23.744 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hatte (UNGASC 28.2.2019).

Abb. 1: Anzahl sicherheitsrelevante Vorfälle 2015-2018 in ganz Afghanistan gemäß Berichten des UN-Generalsekretärs (Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf UN-Daten (UNGASC 7.3.2016; UNGASC 3.3.2017; UNGASC 28.2.2018; UNGASC 28.2.2019))

Chart

Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 registriert die Vereinten Nationen (UN) insgesamt 5.856 sicherheitsrelevanter Vorfälle – eine Zunahme von 1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 63% Prozent aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, die höchste Anzahl, wurde im Berichtszeitraum in den südlichen, östlichen und südöstlichen Regionen registriert (UNGASC 3.9.2019). Für den Berichtszeitraum 8.2-9.5.2019 registrierte die UN insgesamt 5.249 sicherheitsrelevante Vorfälle – ein Rückgang von 7% gegenüber dem Vorjahreswert; wo auch die Anzahl ziviler Opfer signifikant zurückgegangen ist (UNGASC 14.6.2019).

Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 sind 56% (3.294) aller sicherheitsrelevanten Vorfälle bewaffnete Zusammenstöße gewesen; ein Rückgang um 7% im Vergleich zum Vorjahreswert. Sicherheitsrelevante Vorfälle bei denen improvisierte Sprengkörper verwendet wurden, verzeichneten eine Zunahme von 17%. Bei den Selbstmordattentaten konnte ein Rückgang von 44% verzeichnet werden. Die afghanischen Sicherheitskräfte führen gemeinsam mit internationalen Kräften, weiterhin eine hohe Anzahl von Luftangriffen durch: 506 Angriffe wurden im Berichtszeitraum verzeichnet – 57% mehr als im Vergleichszeitraum des Jahres 2018 (UNGASC 3.9.2019).

Im Gegensatz dazu, registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) für das Jahr 2018 landesweit 29.493 sicherheitsrelevante Vorfälle, welche auf NGOs Einfluss hatten. In den ersten acht Monaten des Jahres 2019 waren es 18.438 Vorfälle. Zu den gemeldeten Ereignissen zählten, beispielsweise geringfügige kriminelle Überfälle und Drohungen ebenso wie bewaffnete Angriffe und Bombenanschläge (INSO o.D.).

Folgender Tabelle kann die Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Jahr im Zeitraum 2016-2018, sowie bis einschließlich August des Jahres 2019 entnommen werden:

Tab. 1: Anzahl sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan lt. INSO 2016-8.2019, monatlicher Überblick (Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO-Daten (INSO o.D.))

 

2016

2017

2018

2019

Jänner

2111

2203

2588

2118

Februar

2225

2062

2377

1809

März

2157

2533

2626

2168

April

2310

2441

2894

2326

Mai

2734

2508

2802

2394

Juni

2345

2245

2164

2386

Juli

2398

2804

2554

2794

August

2829

2850

2234

2443

September

2493

2548

2389

-

Oktober

2607

2725

2682

-

November

2348

2488

2086

-

Dezember

2281

2459

2097

-

insgesamt

28.838

29.866

29.493

18.438

Abb. 2: Anzahl sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan lt. INSO 2016-8.2019, monatlicher Überblick (Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO-Daten (INSO o.D.))

Global Incident Map (GIM) verzeichnete in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019 3.540 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahr 2018 waren es 4.433. Die folgende Grafik der Staatendokumentation schlüsselt die sicherheitsrelevanten Vorfälle anhand ihrer Vorfallarten und nach Quartalen auf (BFA Staatendokumentation 4.11.2019):

Abb. 3: Sicherheitsrelevante Vorfälle nach Quartalen und Vorfallsarten im Zeitraum 1.1.2018-30.9.2019 (Global Incident Map, Darstellung der Staatendokumentation; BFA Staatendokumentation 4.11.2019)

