Index
10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
VwGG §53 Abs1Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revisionen 1.) des [richtig:] Bundes, 2.) der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft und 3.) der ASFINAG Bau Management GmbH, alle vertreten durch die Ernst & Young Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 14. Mai 2020, RV/7104763/2018, betreffend Feststellung von Einheitswert und Grundsteuermessbetrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel),
Spruch
1. den Beschlussgefasst:
Die Revision der Erst- und Zweitrevisionswerber wird zurückgewiesen.
Die Zweitrevisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen;
2. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben.
Der Bund hat der Drittrevisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Den vorgelegten Verwaltungsakten, und zwar einem Auszug aus dem Hauptbuch des Grundbuches der Katastralgemeinde O, Bezirksgericht Schwechat, EZ X, ist zu entnehmen, dass die „Republik Österreich (Bund/Bundesstraßenverwaltung)“ Eigentümerin dieser Liegenschaft ist.
2 Mit Bescheid vom 28. August 2013 hatte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in Wien gegenüber der „Rep. Österreich (Bund Bundesstrverw)“ zu Handen „Republik Österreich ASFINAG“ für diese Liegenschaft unter Punkt 1. den Einheitswert und unter Punkt 2. den Grundsteuermessbetrag festgesetzt.
3 In einer Eingabe vom 18. Feber 2014 beantragte die „Republik Österreich (Bund/Bundesstraßenverwaltung)“, gemäß § 11 ASFINAG-Ermächtigungsgesetz, BGBl. I Nr. 113/1997, durch die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) und diese wiederum durch die ASFINAG Bau Management GmbH vertreten, unter Berufung auf § 2 Z 9 Grundsteuergesetz die Grundsteuerbefreiung für diese Liegenschaft.
4 Mit Einheitswertbescheid vom 10. Dezember 2015 stellte das Finanzamt gegenüber der „Rep. Österreich (Bund Bundesstrverw)“, zu Handen der ASFINAG Bau Management GmbH den Einheitswert für die obgenannte Liegenschaft mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2015 mit € 500,-- und setzte mit einem Grundsteuermessbescheid vom selben Tag den Grundsteuermessbetrag mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2015 mit € 0,80 fest, wogegen mit Eingabe vom 22. Dezember 2015 die ASFINAG Baumanagement GmbH „im Vollmachtsnamen der ASFINAG“ Beschwerde erhob.
5 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27. Juli 2018 wies das Finanzamt gegenüber der „Rep. Österreich (Bund Bundesstrverw)“, zu Handen der ASFINAG Bau Management GmbH die Beschwerde vom 28. Dezember 2015 gegen den Einheitswertbescheid als unbegründet ab, worauf die ASFINAG Bau Management GmbH „im Vollmachtsnamen der ASFINAG“ die Vorlage ihrer Beschwerde beantragte.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht „in der Beschwerdesache ASFINAG Bau Management GmbH“ die Beschwerde vom 22. Dezember 2015 gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2015 betreffend Einheitswert sowie gegen den Grundsteuermessbescheid gemäß § 279 BAO als unbegründet ab. Diese GmbH sowie das Finanzamt werden in der im Erkenntnis enthaltenen Zustellverfügung genannt. Das Erkenntnis wurde der ASFINAG Bau Management GmbH „als Beschwerdeführer“ (sowie dem vor dem Verwaltungsgericht belangten Finanzamt) zugestellt.
Das Bundesfinanzgericht sprach weiters aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.
7 Nach Darstellung des Verfahrensganges, beginnend damit, dass mit Einheitswertbescheid vom 10. Dezember 2015 betreffend die „beschwerdeführende Gesellschaft“ der Einheitswert für die gegenständliche Liegenschaft sowie der Grundsteuermessbetrag entsprechend festgestellt worden sei, erwog das Gericht:
„1. Feststellungen
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist Eigentümerin der Liegenschaft GB O, EZ X, im Ausmaß von insgesamt 3.036 ha. Diese Liegenschaft dient als ökologische Ausgleichsfläche für eine öffentliche Straße.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen entsprechen dem von der Behörde festgestellten Sachverhalt und sind insoweit unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 2 Z 9 lit. a GrStG 1955 ist für die dem öffentlichen Verkehr dienende Straßen, Wege, Plätze, Brücken, künstlichen Wasserläufe, Häfen und Schienenwege, einschließlich der Seitengräben, Böschungen, Schutzstreifen, Schneedämme und der zwischen den Gleisen oder Fahrbahnen liegenden Geländestreifen, keine Grundsteuer zu entrichten.
