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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des E A in D, vertreten durch die Sutterlüty Klagian Brändle Gisinger Lingenhöle Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Marktstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2020, W121 2168548-1/25E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 26. November 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er im Wesentlichen vor, sein Vater habe sich mehrfach geweigert, ihn der IS-Miliz zu übergeben, weshalb diese den Vater mitgenommen hätte. Drei Tage später sei die Leiche des Vaters im Dorf gefunden worden. Danach sei der Revisionswerber von IS-Mitgliedern in Gewahrsam genommen, zehn Tage lang festgehalten, geschlagen und diskriminiert worden.
2 Mit Bescheid vom 1. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Abweisung des Antrags auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte es im Wesentlichen näher begründet aus, dass die Angaben des Revisionswerbers zu seinen Fluchtgründen, wonach sein Vater aufgrund der Weigerung, den Revisionswerber dem IS zu überlassen, vom IS umgebracht und der Revisionswerber sodann entführt und zwangsrekrutiert worden sei, nicht glaubwürdig seien. Das Vorbringen zum Tode des Onkels sei ebenso unglaubwürdig, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dieses erst so spät erstattet worden sei. Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lasse sich konkret für den Revisionswerber nicht die Notwendigkeit der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ableiten. Hinsichtlich seines Lebens und Aufenthalts in Europa sei vor dem Hintergrund der Berichtslage nicht erkennbar, dass die Diskriminierungen und Ausgrenzungen von Rückkehrern aus dem Westen jenes Ausmaß erreichten, das erforderlich wäre, um von einer asylrelevanten Verfolgung zu sprechen.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die Beweiswürdigung des BVwG. Es sei demnach nicht unwahrscheinlich, dass bei mehreren Befragungen zu derart traumatischen Erlebnissen über einen so langen Zeitraum die Angaben zu Zeitpunkten und zur Anzahl von Personen divergieren würden. Es handle sich auch nicht um Widersprüche, wenn der Revisionswerber einmal angebe, mit einem Kabel geschlagen worden zu sein, und dann wiederum angebe, mit einem heißen Gummi geschlagen worden zu sein. Ebenso könne es unterschiedliche Gründe haben, warum der Revisionswerber den Tod seines Onkels in den ersten Einvernahmen nicht erwähnt habe.
9 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 22.9.2020, Ra 2020/19/0316, mwN).
10 Das BVwG hat sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es den Revisionswerber zu seiner Fluchtgeschichte befragt hat, in seiner Beweiswürdigung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und wertete das Fluchtvorbringen aufgrund des persönlichen Eindrucks im Rahmen der Beschwerdeverhandlung und aufgrund von widersprüchlichen und gesteigerten Angaben als unglaubwürdig. Der Revision gelingt es mit ihrem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung nicht, aufzuzeigen, dass das BVwG diese Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 9. Dezember 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190287.L00Im RIS seit
02.02.2021Zuletzt aktualisiert am
02.02.2021