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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache der X S in K, vertreten durch Mag. Stella Aspernig, Rechtsanwältin in 9020 Klagenfurt, Waaggasse 17, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juni 2020, W182 2183842-1/6E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige der Volksrepublik China, stellte am 1. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund brachte sie vor, sie habe in einem Kosmetiksalon gearbeitet. Nach einer allergischen Reaktion infolge einer Gesichtsfaltenbehandlung mit Botox habe die betroffene Kundin Schmerzensgeld von ihr verlangt. Da sie die Summe nicht habe bezahlen können und ihr deshalb eine Gefängnisstrafe gedroht habe, sei sie geflüchtet.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 12. Dezember 2017 ab, erteilte der Revisionswerberin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach China zulässig sei und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer Verhandlung - mit einer hier nicht entscheidungsrelevanten Maßgabe - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, das Vorbringen der Revisionswerberin, dass ihr bei einer Rückkehr ins Herkunftsland wegen einer nicht leistbaren Schmerzensgeldforderung einer Kundin eine langjährige Haftstrafe drohe, habe sich zur Gänze als unglaubwürdig erwiesen. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten lägen nicht vor. Es sei davon auszugehen, dass die Revisionswerberin, die sich vor ihrer Ausreise ihr Leben lang in ihrer Heimatstadt aufgehalten habe, dort wieder auf ein soziales Netz zurückgreifen könne. Es könne daher nicht angenommen werden, dass die gesunde und arbeitsfähige Revisionswerberin mit Berufserfahrung, die im Herkunftsstaat über ein soziales Netz verfüge, nach einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen vor, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 3 und § 8 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abweichend und entgegen den in den Länderberichten zu China dargestellten Umständen von der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative ausgegangen sei.
9 Die Revision behauptet ein Abgehen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §§ 3 und 8 AsylG 2005 und führt - erkennbar unter Zugrundelegung der Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der Revisionswerberin - dazu aus, dass aufgrund der Länderberichte mit einer Verfolgung der Revisionswerberin zu rechnen sei. Dabei übersieht die Revision, dass sich nach der Begründung des BVwG das gesamte Vorbringen der Revisionswerberin als unglaubwürdig erwiesen hat. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich die Revisionswerberin - wie hier - in der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0266, mwN). Den Feststellungen zum Fluchtvorbringen der Revisionswerberin tritt die Revision nicht entgegen.
10 Soweit sich die Revisionswerberin in ihrem Zulässigkeitsvorbringen gegen die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative (IFA) wendet, ist festzuhalten, dass eine IFA im gegenständlichen Fall nicht entscheidungswesentlich war, weil das BVwG eine Rückkehr in die Heimatstadt der Revisionswerberin für möglich erachtete. Diesen für sich tragfähigen Ausführungen tritt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht substantiiert entgegen (vgl. VwGH 24.6.2019, Ra 2019/20/0011, mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 10. Dezember 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190302.L00Im RIS seit
26.01.2021Zuletzt aktualisiert am
26.01.2021