Gemäß den Feststellungen handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft um eine ökologische Ausgleichsfläche und keine dem öffentlichen Verkehr unmittelbar dienende Straße oder Fläche, die unter die Befreiungsbestimmung von § 2 Z 9 lit. a GrStG 1955 fällt.
Der beschwerdeführenden Gesellschaft ist zwar insoweit zuzustimmen, dass die gegenständliche Bestimmung des GrStG - ungeachtet der rechtlichen Weiterentwicklungen im Straßenbau - inhaltlich unverändert geblieben ist. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass es im Sinne des Gesetzgebers sei, auch ökologische Ausgleichsflächen, die nicht Teil einer öffentlichen Straße sind sondern dieser nur mittelbar dienen, unter die Befreiungsbestimmungen des § 2 Z 9 lit. a GrStG zu subsumieren.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“
8 Abschließend begründete das Gericht seinen Ausspruch über die Zulässigkeit einer Revision damit, der Verwaltungsgerichthof habe die Rechtsfrage, ob ökologische Ausgleichsflächen unter die Befreiungsbestimmungen des § 2 Z 9 lit. a GrStG fielen, bis jetzt nicht behandelt.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision der „Republik Österreich Bundesstraßenverwaltung“, weiters der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) sowie der ASFINAG Bau Management GmbH, in der sich die Revisionswerber in ihrem Recht verletzt erachten, da für ein eigentlich von der Grundsteuer befreites Grundstück ein Einheitswert festgestellt worden sei, auf Basis dessen Grundsteuermessbeträge festgesetzt worden seien.
Die Revisionswerber beantragen, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes unter Zuerkennung von Aufwandersatz aufzuheben.
Die Revision sieht ihre Zulässigkeit schon durch den Ausspruch des Gerichtes über die Zulässigkeit einer Revision begründet. Sie bringt einleitend vor, der Bund sei „Besitzer“ der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, die von der ASFINAG und ihren Tochtergesellschaften im Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben verwaltet werde. Gemäß § 34b BStG kämen hinsichtlich jener Bundesstraßen, über die sie mit dem Bund den Fruchtgenussvertrag gemäß § 2 des ASFINAG-Ermächtigungsgesetzes 1997 abgeschlossen habe, der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft alle Rechte und Pflichten des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) nach diesem Bundesgesetz zu. Mit dieser Bestimmung werde klargestellt, dass der ASFINAG hinsichtlich jener Bundesstraßen, an denen ihr das Fruchtgenussrecht gemäß § 2 des ASFINAG-Ermächtigungsgesetzes 1997 eingeräumt worden sei, nicht nur die Zustimmungs- und Antragsrechte des Bundes zukommen sollten, sondern alle Rechte und Pflichten nach den Bestimmungen des Bundesstraßengesetzes 1971. Der Erwerb von Grundflächen und dinglichen Rechten durch die ASFINAG, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig seien, erfolge weiterhin im Auftrag und im Namen des Bundes. Damit sei klargestellt, dass nicht die ASFINAG selbst Grundstücksflächen zwecks Errichtung von Bundesstraßen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erwerben dürfe; vielmehr habe dies von Seiten der ASFINAG im Auftrag und im Namen des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) zu erfolgen.
Im gegenständlichen Verfahren vertrete die ASFINAG Bau Management GmbH auf Grundlage von gültigen Spezialvollmachten die ASFINAG in Angelegenheiten gegenüber Grundstückseigentümern, Gerichten und Behörden hinsichtlich der Planungs- und Bauprojekte und der diesbezüglich durchzuführenden Grundeinlösen für Bundesstraßen. Sie habe im Rahmen der Vollmacht alles durchzuführen, was diesbezüglich notwendig und zweckmäßig sei. Die Vertretungsmacht erstrecke sich insbesondere auf den Abschluss von Verträgen und „Einbringungen“ bei Gerichten und Behörden sowie die nachfolgenden Verfahren aller Art.
Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses erblickt die Revision zusammengefasst in einer unrichtigen Auslegung der Befreiungsbestimmung des § 2 Z 9 lit. a GrEStG, die auch auf ökologische Ausgleichsflächen anzuwenden seien.