Jänner bis Oktober 2018 nahm die Kontrolle oder der Einfluss der afghanischen Regierung von 56% auf 54% der Distrikte ab, die Kontrolle bzw. Einfluss der Aufständischen auf Distrikte sank in diesem Zeitraum von 15% auf 12%. Der Anteil der umstrittenen Distrikte stieg von 29% auf 34%. Der Prozentsatz der Bevölkerung, welche in Distrikten unter afghanischer Regierungskontrolle oder -einfluss lebte, ging mit Stand Oktober 2018 auf 63,5% zurück. 8,5 Millionen Menschen (25,6% der Bevölkerung) leben mit Stand Oktober 2018 in umkämpften Gebieten, ein Anstieg um fast zwei Prozentpunkte gegenüber dem gleichen Zeitpunkt im Jahr 2017. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an von den Aufständischen kontrollierten Distrikten waren Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Ein auf Afghanistan spezialisierter Militäranalyst berichtete im Januar 2019, dass rund 39% der afghanischen Distrikte unter der Kontrolle der afghanischen Regierung standen und 37% von den Taliban kontrolliert wurden. Diese Gebiete waren relativ ruhig, Zusammenstöße wurden gelegentlich gemeldet. Rund 20% der Distrikte waren stark umkämpft. Der Islamische Staat (IS) kontrollierte rund 4% der Distrikte (MA 14.1.2019).

Die Kontrolle über Distrikte, Bevölkerung und Territorium befindet sich derzeit in einer Pattsituation (SIGAR 30.4.2019). Die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle Ende 2018 bis Ende Juni 2019, insbesondere in der Provinz Helmand, sind als verstärkte Bemühungen der Sicherheitskräfte zu sehen, wichtige Taliban-Hochburgen und deren Führung zu erreichen, um in weiterer Folge eine Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Intensivierte Kampfhandlungen zwischen ANDSF und Taliban werden von beiden Konfliktparteien als Druckmittel am Verhandlungstisch in Doha erachtet (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019).

Zivile Opfer

Die Vereinten Nationen dokumentierten für den Berichtszeitraum 1.1.-30.9.2019 8.239 zivile Opfer (2.563 Tote, 5.676 Verletzte) – dieser Wert ähnelt dem Vorjahreswert 2018. Regierungsfeindliche Elemente waren auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer; 41% der Opfer waren Frauen und Kinder. Wenngleich die Vereinten Nationen für das erste Halbjahr 2019 die niedrigste Anzahl ziviler Opfer registrierten, so waren Juli, August und September – im Gegensatz zu 2019 – von einem hohen Gewaltniveau betroffen. Zivilisten, die in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni, und Faryab wohnten, waren am stärksten vom Konflikt betroffen (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 17.10.2019).

Für das gesamte Jahr 2018 wurde von mindestens 9.214 zivilen Opfern (2.845 Tote, 6.369 Verletzte) (SIGAR 30.4.2019) berichtet bzw. dokumentierte die UNAMA insgesamt 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte). Den Aufzeichnungen der UNAMA zufolge, entspricht das einem Anstieg bei der Gesamtanzahl an zivilen Opfern um 5% bzw. 11% bei zivilen Todesfällen gegenüber dem Jahr 2017 und markierte einen Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2009. Die meisten zivilen Opfer wurden im Jahr 2018 in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni und Faryab verzeichnet, wobei die beiden Provinzen mit der höchsten zivilen Opferanzahl – Kabul (1.866) und Nangarhar (1.815) – 2018 mehr als doppelt so viele Opfer zu verzeichnen hatten, wie die drittplatzierte Provinz Helmand (880 zivile Opfer) (UNAMA 24.2.2019; vgl. SIGAR 30.4.2019). Im Jahr 2018 stieg die Anzahl an dokumentierten zivilen Opfern aufgrund von Handlungen der regierungsfreundlichen Kräfte um 24% gegenüber 2017. Der Anstieg ziviler Opfer durch Handlungen regierungsfreundlicher Kräfte im Jahr 2018 wird auf verstärkte Luftangriffe, Suchoperationen der ANDSF und regierungsfreundlicher bewaffneter Gruppierungen zurückgeführt (UNAMA 24.2.2019).

Tab. 2: Zivile Opfer im Zeitverlauf 1.1.2009-30.9.2019 nach UNAMA (Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf UNAMA-Daten (UNAMA 24.2.2019; UNAMA 17.10.2019))

Jahr

Tote

Verletzte

Insgesamt

2009

2.412

3.557

5.969

2010

2.794

4.368

7.162

2011

3.133

4.709

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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