TE Vwgh Beschluss 2020/12/18 Ra 2020/18/0208

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Veröffentlicht am 18.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des A A, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Mai 2020, I408 2219331-1/11E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 28. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, dass er sich seinem Vater, einem schiitischen Stammesführer, widersetzt habe, der ihn aufgefordert habe, in den Krieg gegen den Islamischen Staat zu ziehen. Sein Vater habe ihn deshalb für vogelfrei erklärt und er fürchte, bei Rückkehr in den Irak getötet zu werden.

2        Mit Bescheid vom 19. April 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in den Irak zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4        Begründend schenkte das BVwG dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers keinen Glauben. In der Beweiswürdigung stützte es sich unter anderem darauf, dass der Revisionswerber zu den Strukturen seines Stammes keine näheren Angaben habe machen können, obwohl er der Sohn des Stammesführers zu sein behaupte. Er habe von einem „behüteten Aufwachsen“ im Elternhaus erzählt, was der gleichzeitig aufgestellten Behauptung, unter der Tyrannei seines Vaters gelitten zu haben, der ihn in den Krieg habe zwingen wollen, widerspreche. Neben einigen sonstigen Ungereimtheiten und Steigerungen in den Angaben des Revisionswerbers verwies das BVwG schließlich auch darauf, dass die Existenz des angeblich prominenten Vaters und Stammesführers im Rahmen von Ermittlungen der Staatendokumentation nicht habe bestätigt werden können.

5        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 7. Oktober 2020, E 3026/2020-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6        In der vorliegenden außerordentlichen Revision erachtet sich der Revisionswerber (nur) in seinem Recht auf Gewährung von Asyl verletzt und macht zur Zulässigkeit geltend, das BVwG sei in seiner Beweiswürdigung von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Bei den vom BVwG aufgezeigten vermeintlichen Widersprüchen bzw. kleinen Ungereimtheiten handle es sich lediglich um Details, die keinesfalls geeignet seien, dem gesamten Fluchtvorbringen die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Das BVwG vergleiche die Aussagen des Revisionswerbers in der Einvernahme vor dem BFA mit seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung und versuche dabei immer einen Widerspruch zu finden. Mit dieser Vorgangsweise weiche das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Auch die vom Verwaltungsgerichtshof verlangte ganzheitliche Würdigung des Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlange, sei im angefochtenen Erkenntnis unterblieben.

7        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

9        Die vorliegende Revision wendet sich gegen die Beweiswürdigung des BVwG zum Fluchtvorbringen des Revisionswerbers. In diesem Zusammenhang könnte nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur dann vorliegen, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 25.6.2020, Ra 2019/18/0237, mwN). Dass diese Voraussetzungen fallbezogen gegeben wären, vermag die Revision nicht darzulegen. Insbesondere trifft es - wie aus der wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ersichtlich ist - nicht zu, dass sich das BVwG in seiner Beweiswürdigung nur auf geringfügige Widersprüche in den Aussagen des Revisionswerbers ohne relevante Bedeutung für die Beweiswürdigung gestützt hätte.

10       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180208.L00

Im RIS seit

08.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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