10 Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel erstattete zur Revision der Zweit- und Drittrevisionswerberinnen eine Revisionsbeantwortung, in der die Abweisung der Revision als unbegründet unter Zuerkennung von Aufwandersatz begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichthof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
11 Zunächst ist anzumerken, dass die Bezeichnung der Erstrevisionswerberin als „Republik Österreich Bundesstraßenverwaltung“ dahingehend zu deuten ist, dass als Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, jedoch auch schon im Abgaben- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, der Bund als Gebietskörperschaft (d.h. als juristische Person öffentlichen Rechts) - im Abgaben- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch die ASFINAG, diese wiederum vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH - zu sehen ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. April 2013, 2011/16/0004, sowie vom 29. August 2013, 2010/16/0271).
12 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Gericht „in der Beschwerdesache der ASFINAG Bau Management GmbH“ die Beschwerde vom 22. Dezember 2015 gegen den Einheitswert- sowie gegen den Grundsteuermessbescheid vom 10. Dezember 2015 als unbegründet ab und nannte diese GmbH in der im Erkenntnis enthaltenen Zustellverfügung. Damit hat das Bundesfinanzgericht zum Ausdruck gebracht, eine Beschwerde der ASFINAG Bau Management GmbH abweisen zu wollen (vgl. auch VwGH 15.9.2020, Ra 2020/15/0073, Rn. 13). Eine solche Beschwerde war jedoch gar nicht erhoben worden.
13 Die vorliegende Revision erweist sich als zulässig und berechtigt.
14 Wie die Revision im Einklang mit den vorgelegten Verwaltungsakten vorbringt, ergingen sowohl der Einheitswert- als auch der Grundsteuermessbescheid vom 10. Dezember 2015 gegenüber der „Republik Österreich (Bund, Bundesstraßenverwaltung)“, zu Handen der ASFINAG Bau Management GmbH als ausgewiesene Substitutin der Vertreterin im Verfahren, der ASFINAG (der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft). Diese erhob in ihrer Eigenschaft als Substitutin der ASFINAG Beschwerde und beantragte - nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung gegenüber der „Republik Österreich (Bund, Bundesstraßenverwaltung)“ - als Substitutin die Vorlage der Beschwerde.
15 Mit dem angefochtenen Erkenntnis entschied das Gericht ausdrücklich über eine Beschwerde der ASFINAG Bau Mangement GmbH gegenüber der Substitutin und nahm damit eine Zuständigkeit für eine Entscheidung in Anspruch, die ihr im Rahmen dieses Verfahrens nicht zukam, womit sie das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge ihrer Unzuständigkeit belastete.
16 Umgekehrt sprach das Gericht weder gegenüber dem Bund als Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft noch gegenüber der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ab, weshalb diesen eine Berechtigung zur Erhebung einer Revision im eigenen Namen nicht zukommt.
17 Die Revision der Erst- und Zweitrevisionswerber ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung mit Beschluss zurückzuweisen, während der Revision der Drittrevisionswerber insoweit Erfolg zukommt, als das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes gemäß § 42 Abs. 1 Z 2 VwGG aufzuheben ist.
18 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014:
Gemäß § 53 Abs. 1 VwGG ist bei der Anfechtung eines Erkenntnisses oder Beschlusses durch mehrere Revisionswerber in einer Revision die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen, als ob die Revision nur vom erstangeführten Revisionswerber eingebracht worden wäre. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gilt diese Bestimmung jedoch nur für den Fall, dass die Revisionen aller Revisionswerber das selbe Schicksal teilen. Trifft dies nicht zu, so sind die Revisionen der einzelnen Revisionswerber, auch wenn sie in einem Schriftsatz ausgeführt sind, hinsichtlich der Aufwandersatzpflicht gesondert zu beurteilen (vgl. etwaVwGH 18.9.1967, 2235/65 = Slg 7175/A, 11.2.1975, 0013/74, 10.11.1988, 87/08/0110, 28.9.1993, 91/12/0208, sowie 19.6.2018, Ra 2018/03/0023).
Daraus folgt im Revisionsfall, dass gemäß § 51 VwGG (iVm §§ 47 ff leg.cit.) die Zweitrevisionswerberin - nur dieser und der Drittrevisionswerberin gegenüber hatte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde eine Revisionsschrift erstattet und Aufwandersatz beantragt - zum Ersatz des Aufwandes gegenüber dem Rechtsträger, andererseits der Rechtsträger zum Ersatz des Schriftsatzaufwandes gegenüber der im Ergebnis erfolgreichen Drittrevisionswerberin zu verpflichten ist (vgl. VwGH 28.9.1993, 91/12/0208).
Wien, am 27. November 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020160037.J00Im RIS seit
29.01.2021Zuletzt aktualisiert am
01.02.2021