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82/04 Apotheken Arzneimittel;Norm
ApG 1907 §24 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des Mag. pharm. O in I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 21. Februar 1996, Zl. 262.641/0-II/A/4/94, betreffend Errichtung einer Filialapotheke (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. Dr. A in I), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 21. Februar 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Genehmigung der Errichtung einer Filialapotheke in der Ortschaft A abgewiesen. Hiezu wurde - nach Darstellung des Verfahrenslaufes und der angewendeten Gesetzesbestimmung - im wesentlichen ausgeführt, es stehe außer Streit, daß es sich bei A um eine Ortschaft handle. In A bestehe keine ärztliche Hausapotheke mehr und auch keine öffentliche Apotheke. Die entscheidende Frage sei, von welchem Punkt aus die Entfernungsmessung gemäß § 24 Abs. 1 Apothekengesetz zu erfolgen habe: Der Ortsanfang sei nicht heranzuziehen, weil alle Punkte nach der Ortstafel zwingend mehr als vier Straßenkilometer entfernt wären; auch das Ortsende der Ortschaft könne nicht gemeint sein, weil man in diesem Fall unter Umständen nur auf ein oder zwei Kilometer Entfernung käme. Von der Zielsetzung der Gesetzesbestimmung her werde man daher vom Mittelpunkt der Ortschaft ausgehen müssen, und zwar nach geographischen Gesichtspunkten. Bei jeder anderen Auslegung seien in Filialapothekenverfahren Ergebnisse zu erwarten, die vom Gesetzgeber nicht intendiert seien. Für den Fall, daß der nächstgelegene Punkt einer Ortschaft herangezogen werden sollte, könnte - je nach Länge einer Ortschaft - eine Filialapotheke unter Umständen auch bei einer sehr großen Entfernung von der Stammapotheke errichtet werden, was zweifellos nicht Sinn und Zweck eines Filialapothekenbetriebes gemäß dem Apothekengesetz darstelle. Die vorgenommene Auslegung orientiere sich im übrigen an der üblichen Wortinterpretation "Enfernung von einer Ortschaft". Entfernungsangaben auf der Straße bezögen sich nämlich grundsätzlich immer auf den Ortsmittelpunkt und nicht auf die Ortsgrenze. Da die Entfernung von der Stammapotheke des Beschwerdeführers bis zum geographischen Ortsmittelpunkt der Ortschaft A, dem Dorfplatz, 4,320 km betrage, sei eine Grundvoraussetzung des § 24 Abs. 1 Apothekengesetz nicht erfüllt und der Antrag daher abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte ihre das Verwaltungsverfahren betreffenden Akten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die mitbeteiligte Partei beteiligte sich am
verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 Abs. 1 Apothekengesetz ist dem Inhaber einer öffentlichen Apotheke die Bewilligung zum Betrieb einer Filialapotheke für eine Ortschaft, in der sich keine öffentliche Apotheke oder ärztliche Hausapotheke befindet, zu erteilen, wenn diese Ortschaft nicht mehr als vier Straßenkilometer von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke entfernt ist und der Bedarf nach einer Verabreichungsstelle von Arzneimitteln besteht.
Der Beschwerdeführer wendet gegen die Auslegung der belangten Behörde ein, § 24 Abs. 1 Apothekengesetz könne nur dahin verstanden werden, daß die Entfernung von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der Stammapotheke bis zum nächstgelegenen Punkt der Ortschaft, in der die Filialapotheke errichtet werden soll, zu messen sei.
Er ist mit seiner Auffassung im Recht.
§ 24 Abs. 1 Apothekengesetz normiert, daß die Ortschaft nicht mehr als vier Straßenkilometer von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke entfernt sein darf, nicht aber, daß sich die Ortschaft - ganz oder teilweise - innerhalb eines Umkreises von vier Straßenkilometern, gerechnet von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke befinden müßte. Nach dem Wortlaut der zitierten Bestimmung kommt es daher auf die Entfernung zwischen der Betriebsstätte der Stammapotheke und dem dieser nächstgelegenen Punkt der betreffenden Ortschaft an.
Anhaltspunkte für ein anderes Verständnis dieser Norm sind insbesondere auch aus den Gesetzesmaterialien (RV 395 BlgNR,
16. GP, 17; AB 463 BlgNR, 16. GP) nicht ersichtlich.
Es besteht auch kein allgemeiner Erfahrungssatz, wonach auf Ortschaften bezogene Entfernungen immer nach dem Ortsmittelpunkt zu bemessen wären. Es kann daher nicht angenommen werden, daß diese Auffassung dem § 24 Abs. 1 Apothekengesetz zugrundeliegt.
Ausgehend vom Begriff der Ortschaft im Sinne der zitierten Bestimmung als ein räumlich von anderen Siedlungsgebieten klar abgegrenztes Siedlungsgebiet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1997, Zl. 96/10/0191, und die hier zitierte Vorjudikatur), ist die Entfernungsvoraussetzung des § 24 Abs. 1 Apothekengesetz daher erfüllt, wenn zwischen der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke und dem nächstgelegenen Punkt des in Rede stehenden Siedlungsgebietes eine Entfernung von höchstens vier Straßenkilometern besteht.
Indem sie dies verkannte, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet; er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996100067.X00Im RIS seit
25.04.2001